Altersrente

Infolgedessen entwickelte sich eine Medikamentenabhängigkeit, unter der Frau K. bis heute leidet.

Am 9. November 1989 (sic!) wurde Frau K. aus dem Jugendwerkhof entlassen und erhielt anschließend psychiatrische und psychologische Betreuung in Berlin. Zum Jahresbeginn 1990 konnte sie in eine betreute Jugendwohngruppe einziehen.

Im Jahr 2010 stellte Frau K. einen Antrag auf strafrechtliche Rehabilitierung, der vom Landgericht bearbeitet wird. Zu einem Akteneinsichtstermin beim Jugendamt im Herbst 2010 wurde sie von einem Mitarbeiter des Landesbeauftragten begleitet.

Beim Lesen ihrer Akte war Frau K. innerlich sehr erregt und musste immer wieder weinen. Sie empörte sich über zahlreiche Formulierungen. So wurde ihr Jugendwerkhof in einem Bericht des Jugendamtes dem äußeren Ansehen nach als „gepflegtes Ferienobjekt" bezeichnet. Tatsächlich besaß der Jugendwerkhof drei vergitterte Arrestzellen, in die Jugendliche mit Fluchtabsichten eingesperrt wurden. Die Jugendamtsmitarbeiterin zeigte für die Erregung von Frau K. wenig Verständnis. Vielmehr bat sie Frau K. und den Mitarbeiter des Landesbeauftragten, Kommentare zum Inhalt der Akten zu unterlassen. Ohnehin seien die Geschehnisse schon über 20 Jahre her und daher nicht mehr sachgerecht zu beurteilen.

Die Beispiele lassen erkennen, wie unterschiedlich die Fälle gelagert sind. Vor diesem Hintergrund ist jedoch abzusehen, dass eine strafrechtliche Rehabilitierung als Würdigung dieser tragischen Schicksale nicht immer in Betracht kommen kann. Dennoch sollten die Bemühungen darauf gerichtet sein, Lösungen zu finden, einem möglichst großen Teil der Betroffenen angemessene Würdigung und Wiedergutmachung zuteilwerden zu lassen. Hierin wird der Landesbeauftragte auch zukünftig einen wichtigen Bereich seiner Tätigkeit sehen.

Besondere Zuwendung nach § 17a StrRehaG (Opferrente) Informationen zur Beantragung der besonderen Zuwendung (Opferrente) nach § 17a des StrRehaG werden noch immer häufig erfragt. Für viele, die aufgrund eines zu hohen Einkommens die Opferrente nicht erhalten konnten, wird mit Eintritt in die Erwerbsunfähigkeits- oder Altersrente ein Antrag auf Opferrente relevant, weil Renteneinkünfte als Einkommen bei der Opferrente unberücksichtigt bleiben. Es sei an dieser Stelle noch einmal betont, dass die Opferrente die soziale Lage vieler Betroffener spürbar verbessert hat. Besondere Härten entstehen allerdings für diejenigen, die aufgrund einer Haftzeit unter 180 Tagen von dieser Zuwendung grundsätzlich ausgeschlossen sind. Eine Modifizierung der Regelung ist daher für die Zukunft anzustreben, so dass auch Betroffene mit geringerer Haftzeit eine kleine finanzielle Zuwendung erhalten können.

Die Bearbeitungszeiten der Anträge beim Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales werden mittlerweile nur noch durch die Überprüfung der Ausschließungsgründe verzögert. Diese Überprüfungen erfolgen durch den Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen (BStU) und dauern in der Regel leider viele Monate. Seit der letzten Novellierung des strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes müssen Antragsteller auf Opferrente ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen, da Verurteilungen wegen vorsätzlicher Straftaten über drei Jahre nun ebenfalls als Ausschlussgrund gewertet werden. Dies wird von einem Teil der Betroffenen als Zumutung und psychisch belastend empfunden. Möglicherweise kann auch hier ein sensiblerer Verfahrensweg gefunden werden.

Berufliche Rehabilitierung

Zwar gingen die Anfragen zum beruflichen Rehabilitierungsgesetz im Jahr 2010 leicht zurück; dennoch sind teils sehr qualifizierte Nachfragen zu verzeichnen, die die Kompliziertheit dieser Thematik und die Defizite des Gesetzes verdeutlichen.

