Darlehen einer Stadtsparkasse

Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Sparkasse, die einem Dritten wegen vorsätzlich falscher Auskunftserteilung eines Zweigstellenleiters über die Kreditwürdigkeit eines ihrer Kunden aus §§ 826, 30, 31 BGB zum Schadensersatz verpflichtet ist, diesem gemäß § 254I BGB entgegenhalten darf, seinen Schaden fahrlässig mitverursacht zu haben.

Zum Sachverhalt: Die Kläger beabsichtigte im November 1977, der B- GmbH in K. ein Darlehen zur Durchführung eines größeren Bauvorhabens zu gewähren; sie ließ deshalb über die W-Volksbank in A. bei der beklagten Stadtsparkasse eine Bankauskunft über die B-GmbH einholen. Diese Auskunft wurde am 22. 12. 1977 von dem Bankkaufmann W erteilt, dem Leiter derjenigen Zweigstelle der Beklagte, bei der die B-GmbH ein Girokonto unterhielt. Darin war u. a. folgendes ausgeführt: Unter der obigen Bezeichnung besteht bei uns ein Geschäftsgirokonto. Wir gewähren Kredit gegen bankübliche Sicherheiten, der vollbeansprucht wird. Darüber hinaus in Anspruch genommene Kontoüberziehungen wurden bisher absprachegemäß zurückgeführt. Die Kontoführung gab Anlass zu Beanstandungen. Jetzt finden die durch unsere Hand laufende Verbindlichkeiten jedoch - wenn auch mit unserer Hilfe - Einlösung. Die Firma führt zurzeit ein größeres Bauvorhaben durch. Näheren Einblick in die derzeitigen allgemeinen und finanziellen Verhältnisse haben wir nicht. Nachteiliges ist uns nicht bekannt... Die Angaben dürfen nur Ihrer persönlichen und vertraulichen Verwendung dienen... Am 15. 12. 1977 hatte die B-GmbH ihr Geschäftsgirokonto bei der Beklagte mit 144895 DM überzogen. Der Zweigstellenleiter W nahm auch an einer Besprechung zwischen der Kläger ihrem zwischenzeitlich verstorbenen Ehemann, den Geschäftsführern der B- GmbH und anderen Personen am 29. 12. 1977 im Büro des Notars Dr. S teil. Am 3. 1. 1978 beurkundete dieser Notar einen Darlehensvertrag, nach dem die Kläger der B-GmbH ein Darlehen von 180000 DM gewähren sollte, für das deren beide Geschäftführer die selbstschuldnerische Bürgschaft übernahmen. In dem Darlehensvertrag ist u. a. noch folgendes erwähnt: Der Notar hat darüber belehrt, dass das vorstehend gewährte Darlehn durch Grundpfandrechte oder in sonstiger Weise nicht gesichert ist und die Auszahlung des Darlehns somit auf dem Vertrauen zu dem Darlehensnehmer und den Bürgen beruht. Einen Teilbetrag des Darlehens in Höhe von 100000 DM erhielten die Verteter der B-GmbH bereits am 3. 1. 1978. Am 28. 2. 1978 beantragten die beiden Geschäftsführer die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der B-GmbH. Durch Beschluss vom 29. 3. 1978 wies das AG den Konkurseröffnungsantrag mangels Masse ab. Vollstreckungsmaßnahmen der Kläger gegen die B-GmbH und deren Geschäftsführer blieben erfolglos. Mit der Klage hat die Kläger von der beklagten Stadtsparkasse wegen falscher Auskünfte über die Kreditwürdigkeit der B- GmbH Schadensersatz in Höhe von 180000 DM, Zug um Zug gegen Abtretung ihrer Darlehensansprüche aus dem Vertrag vom 3. 1. 1978, verlangt.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 100000 DM nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abtretung der Darlehensansprüche verurteilt. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung der Beklagte die Verurteilungssumme auf 50000 DM herabgesetzt. Die Revision der Kläger hatte Erfolg.

Aus den Gründen: Das Berufungsgericht hat die Aussagen der im ersten Rechtszug vernommenen Zeugen 0 für glaubhaft gehalten, die bekundet hatten, der Zweigstellenleiter W habe bei der Besprechung am 29. 12. 1977 erklärt, bei der B-GmbH handele es sich um ein gesundes bzw. solides und aufstrebendes Unternehmen, das kreditwürdig bzw. ausgesprochen kreditwürdig sei. Er könne das als Hausbank beurteilen. Auch die Beklagte sei bereit, der GmbH einen Kredit zu gewähren, wenn ein entsprechender formeller Antrag gestellt werde. Stellung und Prüfung eines solchen Kreditantrages seien mehr als Formalie anzusehen und binnen einer Woche erledigt.

