Wohnungen

Ferner wird das Plangebiet durch die Falkoniergasse gegliedert und intime (Wohn-)Innenbereiche für die Wohnnutzungen im Mischgebiet E und F durch die bauliche Trennung gewährleistet; die direkte Einsicht von der öffentlichen Gasse aus wird unterbunden.

Im Zuge der Planungen wurden die Überdeckungen und Erstreckungen der Abstandsflächen durch die Modifikation von Gebäudestellungen, die Staffelung der zulässigen Oberkanten baulicher Anlagen (Mischgebiete A, C, E und F) die Reduktion der Vollgeschosse in den Mischgebieten E und F und G sowie der Verzicht auf eine Bebauung im Mischgebiet H, auf das städtebaulich notwendige Maß reduziert. Im Ergebnis stellt die planerische Konzeption einer öffentlich zugänglichen Gasse zur Belebung des Gebietes und seines Umfeldes, bei gleichzeitiger Sicherstellung der Privatsphäre der Blockinnenbereiches und die Integration von Nutzungen, die nicht negativ von der Abstandsflächenüberdeckung betroffen sind, sondern von ihr vielmehr profitieren kann, die planerisch optimierte Variante dar und ist notwendig, um die in Kap, 2.3.3.1 dargestellten städtebaulichen Ziele zu erreichen.

Berücksichtigung der durch § 6 BauO Bln geschützten Rechtsgüter

Die zulässigen Gebäudehöhen des Mischgebietes B betragen ebenfalls 5 m über Gehweg. Dadurch, dass östlich der Falkoniergasse die hohen Gebäude (Mischgebiete A, C und D) jeweils direkt an niedrigere (eingeschossige) Teilflächen (Mischgebiete B) grenzen, sowie aufgrund der Abstände zur gegenüber liegenden Bebauung an der Falkoniergasse, ist eine ausreichende Belüftung innerhalb der Baugebiete gewährleistet. Gleichzeitig besteht für diese Wohnungen im zweiten Vollgeschoss ein direkter Zugang zu einer Terrasse auf den Dächern der Teilflächen Mischgebietes B, so dass auch in den unteren Vollgeschossen attraktive Wohnungszuschnitte möglich sind. Die Belange des Brandschutzes werden durch die Unterschreitung der Abstandsflächen nicht beeinträchtigt.

Die Erstreckungen der Abstandsflächen auf das Nachbargrundstück Friedrichswerdersche Kirche resultieren einerseits aus der angestrebten Blockrandbebauung im historischen Grundriss. Im Vergleich zum Vorkriegsbestand erhöht sich der Abstand zur Friedrichswerderschen Kirche von damals 4 auf 5

m und entspricht der im Bebauungsplan I-208 bereits festgesetzten Lage. Der erforderliche Brandschutzabstand zur Friedrichswerderschen Kirche (5 m) ist gewährleistet. Lediglich auf Höhe des südwestlichen Kirchturmaufganges wird dieser Abstand unterschritten. In diesem kurzen Abschnitt zwischen der Friedrichswerderschen Kirche und dem Mischgebiet wird der Feuerüberschlagsweg von mindestens 5 m unterschritten. In diesem Bereich sind die Fassaden im Mischgebiet entsprechend den bauordnungsrechtlichen Regelungen als Brandwand (vgl. auch § 30 der Bauordnung für Berlin) auszubilden, da sich im Kirchengebäude an dieser Stelle Fenster befinden. Zwar wird auch auf Höhe der Pfeiler der Friedrichswerderschen Kirche ein Abstand von 5 m geringfügig unterschritten, eine Brandwand ist hier voraussichtlich jedoch nicht erforderlich, da sich in diesen Mauervorsprüngen keine Fenster befinden. Die abschließende Entscheidung hierzu trifft die Baugenehmigungsbehörde im Rahmen des bauordnungsrechtlichen Verfahrens.

Durch die im oberen Bereich aufgelockerte Bebauung wird ein zusätzlicher Lichteinfall begünstigt.

Durch die geplante Bebauung, insbesondere die stark aufgelockerte Kammstruktur zur Friedrichswerderschen Kirche hin wird eine optimale Belüftung des Gebiets gewährleistet. Des Weiteren sind im Rahmen der Gebäudeplanung, z. B. durch eine geeignete Grundrissgestaltung, alternative Durchlüftungsmöglichkeiten sowie die Anordnung von Loggien weitere Maßnahmen möglich, um eine ausreichende Belichtung von Wohnungen und Aufenthaltsbereichen von gewerblichen Einrichtungen zu gewährleisten. Diese Maßnahmen können jedoch nicht detailliert festgesetzt werden, da sie abhängig von der Verteilung der Wohnnutzung im Gebiet sind und zudem im Bebauungsplan nicht regelbar sind.

