Sachwalterstellung

Nimmt jemand bei einem durch ihn vermittelten Vertragsabschluss eine uneingeschränkte Sachwalterstellung für die eine Vertragspartei ein und hat er ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Zustandekommen des Vertrages, so kann er gegenüber der anderen, ihm allein vertrauenden Vertragspartei besondere Sorgfaltspflichten haben, deren Verletzung ihn ersatzpflichtig macht. Das gilt nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats in besonderem Maße für den als Vermittler auftretenden Gebrauchtwagenhändler, weil der Käufer in aller Regel den Verkäufer nicht kennt und darauf angewiesen ist, dem Händler als Fachmann zu vertrauen. Der Vermittler haftet danach nicht schlechthin in derselben Weise wie der Verkäufer. Er hat aber ihm bekannte Mängel oder die ihm bewusste Möglichkeit von Mängeln mitzuteilen. Ergeben sich konkrete Anhaltspunkte, die einen Verdacht auf Schäden am Fahrzeug oder andere ungünstige und für den Kaufentschluss mitbestimmende Umstände rechtfertigen, so kann daraus eine Pflicht des Vermittlers zur Untersuchung des Fahrzeugs oder wenigstens zu einem Hinweis an den Käufer folgen.

Unter Bezugnahme auf diese Rechtsprechung meint das Berufsgericht, der Beklagte sei keine schuldhafte Pflichtverletzung vorzuwerfen. Die am Fahrzeug sichtbaren Anhaltspunkte für den Diebstahl seien ihr nicht bewusst gewesen. Konkrete, für die Notwendigkeit einer Untersuchung sprechende Umstände hätten nicht vorgelegen. Der Fahrzeugbrief sei echt und der Verkäufer W darin als Halter eingetragen gewesen. Der Wagen sei nicht zu einem auffällig niedrigen Preis verkauft worden. Er habe sich in gutem Pflegezustand befunden, so dass auch die Möglichkeit einer Neulackierung bestanden habe, durch die die Farbabweichung gegenüber dem Vermerk auf dem Typenschild habe erklärt werden können.

Rechtliche Bedenken gegen diese tatrichterliche Würdigung des teils unstreitigen, teils durch das Gutachten des Sachverständigen H bewiesenen Sachverhalts sind nicht zu erheben.

Zulässige Verfahrensrügen gegen die tatsächlichen Feststellungen hat die Revision nicht erhoben.

Umfang und Ausmaß der den Vermittler treffenden Sorgfaltspflicht hat das Berufsgericht nicht verkannt. Da das von W angebotene Fahrzeug keinerlei äußerlich sichtbare Schäden aufwies, gebot der Zustand des Wagens keine eingehende Untersuchung durch die Beklagten Sollte das Berufungsurteil allerdings so zu verstehen sein, dass der Händler generell nicht einmal die Angaben im Fahrzeugbrief mit denen am Fahrzeug zu vergleichen brauche, könnte dem nicht gefolgt werden. Die Übereinstimmung hinsichtlich der Fahrgestellnummer muss auch jeder als Vermittler auftretende Gebrauchtwagenhändler prüfen, damit der Käufer den zum Fahrzeug gehörenden Fahrzeugbrief erhält, grobe Täuschungshandlungen mindestens erschwert sind und Verwechslungen vermieden werden.

Die Prüfung des Fahrzeugbriefs und der Vergleich mit der Fahrgestellnummer am Wagen erbrachte hier jedoch keinen verdächtigen Anhaltspunkt. Nach dem Gutachten des Sachverständigen H waren die Schweißnähte an dem ersetzten Teil mit der Fahrgestellnummer so geschickt kaschiert, dass sie auch für einen Sachverständigen nur erkennbar waren, wenn er die darüber befindliche Lackschicht abkratzte, weil er nach ihnen suchte. Von dem Händler in jedem Fall und auch ohne sonstige Verdachtsgründe eine derartige Nachprüfung zu verlangen, hieße die Sorgfaltsanforderungen erheblich zu überspannen. Das zerknitterte Typenschild allein brauchte die Beklagten nicht zu näherer Prüfung zu veranlassen. Besondere, der Identitätsfeststellung dienende Informationen waren von den Angaben auf dem Typenschild nicht zu erwarten. Die unrichtige Farbcode-Nummer wäre nur beim Vergleich mit einer Farbliste festzustellen gewesen, wobei aber die Möglichkeit einer Umlackierung nicht auszuschließen war. Im übrigen gab es an der linken Fahrzeugseite ein weiteres, unbeschädigtes Typenschild, so dass damit gerechnet werden muss, dass der Beklagten die Beschädigung des rechtsseitigen Schildes gar nicht hätte auffallen müssen, wenn sie etwa das linke Schild zunächst prüfte.

Die Tatsache, dass die Kraftfahrzeugzulassungsstelle den Diebstahl ebenfalls nicht bemerkt und W als Halter eingetragen hatte, würde allerdings für sich allein die Beklagten nicht von einer bestehenden Nachforschungs- und Untersuchungspflicht freistellen, wenn der Brief andere konkrete Anhaltspunkte enthalten hätte. Insoweit käme hier allenfalls der Umstand in Betracht, dass das nach den Eintragungen am 9. 12. 1975 erstmals zum Verkehr zugelassene Fahrzeug bereits am 22. 12. 1975 stillgelegt und am 28. 6. 1976 für W wieder zum Verkehr zugelassen sein und der Kilometerstand Anfang Januar 1977 nur ca. 6300 betragen sollte. Die Stilllegung bereits 11 Tage nach der Erstzulassung konnte aber mancherlei Gründe wie z. B. Krankheit oder Tod des ersten Halters haben und war nicht so auffällig, dass die Beklagten auf einen Diebstahl oder andere Unregelmäßigkeiten hätte schließen müssen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass W nach der Wiederzulassung mehr als 6 Monate Halter des Wagens gewesen war und für diese Zeit eine Fahrstrecke von 6300 km durchaus normal war.

Mangels konkreter Anhaltspunkte ergab sich danach für die Beklagten kein Anlass, den Zustand oder die Herkunft des Wagens genauer zu überprüfen. Damit entfällt der nur an die Verletzung einer Sorgfaltspflicht zu knüpfende Vorwurf eines Verschuldens beim Vertragsschluss.