Pflegeversicherung

3. Hospiz- und Palliativkonzept im Land Berlin - 2011

Im Rahmen der Kooperation mit den landesseitigen Pflegestützpunkten beteiligte sich die ZAH an der Berlinweiten Datenbank Hilfelotse.

Einer breiten Öffentlichkeit präsentierte sich die ZAH regelmäßig auf zahlreichen Veranstaltungen, sowie im Rahmen von Feierlichkeiten, z. B. dem 10-jährigen Jubiläum der ZAH, jährlich stattfindender Sommerfeste, bei der Berliner Stiftungswoche sowie der Berliner Hospizwoche. Darüber hinaus wurden Druckerzeugnisse zu den unterschiedlichen Beratungsangeboten entwickelt. Die 2. Auflage des Wegweisers „Wenn Ihr Arzt nicht mehr heilen kann..." erschien im Jahr 2008 (10.000 Exemplare) und ist mittlerweile vergriffen. Die Herausgabe der Neuauflage durch das Land Berlin ist für 2011 geplant. Mit dem AK Trauer Berlin wurde eine Broschüre zum Thema Trauer und Darstellung der Angebote seiner Mitglieder erarbeitet und für den Druck vorbereitet.

Im Zuge einer Verstetigung und Fortentwicklung der Berliner Hospiz- und Palliativstrukturen sowie der Fortschreibungen des Berliner Hospiz- und Palliativkonzeptes haben sich regelmäßige Anpassungen der ZAH in Bezug auf das Einrichtungskonzept, die Zielgruppen sowie das Beratungskonzept ergeben. Es ist festzustellen, dass in den letzten Jahren beispielsweise die Quantität der Beratungsgespräche sowie deren inhaltliche Komplexität und Zeitintensität gestiegen sind, sich Anfragen bzgl. einer umfassenden Patientenverfügungsberatung im Sinne der hospizlichen Grundeinstellung stark ausgeweitet haben, die webbasierte Beratung immer stärker nachgefragt wird,

Anfragen palliativgeriatrischer Patienten sowie deren Zugehöriger stark zugenommen haben. Bezüglich dieser Zielgruppe ergeben sich positive Synergieeffekte im Rahmen der Zusammenarbeit mit dem Kompetenzzentrum Palliative Geriatrie und dessen Netzwerken.

Um Hospizidee und Palliativversorgung verstärkt in vollstationäre Pflegeeinrichtungen zu implementieren, entwickelt und organisiert die ZAH seit 2006 den Arbeitskreis Vollstationäre Pflege. In diesem Arbeitskreis vernetzen sich Einrichtungen, die Interesse an einer Zusammenarbeit haben und auf dem Weg hin zu einer besseren Versorgung sterbender alter Menschen fortgeschritten sind.

Entwicklung der Palliativstrukturen

Allgemeine ambulante Palliativversorgung

Neben den Problemen bei der Umsetzung der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung ist zugleich besonders deutlich geworden, dass es in der allgemeinen ambulanten Palliativversorgung (AAPV) große Defizite und erheblichen Entwicklungsbedarf gibt ­ sowohl bezogen auf die Qualifizierung, die Strukturen und Organisation sowie die Vergütung. Denn

­ so wird geschätzt ­ nur für 10 % der sterbenden Menschen wird zukünftig die SAPV benötigt. Etwa 90% werden auch in Zukunft durch ihre Haus- oder Fachärzte und die allgemeinen Pflegedienste in enger Kooperation mit den ambulanten Hospizdiensten und anderen Berufsgruppen betreut werden.

Für die allgemeine ambulante Palliativversorgung (AAPV), die im Rahmen des Regelversorgungssystems erbracht wird, haben die Krankenkassen und Leistungserbringer in Berlin bisher keine vertragliche Regelung getroffen. Forderungen nach einer Verbesserung der AAPV, die z. B. durch Vergütungszuschläge für Hausärzte erreicht werden könne, um die Attraktivität der Leistungen in der AAPV zu erhöhen, werden sowohl von Hausärzten als auch vom PalliativZentrum Berlin-Brandenburg e.V. und dem Home Care Berlin e.V. erhoben. Rückblickend auf die Forderungen der Enquête-Kommission (s. 1) ist diese Forderung durchaus verständlich, insbesondere um Fehlallokationen zu vermeiden.

