Dienstvertrag geschlossen

Ein dauerndes Dienstverhältnis im Sinne von § 627 BGB setzt weder voraus, dass der Dienstverpflichtete den überwiegenden Teil seiner Arbeitskraft schuldet, noch dass er -wirtschaftlich oder sozial von dem Dienstberechtigten abhängig ist. Es kann auch durch einen einjährigen Dienstvertrag begründet werden.

Anmerkung: Die Parteien haben einen Dienstvertrag geschlossen, in dem der Kläger sich verpflichtete, als Geschäftsberater dem Beklagten gegen ein Honorar von 60 000 DM im Jahre 1960 je Monat für eine Woche zur Verfügung zu stehen (Beratungsauftrag) und auch nach Ablauf des einjährigen Auftrags für weitere 3 Jahre keine andere Strumpffabrik zu beraten. Nach Schwierigkeiten unter den Parteien focht der Beklagte den Vertrag unter dem 1. 2. 1960 wegen Irrtums an. Der Kläger hatte bis dahin Besprechungen in zwei Werken des Beklagten geführt und in seinem .Auftrag mit einem Dritten verhandelt.

Mit der Klage hat der Kläger Zahlung von 15 000 DM als vereinbartes Honorar für das erste Quartal 1960 gefordert. Das Oberlandesgericht hat der Klage in Höhe von 6 000 DM stattgegeben. Die Rev. des Klägers führte zur teilweisen Aufhebung und Zurückverweisung.

Das Berufungsgericht hat die Anfechtung des mündlich abgeschlossenen Dienstvertrags für unwirksam angesehen, die Anfechtung aber in eine außerordentliche Kündigung nach § 627 BGB umgedeutet und sie für wirksam erachtet. Dem ist der BGH nicht gefolgt:

Zwar hat er mit dem Berufungsgericht in der vereinbarten Tätigkeit des Klägers Dienste höherer Art gesehen, die nur aufgrund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen. Er ist dem Berufungsgericht aber darin nicht gefolgt, dass der Dienstverpflichtete (Kl.) nicht in einem dauernden Dienstverhältnis mit festen Bezügen stand.

Diese negative Voraussetzung liegt nur dann vor, wenn beide Merkmale zusammen gegeben sind (RGZ 80, 29; 146, 116), was das Berufungsgericht durchaus gesehen hat. Nach seiner Auffassung waren feste Bezüge vereinbart, der Kläger stand aber nicht in einem dauernden Dienstverhältnis. Nur damit befasst sich das Urteil des BGH, das diese Frage anders beurteilt.

Wann ein Dienstverhältnis als dauernd anzusehen ist, hat das Gesetz nicht bestimmt Diese Frage beurteilt sich im Einzelfall nach der Verkehrsanschauung und dem Sprachgebrauch. Trotz der damit weithin dem tatrichterlichen Ermessen überlassenen Beurteilung hat das RevGer. hier eingegriffen.

1. Zweifel könnte man schon deshalb haben, weil der Kläger seine Arbeitskraft in dem Vertragszeitraum von einem Jahr nur für insgesamt 12 Wochen zur Verfügung zu stellen hatte. Schon dieser Gesichtspunkt (verhältnismäßig kurze Zeit) stand nach Auffassung des Berufungsgerichts der Annahme eines auf Dauer angelegten Verhältnisses entgegen. Dem ist der BGH nicht gefolgt. § 627 BGB fordert - anders als § 617 BGB - nicht, dass das (dauernde) Dienstverhältnis die Erwerbstätigkeit des Verpflichteten vollständig oder hauptsächlich in Anspruch nimmt. Meist wird sogar das Gegenteil der Fall sein, soweit es sich um höhere, besonderes Vertrauen voraussetzende Dienste handelt, die in § 627 BGB angesprochen sind.

