Petriplatz / Breite Straße

Georg Roensch und Max Jakob in gotisierenden Formen errichtete Gebäude ist das letzte der repräsentativen Geschäftshäuser an der Gertraudenstraße. Das Gebäude hatte nur leichte Kriegsschäden und wurde nach dem Krieg als Bürohaus genutzt. In seiner architektonischen Eigenart und städtebaulichen Funktion ist es ein wichtiges Beispiel der gewerblichen Repräsentationsarchitektur der Jahrhundertwende an einer der prominenten Geschäftsstraßen der Stadt. Das zur Gertraudenstraße orientierte Geschäftshaus überragt die kleinmaßstäbliche drei- bis viergeschossige Bebauung der zur Scharrenstraße orientierten Blockhälfte.

Die zur Scharrenstrasse ausgerichteten, um 1880 entstandenen Wohnhäuser Kleine Gertraudenstraße 3 - 5 / Scharrenstraße 16a/17 wurden 1975, zusammen mit dem Geschäftshaus Gertraudenstraße 10 - 12, als „Traditionsinsel" saniert und im Inneren vor allem für Büronutzungen vollständig umgebaut. Die in spätklassizistischer Tradition stehenden Putzfassaden wurden im Zuge der Sanierung teilweise frei rekonstruiert. Im Gegensatz zum Geschäftshaus Gertraudenstraße 10 - 12 sind die Gebäude Kleine Gertraudenstraße 3 - 5 / Scharrenstraße 16a/17 nicht als Baudenkmale in die Berliner Denkmalliste eingetragen.

Der neogotische Rohziegelbau des Gemeindehauses St. Petri (Friedrichsgracht 53 - 55) bezieht sich mit wenigen gliedernden Sandsteinelementen architektonisch auf die 30 Jahre zuvor entstandene Petrikirche. Das repräsentativ wirkende fünfgeschossige Gebäude spiegelt die damalige Bedeutung der traditionsreichen Innenstadtgemeinde wider und besitzt somit gleichermaßen architektur- wie kirchenhistorische Bedeutung.

Zum Denkmalbereich gehört schließlich noch die (außerhalb des Geltungsbereichs gelegene) alte Gertraudenbrücke, die den früheren Verlauf der Gertraudenstraße markiert.

(d) Bodendenkmal Petriplatz

Der Bereich um den ehemaligen Petriplatz ist als Bodendenkmal „Petriplatz, mehrere Bauphasen der Petrikirche, Friedhof 13. Jahrhundert bis Neuzeit" in die Denkmalliste eingetragen. Seit dem frühen 13. Jahrhundert prägten verschiedene Kirchengebäude der Kirchengemeinde St. Petri den Stadtmittelpunkt von Cölln. Das letzte, im Zweiten Weltkrieg stark beschädigte neogotische Kirchengebäude wurde 1960 - 64 abgetragen. Bei 1967 durchgeführten Grabungsarbeiten konnten ein Friedhof, der im 13. Jahrhundert vor Errichtung der ersten Steinkirche angelegt worden war, sowie zwei Schichten des steinernen Gründungsbaus von St. Petri aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts nachgewiesen werden. Eine dritte Schicht belegt einen Neubau aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Die Funde von Grabanlagen unter dem spätromanischen Bau aus der Zeit der ersten urkundlichen Erwähnung Cöllns sind von besonderer Bedeutung für die Stadtgeschichte.

Seit März 2007 wurden unter Federführung des Landesdenkmalamtes Berlin erneut archäologische Grabungen im Bereich des Petriplatzes durchgeführt. Mit einbezogen wurden hierbei auch die nordöstlich und südwestlich der Petrikirche gelegenen früheren Standorte des Rathauses und der Lateinschule von Cölln. Außer Fundamentresten der verschiedenen Petri-Kirchbauten und zahlreichen Gräbern wurden dabei die starken, sehr gut erhaltenen Grundmauern der Cöllnischen Lateinschule wieder entdeckt, die 1730 bis auf die Grundmauern abbrannte, außerdem Brunnen und Keller, darunter ein sehr früher Befund (1212 +/10 Jahre) eines Holzkellers, sowie nordöstlich des Petriplatzes ein mittelalterlicher Hauskeller und Fundamente der Cöllnischen Ratswaage. Aus den verfüllten Kellern wurden Tausende von Objekten aus der Zeit nach 1730 geborgen. Fundamente und Grabungsfunde sollen im Zusammenhang mit der angestrebten Platzgestaltung als archäologisches Fenster sowie in einem historischen Besucherzentrum am Ursprungsort präsentiert werden.

