Stromlieferungsverträge

Zur Frage der Ausnutzung der Monopolstellung eines Energieversorgungsunternehmens.

Aus den Gründen: Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt in erster Linie davon ab, ob die Beklagte eine Monopolstellung dadurch missbräuchlich ausgenutzt hat, dass sie sich beim Abschluss der hier in Frage stehenden Stromlieferungsverträge mit der Kläger ein überhöhtes Entgelt ausbedungen und damit gegen § 138 Abs. 1 BGB verstoßen hat.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte als alleinige Stromlieferantin der innerhalb des Stadtgebietes G. gelegenen Abnehmer - von fünf Sonderabnehmern der Kreiswerke abgesehen - auf Grund des bestehenden Gebietsschutzes eine; Monopolstellung innehatte und auf der Grundlage der Stromlieferungsverträge in der Zeit vom 1. 7. 1956 bis 31. 12.1960 von der Kläger ein Entgelt erhielt, das 229 196,12 DM über dem Betrag von 1 708 484,39 DM lag, den die Kläger bei einem Bezug von den Kreiswerken hätte aufwenden müssen. Da das Berufungsgericht den Sachverhalt als richtig unterstellt hat, in dem die Kartellbehörde einen Missbrauch der Marktstellung der Beklagte erblickt hatte, ist weiterhin davon auszugehen, dass es sich bei dem Preis, den die Kreiswerke in Rechnung gestellt hätten, um den Marktpreis handelte, den die Beklagte bei Nichtbestehen der Gebietsschutzvereinbarung und der hierdurch begründeten Monopolstellung hätte erzielen können. Die Kartellbehörde hat hierzu ausgesagt, die Beklagte habe bei ihrer Preisgestaltung vor allem die besonderen Großabnahmeverhältnisse, denen üblicherweise Rechnung getragen würde, nicht berücksichtigt und eine Reihe von Vorteilen und Verbilligungen, die ihr die Kreiswerke eingeräumt hätten, nicht an die Kläger weitergegeben. Der hierdurch entstandene überhöhte Preis der Beklagte, durch den sie eine Monopolrente erzielt habe, sei auch durch die Verhältnisse der Beklagte oder andere Umstände sachlich nicht gerechtfertigt, insbesondere weder durch Marktleistungen der Beklagte noch durch abnehmerbezogene Kostenbelastungen oder Wagnisse. Die versorgungswirtschaftliche Leistung zur Belieferung der Kläger sei allein von den Kreiswerken erbracht worden; die Beklagte habe zur Versorgung der Kläger keinerlei hoch- und niederspannungsseitige Anlagen errichtet und - mit Ausnahme von Messeinrichtungen an zwei Übergabestellen - auch nicht unterhalten, ihre Tätigkeit habe sich auf das Ablesen der Messeinrichtungen und die Erteilung der Rechnungen beschränkt.

Die Rev, rügt mit Recht, dass das Berufungsgericht bei diesem von ihm als richtig unterstellten Sachverhalt die Sittenwidrigkeit der Preisvereinbarungen zwischen der Beklagte und der Kläger verneint hat.

Die vom Berufungsgericht, erhobenen Bedenken, ob bei den hier unterstellten Umständen zwischen Leistung und Gegenleistung ein auffälliges Missverständnis bestehe, lassen sich nicht aufrechterhalten. In vorliegendem Falle ist davon auszugehen, dass die Beklagte einerseits als örtliches Verteilerunternehmen gegenüber der Kläger keine eigene Marktleistung erbracht und damit weder besondere Wagnisse noch eine ins Gewicht fallende Kostenbelastung übernommen hat, dass sie andererseits aber ein Entgelt verlangt hat, das in erheblichem Umfange den vom Zuliefererunternehmen berechneten effektiven Preis überschritt. Nach den Feststellungen der Kartellbehörde müsste angenommen werden, dass der Mehrpreis und damit der Vorteil, den sich die Bold. ohne eigene Marktleistung verschafft hat, noch über dem unter I errechneten Satz von 13,41% liegt. Dann aber stünden die von der Kläger zu erbringenden Leistungen in einem auffälligen Missverhältnis zu den Leistungen der Beklagte

Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Rechtsgeschäft gegen die guten Sitten im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB verstößt, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass nicht jeder Preis, der zu der Leistung des Lieferanten in einem Missverhältnis steht und, damit überhöht und unbillig erscheint, zu beanstanden ist; erst das Hinzutreten weiterer Umstände kann die Sittenwidrigkeit einer solchen Vereinbarung herbeiführen. Ein solcher Umstand ist jedoch im Regelfalle in der Ausnutzung einer Monopolstellung gegenüber einem Partner zu sehen, der auf den Geschäftsverkehr, mit dem Monopolisten angewiesen ist.

Dass diese Voraussetzungen bei den unterstellten Umständen gegeben wären, kann keinem Zweifel unterliegen. Wie bereits dargelegt, hätte die Beklagte bei dem Sachverhalt, von dem im vorliegenden Falle auszugehen ist, ohne eine eigene Versorgungsleistung zu erbringen, überhöhte Preise durchgesetzt. Dies wäre der Beklagte nur deshalb möglich gewesen, weil sie im Stadtgebiet G. eine durch den Gebietsschutzvertrag mit den Kreiswerken gesicherte Monopolstellung besaß und die Kläger deshalb zur Deckung des für ihre Streitkräfte lebensnotwendigen Energiebedarfs nicht auf andere Anbieter ausweichen konnte. Der aus der Monopolstellung der Beklagte sich ergebende Zwang für die Kläger, sich auch unbilligen Bedingungen zu unterwerfen, wäre als sittenwidrig anzusehen.

Das Berufungsgericht hat dies offenbar nicht verkannt. Es führt aus, in den Umständen, die die Kartellbehörde zum Einschreiten veranlasst hatten, könne objektiv durchaus eine Ausnutzung der Machtstellung der Beklagte gegenüber der Kläger gefunden werden. Die Sittenwidrigkeit sei jedenfalls wegen Fehlens der subjektiven Voraussetzungen, einer verwerflichen Gesinnung der Beklagte, zu verneinen. Die Stromlieferungsverträge, insbesondere die Preisabreden, seien frei ausgehandelt und von der Preisbehörde genehmigt worden. Dies aber schließe die Annahme aus, dass die Beklagte verwerflich gehandelt habe. In einem Falle, in dem es beiden Parteien möglich gewesen sei, die Vertragsbedingungen frei auszuhandeln und hierbei ihre Interessen wahrzunehmen, bestehe eine Gewähr dafür, dass der geschlossene Vertrag eine gerechte Ordnung der beiderseitigen Beziehungen darstelle.

Die hiergegen gerichteten Angriffe der Rev. sind begründet.