3. Hospiz- und Palliativkonzept im Land Berlin - 2011

Aber auch der Ausbau der ambulanten Pflege am Lebensende ist für die sterbenden Menschen, die keinen Anspruch auf SAPV haben, notwendig. Hierzu hatte die EnquêteKommission gefordert, dass analog zur Pflege der Demenzkranken auch die Indikation der Palliativversorgung in das SGB XI aufgenommen werden sollte, da die häusliche Pflege am Lebensende häufig mit Erschwernissen in der Kontaktaufnahme, erhöhtem Begleitungsbedarf und vermehrtem Bedarf nach Kommunikation mit dem Betroffenen ­ aber auch dem Umfeld ­ verbunden ist. Das Eingehen auf diese Bedürfnisse sei in der Pflegestufe III der Pflegeversicherung nicht ausreichend abgedeckt.

Spezialisierte ambulante Palliativversorgung

Die Kassenärztliche Vereinigung Berlin (KV Berlin) und die Krankenkassen hatten zur Förderung einer qualitativen Präfinalversorgung krebs- und AIDS-kranker Patienten im häuslichen Bereich seit 1992 Vereinbarungen nach § 73a SGB V geschlossen. Danach erhielten die teilnehmenden Ärzte für die Versorgung der Patienten einen Vergütungszuschlag außerhalb der pauschalierten Gesamtvergütung und verpflichteten sich zur Teilnahme an anerkannten Fortbildungen zum Thema Onkologie / AIDS. Die so genannte Home Care-Versorgung hatte bundesweit Modellcharakter. Etwa 2.700 Patienten wurden pro Jahr im Rahmen der Home Care-Versorgung in Berlin behandelt.

Nach langen Verhandlungen ist in Berlin zum 01.07.2010 ein kassenartenübergreifender und flächendeckender SAPV-Rahmenvertrag nach § 132d SGB V in Kraft getreten, der auf den bestehenden Home Care-Strukturen aufbaut. Vertragspartner der Krankenkassen sind die Kassenärztliche Vereinigung Berlin (KV Berlin) und der Home Care Berlin e.V..

Der Kreis der anspruchsberechtigten Patienten ist im Vergleich zur Home Care-Versorgung größer, da die SAPV nicht auf die Erkrankungen Krebs und AIDS beschränkt ist.

Die KV Berlin übernimmt im Rahmen des Teilnahmeverfahrens die Prüfung der Qualifikationsvoraussetzungen der Palliativmedizinerinnen und -mediziner und die Abrechnung der ärztlichen Leistungen. Derzeit nehmen 81 Palliativärztinnen und ­ärzte am SAPV-Vertrag in Berlin teil. Die Krankenkassen haben Ende November in einem Schreiben an die KV Berlin erklärt, dass der Bedarf an Palliativärzten damit gedeckt sei und weitere Teilnahmeberechtigungen für Ärzte ausgesetzt.

Die teilnehmenden spezialisierten Palliativärztinnen und -ärzte beziehen spezialisierte Palliativpflegedienste, ambulante Hospizdienste und weitere im Einzelfall erforderliche Beteiligte in die Versorgung ein. Die Qualifikationsanforderungen der Palliativpflegedienste werden durch die Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassen und Krankenkassenverbände in Berlin (ARGE) geprüft, wobei die AOK Nordost ­ Die Gesundheitskasse für Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern - die Federführung übernommen hat. Da noch nicht ausreichend Pflegefachkräfte mit Palliative Care-Weiterbildung zur Verfügung stehen, wurden im Interesse der Sicherstellung der Leistungserbringung Übergangsregelungen hinsichtlich der erforderlichen Weiterbildungsmaßnahmen getroffen. Zurzeit sind 19 Pflegedienste über Kooperationsvereinbarungen in die SAPV eingebunden. Weitere Ausführungen s. unter 3.10.3 SAPVNetzwerk Pflege. Der aktuelle Stand der Zahl der SAPV-Leistungserbringer Pflege ist unter folgendem Link abrufbar: http://www.kvberlin.de/20praxis/60vertrag/10vertraege/sapv/sapv_teilnpflege.pdf.

Nach Angaben der AOK Nordost nehmen bisher keine stationären Pflegeeinrichtungen am SAPV-Vertrag teil und es lägen auch keine Anträge oder Konzepte von interessierten Einrichtungen vor. Für die SAPV von Bewohnerinnen und Bewohnern in vollstationären Pflegeeinrichtungen stehen die teilnehmenden ambulanten Leistungserbringer zur Verfügung. Wie viele SAPV-Leistungsanträge bislang für Bewohnerinnen und Bewohner in vollstationären Pflegeeinrichtungen genehmigt worden seien, könne noch nicht verifiziert werden.

