Factoring

Zur Beurteilung eines - unechten - Factoring-Vertrages, der die Globalübertragung von Ansprüchen einer Publikums-GmbH & Co. KG auf Zahlung der Kommanditeinlage zum Gegenstand hat.

Zum Sachverhalt: Der Beklagten trat im April 1974 als Kommanditist mit Einlagen von 5000 und 7000 DM in die Publikums-KG K-KG-R-AG & Co. ein; im Juni 1974 wurde er in das Handelsregister eingetragen. Die Kläger ist ein Bankhaus und Spezialinstitut für Teilzahlungskredite und Factoring. Sie schloss im Juni 1974 mit der K-KG einen sog. Factoring-Vertrag, mit dem diese ihre Forderungen auf Zahlung der Kommanditeinlagen übertrug. Die K-KG erreichte das gesteckte Ziel - Errichtung und Betrieb eines Klinikums, das nach dem Prospekt für 11 Mio. DM erstellt werden sollte - nicht. Sie geriet vielmehr schon bald in finanzielle Schwierigkeiten. Spätestens im August 1975 wurde sie aufgelöst; am 7. 8. 1975 bestellte das AG einen Liquidator. Die Kläger hat nach ihrem - bestrittenen - Vorbringen an die K-KG aufgrund des Factoring- Vertrages im August 1974 44135 DM und 30000 DM gezahlt. Der Beklagten hat an die Kläger im August 1974 die mit der Beitrittserklärung gezeichnete Kommanditeinlage von 5000 DM nebst einem Agio von 250 DM entrichtet. Mit der vorliegenden Klage verlangt die Kläger die Zahlung der im April 1974 übernommenen Kommanditeinlage nebst Agio in Höhe von 7350 DM. Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Kläger hat keinen Erfolg.

Aus den Gründen: I. Einen Anspruch aus § 171 HGB hält das Berufsgericht zu Recht für nicht hinreichend dargetan. Die Kläger habe den behaupteten Anspruch gegen die K-KG trotz wiederholter Hinweise des Gerichts nicht ausreichend substantiiert. Ihre Darstellung sei bis zuletzt unklar und lückenhaft geblieben; sie habe insbesondere weder den Saldo des Verrechnungskontos noch das Ergebnis der ihr gegenüber der K-KG obliegenden Buchführung mitgeteilt. Insoweit erhebt die Revision auch keine Angriffe.

Es kann dahingestellt bleiben, ob aus der nicht angefochtenen Feststellung des Berufsgericht, das Bestehen einer Forderung gegen die K- KG sei nicht dargetan, bei den hier gegebenen Verhältnissen auch folgt, dass die Klage unbegründet ist, soweit die Kläger die Einlageforderung gegen den Beklagten in ihrer Eigenschaft als Zessionar der K-KG geltend macht. Die Kläger kann mit ihrem Antrag jedenfalls deshalb nicht durchdringen, weil die Forderungsabtretung im Rahmen des Factoring-Vertrages als unwirksam anzusehen ist. Hierbei bedarf es keiner Entscheidung, ob der - unechte - Factoring-Vertrag seiner Natur nach, also generell, rechtlichen Bedenken begegnet, soweit er nicht, wie üblich, die Abtretung von Forderungen aus Warenlieferungen und Dienstleistungen zum Gegenstand hat, sondern die Ansprüche einer Publikums-KG auf Zahlung der von den Kommanditisten gezeichneten Kommanditeinlagen. Die Nichtigkeit könnte möglicherweise aus der mit dem Vertrag verbundenen Globalzession und daraus hergeleitet werden, dass der Gesellschaft keine vollwertige Gegenleistung zufließt. Der vorliegende Sachverhalt ist durch eine Reihe besonderer Umstände gekennzeichnet, die jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des § 138 I BGB zur Nichtigkeit des Factoring-Vertrages und damit der Abtretung der Einlageforderungen führen.