Auch ist zu berücksichtigen, dass aufgrund der Festsetzungen die Vollgeschosse deutlich höher sein können als üblich (zwischen 3,5 und 4,5 m). Die Festsetzungen ermöglichen damit eine Vollgeschosshöhe, die eine hohe Wohnqualität und eine gute Belichtung gewährleistet und gleichzeitig eine hohe städtebauliche Qualität ermöglicht. Dieses trägt im Zusammenhang mit angemessenen Fensterhöhen mittelbar zu einer weiteren Kompensation der geringeren Abstandsflächen bei.

Ergänzend ist zu berücksichtigen, dass neben dem Abstand der Gebäude eine Vielzahl anderer Faktoren Einfluss auf die Beleuchtung der Innenräume mit Tageslicht haben, die weder planungs- noch bauordnungsrechtlich beeinflussbar sind. Hierzu zählen unter anderem die Verwendung Licht reflektierender oder Licht absorbierender Mobiliar-, Wand- und Fußbodenoberflächen, Vorhänge und Gardinen sowie Bäume. Insofern muss auch durch größere Abstände die Belichtung nicht zwangsläufig besser werden.

Allgemeine Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse Bezüglich der Belichtung, Besonnung und Belüftung ist gemäß der geltenden Rechtsprechung davon auszugehen, dass bei einer Einhaltung der Abstandsflächen in der Regel auch die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt sind, während bei einer Unterschreitung der an sich einzuhaltenden Abstände die Auswirkungen insbesondere auf Belichtung im Einzelnen zu prüfen sind und nachzuweisen ist, dass trotz der Unterschreitung die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse nicht beeinträchtigt werden.

Grundsätzlich gibt es somit keinen Automatismus, dass im Falle einer Unterschreitung der Anforderungen der Abstandsflächen gemäß § 6 BauO Bln ein städtebaulicher Missstand abzuleiten ist. So sind z. B. gemäß § 6 Abs. 3 BauO Bln, der eine Überdeckung von Abstandsflächen (also eine Überlagerung auf dem eigenen Grundstück) ausdrücklich zulässig, wenn die Gebäude in einem Winkel größer als 75

Grad zueinander stehen. Demnach sind nach Auffassung des Gesetzgebers in diesem Fall die Belichtung und Belüftung ausreichend (Wilke/Dageförde/Knuth/Meyer/Broy-Bülow, Bauordnung für Berlin, Kommentar, 6. Aufl. 2008, § 6 RN 38).

Um die Auswirkungen der Festsetzung des Bebauungsplans in Hinblick auf die Belichtung und Besonnung beurteilen zu können, wurden zwei Besonnungsstudien erstellt. Hieraus ergibt sich, dass in Verbindung mit der textlichen Festsetzung 1.2 gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse auch im Falle der Unterschreitung der Abstandsflächen gemäß § 6 BauO Bln gewahrt werden können (siehe Kap 2.3.3.3). Auch die Belüftung und Sozialabstände sind ausreichend.

Besonnungsstudie

Ein Grenz- oder Mindestwert, wann ein städtebaulicher Missstand bzw. die Beeinträchtigung der allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse aufgrund fehlender Besonnung zu erwarten ist, wurde bisher in rechtlichen Vorschriften nicht festgelegt.

In der Begründung zur BauO Bln wird als Belichtungsziel für Aufenthaltsräume eine Ausleuchtung, die "das Lesen und Schreiben im fensternahen Bereich bei bedeckten Himmel" ermöglicht, angestrebt.

Zur Beurteilung ob dies gegeben ist, lehnt sich die amtliche Begründung zum § 6 Abs. 5 BauO Bln an die DIN 5034-1 an, nach der eine Belichtung in der Regel ausreichend ist, wenn am 17. Januar mindestens 1 Stunde direkte Besonnung sichergestellt wird (Boeddinghaus in: Baurecht, April 2009, 40.

Jahrgang, S. 591).

Eine weitere Orientierung, wann ein städtebaulicher Missstand in der Regel ausgeschlossen werden kann, bietet ein Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 24. Oktober 2004: "Ein städtebaulicher Missstand ist regelmäßig nicht gegeben, solange zur Tag- und Nachtgleiche (21. März bzw. 21. September) eine direkte Besonnung von mindestens zwei Stunden sichergestellt ist."

