Darlehen

Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2011 müsste, um dem Haushaltsgesetz (§ 2 Abs. 1 Satz 2 HG 08/09) zu genügen, ein neues Sicherungsgeschäft für das Fremdwährungsdarlehen gefunden werden.

In den Jahren 2007 und 2008 wurden die Grundgeschäfte einiger Derivate gewechselt, obwohl sie nicht abgelaufen oder weil ihre Nennwerte überschritten waren. Sie wurden in einigen Fällen durch Derivate ersetzt. Aus den Derivaten, denen nun Derivate als Grundgeschäft zugrunde liegen, sind somit Hedges geworden. Im Zuge dieser Umstellungen stimmen die Zinstermine von Grundgeschäft und Derivat nicht mehr überein oder es weichen die Zinsarten voneinander ab (Dreimonats-Euribor und Sechsmonats-Euribor).

In einigen Fällen wurden bestehende Derivate gekündigt und durch Neuverträge ersetzt. Die Kündigung des bestehenden Derivats erfolgte jeweils taggenau, das ersetzende Neu-Derivat galt rückwirkend. In einigen Fällen hat dies zur Überziehung des zugrunde liegenden Grundgeschäft-Nennwerts geführt, sodass einem der beiden Derivate für die Dauer der Rückwirkung das für den Nachweis der Konnexität notwendige Grundgeschäft fehlt. Bei rückwirkendem Vertragsbeginn für Derivate, teilweise über die Jahresgrenze hinweg, kann darüber hinaus der haushaltsgesetzliche Höchstbetrag überschritten werden.

Ein Derivat aus dem Jahr 2008 benötigte im Jahr 2009 mehrfach neue Grundgeschäfte. Mangels passender Grundgeschäfte wurden zunächst zwei neue Darlehen mit einer Laufzeit von sechs Monaten vereinbart und als Grundgeschäfte definiert. Nach Ablauf ihrer Laufzeit zum Ende des Jahres 2009 erhielt das Derivat erneut ein im Jahr 2009 neu abgeschlossenes Grundgeschäft. Das Derivat läuft, vorbehaltlich einiger Kündigungs- und Beendigungsrechte, bis zum Jahr 2038.

Auch angesichts der möglichen erheblichen Ausweitung des Derivateinsatzes (vgl. T 57) hat der Rechnungshof Bedenken gegen die Praxis des häufigen Wechsels von Grundgeschäften. Am Beispiel der geschilderten Fälle ist ersichtlich, wie weit die Senatsverwaltung den Konnexitätsbegriff mittlerweile fasst und wie schwer der Nachweis der - nach den geltenden Vorschriften (T 58) erforderlichen - Konnexität geworden ist. In einigen der genannten Fälle sieht der Rechnungshof das Konnexitätsprinzip als verletzt an.

Eines der Ziele des Derivateinsatzes ist es, Zinsausgaben auch für die Zukunft möglichst planbar zu gestalten. Dies geschieht bei bestehenden variabel verzinsten Darlehen über einen Zinstausch mittels Derivat, in dessen Folge das Land feste Zinssätze zu zahlen hat. Mit Blick auf die Zinszahlungen künftig notwendig werdender Kredite wurden deshalb Pre-Hedge-Verträge geschlossen oder Optionen vereinbart. Sofern jedoch erwartete Zinsentwicklungen nicht eintreten bzw. (sogar) entgegengesetzt verlaufen, entstehen Schwierigkeiten, konnexe Darlehen für die o. g. bereits bestehenden Derivate zu generieren. Nach Auffassung des Rechnungshofs kehrt dies die Prioritäten des Derivateinsatzes um und führt die Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2011

Verwaltung darüber hinaus in einen Zielkonflikt mit den Anforderungen der Konnexität.

Den wirtschaftlichen Erfolg weist die Senatsverwaltung für Finanzen in ihren Derivatberichten aus. Als Vergleichsmaßstab verwendet sie hierfür auch fiktive Grundgeschäfte. Sie ermittelte auf diese Art bis Ende 2009 einen wirtschaftlichen Erfolg von knapp 170 Mio.. Auf die Darstellung des kassenmäßigen Ergebnisses, bei dem ausschließlich reale Zahlungsströme erfasst werden, verzichtet die Senatsverwaltung für Finanzen seit dem Jahr 2002. Dieser kassenmäßige Verlauf des Derivateinsatzes von 1996 bis 2009 war nach Feststellung des Rechnungshofs mit Mehrausgaben von insgesamt knapp 90 Mio. gegenüber den Grundgeschäften verbunden und damit deutlich unvorteilhaft. Auch angesichts der möglichen erheblichen Ausweitung des Gesamtvolumens und der nur eingeschränkt steuerbaren Restlaufzeit der Verträge von bis zu fast 40 Jahren mahnt der Rechnungshof daher eine Evaluierung des Derivateinsatzes an. Er hält es darüber hinaus auch aus Gründen der Transparenz für erforderlich, dass der kassenmäßige Verlauf von der Senatsverwaltung für Finanzen wieder regelmäßig in den Derivatberichten ausgewiesen wird.

