Mietwohnungsbau

Zum zweiten Abschnitt Ende der Eigenschaft „öffentlich gefördert"

Zu § 4:

Ende der Eigenschaft „öffentlich gefördert" bei Objekten, die keine Anschlussförderung erhalten haben § 4 bestimmt für den Fall der Zwangsversteigerung das Ende der Wohnungsbindungen im Zeitpunkt der Erteilung des Zuschlags. Die Folge für vom Wegfall der Anschlussförderung betroffene Objekte ist, dass nach dem Ende der Wohnungsbindungen Mieterhöhungen nur auf der Grundlage des allgemeinen Mietrechts (zum Beispiel Berliner Mietspiegel) zulässig sind. Die Mieterinnen und Mieter in diesen Objekten sind somit vor bisher zulässigen, extremen Mieterhöhungen (bis zur Höhe der Kostenmiete ­ zum Beispiel 15 /m2

Wohnfläche/ monatlich) geschützt.

Ferner wird für diese Objekte bestimmt, dass die Wohnungsbindungen auch im Falle des freihändigen Verkaufs im Rahmen eines Insolvenzverfahrens sowie im Falle des wirtschaftlichen Eigentumsübergangs sofort enden. Insoweit sind die Mieter auch in diesen Fällen sofort vor den nach der bisherigen Rechtslage zulässigen, extremen Mieterhöhungen geschützt.

Hinsichtlich der Umsetzung des Verfahrens zur Feststellung des Endes der öffentlichen Wohnungsbindungen teilt die IBB den Wohnungsämtern mit, dass und ab wann die Voraussetzungen des Absatzes 1 für die Bestätigung des Endes der Eigenschaft „öffentlich gefördert" vorliegen.

Im Einzelnen führt die rechtliche Prüfung zu der nachfolgenden Bewertung:

a) Die Regelung in § 4 begegnet mit Blick auf die Grundrechte der ursprünglichen Grundstückseigentümer und der Erwerber keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Ein Eingriff in das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Absatz 1 GG liegt nicht vor, da sich der Schutz des Eigentumsgrundrechts nur auf bestehende Rechte des Grundrechtsträgers erstreckt. Die Bestimmung nimmt dem Erwerber keine bestehenden Rechtspositionen (etwa die Befugnis zur Mieterhöhung bis zur Kostenmiete), sondern der Erwerber kann von vornherein nur entsprechend beschränktes Eigentum erwerben. Auch ein rechtlich geschütztes Vertrauen des Erwerbers auf den Erhalt dieser Rechtsposition kann sich angesichts der vorgesehenen Regelungen nicht bilden. Vielmehr hat er die Möglichkeit, hierauf im Rahmen der Angebotskalkulation zu reagieren.

b) Zwar könnten auch die Interessen der ursprünglichen Eigentümer durch § 4 dadurch beeinträchtigt werden, dass nach Inkrafttreten der Regelung die in der Zwangsversteigerung bzw. dem Verkauf zu erzielenden Erlöse sinken. Es handelt sich hierbei jedoch eher um eine mittelbare Beeinträchtigung wirtschaftlicher Interessen, die nicht die Schwelle zum rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Absatz 1 GG überschreitet.

c) Das Regelungsmodell des § 17 WoBindG, dem § 4 Satz 1 folgt, knüpft grundsätzlich an die dinglichen Wirkungen des Zuschlags in der Zwangsversteigerung an, also an den originären Eigentumserwerb des Erstehers. Vor diesem Hintergrund knüpft auch § 4 Absatz 2 an die zivilrechtliche Wirksamkeit der Eigentumsübertragung an. Demgegenüber würde die Bezugnahme auf den Übergang der Nutzen und Lasten das Risiko der Unbestimmtheit in sich bergen, da die Parteien eines Grundstückskaufvertrages hier Regelungen treffen können, die von den dispositiven Bestimmungen des § 446 BGB abweichen können.

d) Aus praktischen Erwägungen heraus bezieht § 4 auch solche Fallgruppen ein, in denen das Eigentum formal beim bisherigen Eigentümer verbleibt, aber langfristige Nutzungsrechte übertragen werden, beispielsweise durch Nießbrauch oder Pacht. Insofern lässt sich argumentieren, dass der bisherige Eigentümer einen geringeren Schutz des Artikel 14 Absatz 1 GG genießt, wenn er seine Nutzungsbefugnisse freiwillig auf einen Dritten überträgt. Dies dürfte jedenfalls für die Fälle der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums im Sinne des § 39 Absatz. 2 Nummer 1 Abgabenordnung (AO) gelten, wobei dieser Tatbestand eng gefasst ist und die gewöhnliche Überlassung durch Pacht oder Nießbrauch im Regelfall nicht umfasst.

e) Die verfassungsrechtliche Problematik der Einbeziehung von Fällen eines „wirtschaftlichen Eigentümerwechsels" besteht darin, dass die Gesellschaft als Eigentümer der betreffenden Sozialwohnungen rechtlich identisch bleibt. Damit ist die Gesellschaft als Grundrechtsträgerin von der Einschränkung ihrer rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich der Miethöhe grundsätzlich in gleicher Weise betroffen wie der Erwerber im Falle des Eigentumswechsels. Fraglich ist, ob eine abweichende verfassungsrechtliche Bewertung an den Umstand des Gesellschafterwechsels geknüpft werden kann, wenn dieser Gesellschafterwechsel in wirtschaftlicher Hinsicht zu einer weitgehenden „Entkernung" der ursprünglichen Gesellschaft führt. Grundsätzlich kommt es nach Artikel 19 Absatz 3 GG auf die Grundrechtspositionen der juristischen Person (hier Artikel 14 GG, Artikel 3 GG in Verbindung mit dem Vertrauensschutzgrundsatz) an, nicht auf die Grundrechte der dahinter stehenden Gesellschafter. Andererseits liegt nach der so genannten „Durchgriffsthese" die Rechtfertigung der Einbeziehung juristischer Personen in den Schutzbereich der Grundrechte gerade darin, dass die Gesellschaften der Grundrechtsverwirklichung ihrer Gesellschafter dienen.