Schließlich laufen die Rehabilitierungsverfahren häufig über viele Jahre, was zu Unmut und Resignation bei manchen Betroffenen führt.

Vor welchen schwierigen Konstellationen sowohl die Berater als auch die Rehabilitierungsbehörden stehen, zeigt exemplarisch dieser Fall:

Zum Beispiel Herr E.: Herr E. stellte 1981 für sich und seine Familie einen Ausreiseantrag. Diesen begründete er vordergründig mit den unzumutbaren Wohnverhältnissen, unter denen die Familie leben musste: Drei Personen verfügten lediglich über ein einziges Zimmer.

Nachdem die Familie eine Wohnung mit zwei Räumen zugewiesen bekommen hatte, nahm Herr E. den Ausreiseantrag zurück. 1983 erneuerte er den Antrag und führte nun als Begründung die unzumutbaren politischen Verhältnisse in der DDR an. Herr

E. arbeitete als Ingenieur bei der Akademie der Wissenschaften. Dort geriet er nun unter Druck. Außerdem wurde er zum Reservistendienst bei der Nationalen Volksarmee einberufen. Diesen Dienst verweigerte er unter Berufung auf seinen Ausreisean11 trag. Langjährige Militärhaft wurde ihm als Konsequenz für seine Haltung angekündigt. Unter einer Situation äußerster psychischer Anspannung wurde Herr E. zu einer Aufhebung seines Arbeitsvertrages gedrängt. Im April 1984 konnte er mit seiner Familie die DDR verlassen. Die erzwungene Aufhebung seines Arbeitsvertrages führt bei Herrn E. bis heute zu Renteneinbußen. Auch die Zusatzversorgung für Ingenieure bekommt Herr E. nicht. Weil er ­ so die Sicht der Rehabilitierungsbehörde ­ in die Aufhebung seines Arbeitsvertrages eingestimmt habe, könne er nicht rehabilitiert werden. Für eine massive politische Einflussnahme, die zum Aufhebungsvertrag geführt habe, gebe es nicht genug Belege, eine Rehabilitierung käme demnach nur in Betracht, wenn der Arbeitsvertrag einseitig und politisch motiviert von der Akademie der Wissenschaften aufgekündigt worden wäre.

Zu den ohnehin schmerzlichen Renteneinbußen wegen der abgelehnten beruflichen Rehabilitierung muss Herr E. auch noch eine Kürzung seiner zu DDR-Zeiten erworbenen Rentenpunkte wegen der Anwendung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) hinnehmen. Statt des Fremdrentenrechts gilt heute für alle Übersiedler aus der DDR, die vor 1937 geboren wurden, das AAÜG. Aufgrund dessen erhalten zahlreiche Betroffene ­ vor allem Akademiker ­ geringere Renten. Die Einbuße können einige hundert Euro betragen. Eine Interessengemeinschaft versucht seit Jahren, die Bundespolitik auf diese Ungerechtigkeit hinzuweisen und eine Gesetzesänderung zu erreichen.

Ausgleichsleistungen nach § 8 Berufliches Rehabilitierungsgesetz (BerRehaG) Probleme ergaben sich neuerlich bei der Gewährung von Ausgleichsleistungen nach § 8 BerRehaG. Diese Leistungen erhalten beruflich Rehabilitierte mit einer Verfolgungszeit von über drei Jahren, sofern sie wirtschaftlich besonders beeinträchtigt sind.

Zum Beispiel Herr S.: Herr S. erhielt im August 2010 einen Bescheid von dem für seine Ausgleichsleistungen zuständigen Sozialamt, dass die Zahlung fortan eingestellt werde. Wie sich herausstellte, hatte die neue Sachbearbeiterin für die Berechnung der Einkommensgrenze nicht berücksichtigt, dass Herr S. verheiratet ist. Dass bei der Berechnung im Zusammenhang mit dem BerRehaG auch die beim Betroffenen dauernd lebenden Familienangehörigen einzubeziehen sind, war der Bearbeiterin nicht bekannt.