Erteilung der Bauerlaubnis

Der Kläger kann auch aus dem vom Berufsgericht angenommenen Haftungsgrund, nämlich der rechtswidrigen Erteilung der Bauerlaubnis vom 4. 5. 1970, keine weitergehenden Ansprüche herleiten, als sie ihm in der Vorinstanz zuerkannt wurden. Dieser Haftungsgrund erweist sich nämlich als nicht tragfähig. Das vermag jedoch den Bestand des Urteils, soweit es dem Kläger günstig ist, nicht zu erschüttern, da die Beklagten kein Rechtsmittel eingelegt hat.

Der erkennende Senat hat zwar ausgesprochen, dass die Amtspflicht, eine den einschlägigen bauordnungsrechtlichen Vorschriften widersprechende Baugenehmigung nicht zu erteilen, den Bauaufsichtsbehörden auch dem Bauherrn gegenüber obliegt. Das hat der Senat damit begründet, dass das Verbot, ohne Baugenehmigung zu bauen, eine präventive Beschränkung der aus dem Grundeigentum fließenden Baufreiheit darstellt, deren Wegfall durch Erteilung der Baugenehmigung für den Bauherrn einen Vertrauenstatbestand des Inhalts schafft, dass der der Genehmigung entsprechenden Durchführung des Bauvorhabens rechtliche Hindernisse nicht entgegenstehen und er dementsprechend wirtschaftlich disponieren kann. Der Vertrauensschutz ist hiernach auf den Inhalt der erteilten Genehmigung beschränkt. Er erstreckt sich jedoch grundsätzlich nicht auf weitere genehmigungsbedürftige Abschnitte eines Gesamtvorhabens, für dessen 1. Teil der Bauherr eine Bauerlaubnis erhalten hat. Da es insoweit einer neuen selbständigen Baugenehmigung bedarf, sind deren Voraussetzungen - unabhängig von den Erwägungen, die zur Erteilung der früheren Genehmigung geführt haben - in vollem Umfange nachzuprüfen. Wenn ein Bauherr dieses Ergebnis vermeiden will, steht es ihm frei, sich der unter 3 b) erörterten rechtlichen Möglichkeiten zu bedienen.

Die Auffassung des Berufsgericht, die Beklagten brauche für ihr Verhalten vor der Einreichung des Bauantrags für das Alten- und Altenpflegeheim haftungsrechtlich nicht einzustehen, ist, wie der Revision zuzugeben ist, von Rechtsirrtum beeinflusst. Das Berufsgericht hat verkannt, dass eine Haftung der Beklagten aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss in Betracht kommt.

Vorab bedarf der Klarstellung, dass das Sanatoriumsprojekt des Kläger an bauplanungsrechtlichen Hindernissen und nicht an Schwierigkeiten im Bereich des Quellenschutzes gescheitert ist. Der Kläger hatte sich, nachdem das Hessische Landesamt für Bodenforschung in seinem Gutachten vom 30. 11. 1972 einen Abstand des Bauvorhabens von 50 m von der Chulalongkorn-Quelle verlangt hatte, bereit erklärt, eine entsprechende Umplanung vorzunehmen. Das geschah auch in der Folgezeit. Der Bauvoranfrage des Klägers vom 19. 4. 1973 lag eine auf die Erfordernisse des Quellenschutzes abgestimmte Planung des Vorhabens zugrunde. Die Beklagten hat auch in ihren ablehnenden Bescheiden vom 26. 10. 1973 und 23. 4. 1975 nicht auf die Frage des Quellenschutzes, sondern auf planungsrechtliche Gesichtspunkte abgehoben. Die Verzögerungen, zu denen das Problem des Quellenschutzes im Hinblick auf die Haltung des Regierungspräsidenten geführt hat, waren nicht schadensursächlich.

Die Parteien standen im Jahre 1968 in längeren Verhandlungen, die schließlich zum Abschluss des privatrechtlichen Vertrages vom 18. 7. 1968 und des - ebenfalls dem Privatrecht zuzuordnenden - notariellen Erbbaurechtsvertrages vom 27. 9. 1968 führten. Die damals angebahnten Verträge zielten darauf ab, dass der Kläger als Verband der freien Wohlfahrtspflege sich langfristig auf eine Zusammenarbeit mit der beklagten Stadt einrichtete und den gemeinsam erstrebten Erfolg überwiegend mit eigenen. Die Verträge zeichneten sich durch eine besonders enge Verbindung der beiderseitigen Interessen aus, zumal sich die Beklagten den an sich ihr obliegenden Aufgaben der Altenpflege entledigte. Schon während der Verhandlungen über den Abschluss eines solchen Vertrages schuldet jeder Verhandlungspartner dem anderen Teil im Hinblick auf das durch den Eintritt in Verhandlungen begründete vertragsähnliche Vertrauensverhältnis die zumutbare Rücksichtnahme auf dessen berechtigte Belange. Dazu gehört regelmäßig die Verpflichtung, den anderen Teil über Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck gefährden und für die Entschließung des Partners von wesentlicher Bedeutung sein können. Unter die für die Vermögensdispositionen des Klägers ausschlaggebenden Umstände fiel die Frage der planungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens, für die die Beklagten als Planungsträgerin besonders sachkundig war. Eine schuldhafte Verletzung der Aufklärungspflicht in einem solchen Punkt kann die Verpflichtung begründen, dem Vertragspartner den dadurch verursachten Vertrauensschaden zu ersetzen.