Der Rechnungshof hat die Senatsverwaltung für Finanzen über seine Bewertung des Derivateinsatzes informiert. Die Senatsverwaltung steht der Auffassung des Rechnungshofs weitgehend ablehnend gegenüber und weist zu T 61 darauf hin, dass das Verfahren seit Jahren unverändert sei und bisher von Rechnungshof und Abgeordnetenhaus nicht beanstandet worden wäre, weshalb eine Verfahrensänderung nicht beabsichtigt sei.

Der Rechnungshof hält an seiner Auffassung fest und bleibt bei seiner Forderung nach einer erneuten grundsätzlichen Evaluierung des Derivateinsatzes unter Würdigung aller Aspekte einschließlich des kassenmäßigen Ergebnisses. Die Entscheidung darüber, welchen Einfluss und Umfang Derivate künftig haben werden, ist auf dieser Grundlage vom Abgeordnetenhaus zu treffen.

Zur Aufrechterhaltung einer ordnungsgemäßen Kassenwirtschaft ermächtigt das jeweilige Haushaltsgesetz, Kassenverstärkungskredite aufzunehmen. Der Höchstbetrag lag nach dem HG 08/09 bei 2,7 Mrd.. Er erhöhte sich aufgrund des NHG 09 und des 2. NHG 09 auf 2,8 Mrd.. Die Inanspruchnahme lag bei maximal 0,8 Mrd., die Höchstbeträge sind somit eingehalten worden. Im Haushaltsjahr 2009 ist das Land einige Tage ohne Kassenverstärkungskredite ausgekommen.

Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2011

IV. Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung

A. Der Regierende Bürgermeister von Berlin

- Senatskanzlei Kulturelle Angelegenheiten

Weitere Mängel bei der Aufsicht über die Stiftung Oper in Berlin

Der Regierende Bürgermeister von Berlin - Senatskanzlei - Kulturelle Angelegenheiten hat es weiterhin versäumt, seinen Aufsichtspflichten bei der Stiftung Oper in Berlin in ausreichender Weise nachzukommen. Mängel in der Personalwirtschaft führten bei der Staatsoper Unter den Linden zu ungerechtfertigten Leistungen gegenüber den dort Beschäftigten. Zudem hat es die Senatskanzlei unterlassen, bei der Auszahlung der der Staatsoper Unter den Linden gewährten Zuschüsse den tatsächlichen Liquiditätsbedarf zu berücksichtigen.

Die Staatsoper Unter den Linden (Staatsoper) ist ein wirtschaftlich und künstlerisch eigenständiger Betrieb der zum 1. Januar 2004 als landesunmittelbare rechtsfähige Stiftung öffentlichen Rechts errichteten Stiftung Oper in Berlin. Stiftungszweck ist u. a. die Förderung von Kunst und Kultur, insbesondere des Musiktheaters. Die Staatsaufsicht über die Stiftung führt die zuständige Senatsverwaltung (§ 28 Abs. 1 und 4 AZG), derzeit der Regierende Bürgermeister von Berlin - Senatskanzlei - Kulturelle Angelegenheiten. Als das für Kultur zuständige Mitglied des Senats hat der Regierende Bürgermeister auch den Vorsitz im Stiftungsrat inne (§ 7 Abs. 2 Gesetz über die „Stiftung Oper in Berlin"). Die Stiftung erhält aus Landesmitteln einen jährlichen Zuschuss, im Jahr 2009 über 121,8 Mio. ; darunter entfallen auf die Staatsoper nahezu 41,6 Mio.. Die Bereitstellung der Mittel ist in einem mehrjährigen Zuschussvertrag zwischen dem Land Berlin und der Stiftung geregelt.

Der Rechnungshof hatte bereits in seinem Vorjahresbericht (T 99 bis 118) über Mängel in der Wahrnehmung der Aufsicht der Senatskanzlei gegenüber der Stiftung Oper in Berlin berichtet. Die weitergehende Prüfung der Wirtschaftsführung der Staatsoper gibt wiederum Anlass zur Beanstandung. Deutlich wird insbesondere das bereits im Vorjahresbericht (T 101) bemängelte Fehlen eines einheitlichen, stiftungsübergreifenden Personalcontrollings.