Salmonellenbefall

Bei zur Weiterveräußerung bestimmten Lebensmitteln bildet der nicht ausgeräumte Verdacht einer gesundheitsgefährdenden Verseuchung der Ware und die dadurch herbeigeführte Unverkäuflichkeit auch dann einen bei Gefahrübergang vorhandenen Mangel, wenn der Verdacht der Verseuchung zwar erst nach Gefahrübergang entsteht, jedoch auf Tatsachen beruht, die vor Gefahrübergang gegeben, aber nicht erkannt waren.

Die Kläger kaufte von der Beklagte zu 1), deren persönlich haftende Gesellschafterin die Beklagte zu 2) ist, 20 000 kg tiefgefrorene argentinische Hasen ohne Fell. Die Ware wurde der Klägeram 27. 8. 1963 übergeben. Die Kläger hat die Ware bezahlt. Am 6. 11.1963 beschlagnahmte die Stadt H. diese im Kühlhaus eingelagerten, in Kisten verpackten Hasen sowie einen Restposten von 4,66 t Hasen aus einer Lieferung der Beklagte vom 19. 9. 1963, die auf einem weiteren Kaufvertrag vom 18. 6. 1963 beruht. Am 28. 11. 1963 wurden die Hasen von der Behörde endgültig beschlagnahmt.

Die Kläger erklärte mit Schreiben vom 28. 11. 1963 der Beklagte zu 1), sie mache auf Grund der Tatsache, dass das Ordnungsamt H. durch Verfügung vom 6. 11. 1963 die Rasen mit der Begründung beschlagnahmt habe, es bestehe Verdacht auf Salmonellen befall, darauf aufmerksam dass sie für die ihr daraus entstehenden Schäden die Beklagte verantwortlich machen müsse.

Am 11. 12. 1963 beauftragte die Kläger einen Sachverständigen mit der Untersuchung der Hasen auf Salmonellen. Der Sachverständige nahm, wie unstreitig ist, nur Proben aus der Lieferung vom 19. 9. 1963. Von acht Proben wiesen zwei einen Befall mit Keimen der Salmonellengruppe auf.

Mit der Begründung, die Hasen seien wegen Salmonellenbefalls, jedenfalls aber wegen Verdachts auf Salmonellenbefall unverkäuflich, bat die Kläger ursprünglich gegen die Beklagte Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises der beiden Lieferungen, Erstattung von Auslagen und Ersatz entgangenen Gewinns im Gesamtbetrage von 68 541,24 DM erhoben.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat mit Urteil vom 18. 2. 1966 die Berufung der Klägerzurückgewiesen. Dieses Urteil hat der erkennende Senat mit Urteil vom 2. 4. 1969 insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe von 45 430,24 DM nebst Zinsen abgewiesen worden ist. In diesem Umfange ist die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden. Durch das Teilurteil vom 29. 1. 1971 hat das Berufungsgericht erneut die Klage insoweit abgewiesen, als die Kläger Ansprüche aus der ersten Lieferung vom 27. 8. 1963 in Höhe von 34 319,67 DM nebst Zinsen verfolgt. Die Rev. der Kläger führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen: I. 1. Im vorliegenden RevVerfahren geht es um die Frage, ob die Kläger berechtigt ist, den Vertrag vom 8. 6. 1963 über 20 t Hasenfleisch zu wandeln. Was diesen Vertrag betrifft, so haben die Parteien im zweiten BerRechtszuge im wesentlichen nur noch darüber gestritten, ob

a) diese Lieferung mit einem Fehler im Sinne des § 459 Abs. 1 BGB behaftet war,

b) die Klägerin diesen Fehler rechtzeitig gerügt hat.

Das Berufungsgericht hat die Entscheidung über die Rechtzeitigkeit der Rüge offengelassen. Es hat angenommen, die Kläger habe nicht nachgewiesen, dass das Hasenfleisch zur Zeit des Gefahrübergangs einen Mangel aufgewiesen hat.