Im Ergebnis der archäologischen Grabungen 2007 - 09 wird das Bodendenkmal um konstituierende Bestandteile in unmittelbarer Umgebung der Petrikirche und des Friedhofes ergänzt, die einen inhaltlichen Zusammenhang mit dem bereits eingetragenen Bodendenkmal aufweisen. Das erweiterte Bodendenkmal hat die Bezeichnung: „Petriplatz, mehrere Bauphasen Begründung Bebauungsplan I-218 „Petriplatz / Breite Straße" 10 16.3. der Petrikirche, Friedhof 13. Jahrhundert bis Neuzeit; auf der westlichen Seite des Petriplatzes: mittelalterliche Bodenschichten als Beleg für den Wandel vom Holz- zum Steinbau; Fundamente mittelalterlicher Schulgebäude sowie angrenzendes Straßenpflaster und Fundamente der Toreinfahrt; Fundamente eines mittelalterlichen Gebäudekellers mit partiellem Rollsteinpflaster, mittelalterlicher Ziegelbrunnen; auf der östlichen Seite des Petriplatzes: Fundamente des mittelalterlichen Cöllnischen Rathauses, Fundament der Ratswaage, Fundamente von frühneuzeitlichen Bürgerhäusern, Treppe des Kaufhauses Hertzog."

Im näheren Umfeld des Petriplatzes befinden sich zahlreiche weitere archäologische Fundstellen (mit den Ortsaktennummern: 59, 60, 61, 70, 74 I/II, 75, 76, 82 A/B, (85), 294, 714 I, 714 II, 717, 724 A ­ F, 1202 A/B, 1224 I, 1227, 1233, 1234, 1676, 1679, 1718, 1731, 1733, 1767). Aufgrund dieser Funde wird der gesamte Geltungsbereich des Bebauungsplans I-218 vom Fachgebiet Archäologische Denkmalpflege des Landesdenkmalamtes Berlin als archäologisches Verdachtsgebiet der Bodendenkmalpflege eingestuft. In sämtlichen bislang nicht unterkellerten oder durch Leitungstrassen tiefgründig gestörten Bereichen ist hier mit Bodendenkmälern zu rechnen, die gemäß Denkmalschutzgesetz Berlin (DSchG Bln) der Erhaltungs- und Dokumentationspflicht unterliegen. Es wird empfohlen, rechtzeitig die erforderlichen archäologischen Grabungen zur Sicherung, Bergung und Dokumentation von Bodendenkmälern mit den Bauherren vertraglich zu vereinbaren. Für den Bereich der Grundstücke Neumannsgasse 16-18, Breite Straße 10-20 und Scharrenstraße 10 wird empfohlen, vorgezogene archäologische Prospektionen durchzuführen, um den Erhaltungszustand der Bodendenkmäler prüfen zu können und ggf. Teile davon zu erhalten und in die Neubebauung zu integrieren. Das Landesdenkmalamt Berlin weist auf die gemäß § 3 Abs. 1 DSchGBln bestehende Anzeigepflicht für Bodendenkmale hin und empfiehlt, Baumaßnahmen und Bodeneingriffe dem Fachbereich Archäologische Denkmalpflege frühzeitig anzuzeigen (mindestens 14 Werktage vor Baubeginn), damit die Fachbehörde rechtzeitig über ggf. erforderliche archäologische Erkundungen entscheiden kann.

(e) Denkmale in der nahen Umgebung des Plangebietes

In der nahen Umgebung des Plangebietes, so dass ihr Umgebungsschutz gemäß § 10

DSchGBln unmittelbar auch Vorhaben im Plangebiet betreffen kann, liegen die folgenden Baudenkmale:

- Jungfernbrücke,

- Gertraudenbrücke

- Mühlendammschleuse (Teile außerhalb des Plangebietes)

- ehemaliges Staatsratsgebäude, sowie das Gartendenkmal

- Garten und Vorplatz des Staatsratsgebäudes.

I.3.3.4 Verkehr

(a) Öffentliche Verkehrsmittel

Die U-Bahnhöfe Spittelmarkt und Märkisches Museum der Linie U2 sind vom Zentrum des Plangebietes etwa 350 m bzw. 450 m entfernt. Die Entfernung zum S-Bahn- und Regionalbahnhof Alexanderplatz liegt bei gut 1000 m. Das Plangebiet wird darüber hinaus durch Buslinien im Zuge Mühlendamm - Gertraudenstraße und Breite Straße - Fischerinsel bedient.

(b) Individualverkehr

Der Straßenzug Mühlendamm - Gertraudenstraße ist Teil der Bundesstraße B1 und im Stadtentwicklungsplan Verkehr als großräumige Straßenverbindung (Stufe I) ausgewiesen; eine Abstufung ist gemäß Stadtentwicklungsplan Verkehr beabsichtigt, dies ist jedoch nicht Gegenstand des Bebauungsplans. Die Straße ist mit einer Gesamtbreite von 42 - 45 m, richtungsgetrennten Fahrbahnen, drei Fahrstreifen je Richtung, zusätzlichen Park- bzw. Bussonderstreifen und Abbiegespuren im Knotenbereich Breite Straße / Fischerinsel sehr großzügig dimensioniert. Die Kfz-Belastung liegt bei rund 67.000 Kfz/Werktag westlich und etwa Bebauungsplan I-218 „Petriplatz / Breite Straße " Begründung 16.3.2011 11

70.000 Kfz/Werktag östlich des Knotens Breite Straße / Fischerinsel (Zählung 2009). Separate Radwege sind nicht vorhanden, die Radfahrer können jedoch die Busspur mitbenutzen.

