Im Rahmen der Globalisierung hat sich der internationale Standortwettbewerb der Städte und Regionen verschärft

Das Planungsfeld der „Stadtentwicklung" beinhaltet die Gesamtentwicklung der Stadt unter gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und ökologischen Gesichtspunkten. Stadtentwicklung verlangt somit eine interdisziplinäre, integrierte und zukunftsgerichtete Herangehensweise und findet sich damit zwangsläufig in allen Handlungsfeldern des Berliner Energiekonzeptes 2020 wieder. Die wesentlichen Herausforderungen entstehen durch gesellschaftliche Tendenzen wie z. B. dem demografischen Wandel, der Pluralisierung der Lebensstile oder die Globalisierung.

Im Rahmen der Globalisierung hat sich der internationale Standortwettbewerb der Städte und Regionen verschärft. Neben klassischen ökonomischen Standortfaktoren gewinnen immer mehr Faktoren wie Wissen, Innovationsfähigkeit, kulturelle Attraktivität und die Größe des städtischen kreativen Potentials an Bedeutung.

Gleichzeitig hat Berlin, wie alle Städte, eine entscheidende Rolle beim Klimawandel. So sind urbane Ballungsräume die größten räumlichen CO2-Quellen, denn dort wird ca. 80 % der Energie verbraucht. Die klimabedingte Verwundbarkeit der Städte zeigt sich an den Auswirkungen von Hitzewellen und Extremwetterereignissen.

Bis 2050 ist in Berlin mit einem deutlichen Temperaturanstieg von durchschnittlich 2,5

C zu rechnen. Im Winter steigen die Temperaturen deutlicher als im Sommer. Die durchschnittliche Niederschlagsumme von ca. 540 mm wird im Zuge des Klimawandels einer ausgeprägten jahreszeitlichen Verschiebung unterliegen.

Während die Niederschläge im Sommerhalbjahr um zum Teil mehr als 15 % zurückgehen, werden die Winterhalbjahre deutlich feuchter. Die Häufigkeit und Intensität von Extremereignissen nimmt zu. Starkregenereignisse treten vermehrt im Winter auf, in denen Kälteextreme seltener werden. Die Anzahl der Frosttage kann um bis zu 50 % zurückgehen. Im Sommer hingegen nehmen die Wärmeextreme zu. Es ist vermehrt mit langen Hitzeperioden, tropischen Nächten und Hitzetagen zu rechnen [PIK/agripol/z. l. f. 2009].

Damit die Stadt diesem Klimawandel nachhaltig begegnen kann und ihre Funktionalität als klimagerechte Stadt gewahrt bleibt, bedarf es eines integrierten Strategieansatzes, der sowohl auf Maßnahmen zur Abminderung (Mitigation) als auch Maßnahmen der Anpassung an den Klimawandel (Adaption) baut.

Bei Maßnahmen der Stadtentwicklung soll Klimaschutz von Anfang an als wichtiger Aspekt berücksichtigt werden. Im Europarechtsanpassungsgesetz Bau (EAG Bau) von 2004 ist der Klimaschutz in den Zielkatalog für die Bauleitplanung aufgenommen worden [Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz 2008b]. Mit der Aufnahme in das Baugesetzbuch (BauGB) wurde diese Anforderung in die wichtigste Rechtsquelle des Städtebaurechts integriert.

In Berlin besteht ein umfangreiches Potential zur Energie- und CO2-Einsparung im Gebäudebestand. Als wesentliche Strategien zur Umsetzung dieser Einsparpotentiale sind die Gebäudesanierung und der Ausbau von Energieeffizienztechnologien (z. B. Erneuerbare Energien, BHKW) identifiziert worden.

Bei städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen werden Maßnahmen zur Behebung städtebaulicher Missstände im öffentlichen Interesse durchgeführt. Gemäß Baugesetzbuch besteht Handlungsbedarf, wenn die vorhandene Bebauung in einem Quartier nicht oder nicht mehr den Anforderungen des allgemeinen Klimaschutzes genügt. Dies ist der Fall, wenn die überwiegende Zahl an Bestandsgebäuden in einem Quartier beispielsweise im Hinblick auf die Wärmedämmung nicht den energetischen Anforderungen an den Klimaschutz entspricht. Handlungsbedarf im Sinne des Klimaschutzes ergibt sich auch, wenn ein Quartier über keine klimaverträgliche Infrastruktur verfügt. Weil das Baugesetzbuch keine Anforderungen an eine solche Infrastruktur definiert, sollte bei städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen der Ausbau der Erneuerbaren Energien und die Steigerung der Energieeffizienz Eingang in die Sanierungsziele finden. Quartierbezogene Lösungen sollten Vorrang vor gebäudebezogenen Ansätzen haben. In den Sanierungsgebieten werden Gebietsbeauftragte in Form von Sanierungsbeauftragten eingesetzt. Diese stehen den Eigentümern für eine umfassende Beratung zur Verfügung und koordinieren die Sanierung entsprechend den Sanierungszielen. Im Interesse einer energiebewussten Sanierung ist daher eine qualifizierte energetische Beratung der Eigentümer stärker zu gewichten. Neben dem Sanierungsrecht stellt der Stadtumbau ein wesentliches Element des Klimaschutzes in der Stadterneuerung dar. Die Herstellung nachhaltiger städtebaulicher Strukturen ist das Steuerungsziel von Stadtumbaumaßnahmen. Stadtumbaugebiete sind geprägt durch einen erheblichen städtebaulichen Funktionsverlust.