Dies rechtfertigt grundsätzlich eine Absenkung des Schutzniveaus, zumal alle Fälle eines „wirtschaftlichen Eigentümerwechsels" eine Mitwirkung der Gesellschaften und ihrer Gesellschafter voraussetzen, um die Änderungen in der Gesellschafterstruktur herbeizuführen.

Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung knüpft daran an, dass bei wirtschaftlicher Betrachtung in den hier interessierenden Fallgruppen nicht der ursprüngliche Eigentümer als formal Berechtigter, sondern allein der „wirtschaftliche Eigentümer" von der Rechtsänderung betroffen ist. Denn die Regelung des § 4 führt nicht zu einer Beeinträchtigung der formalen Eigentümerstellung, sondern beeinträchtigt allein die Befugnisse des Eigentümers, aus dem Eigentum Nutzen zu ziehen (etwa Mieteinnahmen zu realisieren). Zwar genießt auch diese Befugnis den verfassungsrechtlichen Schutz des Artikel 14 Abs. 1 GG [BVerfGE 98, 17 (35 f.); 110, 1 (28)]. In der hier interessierenden Konstellation handelt es sich jedoch um genau jene Gewährleistungsgehalte, deren sich der ursprüngliche Eigentümer durch Übertragung an einen Dritten begeben hat. Von daher lässt sich das Argument grundsätzlich vertreten, dass der ursprüngliche Eigentümer insofern auch nur in geringerem Maße schutzwürdig ist. Der Nutzungsberechtigte erwirbt dagegen von vornherein belastete beziehungsweise eingeschränkte Nutzungsrechte, so dass von daher keine Eingriffslage besteht.

f) Vor diesem Hintergrund ist es grundsätzlich rechtlich zulässig, den Wegfall der Sozi19 albindung auch bei einem Wechsel der Gesellschaftermehrheit, einer Auswechslung des Komplementärs oder einer Veräußerung der Mehrheit der Anteile an einer Komplementär-GmbH eintreten zu lassen. In Betracht kommen insbesondere Fälle, in denen auch aus grunderwerbsteuerlicher Sicht von einem (wirtschaftlichen) Eigentümerwechsel auszugehen ist.

Zu § 5:

Mietwohnungsbau - Ende der Eigenschaft „öffentlich gefördert" bei freiwilliger nicht vollständiger Rückzahlung

Zu Absatz 1: Absatz 1 normiert die Restbindungslaufzeit im Falle der freiwilligen vorzeitigen Rückzahlung des Förderdarlehens ­ orientiert an den bisher einzelvertraglichen Maßgaben - von 20 Jahren. Die Restbindungsdauer von 20 Jahren kann in den Fällen unterschritten werden, in denen das Ende der Eigenschaft „öffentlich gefördert" planmäßig nach Maßgabe der Tilgungsbedingungen früher eintritt.

Zu Absatz 2: Absatz 2 bezieht sich hinsichtlich der Bestimmung des Endes der Eigenschaft „öffentlich gefördert" insbesondere auf die in § 2 geregelte vorzeitige Rückzahlung des Aufwendungsdarlehens zum Barwert und bestimmt grundsätzlich für die Hälfte der nach Vertragsschluss weiterhin den öffentlichen Wohnungsbindungen unterliegenden Wohnungen die Restbindungslaufzeit analog Absatz 1. Hinsichtlich dieser Restbindungslaufzeit nach Satz 1 sind abweichende Vereinbarungen im Rahmen von Kooperationsverträgen (§ 3) zulässig.

Zu § 6:

Mietwohnungsbau - Ende der Eigenschaft „öffentlich gefördert" bei Erlass und unbefristeter Niederschlagung sowie Notverkauf mit Zustimmung der Bewilligungsstelle

Zu Absatz 1: Absatz 1 füllt die bisher nach Maßgabe des Wohnungsbindungsgesetzes bestehende Regelungslücke in Bezug auf den Erlass und die unbefristete Niederschlagung des Rückzahlungsanspruchs für das Förderdarlehen aus. Das Ende der Eigenschaft „öffentlich gefördert" bestimmt sich in diesen Fällen nach dem planmäßigen Tilgungsauslauf des Förderdarlehens.

Zu Absatz 2:

In Einzelfällen lässt sich durch einen freihändigen Verkauf ein höherer Erlös erzielen als bei einer ansonsten alternativlosen Zwangsversteigerung des Objektes. Dies setzt jedoch voraus, dass

· Klarheit über den verbleibenden Bindungszeitraum besteht und

· dieser Zeitraum nicht erheblich größer ist, als im Falle der Zwangsversteigerung.

Denn eine Mietpreis- und Belegungsbindung des Sozialen Wohnungsbaus kann für Kaufinteressenten als wertmindernd angesehen werden. In diesen Ausnahmefällen ist eine Koppelung des Bindungsendes an das bestehende Darlehensverhältnis mit dem Veräußerer nicht praktikabel.

Der Erwerber hätte keinen Einfluss auf eine Beendigung des Darlehensverhältnisses durch eine Einigung über eine - gegebenenfalls teilweise - Rückführung der Darlehensforderung oder deren Niederschlagung.