Wohnraumförderung

Mit dem Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034) haben die Länder im Zuge der Föderalismusreform unter anderem die Gesetzgebungskompetenz für den Rechtsbereich der Wohnraumförderung sowie das Wohnungsbindungsrecht erhalten.

Die bestehenden Bestimmungen bleiben indes so lange in Kraft, bis sie durch landesrechtliche Regelungen ersetzt oder ergänzt werden. Der Erlass eines Landesgesetzes bietet die Möglichkeit, die Mängel der verschiedenen betroffenen Bundesgesetze zu überwinden und die Grundlagen eines zukunftsorientierten Umgangs mit dem öffentlich geförderten Sozialen Wohnraum Berlins zu schaffen. Mit dem vorliegenden Gesetz wird von der Gesetzgebungskompetenz des Landes Berlin Gebrauch gemacht.

Die vorliegende gesetzliche Neuregelung ergänzt die Vorschriften des bundesrechtlichen Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (Wohnraumförderungsgesetz - WoFG) vom 13. September 2001 (BGBl. I S. 2376), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 09. Dezember 2010 (BGBI. I S. 1885,1893), sowie des Gesetzes zur Sicherung der Zweckbestimmung von Sozialwohnungen (Wohnungsbindungsgesetz - WoBindG) in der Fassung vom 13. September 2001 (BGBl. I S. 2404), zuletzt geändert durch Artikel 87 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBI. I S. 2407), und schafft den gesetzlichen Rahmen zur Vermeidung extremer Mieterhöhungen in den vom Wegfall der Anschlussförderung betroffenen Objekten des Sozialen Wohnungsbaus bei wirtschaftlichem oder sonstigem Eigentumswechsel sowie die Ausweitung der Kündigungs- und Überlegungsfristen für die dort wohnenden Mieterinnen und Mieter im Rahmen der Stärkung von Mieterrechten.

Darüber hinaus wird den Verfügungsberechtigten die Möglichkeit der vorzeitigen Rückzahlung der Aufwendungsdarlehen zu einem am Barwert orientierten Betrag im Rahmen einer mit dem Land Berlin zu schließenden kooperationsvertraglichen Vereinbarung eröffnet (§ 2).

Diese Regelung soll im Ergebnis die ansonsten planmäßig stattfindenden Mieterhöhungen im Sozialen Wohnungsbau durch die vertraglich zu vereinbarenden Mietpreisbindungen unterhalb der preisrechtlich zulässigen Mieten (Verpflichtungsmieten) begrenzen. Gleichzeitig werden für die Verfügungsberechtigten durch die Beendigung der öffentlichen Wohnungsbindungen für jede zweite nach Rückzahlung frei werdende Wohnung ergänzende wirtschaftliche Spielräume eröffnet und so die nachhaltige Bewirtschaftung des geförderten Objekts unterstützt.

Zudem steht auch die in § 3 normierte Regelung zum Kooperationsvertrag in engem Zusammenhang mit dem grundsätzlichen Ziel der Mietbegrenzung. Auch hier können über die bundesgesetzlichen Bestimmungen des Wohnraumförderungsgesetzes und des Wohnungsbindungsgesetzes im Rahmen von Kooperationsverträgen hinausgehende Vereinbarungen zur Mietbindung geschlossen werden.

Ferner enthält das Wohnraumgesetz Berlin insbesondere im zweiten Abschnitt (§§ 4 ff.) Regelungen, die berlinspezifische bindungsrechtliche Probleme hinsichtlich des Endes der öffentlichen Wohnungsbindungen löst, beispielweise in § 9 Absatz 1 im Hinblick auf geförderte Eigentumsobjekte nach Erlass oder unbefristeter Niederschlagung des Rückzahlungsanspruchs für das Förderdarlehen.