Zur Umsetzung des städtebaulichen Entwicklungskonzeptes besteht die Möglichkeit, auf der Grundlage von städtebaulichen Verträgen mit den beteiligten Eigentümern spezielle klimarelevante Maßnahmen vertraglich umzusetzen. Die Nutzung von Netzen und Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung sowie von Solaranlagen für die Wärme-, Kälte- und Elektrizitätsversorgung kann Gegenstand eines städtebaulichen Vertrages sein.

Das Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung erstellte im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und der Gemeinsamen Landesplanung Berlin-Brandenburg eine Studie über die Auswirkungen des „Klimawandels auf die Kulturlandschaft Berlins" [PIK, ZALF, agripol 2009].

Mit Hilfe der Studie werden diejenigen Handlungsfelder der Stadtentwicklung identifiziert, die von den Auswirkungen des Klimawandels wesentlich betroffen sein werden. Die Ergebnisse und Erkenntnisse aus der Studie müssen nunmehr in die gesamtstädtische räumliche Planung einbezogen werden, um geeignete Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel zu erarbeiten.

Die Ergebnisse der Studie lassen erhebliche Belastungen für die Kulturlandschaft Berlins erwarten. Besondere Konsequenzen ergeben sich infolge der temperaturbedingten Verstärkung der städtischen Wärmeinseln. Daher muss die Erholungsfunktion von Landschaften gestärkt werden. Die Freihaltung von Kaltluftschnei114

Funktionsverluste liegen insbesondere vor, wenn ein dauerhaftes Überangebot an baulichen Anlagen für bestimmte Nutzungen ­ insbesondere Wohnzwecke ­ besteht oder erwartet wird. Zugleich dient die Vernetzung von Freiräumen dem Austausch der Arten zur Förderung der Biodiversität. Sowohl neue Überlegungen zur Bewässerung von Grünanlagen als auch Schutzmaßnahmen vor Starkregen werden künftig in die Planung einfließen Des Weiteren ließ die Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz vom Klimaschutzrat im Jahr 2008 den „Ersten Bericht zum Klimawandel in Berlin ­ Auswirkungen und Anpassung" erstellen [SenGUV 2009].

Der Bericht greift bisher wenig diskutierte Themen auf, wie Auswirkungen des Klimawandels auf das Gesundheitswesen und die Wasserwirtschaft. Für die Qualität der Berliner Oberflächengewässer und für die Trinkwasserversorgung hat der Klimawandel weitreichende Konsequenzen. Darüber hinaus steht das Berliner Gesundheitswesen vor neuen Herausforderungen. Es muss mit einem hitzebedingten Anstieg der Erkrankungsfälle und der Sterblichkeit bei Atemwegs- und Herz-Kreislauferkrankungen gerechnet werden. Auch endemische und reiseassoziierte Infektionskrankheiten können vermehrt auftreten, ebenso Allergien und Hauterkrankungen infolge verstärkter UV-Belastung.

Die Wirkungen des Klimawandels sind komplex und werden einschneidende Folgen für die Lebensqualität der Berlinerinnen und Berliner, aber auch für die Versorgungsstrukturen der Stadt haben. Um dem zu begegnen braucht Berlin eine umfassende Anpassungsstrategie mit einem integrierten Klimafolgenmanagement, das eine frühzeitige und umfassende Einbeziehung aller betroffenen Handlungsfelder gewährleistet.

Mit dem ersten Bericht zum Klimawandel in Berlin wurde ein erster Schritt für die Erarbeitung einer Berliner Anpassungsstrategie geleistet. Aufbauend auf den ersten Bericht zum Klimawandel erarbeitet die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung als einen ersten Baustein zu einer Klimaanpassungsstrategie einen Stadtentwicklungsplan Klima (StEP Klima). Die konkreten Arbeiten hierzu laufen seit Mitte 2009.

Der StEP Klima soll für die gesamtstädtische räumliche Planung einen strategischplanerischen Orientierungsrahmen zur Bewältigung der Herausforderungen der Mitigation und Adaption liefern. Er wird für das Thema „gesamtstädtische räumliche Planung" sensibilisieren, Überprüfungsaufträge zum Einsatz der Planungsinstrumente liefern sowie räumliche und zeitliche Maßnahmenschwerpunkte benennen. Damit wird dieses Instrument die Klimaschutzaktivitäten des Senats um einen wichtigen Baustein ergänzen.

Der StEP Klima setzt auf Grundlage des ersten Berichts zum Klimawandel insbesondere auf die klimabedingten Herausforderungen im urbanen Raum wie „Urban Heat Islands", Wasser- und Gewässerhaushalt und Extremwetterereignisse auf.

Wesentliche Inhalte des StEP Klima sind:

- Darstellung der stadträumlichen und stadtklimatischen Rahmenbedingungen,

- Problemanalyse unter Konkretisierung teilräumlicher Klimafolgen inklusive der demografischen Entwicklung,

- Erarbeitung von Maßnahmen für die hochverdichteten Innenstadtgebiete (insbesondere Auswirkungen von Urban Heat),