Forderungsmanagement in Berlin einrichten

Das Abgeordnetenhaus fordert den Senat auf, die Forderungsrealisierung des Landes Berlin zu verbessern. Hierzu hat der Senat folgende Maßnahmen vorzunehmen:

1. Pilotprojekt:

Im Rahmen eines auf drei Jahre angelegten Pilotprojektes „Forderungsmanagement" sind private Unternehmen in die Forderungseinziehung einzubinden. Hierzu hat der Senat in einem Ausschreibungsverfahren geeignete private Bewerber zu finden, welche den Einzug niedergeschlagener Forderungen der Senatsverwaltung für Inneres und Sport für das Land Berlin, im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten und unter Berücksichtigung des Datenschutzes, übernehmen. Die privaten Inkasso-Unternehmen sind mit einer Provision an den erfolgreich realisierten Forderungen zu beteiligen.

Die Erfahrungen des Pilotprojektes in Baden-Württemberg sind einzubeziehen.

2. Zentrales Forderungsmanagement Innerhalb des Pilotprojektes ist zu prüfen, ob das Outsourcing der Forderungseinziehung auf andere Bereiche ausgeweitet werden kann. Über die Einbringungsquote der Forderungen ist regelmäßig zu berichten, so dass auf dieser Basis die Begründungen zur Niederschlagung einheitlich überprüft werden können. Zudem sind die Erfahrungen des Bezirks Marzahn-Hellersdorf bezüglich des Verkaufs von privatrechtlichen Forderungen einzubeziehen. Zielvorgabe ist die Einrichtung eines modernen und zentralen Forderungsmanagements für Berlin.

Begründung: Berlin hatte in den letzten Jahren offene Forderungen in jährlicher Höhe von über 240 Mio.. Allein die Senatsverwaltung für Inneres und Sport weist jährlich offene Forderungen in Höhe von annähernd 50 Mio. aus. Dieser Zustand ist vor dem Hintergrund der Gesamtverschuldung von 63 Mrd. und der letztjährlichen Neuverschuldung von ca. 1,5 Mrd. nicht haltbar.

Gemäß § 59 LHO und der entsprechenden AV können Forderungen niedergeschlagen werden, sofern die Weiterverfolgung des Anspruches wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Anspruchsgegners oder anderen Gründen vorrübergehend keinen Erfolg versprechen. Das Instrument der Niederschlagung von Forderungen ist eine verwaltungsinterne Maßnahme und lässt den Anspruch nicht erlöschen. Die Bewertung offener Forderungen und die daraus folgenden Veränderungen der Ansprüche wie Stundung, Niederschlagung oder Erlass werden derzeit dezentral und ohne einheitliche Standards oder Vorgehensweise als Bestandteil der jeweiligen Fachaufgabe vollzogen. Ein effizienter Ressourceneinsatz z. B. durch einen Vergleich der einzelnen Forderungen und der Anspruchsgegner unter den Senatsverwaltungen oder den Bezirken ist nicht erkennbar.

In Baden-Württemberg wird derzeit ein Modellprojekt „Forderungsmanagement für die Justiz" durchgeführt. Die Ergebnisse einer ersten Zwischenbilanz nach zehn Monaten sind äußert zufriedenstellend. Das Projekt wurde nicht nur mit dem Innovationspreis PPP 2010 unter der Schirmherrschaft des Bundesfinanzministeriums in der Kategorie „Verwaltungsmodernisierung" ausgezeichnet, sondern hat vor allem in kürzester Zeit dem Haushalt zusätzliche Einnahmen in Höhe von mehreren hunderttausend Euro eingebracht. Im Hauptausschuss hat sowohl die Senatsverwaltung für Finanzen als auch die überwiegende Mehrheit der Fraktionen ein positives Interesse an dem Modellprojekt in Baden-Württemberg geäußert.

Durch die Einführung des Modellprojektes können auf einfache und risikoarme Weise zusätzliche Einnahmen für den Berliner Landeshaushalt gewonnen werden. Die provisionsbasierende Einziehung offener Forderungen bewirkt kaum verwaltungsinterne Kosten. Gleichzeitig können die praktischen Erfahrungen der privaten Unternehmen genutzt werden, um die eigene Bewertung von offenen Forderungen zu überprüfen, indem die Erfolgsbilanz der Unternehmen mit der verwaltungsinternen Einschätzung verglichen wird. Gewonnene Erfahrungen können leicht auf andere Senatsverwaltungen transferiert werden und Effizienzreserven im Bereich der Beitreibung offener Forderungen aufzeigen.

Die Einführung des Forderungsmanagementprojektes in Berlin ist unverzüglich einzuführen, da ein zuwarten weder notwendig noch zweckmäßig ist. Die ersten Ergebnisse aus Baden-Württemberg und die Haushaltslage in Berlin lassen ein zögerliches Verhalten nicht zu.