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Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2011
Der Rechnungshof hatte schon im Vorjahresbericht (T 106) beanstandet, dass die Deutsche Oper Berlin ihren Sängern/Sängerinnen (Solisten) Gastierurlaub unter Fortzahlung der Vergütung gewährt hat. Auch die Staatsoper hat mit fast allen Sängern/Sängerinnen (Solisten) in den auf der Grundlage des Normalvertrags Bühne (NV Bühne) - Allgemeiner Teil geschlossenen Arbeitsverträgen neben dem tariflich zustehenden Erholungsurlaub die Inanspruchnahme von bezahltem Gastierurlaub in unterschiedlicher Höhe (in der Regel 20 bis 90 Tage je Spielzeit) vereinbart. Die tatsächliche Inanspruchnahme des Gastierurlaubs war von Spielzeit zu Spielzeit unterschiedlich. Der Rechnungshof hat die den Regelungen des NV Bühne nicht entsprechende Bewilligung von Gastierurlaub unter Fortzahlung der Vergütung beanstandet und die Staatsoper aufgefordert, Gastierurlaub regelmäßig ohne Fortzahlung der Vergütung zu gewähren (§ 40 Abs. 1 NV Bühne). 66 Über die Gewährung von Gastierurlaub hinaus hat die Staatsoper für ihre Ensemblemitglieder auf Antrag die Präsenzpflicht aufgehoben und ihnen neben dem Erholungsurlaub (§ 34 Abs. 1 NV Bühne) zusätzliche freie Tage - in Einzelfällen bis zu 90 Tagen - unter Fortzahlung der Vergütung bewilligt. Der Rechnungshof hat beanstandet, dass nach den tariflichen Vorschriften (§ 39 NV Bühne) in den meisten Fällen keine Anlässe vorlagen, die - ausgenommen acht zusätzliche freie Tage gemäß § 57 Abs. 1 NV Bühne Sonderregelungen Solo - eine bezahlte Arbeitsbefreiung rechtfertigen.
Die Staatsoper hat mit Zustimmung des Stiftungsrats mit allen Opernchormitgliedern vom Jahr 2008 an geltende Nebenabreden zum Arbeitsvertrag geschlossen. Damit sollten stetig wiederkehrende sowie teils tariflich sondervergütungspflichtige Leistungen der Mitglieder pauschal abgegolten werden. Ziel ist eine größere Flexibilisierung des Einsatzes des Chores. Die besondere Vergütung beträgt einheitlich vier Tagesgagen im Monat. Die Verfahrensweise der Staatsoper hat dazu geführt, dass sich die jährlichen Aufwendungen für Sondervergütungen an die Opernchormitglieder auf über 429 000 (2009) nahezu verdoppelt haben. Der Rechnungshof hat beanstandet, dass den besonderen Vergütungen keine regelmäßigen, sondern allenfalls in Einzelfällen entsprechende Gegenleistungen der Chormitglieder gegenüberstanden und daher die Pauschalierungen für alle Chormitglieder nicht angebracht waren.
Die Staatsoper hat ihren Musikern auf der Grundlage der Vereinbarung „Differenz Sächsische Staatskapelle" seit dem Jahr 2008 die Differenz ihrer Bezüge zur Vergütung der Sächsischen Staatskapelle als außertarifliche Zulage mit einem Volumen von insgesamt 400 000 jährlich gewährt. Der Rechnungshof hat beanstandet, dass der Stiftungsrat dieser Zahlung zugestimmt hat, ohne dass ein entsprechender Beschluss des Stiftungsvorstands nach § 9 Satzung der „Stiftung Oper in Berlin" vorlag. Außerdem hat der Rechnungshof bemängelt, dass die Zulage auch für das Jahr 2010 gezahlt wurde, obwohl die Zustimmung des Stiftungsrats sich ausdrücklich Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2011 auf die Jahre 2008/2009 bezog. Der Hinweis der Staatsoper, dass die zusätzlichen Mittel in den Gesamtaufwendungen für kulturfachliches Personal der Wirtschaftspläne 2010/2011 ausgewiesen sind, begründet keine Rechtsgrundlage für die Weiterzahlung der Zulage.
Die Staatsoper hat die jährlich zum Ausgleich der Differenz zur Vergütung der Sächsischen Staatskapelle bereitgestellten Mittel pauschal auf die einzelnen Musiker der Staatskapelle lediglich unter Berücksichtigung ihrer Stellung/Position sowie der Dauer ihrer Betriebszugehörigkeit verteilt. Eine differenzierte Betrachtung und Verteilung der Zulage entsprechend dem Tarifvertrag der Sächsischen Staatskapelle wurde nicht vorgenommen. Der Rechnungshof hat anhand von Vergleichsberechnungen festgestellt, dass die Vergütungen einzelner Musiker im Jahr 2009 bereits ohne Berücksichtigung der pauschal gewährten Zulage „Differenz Sächsische Staatskapelle" in vielen Fällen über den entsprechenden Vergütungen der Musiker der Sächsischen Staatskapelle lagen. Unter Einbeziehung der Zulage ergaben sich Mehrbeträge zwischen 184 und 1 032 monatlich. Der Rechnungshof hat dies beanstandet und eine differenzierte Ermittlung der Zulagen unter Berücksichtigung der persönlichen Voraussetzungen der einzelnen Musiker gefordert.