Die spezialisierte ambulante pädiatrische Palliativversorgung (SAPPV) ist in Berlin nicht extra vertraglich geregelt. Der bestehende SAPV-Rahmenvertrag trifft jedoch aufgrund der

3. Hospiz- und Palliativkonzept im Land Berlin - 2011 spezifischen Bedürfnisse der lebenslimitierend erkrankten und sterbenden Kinder und Jugendlichen auf die SAPPV nicht zu. Deshalb ist auf Bundesebene ein gesonderter MusterVersorgungsvertrag entwickelt worden. Drei SAPV-Pflegedienste verfügen nach Auskunft der AOK Nordost über Kinderkrankenschwestern mit Palliative Care-Weiterbildung. Grundsätzlich mangele es aber an entsprechend spezialisierten kinderärztlichen und pflegerischen Leistungserbringern (s. 3.3.5 und 3.3.6). Im Geschäftsbereich der AOK Nordost liegt für Berlin zurzeit ein SAPPV-Leistungsantrag vor.

Aufgrund der Erfahrungen, die im ersten halben Jahr mit dem Berliner SAPV-Rahmenvertrag gemacht wurden, hat das PalliativZentrum Berlin-Brandenburg (PZBB) in mehreren Anschreiben an die drei SAPV-Vertragspartner (30.12.2010 und 19.01.2011) zehn Problemfelder identifiziert, die dringend einer Klärung bedürfen und entsprechende Vorschläge gemacht, wie diese Hindernisse für eine gelingende Umsetzung der SAPV in Berlin behoben werden könnten.

Die LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege Berlin setzt sich für eine andere SAPV-Vertragsgestaltung ein und beschwert sich über das Verhalten und die Kommunikation der beteiligten Krankenkassen. Beschwerdegegenstand ist die Weigerung der Krankenkassen, interessierte ambulante Pflegedienste, die von der LIGA vertreten werden, in die Vertragsverhandlungen nach § 132d SGB V einzubeziehen. Die LIGA sieht darin eine Diskriminierung von nichtärztlichen Leistungserbringern gegenüber ärztlichen ohne sachlichen Grund und damit einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht. Die Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz (SenGUV) hat die Aufsichtsbeschwerde der LIGA geprüft und im Rahmen der bestehenden Rechtsaufsicht über die ARGE keinen Anlass für aufsichtsrechtliche Maßnahmen festgestellt.

Der Caritasverband für das Erzbistum Berlin e.V. hat nach Informationen der AOK Nordost inzwischen Klage gegen alle am SAPV-Rahmenvertrag teilnehmenden Krankenkassen eingereicht. SenGUV hat die AOK Nordost gebeten, über den Fortgang des Verfahrens zu informieren.

Medikalisierung

Trotz der deutlichen Verbesserung der Versorgung schwerstkranker Menschen in Deutschland gibt es noch Hindernisse, u.a. im Arzneimittelrecht, die vor allem Palliativmediziner vor große Probleme stellen und eine optimale Versorgung Sterbender zu Hause und im stationären Hospiz erschweren. Zurzeit gibt es Bestrebungen, die Betäubungsmittelverordnung (BtMVV) entsprechend zu novellieren.

Sterben im Krankenhaus Sterben zu Hause, in gewohnter Umgebung und im Kreise von Angehörigen und Freunden ­ das ist ein Wunsch, der den meisten Berlinerinnen und Berlinern verwehrt bleibt. Wie bereits unter 3 - Entwicklung seit 2006 in Berlin ­ dargestellt, stirbt fast jeder zweite Mensch in einem Krankenhaus. 31.713 Menschen verstarben im Jahr 2009 in Berlin, davon 14.303 im Krankenhaus, das sind 45,1 Prozent der Verstorbenen. Zehn Jahre früher, im Jahr 1999 waren es noch 47,5 Prozent.

In der Regel treffen drei verschiedene Interessenslagen aufeinander:

1. Der Patient möchte zu Hause sterben.

2. Angehörige wollen dem Sterbenden die bestmöglichen Hilfen zukommen lassen und sich keinesfalls dem Vorwurf aussetzen, sie hätten nicht alles versucht.

Amt für Statistik Berlin-Brandenburg.