Der hier zu beurteilende Factoring-Vertrag verpflichtete die K- KG, laufend ihre Forderungen aus nicht einbezahlten Kommanditeinlagen gegen ihre im Handelsregister eingetragenen Kommanditisten zum Kauf anzubieten, eine Factorinq-Gebühr von 5,5% zu entrichten, das jeweilige Factoring-Obligo mit derzeit 16% p. a. zu verzinsen, die Gewähr für den Bestand und die Übertragbarkeit der Forderungen und für die pünktliche Zahlung der Kommanditisten zu übernehmen und Ansprüche gegen die Kläger ohne deren Zustimmung nicht abzutreten und zu verpfänden. Er legte ferner gleichzeitig den unmittelbaren Übergang der Einlageforderungen durch die Klausel fest: Die Firma überträgt mit Abschluss dieses Vertrages ihre sämtlichen gegenwärtigen und während der Dauer dieses Vertrages entstehenden künftigen Forderungen aus nicht einbezahlten Kommanditeinlagen gegen ihre im Handelsregister bereits eingetragenen Kommanditisten an die Bank. Die Kläger verpflichtete sich demgegenüber, die angebotenen Forderungen bis zu einer Gesamthöhe von 1250000 DM zu kaufen und die damit verbundene Buchhaltung zu führen, als Factoring-Erlös die angekauften Einlageforderungen abzüglich 5,5% Factoring-Gebühr gutzuschreiben und diesen Betrag nach Abzug eines - monatlich den offenen Forderungen anzupassenden - Sperrbetrages von 60%, der der Kläger als Sicherheit dienen sollte, zur Verfügung zu stellen. Sie behielt sich das Recht vor, den Ankauf von Forderungen abzulehnen, die sich gegen nicht kreditwürdige Kommanditisten richten, und solche Forderungen wieder der K-KG zurückzubelasten, die nicht pünktlich beglichen werden. Die Forderungen, die die Kläger zurückbelastet oder deren Ankauf sie von vornherein ablehnt, sollten im Vermögen der Bank bleiben und ihr ebenfalls als Sicherheit für alle Ansprüche gegen die Firma dienen; sie sollten buchhalterisch treuhänderisch für die K-KG auf einem Treuhandkonto weitergeführt werden.

Das bedeutet, dass der K-KG zwar 34,5% der gezeichneten Beträge als bares Geld zur Verfügung standen. Sie hat diese aber mit dem Verlust ihrer Kreditwürdigkeit erkauft; denn durch den Vertrag hat sie ihre gesamten gegenwärtigen und zukünftigen Vermögen der Kläger übertragen. Der Revision kann nicht gefolgt werden, wenn sie meint, die Globalvorauszessionen seien auf ein Kreditvolumen von 1250000 DM beschränkt worden. Im Unterschied zu anderen Factoring-Verträgen sind die hier infrage stehenden Einlageforderungen ohne Einschränkungen und Bedingungen abgetreten worden. Die K-KG hat durch den Factoring-Vertrag im Ergebnis jedoch noch mehr als die dargelegten 65,5% als Kreditunterlage zur Beschaffung weiteren Fremdkapitals verloren. Nach den getroffenen Vereinbarungen musste die Kläger, wie dargelegt, die Forderungen, deren Ankauf sie von vornherein ablehnte oder die sie später zurückbelastete, nicht freigeben, durfte sie vielmehr als Sicherheit zurückbehalten. Hinzu kommt, dass die K-KG Zinsen in Höhe von 16% nicht nur wie üblich auf die tatsächlich in Anspruch genommenen Beträge zu zahlen hatte, sondern aus einem weit darüber hinausgehenden Betrage: Nach dem Factoring-Vertrag ist das jeweilige Factoring-Obligo zu verzinsen; darunter ist nach der Definition im Vertrag der Gesamtbetrag der gekauften offenen Forderungen zu verstehen, also auch das Sperrgut- haben von 60%. Da letzteres jedoch zu einem Drittel unverzinslich ist, sind soweit nur weitere 40% des Gesamtbetrages der angekauften Forderungen zu verzinsen. Daraus folgt, dass der im Ergebnis als Kredit gewährte Betrag von 40% der angekauften Forderungen mit 32% zu verzinsen ist. Wenn man den Betrag zugrunde legt, der einer tatsächlichen Inanspruchnahme zugänglich ist, also abzüglich der Factoring- Gebühr von 5,5%, so erreicht der effektive Zins sogar den Satz von rund 37%.