Der Kläger begann am 24. 5. 1968, als er den Architekten- und den Baubetreuungsvertrag abschloss, damit, Aufwendungen für den Sanatoriumsbau zu machen, die sich später als nutzlos erwiesen, weil das Projekt aus bauplanungsrechtlichen Gründen scheiterte. Spätestens in diesem Stadium hätte die Beklagten den Kläger auf die Bedenken gegen die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens hinweisen müssen, was unstreitig nicht geschehen ist. Im Gegenteil hat die Beklagten bei dem Kläger den irrigen Eindruck erweckt, der Verwirklichung des Projekts stünden keine bauplanungsrechtlichen Hindernisse entgegen. Die Vertragsverhandlungen hatten, als der Beschluss der Stadtverordnetenversammlung der Beklagten vom 21. 5. 1968 erging, schon zu konkreten Ergebnissen geführt. Das ergibt sich daraus, dass der Inhalt dieses umfangreichen Beschlusses im Wesentlichen dem Inhalt des Vertrages vom 18. 4. 1968 entsprach. Darin verpflichtete sich der Kläger, das Gesamtprojekt bis zum 31. 12. 1971 zu erstellen und die geplanten Einrichtungen bis zu diesem Zeitpunkt in Betrieb zu nehmen. Eine derartige Verpflichtung des Klägers ist - wenn auch ohne Datumsangabe - bereits in dem erwähnten Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vorgesehen. Die Beklagten hätte erkennen können und müssen, dass Umfang und Ausmaß des Projekts den Kläger alsbald zu erheblichen finanziellen Aufwendungen veranlassen würden, nachdem der Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 21. 5. 1968 ergangen war. Durch diesen Beschluss hat das Organ, das für die Willensbildung der Beklagten in wichtigen, über die laufende Verwaltung hinausgehenden Angelegenheiten zuständig war, die vorangegangenen Verhandlungen des Magistrates und der Bediensteten der Beklagten grundsätzlich gebilligt und sich für eine Zusammenarbeit mit dem Kläger ausgesprochen, um das im beiderseitigen Interesse liegende Vorhaben zu verwirklichen. Diesem Beschluss durfte der Kläger umso größere Bedeutung beimessen, als es sich bei der Stadtverordnetenversammlung auch um das für die Bauleitplanung zuständige Beschlussgremium der Beklagten handelte. Der Kläger durfte aufgrund des durch den Beschluss bestätigten Ergebnisses der Verhandlungen davon ausgehen, dass die Beklagten, die zugleich Bauaufsichtsbehörde war, keine planungsrechtlichen Hindernisse gegen das Gesamtvorhaben sah. In Wahrheit stand jedoch, wie unter II 1 ausgeführt und für die Beklagten erkennbar war, die Ausweisung des fraglichen Geländes als Grunfläche im Flächennutzungsplan 1960 der hier geplanten Nutzung entgegen. Die Voraussetzungen der beabsichtigten Bebauung mussten daher erst noch geschaffen werden. Darüber hätte die Beklagten den Kläger unterrichten müssen. Auch wenn sie damals annehmen durfte, nach dem Stand der Willensbildung in der Stadtverordnetenversammlung vom 21. 5. 1968 werde es gelingen, künftig die planungsrechtlichen Vorbedingungen für das Vorhaben zu schaffen, so hätte sie den Kläger doch über den damaligen Rechtszustand und die sich daraus für ihn ergebenden Risiken aufklären müssen.

Auch ein Verschulden der Beklagten lässt sich mit der vom Berufsgericht gegebenen Begründung nicht verneinen. Es geht nicht darum, dass der Beklagten der Widerstand des Regierungspräsidenten gegen das Vorhaben und die spätere Meinungsänderung in der Stadtverordnetenversammlung nicht zugerechnet werden kann. Das Verschulden der Beklagten liegt schon darin, dass sie den Kläger nicht spätestens im Mai 1968 über die damalige planungsrechtliche Lage und die sich daraus ergebenden Risiken informiert hat.

Dieses Verhalten der Beklagten war, wenn man von dem hier vertretenen Rechtsstandpunkt ausgeht, nach Vortrag des Klägers für seine nutzlosen Aufwendungen für das geplante Sanatorium ursächlich.