2. Das Berufungsgericht führt aus, die Kläger habe nicht nachgewiesen, dass die Hasen der mit Vertrag vom 8. 6. 1963 verkauften Lieferung mit Salmonellen befallen waren. Diese Lieferung sei, wie im übrigen unstreitig ist, weder von der Gesundheitsbehörde Hamburg noch von dem von der Kläger bestellten Sachverständigen untersucht worden. Der Sachverständige habe nur Proben aus der zweiten Lieferung des Vertrages vom 18. 6. 1963 untersucht und bei zwei von ihnen einen Befall mit Salmonellen festgestellt. Daraus, dass die zweite Lieferung zum Teil Salmonellen- befall aufgewiesen habe, sei noch nicht zu schließen, dass auch die erste Lieferung mit Salmonellen verseucht gewesen sei. Zwar stammten in beiden Fällen die Hasen aus derselben Schlachterei. Es beständen aber keine Anhaltspunkte dafür, dass die Hasen beider Lieferungen in der Schlachterei zusammen gelagert und in derselben Flüssigkeit vor dem Einfrieren gereinigt worden seien. Die Ware der beiden Lieferungen sei zu verschiedenen Zeiten mit verschiedenen Dampfern befördert und ausgeliefert worden. Der Umstand, dass auch dem Hasenfleisch der ersten Lieferung der Verdacht des Befalls mit Salmonellen angehaftet habe und die Ware insgesamt unverkäuflich gewesen sei, begründe ein Recht zur Wandlung nicht, weil der Verdacht bei Gefahrübergang am 27. 8. 1963 noch nicht bestanden habe.

3. Der Ansicht des Berufungsgerichts, es fehle der Nachweis, dass die mit Vertrag vom 8. 6. 1963 verkauften, am 27. 8. 1963 ausgelieferten 20 t Hasenfleisch zu diesem Zeitpunkt einen Mangel aufgewiesen hätten, kann nicht gefolgt werden.

a) Dass diese Lieferung ganz oder teilweise mit Salmonellen befallen war, mag zwar nicht festgestellt werden können. Darauf kommt es indessen nicht an. Die Ordnungsbehörde der Stadt H. hat die Hasen am 6. 11. 1963 vorläufig und am 28. 11. 1963 endgültig beschlagnahmt. Damit waren sie der nach dem Kaufvertrage vorausgesetzten Weiterveräußerung entzogen. Dass die Beschlagnahme nach dem am 27. 8. 1963 eingetretenen Übergang der Gefahr ausgesprochen ist, steht entgegen der Meinung des Berufungsgerichts der Gewährleistungspflicht nicht entgegen. Die polizeiliche Beschlagnahme ist offenbar erfolgt, weil die hier in Frage stehende- allerdings nicht untersuchte - erste Lieferung aus demselben Verarbeitungsbetriebe kam, aus dem die nachgewiesenermaßen mit Salmonellen behafteten Waren stammten. Beide Lieferungen umfassten Hasen derselben Marke. Die Beschlagnahme war auch nicht rechtswidrig; denn der Verdacht, dass auch die erste Lieferung verseucht sei, war zumindest naheliegend (so das einen gleichen Sachverhalt behandelnde Urteil des III. ZS vom 25. 1. 1968 - III ZR 106/66 = Nr. 29 zu Art. 14 [Ba] GrundG = BGHWarn. 1968 Nr. 58). Dieser Umstand, dass bei einer Weiterveräußerung der Hasen für die Allgemeinheit die objektive Gefahr einer Gesundheitsgefährdung begründet wurde, und die Ware der polizeilichen Beschlagnahme unterlag, begründet bereits einen Mangel im Sinne des § 459 Abs. 1 BGB. Dieser Mangel bestand schon bei Gefahrübergang am 27. 8. 1963. Dass die Gesundheitsgefährdung und damit der Grund dafür, dass die Ware polizeilich aus dem Verkehr gezogen wurde, damals noch nicht erkannt war, ist unerheblich. Für die Frage, ob ein Mangel zur Zeit des Gefahrüberganges vorhanden ist, kommt es nicht auf den Zeitpunkt an, zu dem der Mangel hervortritt, sondern auf den Zeitpunkt, in dem der Grund für den Mangel gelegt ist. So hat der V. ZS einen Fall behandelt, in dem die im Grundstückskaufvertrage vorausgesetzte Möglichkeit einer Bebauung deshalb nicht gegeben war, weil nach der Übergabe des Grundstücks die Baugenehmigung auf Grund einer vor Gefahrübergang schon bestehenden öffentlich-rechtlichen Baubeschränkung versagt wurde. Hier hat der V. ZS angenommen, die Baubeschränkung sei ein Sachmangel im Sinne des § 459 Abs. 1 BGB (Urt. vom 6. 12. 1968 - V ZR 92/65 = WM 69, 273). Die gleiche Auff. hat der erkennende Senat zu der Frage vertreten, ob ein behördliches Bauverbot, das nach Abschluss eines Mietvertrages auf Grund einer bei Vertragsschluss schon ergangenen öffentlich-rechtlichen Baubeschränkung ergeht, einen schon bei Abschluss des Vertrages vorhandenen Mangel darstellt (Urt. vom 20. 1. 1971 - VIII ZR 167/69 = Nr. 17 zu § 537 BGB = BGHWarn. 1971 Nr. 16 = NJW 71, 555 L).

