Geschäftsbesorgungsvertrag

Der Dienstberechtigte trägt die Darlegungs- und Beweislast für das Zustandekommen eines unentgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrags, wenn die, sonstigen Umstände ergeben, dass die vereinbarte Dienstleistung nur gegen eine Vergütung zu erwarten war.

Der Beklagte siedelte 1961 von der DDR in die Bundesrepublik über. Seine Bemühungen um eine Ausreiseerlaubnis für seine in der DDR verbliebenen Familienangehörigen hatten keinen Erfolg. Auf Bitten des Auslandsindustrieberaters T erklärte sich der Kläger, Rechtsanwalt und Steuerberater, auf Grund seiner Verbindungen mit einflussreichen Persönlichkeiten in der DDR bereit, sich des Falles des Beklagten anzunehmen. Der Beklagte erteilte dem Kläger daraufhin im Mai 1970 den Auftrag, für die Zusammenführung seiner Familie tätig zu werden. Über ein Honorar wurde dabei nichts vereinbart. In der Folgezeit unternahm der Kläger Reisen nach Berlin, Paris, Helsinki, London, Den Haag und wiederum nach Berlin und trat dabei mit Rechtsanwälten in Ostberlin und Paris in Verbindung. Von den Unkosten erstattete der Beklagte auf Anfordern 1350 DM für die Reisen des Klägers nach Berlin, Paris und Helsinki sowie 1000 DM für den vom Kläger mit der Sache befassten Rechtsanwalt W. Eine Ausreiseerlaubnis hatten Frau und Kinder des Beklagten bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem BerGer nicht erhalten.

Der Kläger meint, die geleisteten Dienste, die nicht zur anwaltlichen Berufstätigkeit gehörten, seien nach dem Arbeits- und Zeitaufwand nur gegen eine angemessene, von dem erstrebten Erfolg unabhängige Vergütung zu erwarten gewesen. Er har einen nach Verrechnung von 1,350 DM verbleibenden Restbetrag (6436,75 DM) nebst Zinsen eingeklagt. Der Beklagte hat seinen Klageabweisungsantrag anfänglich damit begründet, dass der Kläger mit ihm ein Erfolgshonorar vereinbart habe,

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die Berufung mit Ausnahme eines Teils der geltend gemachten Auslagen (685,17 DM nebst Zinsen) zurückgewiesen. Die Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen: 3. Der Beklagte hat das Vorbringen des Klägers bestätigt, mit dem Kläger nicht über eine Vergütung gesprochen zu haben. Der Beklagte hat somit eine Vergütung zu gewähren, wenn die vereinbarten Dienstleistungen nach den Umständen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nur gegen eine Vergütung zu erwarten waren (§ 612I BGB). Dabei ist die objektive Gesamtlage des Einzelfalles unabhängig von der einseitigen Meinung eines Vertragspartners maßgebend. Alle zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses erheblichen objektiven Umstände, insbesondere die Verkehrssitte, Art, Umfang und Dauer der Dienstleistungen; die Berufs- und Erwerbsverhältnisse des Dienstleistenden und die Beziehungen der Beteiligten zueinander sind zu berücksichtigen (vgl. RGZ 74, 139, 141; BAG, AP § 612 BGB Nr. 13; RGRK, 11. Aufl., § 612 Anm. 2; Staudinger-lepperdey-Mohnen-Neumann, BGB, 11. Aufl., § 612 Rdnrn. 2-7; Soergel-Wlotzke-Volze, BGB, 1,0. Aufl., § 612 Rdnrn. 3-4).

a) Der Beklagte hat sich nach dem vom Berufungsgericht festgestellten Sach- und Streitstand die Zeugenaussage des Industrieberaters T zu eigen gemacht, dass der Kläger den Zeugen bei einer Vorbesprechung wie schon früher gebeten habe, sich bei politischen Persönlichkeiten für eine Zulassung der Association Internationale des Juristes Dmocrates in der Bundesrepublik zu verwenden, und dass der Kläger erklärt hab; er werde über ein Honorar überhaupt nicht reden, wenn die erbetenen politischen Kontakte hergestellt würden. Der Zeuge 7berichtete nach dieser als =widerlegt angesehenen Aussage dem Beklagten , er werde dem KI . eine Gefälligkeit erweisen, dieser werde mit dem Honorar gnädig sein, wenn er nicht ganz darauf verzichte.