Ebenso wenig fordere ein Dauerverhältnis 1. S. des § 627 BGB, wie das Berufungsgericht gemeint hat, eine gewisse soziale oder wirtschaftliche Abhängigkeit des Dienstverpflichteten von dem Dienstberechtigten, ein Umstand, der allerdings beim Kläger fehlte. Braucht das Schwergewicht der Erwerbstätigkeit nicht innerhalb des Dienstverhältnisses zu liegen, entfällt auch die wirtschaftliche Abhängigkeit als wesentliches oder sogar notwendiges Element. Ein Blick auf die Art der in Rede stehenden Dienste zeigt im Übrigen, dass eine soziale Unterstellung häufig nicht vorliegt (Vertrauensarzt, Wirtschaftsprüfer). Vielmehr ist es gerade die unabhängige Stellung des Dienstverpflichteten nach § 627 BGB, die ein soweit gehendes Kündigungsrecht des Dienstberechtigten vertretbar und tragbar erscheinen lässt.

3. Nun könnte die von vornherein begrenzte Zeit eines Jahres einer Wertung als dauernd entgegenstehen. Auch das lässt der BGH nicht gelten.

Das Urteil weist zunächst darauf hin, es sei kein Kennzeichen oder gar Erfordernis eines dauernden Dienstverhältnisses, dass es auf unbestimmte Zeit eingegangen ist. Ein Dauerverhältnis liegt zunächst und auch gerade dann vor, wenn der Vertrag auf eine bestimmte längere Zeit abgeschlossen ist (Staudinger- Mohnen, BGB, 11. Aufl., § 627, 5). Der BGH weist darauf hin, dass bei Inkrafttreten des BGB in vielen Berufen der Abschluss für jeweils ein Jahr üblich war (vgl. das KG in seiner Entscheidung vom 15. 6. 1904 = Oberlandesgericht 9, 290, das einige von ihnen als Beispiele für dauernde Dienstverhältnisse anführt).

Als ausschlaggebend sieht der BGH aber schließlich - und hier liegt das Entscheidende - nicht so sehr die Zeit als vielmehr die Art der übernommenen Aufgabe an:

Die zeitliche Begrenzung eines Dienstverhältnisses wird für eine nur vorübergehende Begründung sprechen, wenn sie sich aus der Art der übertragenen Aufgabe ergibt, wobei als Beispiele angeführt werden Urlaubs- oder Krankheitsvertretung, Aushilfe bei besonderem Arbeitsanfall, Mitwirkung bei einer einmaligen Veranstaltung. Auf der anderen Seite weist nach den Ausführungen des Urteils eine Verpflichtung für ständige oder langfristige Aufgaben auf ein dauerndes Dienstverhältnis hin.

Diese Voraussetzungen bejaht der BGH in diesem Sachverhalt. Hierbei stellt auf er folgendes ab:

Die Parteien waren sich einig, dass sich die beratende Tätigkeit nicht mit dem Ablauf des vorgesehenen ersten Jahres erledigt haben werde; daher gingen beide von der Möglichkeit und Zweckmäßigkeit einer Verlängerung des Dienstverhältnisses aus. So wünschte der Beklagte alsbald die verbindliche Erstreckung auf zwei Jahre, wobei er sich ausdrücklich zu den Dauerkunden des Klägers zählte. All dem entnimmt das Urt., dass die Parteien übereinstimmend in dem ersten Jahr nur den vorab festgelegten Abschnitt einer möglicherweise länger werdenden Beziehung sahen (vgl. auch RGZ 146, 116). Für ein solches Verständnis sprach auch die Konkurrenzklausel.

4. Der BGH hat somit die Voraussetzungen des § 627 BGB verneint. Er konnte aber nicht durch erkennen. Da das Berufungsgericht folgerichtig hatte dahinstehen lassen, ob die Kündigung nach § 626 BGB begründet war, musste die Sache zurückverwiesen werden.

Vgl. JZ 63, 758 m. Anm. Brecher und AP Nr. 6 zu § 419 BGB Betriebsnachfolge m. Anm. Herschel.