Ferner ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Helligkeit in allen Wohnungen ausreichend ist, wenn die Abstandsregelungen der Bauordnung eingehalten werden (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30.10.2009 ­ 10 S 26/09). Die Argumentation des Gerichts zielt darauf ab, dass ein Bauwerk immer mit Auswirkungen auf den Nachbarn verbunden ist, das Abstandsrecht jedoch das Maß dessen definiert, was der Nachbar an Beeinträchtigungen hinzunehmen habe (Boeddinghaus in: Baurecht, April 2009, 40. Jahrgang, S. 593). Gleichzeitig erfolgt jedoch flächendeckend auch eine Überschreitung der Obergrenzen gemäß § 17 BauNVO. Diese ist ebenfalls nur dann zulässig, wenn die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse nicht beeinträchtigt sind. Hierzu bedarf es einer zweiten Prüfung, denn diese Norm fußt nicht primär auf dem Abstandsflächenrecht, sondern zielt auf eine geordnete städtebauliche Entwicklung ab. Ebenso hat das OVG Berlin-Brandenburg in einem Urteil 2007 (Urteil 2 A vom 18.12.2007) festgestellt, dass die "Grenze zum städtebaulichen Missstand erreicht oder überschritten sein könnte", wenn mit dem Bauvorhaben nicht nur die Obergrenzen des § 17 BauNVO überschritten werden, sondern gleichzeitig auch die nach BauO Bln erforderlichen Mindestabstände unterschritten werden.

Daher wurde die Betrachtung der Auswirkungen der Festsetzungen des Bebauungsplans vorsorglich nicht auf die Grundstücke, die von einer Erstreckung von Abstandsflächen betroffen sind, beschränkt, sondern für alle Baugebiete untersucht. Lediglich für das Mischgebiet G konnte auf die Untersuchung verzichtet werden, weil die Abstandsflächen durchgängig eingehalten werden.

Auswirkungen innerhalb des Plangebietes Mischgebiete dienen gleichermaßen dem Wohnen und dem das Wohnen nicht wesentlich störenden Gewerbe. Für Wohnnutzungen hat die Sicherung einer ausreichenden ­ natürlichen ­ Belichtung einen besonderen Stellenwert. Daher wurde, um die Auswirkungen der Festsetzungen des Bebauungsplans in Hinblick auf die Belichtung und Besonnung beurteilen zu können, vom Büro ALware eine umfangreiche Besonnungsstudie erarbeitet. Basis dieser Studie war die Generierung eines 3D-Modells auf Grundlage der Festsetzungen des Bebauungsplans (Baulinien, Baugrenzen, Höhen und Geschosse) und mit dem dann Tageslichtsimulationen errechnet werden konnte. Für den Stichtag der DIN 5034-1

(17. Januar), wurde dann die Besonnungssituation geschossweise zu jeder vollen Stunde berechnet.

Die Besonnungsdauer ist somit in Zeitintervallen von ganzen Stunden angegeben. Da die genaue Lage und Größe der Fenster noch nicht bekannt ist, beziehen sich die Angaben auf gesamte Fassadenbereiche. Ebenso wurde mit der maximal möglichen Geschosszahl gerechnet, wobei auch überhohe Geschosse möglich sind. Nach Erstellung der Studie wurde die zulässige Gebäudehöhe im Mischgebiet C von 58,8 m über NHN auf 46,0 m über NHN reduziert. Somit stellt sich die Situation nochmals grundsätzlich positiver dar, der Untersuchungsansatz der Studie ist eher konservativ angelegt. Aufgrund der Lage der Mischgebietsfläche C im Bebauungszusammenhang wird jedoch eine erneute fundierte Untersuchung der Auswirkungen des Gebäudes (Schattenwurf) bei nun verringerten Höhe des MI C für nicht für erforderlich gehalten, da von Osten her die Schattenbildung im Gebiet maßgeblich durch die deutlich höhere Friedrichswerdersche Kirche und von Süden her durch die siebengeschossigen Mischgebiete D und E erfolgt. Lediglich von Westen her ist eine signifikante Veränderung der Besonnungssituation (Verbesserung) in Bezug auf die Friedrichswerdersche Kirche zu erwarten.

Für das Mischgebiet G konnte eine Untersuchung entfallen, da dort aufgrund der Grundrisszuschnitte voraussichtlich nur Ladenräume untergebracht werden (Ladenstraße) die auch ohne Fenster zulässig wären. Sofern dort doch eine Wohnbebauung erfolgen sollte, ist eine ausreichende Besonnung im bauordnungsrechtlichen Verfahren nachzuweisen (ausnahmsweise Zulässigkeit von Wohnnutzungen, siehe auch Kapitel 2.3.2). Ferner kann die Untersuchung für das Mischgebiet H entfallen, da hier keine überirdische Bebauung zulässig ist.

Im Einzelnen stellt sich die Besonnung und Belichtung bezogen auf den 17. Januar wie folgt dar (kursiv sind die Bereiche, die unter 1 h am 17. 1 h 0 h 1 h 2 > 2 h 0 h > 1 h 0 h 1 h