Es hat aufgrund dieser Aussagen festgestellt, der Zweigstellenleiter W habe am 29. 12. 1977 positive Auskünfte über die Kreditwürdigkeit der B-GmbH erteilt, die unrichtig gewesen seien. Dies sei ihm bekannt gewesen. Er habe auch erkannt, dass dadurch bei der Kläger ein Schaden entstehen könne und habe dies billigend in Kauf genommen. Diese Auskünfte hätten dazu geführt, dass sich die Kläger am 3. 1. 1978 vertraglich zur Gewährung eines Darlehens an die B-GmbH verpflichtet habe. Das Berufungsgericht hat, von der Revisionserwiderung nicht beanstandet, daraus gefolgert, dass der Zweigstellenleiter W mit der Erteilung der falschen Auskunft gegen die guten Sitten verstoßen habe, was eine Haftung aus § 826 BGB auslöse. Für das Verhalten ihres Zweigstellenleiters habe die Beklagte nach § 31 BGB einzustehen. Die Kläger müsse sich jedoch ein Mitverschulden an der Entstehung des Schadens entgegenhalten lassen, das nach Auffassung des Berufungsgerichts mit 50% des Gesamtschadens von 100000 DM zu bemessen sei.

Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur anspruchsmindernden Berücksichtigung eines Mitverschuldens der Kläger halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht angegriffen leitet das Berufungsgericht ein Mitverschulden der Kläger an ihrem Schaden daraus her, dass sie der amtierende Notar ausdrücklich über die ungesicherte Hingabe des Darlehens belehrt und mit dem Hinweis darauf, die Auszahlung des Geldes beruhe ausschließlich auf ihrem Vertrauen zu der GmbH und den Bürgen, ihr deutlich das damit verbundene Risiko vor Augen geführt habe.

Die Revision wendet sich jedoch mit Erfolg gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Abwägung. Die Abwägung unterliegt zwar, worauf insbesondere die Revisionserwiderung abhebt, gemäß § 287 ZPO einem weiten tatrichterlichen Beurteilungsspielraum, der im Revisionsverfahren nur in beschränktem Umfange nachgeprüft werden kann. Im Streitfall ist der Senat jedoch an das Ergebnis, zu dem das Berufungsgericht gelangt ist, deshalb nicht gebunden, weil die Abwägungsgründe einen Rechtsfehler enthalten.

Rechtlich nicht zu beanstanden sind allerdings die Ausgangserwägungen des Berufungsgerichts, von denen es seine Berechtigung zu einer Abwägung des beiderseitigen Verschuldens ableitet.

Das Berufungsgericht verkennt nicht, dass bei einem Zusammenwirken einer vorsätzlichen Schädigung und einem fahrlässigen Verhalten des Geschädigten der Beitrag des Geschädigten an der Schadensentstehung grundsätzlich unberücksichtigt zu bleiben hat. Von der Anwendung dieses Grundsatzes im Streitfalle ist das Berufungsgericht mit Recht ausgegangen. Er gilt zwar im allgemeinen nur, soweit eigener Vorsatz der auf Leistung von Schadensersatz in Anspruch genommenen Person gegeben ist. Doch wird er auch angewendet, wenn der gesetzliche Vertreter einer juristischen oder quasi- juristischen Person vorsätzlich gehandelt hat und letztere für ihn gemäß § 31 BGB eintreten muss, nicht jedoch, wenn sie nur gemäß § 278 oder § 831 BGB für das vorsätzliche Handeln eines Erfüllungs- oder Verrichtungsgehilfen einzustehen hat. In seinem Urteil vom 28. 2. 1966 hat es der VH. Zivilsenat des BGH darüber hinaus auch abgelehnt den Vorsatz eines besonderen Vertreters i. S. des § 30 BGB insoweit dem Vorsatz der nach § 31 BGB für ihn haftenden Körperschaft gleichzusetzen. Ob dem über den dort entschiedenen Fall hinaus allgemein gefolgt werden kann, mag indes für die Entscheidung des Streitfalles dahinstehen.