Die von dem Zeugen T bekundeten Umstände sprechen nach der Auffassung des Berufungsgerichts gegen die Annahme, dass die Dienstleistungen des Klägers nur gegen eine Vergütung zu erwarten waren. Das Berufungsgericht bürdet dem Kläger die Beweislast dafür auf, dass diese Umstände nicht vorgelegen haben.

b) Die Entscheidung hält insoweit einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der Kläger trägt die Beweislast für die Umstände, die eine Dienstleistung nur, gegen Entgelt erwarten lassen, Liegen diese Umstände vor, hat der Beklagte die ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung der Unentgeltlichkeit zu beweisen, weil er die Abweichung von einer gesetzlichen Regel in Anspruch nimmt (Rosenberg, Beweislast, 5. Aufl., S. 291). Er trägt also in diesem Fall die Beweislast dafür, dass die Dienste unentgeltlich geleistet werden sollten (so BGH, Betr 1969, 1022 = Nr. 18 zu § 1 RechtsberatG). Hieraus folgt: Das =bewiesene Vorbringen des Dienstberechtigten, dass der zur Dienstleistung Verpflichtete erklärt habe, die Dienste unentgeltlich zu leisten, setzt die gesetzliche Annahme der Vereinbarung eines Entgelts nach § 612 1 BGB nicht außer Kraft. Es kommt in diesem Fall darauf an, ob die sonstigen Umstände ergeben, dass die Dienstleistung nur gegen Entgelt zu erwarten war.

Diese Rechtslage gilt unabhängig davon, ob der zur Dienstleistung Verpflichtete nach dem Vorbringen des Dienstberechtigten in rechtsgeschäftlich verbindlicher Form oder nicht einmal in dieser Form, sondern unverbindlich erklärt hat, die vereinbarten Dienste unentgeltlich zu leisten. Der Dienstberechtigte macht in beiden Fällen geltend, dass der Vertrag über die zu leistenden Dienste einen unentgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag darstelle, und nimmt daher in beiden Fällen in gleicher Weise eine Abweichung von der gesetzlichen Regel des § 612 I BGB in Anspruch, wenn die sonstigen Umstände die Erwartung einer Vergütung rechtfertigen.

Der Beklagte trägt deshalb die Beweislast dafür, dass der Kläger in der behaupteten Weis6 gegenüber dem Industrieberater T geäußert hat, er werde unter bestimmten Voraussetzungen eine Honorarforderung gegenüber dem Beklagten nicht geltend machen; dies gilt allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die sonstigen Umstände die Erwartung einer Vergütung nach § 612 I BGB rechtfertigen. Dabei ist es unerheblich, ob diese angebliche Äußerung des Klägers eine vertragliche Zusage zugunsten des Beklagten darstellt, was das BerGer: ohne Rechtsirrtum verneint hat, oder nur als außervertragliche Erklärung im Vorfeld des Vertrages zwischen dem Kläger und dem Beklagten aufzufassen ist.

Unter der oben angeführten Voraussetzung trägt der Beklagte auch die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Zeuge T die vom Kläger erstrebten politischen Kontakte hergestellt hat und dass der Kläger aus diesem im Verhältnis zu einem Dritten bestehenden Grund die von ihm übernommenen Dienste unentgeltlich zu leisten hatte. Denn der Beklagte will aus den Beziehungen des Klägers zu einem Dritten eine für ihn günstige Rechtsfolge, die schlüssige Vereinbarung der Unentgeltlichkeit der zu leistenden Dienste, ableiten.

c) Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts rechtfertigen keine abschließende Entscheidung darüber, ob die Dienstleistungen des Klägers nach den Umständen nur gegen eine Vergütung zu erwarten waren.

Für diese Erwartung sprechen allerdings folgende Umstände: Nach dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt unternahm der Klägerzumindest mehrere Reisen im Interesse des Beklagten Er konnte in dieser Zeit seinen Beruf als Rechtsanwalt nicht ausüben und hatte daher einen entsprechenden Verdienstausfall. Zwischen dem Kläger und dem Beklagten bestanden keine unmittelbaren persönlichen Beziehungen. Freundschaftsdienste des Klägers waren daher nicht zu erwarten. Zwar handelt es sich bei den Dienstleistungen des Klägers nicht um die Ausübung der typischen Berufstätigkeit eines Rechtsanwalts, die in der Gewährung rechtlichen Beistands besteht. Der Kläger hatte aber nicht bloß außer- rechtliche Interessen des Beklagten wahrzunehmen.

Das Berufungsgericht hat jedoch andererseits keine ausreichenden Feststellungen über Art und Umfang der Dienstleistungen des Klägers und den hierfür erforderlichen Zeitaufwand getroffen, insbesondere nicht darüber, in welchem Umfang die Reisen des Klägers den Interessen des Beklagten dienten. Es lässt sich daher nicht abschließend beurteilen, ob der IG., der mit seiner Tätigkeit für den Beklagten vor allem auch ein humanitäres Ziel (Familienzusammenführung) verfolgt hat, neben der Auslagenerstattung sofort nach dem Abschluss seiner Tätigkeit oder jedenfalls nach dem Eintritt des erstrebten Erfolgs eine Vergütung erwarten konnte. Zudem fehlen bisher ausreichende Feststellungen darüber, ob die Beziehungen des Klägers zu dem Zeugen T so geartet waren, dass der Klägertrotz seines Zeitaufwands und seines Verdienstausfalls eine Vergütung von dem Beklagten nicht erwarten konnte: Die Zusage des Zeugen, Verbindungen zu politischen Persönlichkeiten herzustellen, rechtfertigt für sich allein allerdings noch nicht den zwingenden Schluss, dass die Tätigkeit des Klägers für den Beklagten ohne Entgelt zu erwarten war.