b) Abgesehen von der polizeilichen Beschlagnahme bildet bei zur Weiterveräußerung bestimmten Lebensmitteln auch schon der bloße Verdacht einer gesundheitsgefährdenden Verseuchung und die dadurch zwangsläufig herbeigeführte Unverkäuflichkeit einen Mangel (Urt. des erkennenden Senats BOHZ 52, 51, 53 = vorstehend Nr. 22 = NJW 69, 1171). An dieser Auff. ist trotz der Bedenken von Fabricius (JZ 70, 29) festzuhalten. Zu Unrecht ist das Berufungsgericht der Meinung, dieser Mangel sei bei Gefahrübergang noch nicht vorhanden gewesen, weil der Verdacht erst nach Gefahrübergang aufgetaucht sei. Das Berufungsgericht glaubt diese Ansicht dem ersten RevUrt. des Senats entnehmen zu können und an sie gebunden zu sein. Der Senat hatte damals ausgeführt:

Die Anzeige, dass Salmonellen verdacht bestehe, enthielt möglicherweise schon die Anzeige eines Mangels der Ware, wenn bereits der Verdacht die Verkäuflichkeit der Ware beeinträchtigte, allerdings gilt dies hier, weil der Verdacht erst nach der Lieferung entstanden ist, nur dann, wenn er sich auch als berechtigt bestätigte.

Das Berufungsgericht hat diesen Satz missverstanden. Es faßt ihn offenbar dahin auf, der Verdacht bilde nur dann einen Mangel, wenn sich später bestätige, dass die Ware tatsächlich mit Salmonellen befallen war. Eine Lieferung, die tatsächlich mit Salmonellen behaftet war, wäre bei Gefahrübergang schon mit einem - damals nur verborgenen - Mangel behaftet gewesen, der ohne jeden Zweifel Gewährleistungsansprüche auslöste. Auf einen Verdacht wäre es überhaupt nicht angekommen. Der Senat hat auch nicht gesagt, dass ein Salmonellenbefall sich als tatsächlich vorhanden bestätigen müsse, sondern gefordert, dass der Verdacht sich als berechtigt bestätige. Die Wendung im Senatsurteil bedeutet lediglich, dass die nach Gefahrübergang aufgetretene Unverkäuflichkeit nur einen Mangel bilde, wenn der Verdacht, auf den die Unverkäuflichkeit beruht und der durch vor dem Gefahrübergang liegende Tatsachen begründet war, nicht ausgeräumt werde, also als Verdacht zu Recht bestehen bleibe. Umgekehrt sollte nach der damaligen Auff. die nach Gefahrübergang aufgetretene Unverkäuflichkeit keinen Mangel bilden, wenn sich der Verdacht später als nicht berechtigt herausstellte, weil die Ware tatsächlich nicht verseucht war. Unter Verdacht in diesem Sinne ist also nicht ein erst nach Gefahrübergang entstandenes abwertendes Urteil über die Ware zu verstehen, sondern die bei Gefahrübergang bereits vorhandene, wenn auch noch nicht erkannte Möglichkeit, dass Tatsachen vorliegen, die die Verkäuflichkeit beeinträchtigen. Unstreitig ist der Verdacht der Salmonellenverseuchung auch für die hier in Frage stehende Lieferung des Kaufvertrages vom 18. 6. 1973 niemals entfallen.

Eine andere Frage ist, ob schon jeder nur vermutete Umstand, der, wenn er nach Gefahrübergang erkannt wird, die Verkäuflichkeit beeinträchtigt, als ein bei Gefahrübergang vorhandener Mangel anzusehen ist. Im vorliegenden Fall (Herkunft der verdächtigen Lieferung aus demselben Herstellerbetriebe, aus dem eine andere infolge Schmierinfektion teilweise verseuchte Lieferung stammt) gründete sich die Unverkäuflichkeit der hier streitigen Lieferung auf die naheliegende, nicht ausgeräumte Möglichkeit, dass auch sie verseucht sei.

II. War danach auch die Lieferung mit einem Fehler behaftet, der die Tauglichkeit zu dem nach dem Vertrage vorausgesetzten Gebrauch aufhob, so vermag der Senat doch nicht über die Gewährleistungsansprüche der Kläger abschließend zu entscheiden.