Sterilisation der Frau

Die Ersatzpflicht des für eine planwidrige Geburt verantwortlichen Arztes umfasst nicht Unterhaltslasten des Ehemannes für seine inzwischen von ihm geschiedene Ehefrau, auch wenn diese auf der Geburt des ungewollten Kindes ursächlich beruhen.

Zum Sachverhalt: Der Kläger erhebt gegen die Beklagten Stadtgemeinde Schadensersatzansprüche, weil eine Sterilisation seiner früheren Ehefrau, von der er inzwischen geschieden wurde, in der Frauenklinik der Beklagte misslungen ist, so dass es zur Geburt eines weiteren Kindes kam. Als der Kläger seine Ehefrau, Frau D, im Februar 1973 heiratete, hatte diese aus ihrer ersten Ehe zwei Kinder, außerdem im Jahre 1967 eine Fehlgeburt durchgemacht. Am 23. 7. 1973 gebar sie dem Kläger ein weiteres Kind. Im Oktober 1974 kam es wieder zu einer Fehlgeburt im zweiten Monat. Aus diesem Anlass schlugen die Ärzte der Frauenklinik der Beklagten Stadt Frau D eine Sterilisation vor. Sie rieten in erster Linie zur vaginalen Exstirpation der Gebärmutter. Frau D entschloss sich jedoch zur Tubensterilisation, die Professor Dr. W am 23. 10. 1974 im Wege der laparoskopischen Eileiterkoagulation durchführte. Im Juli 1975 stellte der Frau D behandelnde niedergelassene Gynäkologe bei ihr wiederum eine Schwangerschaft fest, die am 27. 12. 1975 zur Geburt der Tochter S führte. Schon im Mai 1975 hatte Frau D mit der Angabe, der letzte eheliche Verkehr habe im Dezember 1974 stattgefunden, gegen den Kläger des jetzigen Rechtsstreits Scheidungsklage erhoben. Die Ehe wurde durch alsbald rechtskräftiges Urteil vom 23. 9. 1975 aus Alleinschuld des Klägers, der der Klage nicht entgegengetreten war, geschieden. Der Kläger behauptet: Die Sterilisation seiner früheren Ehefrau sei fehlerhaft ausgeführt worden, wie die nach kurzer Zeit erfolgte Rekanalisation eines Eileiters zeigte. Auch sei seine Frau über die Versagerquote des von ihr gewählten Verfahrens unzulänglich aufgeklärt worden; sie würde sich sonst für ein sichereres Verfahren entschieden haben. Im Frühjahr 1975 seien er und seine Frau übereingekommen, sich scheiden zu lassen; dabei habe diese auf einen Unterhaltsanspruch gegen ihn verzichtet. Nach Entdeckung der neuerlichen Schwangerschaft habe sie diesen Verzicht nicht aufrechterhalten, weil sie jetzt nicht mehr in der Lage gewesen sei, wie zunächst beabsichtigt, ihre frühere Berufstätigkeit wieder aufzunehmen. Er müsse nunmehr angesichts seiner Einkommensverhältnisse monatlich 150 DM Unterhalt für die Tochter S und monatlich 750 DM für den Unterhalt seiner geschiedenen Frau bezahlen. Der Kläger begehrt Ersatz des Schadens, den er in diesen Unterhaltsbelastungen erblickt.

Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die - zugelassene - Revision des Klägers führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen: Das Berufsgericht meint:

Durch die Aufnahme der früheren Ehefrau des Kläger als Kassenpatientin in die Klinik der Beklagten Stadt sei ein Behandlungsvertrag nicht nur mit der Ehefrau, sondern gemäß § 1357 BGB auch mit dem Kläger als deren Ehemann zustande gekommen. Indessen bedürfe es nicht der Entscheidung der Frage, ob die von diesem geltend gemachten Unterhaltsbelastungen als Vermögensschaden i. S. des § 249 BGB anzusehen seien. Auch könne offen bleiben, ob der Kläger nicht gegebenenfalls gehalten wäre, statt Zahlung Feststellung zu verlangen. Denn Frau D sei über die Erfolgsaussicht des Sterilisationseingriffs genügend aufgeklärt worden; überdies vermöge sich das Berufsgericht nicht davon zu überzeugen, dass sie bei noch eingehender Aufklärung eine andere Entscheidung getroffen haben würde. Schließlich sei eine fehlerhafte Durchführung des Sterilisationseingriffs nicht erwiesen, da der Kläger seinen diesbezüglichen Vorwurf nicht hinreichend substantiiert, habe.

Die vom Berufsgericht offen gelassene Frage, ob der Aufwand für ein gesundes eheliches Kind als Schaden gegenüber demjenigen geltend gemacht werden kann, der für eine fehlgeschlagene Sterilisation der Mutter verantwortlich ist, hat der erkennende Senat inzwischen in zwei Grundsatzurteilen vom 18. 3. 1980 an sich bejaht. Damit erscheint die Klage insoweit schlüssig, als der Kläger Ersatz für seine Unterhaltsbelastung durch das Kind begehrt; des näheren wird darauf indessen noch unten einzugehen sein. Der Senat hat dort auch bejaht, dass in diesen besonderen Fällen dem Ehemann ebenfalls vertragliche Ersatzansprüche aus dem Fehlschlag der ärztlichen Maßnahme erwachsen können. Damit braucht nicht entschieden zu werden, ob dem Berufsgericht gefolgt werden könnte, soweit es aus § 1357 BGB - einer Vorschrift, die übrigens bei Einschaltung eines Sozialversicherungsträgers bei der ärztlichen Behandlung nicht unmittelbar eingreift - offenbar entnehmen will, dass der andere Ehegatte allgemein vertragliche Schadensersatzansprüche aus einem Fehlschlag bei der Behandlung seines Partners herleiten könne; dies müsste zu einer bedenklichen Ausweitung des ärztlichen Haftungsrisikos führen - dies gar anhand einer Vorschrift, die in erster Linie die Vertragspartner der Eheleute und nicht diese schützen soll. Indessen kann die angefochtene Entscheidung mit der derzeitigen Begründung weder Bestand haben, soweit sie einen Behandlungsfehler verneint, noch, soweit sie die festgestellte Belehrung der Ehefrau für ausreichend erachtet. Überdies unterliegt auch die Begründung dafür, wie das Berufsgericht zu der Überzeugung gelangt ist, dass etwaige Mängel der Belehrung der Frau D für ihren Entschluss zur Sterilisation durch laparoskopische Tubenkoagulation nicht ursächlich geworden seien, Bedenken.