Insgesamt stellen die genannten Instrumente einen nachhaltigen Regelungskomplex dar, der sowohl Instrumente zur Mietbegrenzung enthält als auch das Recht der Wohnungsbindungen - angepasst auf die Situation in Berlin ­ in der notwendigen Weise regelt.

b) Einzelbegründung

Zum ersten Abschnitt Wegfall der Anschlussförderung, barwertige Rückzahlung, Kooperationsvertrag

Zu § 1:

Kündigungs- und Überlegungsfrist bei Mieterhöhung in Objekten, die keine Anschlussförderung erhalten haben § 1 greift den Grundgedanken des Sonderkündigungsrechts des allgemeinen Mietrechts gemäß § 561 BGB auf, dass dem Mieter bei einem Mieterhöhungsverlangen des Verfügungsberechtigten eine ausreichend bemessene Bedenkzeit hinsichtlich der weiteren möglichen Entscheidungen zugebilligt werden muss und zusätzlich die Regelung, dass der Mieter im Fall der Sonderkündigung die Mieterhöhung nicht zahlen muss. Der Mieter hat jetzt nach Zugang der Mieterhöhungserklärung eine Überlegungsfrist von mindestens drei Monaten und eine sich daran anschließende Kündigungsfrist von weiteren drei Monaten. Dies stellt eine wesentliche Verbesserung gegenüber dem alten Recht dar, da der Mieter hier im ungünstigsten Fall nur 18 Tage Überlegungsfrist und knapp zwei weitere Monate Kündigungsfrist hatte. Die Verlängerung der Fristen ist auch sachgerecht, da gerade bei den vom Wegfall der Anschlussförderung betroffenen Objekten Mieterhöhungsverlangen der Verfügungsberechtigten drohen, die die Mieter oftmals vor erhebliche Probleme stellen. §§ 10 Absatz 2 und 11 Absatz 1 Wohnungsbindungsgesetz finden insoweit keine Anwendung.

Zu § 2:

Vorzeitige Rückzahlung der Aufwendungsdarlehen, vertragliche Vereinbarung zur Miete

Zu Absatz 1: Absatz 1 normiert die Möglichkeit, die im Rahmen der Wohnungsbauförderung ab dem Wohnungsbauprogramm 1972 ausgereichten Aufwendungsdarlehen für einzelne geförderte Objekte oder für im Sozialen Wohnungsbau geförderte Wirtschaftseinheiten auf kooperationsvertraglicher Basis nach Inkrafttreten des Gesetzes bis zum Ende des Jahres 2013 zurückzuzahlen. Unabdingbare Voraussetzung für den Abschluss des Kooperationsvertrages ist die Vereinbarung von Mietpreisbindungen zur Sicherung eines für die im Sozialen Wohnungsbau wohnberechtigten Haushalte sowie die wohnenden Mieterinnen und Mieter tragbaren Mietniveaus. Der Rückzahlungsbetrag wird sich hierbei nicht am Nominalbetrag des im Zeitpunkt der Rückzahlung valutierenden Aufwendungsdarlehens, sondern an dem auf den zum Rückzahlungszeitpunkt abgezinsten Barwert orientieren. Eine weitere Auszahlung von Fördermitteln erfolgt nicht. Statt einer weiteren Auszahlung kann auf vertraglicher Basis die Einbeziehung noch auszuzahlender Förderung barwertig in die Barwertermittlung erfolgen.

Gemäß Satz 5 sind die mit Baudarlehen der Investitionsbank Berlin sowie ergänzenden, lediglich kleinteiligen Aufwendungsdarlehen ab dem Wohnungsbauprogrammjahr 1989 geförderten Objekte von der in den Sätzen 1 bis 4 getroffenen Regelung ausdrücklich ausgenommen. Die hier ausgereichten Aufwendungsdarlehen hatten als „öffentliche Mittel" lediglich die förderrechtlich sicherstellende Funktion, die Objekte insgesamt als im Rahmen des Ersten Förderungsweges / Sozialer Wohnungsbau gefördert zu qualifizieren. Die Eröffnung der Möglichkeit, die Aufwendungsdarlehen auch für diese Objekte vorzeitig am Barwert orientiert zurückzuzahlen, würde zu dem wohnungspolitisch unerwünschten Ergebnis führen, dass die Rückzahlung von wenigen tausend EURO den Verlust der Hälfte der Wohnungsbindungen in dem jeweiligen Objekt nach sich ziehen würde. Die klarstellende Regelung von Satz 5 ist somit notwendig, um diesen unerwünschten Effekt zu vermeiden.

