Verfahren zur Konjunkturbereinigung

Allgemeine Grundsätze:

Das Verfahren zur Ermittlung der unmittelbar konjunkturell bedingten Änderungen der Landeshaushalte gemäß § 2 Absatz 1 Satz 7, 2. Halbsatz KonsHilfG knüpft an das Verfahren an, das auch im Rahmen der Haushaltsüberwachung auf europäischer Ebene Anwendung findet. Dabei ist davon auszugehen, dass in den Landeshaushalten nur die Steuereinnahmen durch konjunkturelle Schwankungen beeinflusst und unterschiedliche konjunkturbedingte Entwicklungen der Steuereinnahmen in einzelnen Ländern durch die Wirkungen des bundesstaatlichen Finanzausgleichs weitgehend ausgeglichen werden.

Die unmittelbar konjunkturellen Auswirkungen auf den Landeshaushalt, die zur Feststellung der Einhaltung der Defizitobergrenzen nach Ablauf des Haushaltsjahres maßgeblich sind (ex post-Konjunkturkomponente), setzen sich aus der zu Beginn der Haushaltsaufstellung zu ermittelnden Konjunkturkomponente (ex ante-Konjunkturkomponente) und der Steuerabweichungskomponente zusammen.

Zentrale Größen der Konjunkturbereinigung sind das gesamtwirtschaftliche Produktionspotenzial, seine Auslastung und die Auswirkungen einer (positiven oder negativen) Produktionslücke auf die öffentlichen Haushalte.

Die ex ante-Konjunkturkomponente bildet die Planungsgrundlage für die Aufstellung der Länderhaushalte. Ihre Berechnung erfolgt zum jeweiligen Beginn der Haushaltsaufstellung zunächst für die Ländergesamtheit. Sie ergibt sich als Produkt aus nominaler absoluter Produktionslücke und Budgetsensitivität. Der Anteil des einzelnen Landes an der ex ante-Konjunkturkomponente der Ländergesamtheit entspricht dem Anteil der Steuereinnahmen des Landes an den Steuereinnahmen der Ländergesamtheit. Bei den Stadtstaaten ist zusätzlich die analog ermittelte ex ante-Konjunkturkomponente für die Gemeindeebene zu berücksichtigen.

Um dem Aspekt der Planungssicherheit und der tatsächlichen konjunkturellen Entwicklung Rechnung zu tragen, werden Abweichungen zwischen den tatsächlichen Steuereinnahmen im jeweiligen Haushaltsjahr, soweit sie nicht auf Rechtsänderungen zurückzuführen sind, und den geschätzten Steuereinnahmen zum Zeitpunkt der Berechnung der ex ante-Konjunkturkomponente als konjunkturell bedingt eingestuft (Steuerabweichungskomponente). Ziel des Verfahrens ist es, das in den Länderhaushalten ausgewiesene Finanzierungsdefizit in einen strukturellen und einen konjunkturellen Teil zu zerlegen. Die Bereinigung um konjunkturelle Effekte soll weder einen zusätzlichen Konsolidierungsbedarf auslösen, noch einen vorhandenen Konsolidierungsbedarf konjunkturell überdecken. Da es sich hierbei jedoch um unbeobachtbare Größen handelt, kann dies nicht mathematisch präzise gelingen. Abweichungen zwischen rechnerischer Konjunkturkomponente und der nicht exakt feststellbaren tatsächlichen konjunkturbedingten Entwicklung der Steuereinnahmen können nicht ausgeschlossen werden.

Mit der nachstehend beschriebenen Umsetzung soll die praktische Anwendbarkeit des gewählten Verfahrens zur Konjunkturbereinigung für die Länderhaushalte sichergestellt werden. Soweit erforderlich, wird das Verfahren im Lichte künftiger Erfahrungen überprüft und ggf. weiterentwickelt. Dabei ist den Anforderungen der Symmetrie gemäß Artikel 109 Absatz 3 Satz 2 GG Rechnung zu tragen.

Die ex ante-Konjunkturkomponente der Ländergesamtheit ergibt sich durch Multiplikation der Budgetsensitivität (BSL) in Höhe von 0,1263031 mit der absoluten nominalen Produktionslücke (PLabsolut, nominal) gemäß § 2 Absatz 2 der Artikel 115-Verordnung, die im Rahmen der gesamtwirtschaftlichen Vorausschätzung der Bundesregierung als Grundlage für die Steuerschätzung des Arbeitskreises Steuerschätzungen ermittelt wird. Der Anteil des einzelnen Stadtstaates an der Errechnet nach Nathalie Girouard and Christophe Andre, 2005: „MEASURING CYCLICALLY-ADJUSTED BUDGET BALANCES FOR OECD COUNTRIES"; ECONOMICS DEPARTMENT WORKING PAPERS, No. 434. Die Berechnung korrespondiert mit der Berechnung der Konjunkturkomponente des Bundes gemäß der Verordnung über das Verfahren zur Bestimmung der Konjunkturkomponente nach § 5 des Artikel 115-Gesetzes vom 9. Juni 2010, BGBl I, S. 790.

Verordnung über das Verfahren zur Bestimmung der Konjunkturkomponente nach § 5 des Artikel 115 Gesetzes vom 9. Juni 2010, BGBl I, S. 790.

Steuern im Sinne dieser Anlage sind die Steuern nach Länderfinanzausgleich in periodengerechter Abgrenzung und allgemeinen BEZ. ex ante-Konjunkturkomponente der Gemeindegesamtheit entspricht dem Anteil der Gemeindesteuern des Stadtstaates an den gesamten Gemeindesteuern. Die Schätzung darf den für das Land errechneten Wert der regionalisierten Steuerschätzung, die das Finanzministerium des Landes Baden-Württemberg im Auftrag der Länder durchführt, nicht überschreiten. Die Differenz nach Satz 1 wird um die Effekte von Rechtsänderungen mit Auswirkungen auf die Steuereinnahmen, die im Hauhaltsjahr t kassenwirksam werden, zum Zeitpunkt der Haushaltsaufstellung (ex ante) jedoch noch nicht berücksichtigt wurden, bereinigt.