Sanierungsauftrag

Jochen Esser (Grüne): „Sie erinnern sich nicht. Sie erinnern sich an keinen anderen?" Zeugin Ingeborg Junge-Reyer: „Ich kenne keinen."... Jochen Esser (Grüne): „Anlässlich Ihrer schönen politischen Veranstaltung mit Herrn Hillenberg und Herrn Kirschner in Buch ist Ihnen nicht bekannt geworden, dass Herr Hillenberg derjenige war, der diese Sanierung in Buch durchführt?" Zeugin Ingeborg Junge-Reyer: „Ich bin von Herrn Hillenberg ­ das habe ich beim letzten Mal schon geschildert ­ eingeladen worden, weil er als örtlicher Abgeordneter mit mir öffentlich über die Frage sprechen wollte und mich eingeladen hat zur Diskussion der Übernahme der Bestände in Buch durch die HOWOGE. So, und ich kann Ihnen nicht sagen, was da, außer der Tatsache, dass Herr Hillenberg der Abgeordnete war, zu dieser Baumaßnahme noch besprochen worden ist. Herr Hillenberg ist doch da nicht als Bauunternehmer aufgetreten, wenn ich das richtig sehe, sondern als Abgeordneter." Jochen Esser (Grüne): „Ja, das ist ja das Lustige. Deswegen war ja die Frage, ob Sie wussten, dass er den Sanierungsauftrag für Buch hat." Zeugin Ingeborg Junge-Reyer: „Was hatte er?" Jochen Esser (Grüne): „Ob er den Auftrag hatte. Er hatte den Planungsauftrag für die Maßnahme, die Sie da den Wählern in politischer Eigenschaft vorgestellt haben, aber er hatte sie als Planer." Zeugin Ingeborg Junge-Reyer: „Ich müsste jetzt nachgucken, ob das in den Ausschussprotokollen des Unterausschusses Beteiligungen oder des Hauptausschusses drinsteht. Dann würde ich mich daran erinnern und würde Ihnen das jetzt bestätigen. Aber ich weiß es nicht und wusste es nicht. Das kann sich jetzt im Rahmen der Untersuchung herausgestellt haben, das kann ja sein. ­ [Jochen Esser (Grüne): Heute wissen wir es!] ­ Ja, heute wissen wir es, aber heute müsste auch ich ­ um mir das noch mal vor Augen zu halten. Ich weiß gar nicht mehr, wann das in Buch war ­ mir die Unterlagen der Untersuchungsergebnisse noch mal angucken, um zu sagen, ob er in Buch beteiligt war oder nicht." Jochen Esser (Grüne): Na ja, also, damit ist der ganze Skandal überhaupt ausgelöst worden, dass ans Tageslicht kam, dass er das in Buch gemacht hat.

Das müsste einem jetzt noch erinnerlich sein. Das waren die Zeitungsartikel, die in Gang gebracht haben, dass wir heute hier sitzen. Da ging es ja um die Sanierungsmaßnahmen in Buch.... Meine Frage war ja nur, ob Sie dabei bleiben: Dass Herr Hillenberg diese Sanierungsmaßnahme in Buch hatte, war Ihnen vorher, bevor es praktisch zum sogenannten HOWOGE-Skandal wurde, nicht bekannt?" Zeugin Ingeborg Junge-Reyer: „Ich wiederhole noch mal: Ich bin mit einem Abgeordneten Hillenberg in seinem Wahlkreis gewesen. Nach meiner Kenntnis war oder ist das sein Wahlkreis, und er hat mich gebeten, dort zu der grundsätzlichen Frage der Zuordnung der Wohnungen zu der Gesellschaft etwas.

Abweichender Bericht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu sagen. Ich erinnere mich nicht, dass er sich im Rahmen dieser Veranstaltung als Unternehmer zu erkennen gegeben hat." Jochen Esser (Grüne): „Das war nicht meine Frage, sondern meine Frage war, ob Sie zu dem Zeitpunkt wussten, dass er da auch als Unternehmer tätig ist und nicht nur als Abgeordneter. Dass er sich im Rahmen der Veranstaltung als solcher nicht zu erkennen gegeben kann, können wir dem Bericht über die Veranstaltung entnehmen." Zeugin Ingeborg Junge-Reyer: „Um dies heute sagen zu können ­ ich wiederhole mich ­, müsste ich in die Ausschussunterlagen des Unterausschusses Beteiligungen gucken."

Die Distanz zum Zeugen Hillenberg, die Senatorin Junge-Reyer in ihrer Aussage skizzierte, spiegelte sich nicht in der Einlassung des Zeugen Hillenberg. Im Gegenteil. Zum Beispiel habe er, als es um die Planung einer Turnhalle in Pankow ging, selbstverständlich die Senatorin angesprochen, in deren Ressort das Projekt angesiedelt war: „Natürlich habe ich mit der Senatorin darüber [Anm.: die Turnhalle] geredet, und die hat gesagt: Mensch, Ralf! Darum kümmert sich die Staatssekretärin. ­ Also bin ich zur Staatssekretärin und habe mit der geredet..."