LG und Oberlandesgericht haben aus dem Gesamtcharakter der getroffenen Vereinbarungen geschlossen, dass der Factoring-Vertrag und die damit untrennbar verbundene Übertragung der Einlageforderung sittenwidrig und damit nichtig ist. Die Globalzession von Forderungen aus Warenlieferungen oder gewerblichen Leistungen ist zwar grundsätzlich als rechtlich zulässiges Kreditsicherungsmittel anzusehen, und zwar auch soweit sie Teil eines Factoring-Vertrages ist. Das mag auch für den Fall anzunehmen sein, dass Kommanditeinlageforderungen abgetreten werden. Keinesfalls kann es dann gelten, wenn der eine Vertragspartner in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit übermäßig und unbillig eingeschränkt, insbesondere in eine mit den gesunden Anschauungen des Verkehrs nicht mehr zu vereinbarende Abhängigkeit zu dem anderen Vertragsteil gebracht wird. Das ist hier der Fall: Über den Factoring- Vertrag kam die K-KG - wie dargelegt - zwar in den Besitz von Barmitteln, Auf der anderen Seite bewirkte er jedoch, dass ihr praktisch alle Aktivwerte entzogen wurden. Da die persönlich haftende Gesellschafterin eine Kapitaleinlage nicht zu erbringen hatte, ist nach dem vorliegenden Sachverhalt davon auszugehen, dass das Vermögen der K-KG im wesentlichen nur aus Kommanditeinlageforderungen bestand, für die Zahlungsziele bis zu 18 Monaten bestanden. Dem entspricht es, dass nach dem Gesellschaftsvertrag und dem zur Werbung von Kommanditisten herausgegebenen Prospekt das Klinikum nur mit Kommanditeinlagen und Fremdkapital finanziert werden sollte. Standen der Gesellschaft aber keine weiteren Aktivposten mehr zur Verfügung, die unmittelbar oder mittelbar - als Unterlage für weitere Kredite - zur Erreichung des Gesellschaftszwecks, d. h. in erster Linie zur Errichtung des Klinikums, eingesetzt werden konnten, so war die K- KG in eine weitgehende Abhängigkeit zur Kläger geraten. Diese musste sich durch den außerordentlich hohen Zinsendienst noch verstärken. - Dabei kann in diesem Zusammenhang offen bleiben, ob nicht schon aus der Höhe der Zinsen auf ein besonders grobes Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung geschlossen werden kann, das in Verbindung damit, dass gleichzeitig eine Übersicherung zugunsten der Kläger herbeigeführt wurde, die Annahme der Sittenwidrigkeit i. S. des § 138 I BGB rechtfertigt. - Der Zinsendienst musste überdies zu einer allmählichen Aufzehrung des Kommanditkapitals führen, noch bevor dieses von den Kommanditisten aufgebracht worden war. Die subjektiven Voraussetzungen für einen Sittenverstoß nach § 138 I BGB sind schon deshalb gegeben, weil die Kläger, wie das Berufsgericht unangefochten feststellt, alle die Sittenwidrigkeit begründenden Tatumstände kannte. Sie folgen auch daraus, dass die hier beanstandeten Klauseln in außerordentlich weitgehendem Umfange von den sonst üblichen Factoring- Bedingungen zum Nachteil der K-KG abweichen; da nichts Abweichendes vorgetragen worden ist, muss angenommen werden, dass diese Tatsache der Kläger, bei der es sich um ein Bankhaus für Teilzahlungskredite und Factoring handelt, bekannt war: Außer den schon erwähnten beiden Klauseln ist hier anzuführen, dass auch im Factoring-Geschäft nur bankübliche Zinsen genommen und dass bei Inlandsforderungen allgemein nur 10 bis 20% der angekauften Forderungen zur Sicherheit einbehalten werden.