Zu Absatz 2: Absatz 2 regelt grundsätzlich die Möglichkeit der Minderung des nach Absatz 1 bestimmten Rückzahlungsbetrages um bis zu 10 vom Hundert. Dieser Abschlag soll nur dann und abhängig von den Verpflichtungen der Eigentümer zur Einhaltung von Mietbegrenzungen gewährt werden. Die maximale Höhe des Abschlags von 10 vom Hundert entspricht hierbei dem bisherigen, im Sozialen Wohnungsbau ab dem WP 1972 festzustellenden, durchschnittlichen Ausfall der Aufwendungsdarlehen und ist insofern angemessen.

Die Möglichkeit der Gewährung von Abschlägen ist nach Satz 1 nach Inkrafttreten des Gesetzes auf den Zeitraum bis zum Ende des Jahres 2013 beschränkt. Durch kooperationsvertragliche Verpflichtungen soll erreicht werden, dass Eigentümer sich zur Einhaltung bestimmter Miethöhen und Mietentwicklungen verpflichten. Eine Verpflichtung des Landes Berlins zum Vertragsabschluss ist nicht gegeben, wenn die öffentlich-rechtlichen Interessen nicht ausreichend berücksichtigt sind.

Zu Absatz 3: Absatz 3 verweist hinsichtlich der Maßgaben für die Durchführung der in den Absätzen 1 und 2 getroffenen Regelungen auf nachgelagert zu erlassende Verwaltungsvorschriften.

Zu § 3:

Kooperationsvertrag § 3 weitet ergänzend zu den bundesgesetzlich in § 7 Absatz 4 Wohnungsbindungsgesetz und § 15 Absatz 1 Wohnraumförderungsgesetz normierten Vertragsinhalte auf Regelungen über Mietbindungen und die Dauer der öffentlichen Wohnungsbindungen nach § 2 Absatz 2 und § 5 Absatz 2 des Gesetzes aus.

Die bisherigen bundesgesetzlichen Regelungen sind an besondere Voraussetzungen in den §§ 30 und 31 Wohnraumförderungsgesetz gekoppelt, auf die in § 3 bewusst verzichtet wurde. Dies betrifft insbesondere die in § 30 Wohnraumförderungsgesetz für den Fall der Freistellung relativ starr geregelte Forderung der Ausgleichspflichten. Hierdurch gewinnt das wohnungspolitische Instrument des Kooperationsvertrages über das bisherige Maß hinaus an Flexibilität und somit insgesamt an Bedeutung.

Intention dieser Schwerpunktsetzung ist es, die Verfügungsberechtigten zu motivieren, individuell auf ihre Situation zugeschnittene Kooperationsverträge mit der zuständigen Senatsverwaltung abzuschließen.

In diesen Verträgen werden insbesondere kumulativ oder alternativ barwertige Rückzahlungsbeträge, Verpflichtungen zur Unterschreitungen der preisrechtlich zulässigen Miete einerseits und Abzüge vom barwertigen Rückzahlungsbetrag sowie Beendigungen von öffentlichen Wohnungsbindungen nach § 5 Absatz 2 anderseits zu regeln sein.

Die zuständige Senatsverwaltung prüft im Einzelfall, ob und inwieweit es gerechtfertigt erscheint, solche Kooperationsverträge abzuschließen.