Bemerkenswert ist die Rolle, die der Zeuge Hillenberg 2006 im Vorfeld der Gesellschaftergespräche einnahm. Die jährlich anberaumten Gesellschaftergespräche mit den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften standen 2006 u.a. unter dem Thema „Baukostencontrolling". Die Anregung kam von dem Zeugen Hillenberg, der im Frühjahr 2006 Senator Dr. Sarrazin zunächst ein Papier mit Reformvorschlägen zu den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften zukommen ließ. Wie die Zeugin Widlak berichten konnte, wurden die HillenbergVorschläge von Senator Dr. Sarrazin an seine Verwaltung weitergeleitet: „Also, dieses Papier ist mir von meinem damaligen Referatsleiter, Herrn Schippers, übergeben worden, und so wie es aussieht oder wie es sich rekonstruieren lässt, hat er es von Senator Sarrazin erhalten, mit dem Auftrag versehen, sich um das Thema Baukostencontrolling zu kümmern."

Nach einem Gespräch zwischen dem Zeugen Hillenberg und Senator Dr. Sarrazin über das vorgelegte Papier wurde „Baukostencontrolling" auf die Tagesordnung bei den anstehenden Gesellschaftergesprächen gesetzt und die Wohnungsbaugesellschaften aufgefordert, ihre Baukosten darzustellen: Jochen Esser (Grüne): „... Jetzt würde ich gern noch mal auf ein Schreiben zurückkommen... Das finden wir in dem ersten Ordner der Stadtentwicklungsverwaltung S 1, Seite 3. Das ist eine Kopie des Schreibens der Senatsverwaltung für Finanzen ­ nicht eine Kopie, sondern ein Fax ­, so wie ich das sehe, an die HOWOGE Geschäftsführung: „Einladung zum Gesellschaftergespräch am 9. 6. 06", unterzeichnet von Herrn Schippers.... Und auf diesem Schreiben findet sich ein handschriftlicher Vermerk... :

Abweichender Bericht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

,Nach Auskunft von Frau Widlak sollen die Wohnungsbaugesellschaften ihre Baukosten darstellen, damit Herr Dr. Sarrazin Herrn Hillenberg mitteilen kann, dass dieses Thema diskutiert wurde. SenFin macht hierzu keine Vorarbeit. ... möchte ich Sie gern noch mal fragen, ob Ihnen... das mitgeteilt worden ist im Rahmen der Vorbereitung auf dieses Gespräch am 9. 6., dass der Punkt auf der Tagesordnung u. a. deswegen bleiben muss, damit Herr Sarrazin Herrn Hillenberg mitteilen kann, dass das Thema diskutiert wurde." Zeugin Ingeborg Junge-Reyer: „... Die Motive von Herrn Dr. Sarrazin, mit Herrn Hillenberg über Baukostencontrolling zu sprechen, sind mir nicht zugänglich. Ich kann das nicht beurteilen. Ich weiß das nicht. Ich weiß auch nicht, warum er ihm berichten will. Ich kann Ihnen nur sagen, dass die Unterlagen, die er offensichtlich als Anlage 6, also dieser Zettel, in seiner Vorbereitung hatte, uns nicht mitgeschickt worden ist. Und ich muss sagen, nachdem ich ihn gesehen habe: Wäre auch keine Vorbereitung gewesen!"

Bei dem am 09.06.2006 anberaumten Gesellschaftergespräch mit der HOWOGE fand das Hillenberg-Papier offenbar nicht bei allen Beteiligten Eingang in den vorbereitenden Unterlagen als Anlage 6. Interessantes Detail: Darin wurde unter Punkt 5 die Abschaffung öffentlicher Vergaben angeregt. Eine Anregung, die der Zeuge Hillenberg zeitgleich bereits praktizierte, in dem er Aufträge für die HOWOGE ausführte, die unter Nichtbeachtung des Vergaberechts vergeben worden waren.

Unvollständig, weil nicht lesbar, befand die Senatorin Junge-Reyer einen weiteren Teil der vorbereitenden Unterlagen. Es handelte sich um eine Schwarz-Weiß-Kopie einer ursprünglich farbig angelegten tabellarischen Darstellung ausgewählter Baumaßnahmen der HOWOGE.

Eine Farbkopie wurde ihr zu Beginn des Gesellschaftergesprächs mit der HOWOGE nachgereicht. Wesentliche Informationen, die Überschreitung der Schwellenwerte bei den Planungskosten von Baumaßnahmen, hätte die Senatorin allerdings auch der Schwarz-WeißKopie unschwer entnehmen können.

Allerdings beharrten ­ mit Ausnahme der ehemaligen HOWOGE-Geschäftsführer ­ die damals an diesem Gesellschaftergespräch beteiligten Zeugen darauf, dass, ­ obwohl auf der Tagesordnung das Thema „Baukostencontrolling" stand ­, sich die vorbereitenden Unterlagen nicht mit Planungsleistungen und deren Auftragsvergabe beschäftigten: Jochen Esser (Grüne):..." Dann steigen wir mal ein. Erste Seite, folgender Satz: Grundsätzlich wird zur Projektentscheidung nach der Entwurfsphase eine Projektpräsentation im Sinne einer Projektverteidigung durchgeführt. Projektentscheidung, Projektpräsentation, Projektverteidigung ­ sind das Planungstätigkeiten innerhalb der HOWOGE oder Bautätigkeiten? Und Entwurfphase, Phasen 1 und 2 des Leistungsverzeichnisses der HOAI, sind das Planungsleistungen oder Bauleistungen?" Zeuge Wolf Schulgen: „Der Vorgang betrifft Baukostencontrolling. Unter dem Tagesordnung ­ [sic!] ­ war sie da, und unter diesem Punkt wurde dieser Vorgang gelesen."