Die Staatsoper hat den Beschäftigten im Bereich Bühnentechnik übertarifliche Leistungen gewährt, indem sie für die Leistung von „Nachtschichten" (Zeitraum von 00:00 bis 07:00 Uhr) zusätzliche freie Tage bewilligt hat. So erhält ein Beschäftigter für beispielsweise 16 „Nachtschichten" in der Spielzeit mindestens fünf zusätzliche freie Tage. Die einschlägigen Tarifverträge für Angestellte bzw. Arbeiter sehen solche Regelungen nicht vor. Darüber hinaus hat die Staatsoper bei der Ermittlung der Arbeitszeit nicht die tatsächlich im Einzelfall geleisteten 6,3 Stunden (ohne Pause), sondern 7,4 Stunden (ohne Pause) zugrunde gelegt. Der Rechnungshof hat beanstandet, dass die Staatsoper derartige übertarifliche Leistungen ohne rechtliche Grundlage gewährt hat.
Die Staatsoper hat die Dienstpläne für den Bereich der Bühnentechnik jeweils für drei Wochen im Voraus unter Berücksichtigung des wöchentlichen Proben- und Vorstellungsplans erstellt, woraus sich unterschiedliche Einsatzzeiten der Beschäftigten ergaben, die im Ergebnis zu Mehr- oder Minderarbeitszeiten im Planungszeitraum führten. Der Rechnungshof hat beanstandet, dass Mehrarbeitszeiten besonders erfasst und mit zusätzlicher Freizeit ausgeglichen wurden, hingegen Minderarbeitsstunden keine weitere Berücksichtigung fanden. Dadurch wurden im Ergebnis mehr als die tatsächlich erbrachten Leistungen abgegolten. Der Rechnungshof hat die Staatsoper aufgefordert, die durchschnittliche Arbeitszeit auch unter Berücksichtigung der Minderarbeitszeiten zu ermitteln und die Dienstpläne möglichst ausgeglichen zu gestalten.
Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2011
Die Staatsoper hat seit Mitte der 90er-Jahre verschiedene Dienstleistungsverträge für den Veranstaltungsservice, für die Reinigung und für die Bewachung geschlossen. Das Auftragsvolumen für diese Dienstleistungen betrug allein im Jahr 2008 über 900 000. Eine erneute Ausschreibung dieser Leistungen für die Staatsoper ist unterblieben, obwohl nach den Ausführungsvorschriften zu § 55 LHO Ausschreibungen in der Regel spätestens nach Ablauf von drei Jahren zu wiederholen sind. Der Rechnungshof hat im Hinblick auf die Laufzeit der Verträge und die zwischenzeitliche Marktentwicklung beanstandet, dass eine Neuvergabe der Leistungen versäumt worden ist. Dies gilt umso mehr, weil sich durch den Umzug der Staatsoper in das Schiller Theater die Leistungsanforderungen und Leistungsumfänge verändert haben. Im Übrigen hatte er bereits im Vorjahresbericht (T 102) empfohlen, zur Erschließung von Synergiepotenzialen eine einheitliche Vergabe von Lieferungen und Leistungen für übergeordnete Bereiche der Stiftung anzustreben.
Die Senatskanzlei hat die der Staatsoper anteilig für die Jahre 2008 und 2009 zur Verfügung stehenden Zuschussmittel von jeweils 41,6 Mio. in regelmäßigen monatlichen Raten entsprechend einem Abrufplan der Stiftung ausgezahlt. Nicht benötigte finanzielle Mittel hat die Staatsoper im Jahr 2008 insbesondere in Termingeldern angelegt (Stand vom 31.12.08: über 15,1 Mio.). Zudem standen der Staatsoper im Jahr 2009 durchschnittlich über 18,9 Mio. an liquiden Mitteln zur Verfügung, die sie nicht unmittelbar in dieser Höhe für den Stiftungszweck einsetzen musste. Allein im Jahr 2009 erzielte die Stiftung durch die Anlage dieser Mittel Kapitalerträge von 591 500 (2008: 442 500). Angesichts der Tatsache, dass das Land Berlin aufgrund seiner Verschuldung selbst zur Aufnahme von Krediten gezwungen ist, hat die Stiftung Einnahmen zulasten des Landeshaushalts erzielt. Der Rechnungshof hat dies beanstandet und gefordert, dass die vertraglich zugesicherten Zuschüsse zur Aufgabenerfüllung erst dann abgefordert und von der Senatskanzlei ausgezahlt werden, wenn diese in einem absehbaren Zeitraum im Rahmen des Stiftungszwecks zur Erfüllung fälliger Verpflichtungen benötigt werden.
Die Senatskanzlei hat im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Gewährung von Gastierurlaub an deutschen Ensembletheatern gängige Praxis sei und die Fortzahlung der Vergütung von der Qualität der Künstler abhänge. Dennoch werde sie die tarifliche Regelung unter Berücksichtigung der Anmerkungen des Rechnungshofs möglichst umfassend umsetzen. In Bezug auf die Verteilung der Zulage nach der Vereinbarung „Differenz Sächsische Staatskapelle" könne eine Ausgewogenheit unterstellt werden, weil bei einer vergleichenden Betrachtung der Staatskapelle Berlin mit der Sächsischen Staatskapelle neben der Höhe der Vergütung auch die Leistungen (Zahl der Dienste, Flexibilität der Dienstplangestaltung) zu berücksichtigen seien. Die bestehenden Dienstleistungsverträge seien einer internen Untersuchung unter Berücksichtigung von Vergleichsangeboten unterzogen und aus Anlass des Umzugs in das Schiller Theater angepasst worden.