Die Gehwege sind mit 6 - 7 m ausreichend breit, jedoch von der Umfeldqualität her unattraktiv. Im Westen steht die alte Gertraudenbrücke in voller Breite für den Fußgängerverkehr zur Verfügung. Lichtsignalgesteuerte Querungsmöglichkeiten für Fußgänger sind am Knoten Breite Straße / Fischerinsel vorhanden. Die neue Gertraudenbrücke kann im Zuge des Uferweges unterquert werden (Treppen- und Rampenzugänge). Im Übrigen stellt der Straßenzug durch seine Breite und Verkehrsbelastung eine starke Barriere für den FußgängerQuerverkehr dar.

Der Straßenzug (Französische Straße -) Breite Straße - Fischerinsel ist im Stadtentwicklungsplan (StEP) Verkehr als örtliche Straßenverbindung (Stufe III) ausgewiesen. Seine verkehrliche Bedeutung beruht vor allem auf der Funktion als Ost-West-Verbindung durch die westliche Innenstadt (auch als Ausweichroute bei Sperrung Unter den Linden) und Anbindung der Luisenstadt jenseits der Fischerinsel. Die Kfz-Belastung lag 2009 bei knapp 9.200 Kfz/Werktag.

Die Fahrbahn der Breiten Straße weist nach dem 2009 abgeschlossenen Umbau eine Breite von 14,5 m (ein Fahrstreifen je Richtung, abmarkierte Radfahrstreifen, seitliche Parkstreifen) auf. Die Gehwege sind mit im Schnitt etwa 7 m (Nordostseite) und 5,5 m (Südwestseite) ausreichend breit, die verbleibende, etwa 28 m breite Restfläche bis zur Bestandsbebauung des früheren Bauministeriums wird für die Verkehrsfunktion nicht mehr benötigt.

Die übrigen Straßen im Plangebiet haben keine übergeordnete Verbindungsfunktion und sind nicht Bestandteil des übergeordneten Straßennetzes.

(c) Ruhender Verkehr

Im Plangebiet sind nur in sehr geringem Umfang Stellplätze auf den Grundstücken vorhanden. Lediglich der Neubau des Hauses der Wirtschaft weist eine größere Tiefgarage auf.

Zwischen Scharrenstraße und Gertraudenstraße waren bis zum Beginn der archäologischen Grabungen 2007 zwei größere öffentlich zugängliche Parkplätze mit zusammen etwa 130

Stellplätzen vorhanden. Mit Ausnahme der Gertraudenstraße kann entlang der öffentlichen Straßenräume einseitig, in der Brüderstraße und der Breiten Straße beidseitig geparkt werden. Das gesamte Plangebiet ist Teil einer Parkraumbewirtschaftungszone.

I.3.3.5 Natur und Umwelt

Die umweltbezogene Ausgangssituation im Plangebiet wird im Abschnitt II.3 dieser Begründung (Umweltbericht) ausführlich dargestellt.

I.3.3.6 Technische Infrastruktur

Im Rahmen der Grundlagenermittlung für den Umbau sämtlicher Straßen im Plangebiet sowie für die Neukonzeption des Straßenzuges Mühlendamm ­Gertraudenstraße wurde der unterirdische Leitungsbestand detailliert erfasst. Für die Umsetzung der Ziele des Bebauungsplans I-218 ist danach insbesondere die starke Bündelung auch übergeordneter Leitungstrassen im nördlichen Gehwegbereich der Gertraudenstraße von Bedeutung. Die Überbauung von Teilflächen dieses Bereichs setzt die Umverlegung von Leitungen voraus.

I.3.3.7 Eigentumsverhältnisse

Die Grundstücke Breite Straße 30 bis 37 und Brüderstraße 10 und 12 sowie die öffentlichen Verkehrsflächen einschließlich der ehemaligen Parkplatzfläche zwischen Scharren- und Gertraudenstraße befinden sich im Eigentum des Landes Berlin. Der Bund (Bundesfinanzverwaltung) ist Eigentümer sämtlicher Grundstücke im Block zwischen Breite Straße und Brüderstraße. Die Wohngrundstücke im Block zwischen Brüderstraße und Friedrichsgracht sind im Besitz der Wohnungsbaugesellschaft Mitte sowie einer privaten Eigentümergemeinschaft.