Steuer

Vergabe von Bauleistungen 152 Bauleistungen sind nach den vergabe- und haushaltsrechtlichen Bestimmungen grundsätzlich nach öffentlicher Ausschreibung im Wettbewerb zu vergeben (vgl. §§ 97 ff. GWB, § 55 LHO). Damit soll u. a. erreicht werden, dass die Aufträge des Staates zu wirtschaftlichen Preisen vergeben und die Haushaltsmittel effizient eingesetzt werden.

Die Senatsverwaltung hat bis zum Beginn des 3. Bauabschnitts EU-weite Ausschreibungen der Bauleistungen nicht durchgeführt, obwohl dies wegen Überschreitung der maßgeblichen Schwellenwerte in vielen Fällen erforderlich war.

Außerdem hat sie in allen drei Bauabschnitten Bauleistungen in großem Umfang an bereits vertraglich gebundene Auftragnehmer ohne Wettbewerb freihändig vergeben, obgleich die Voraussetzungen für eine Abweichung vom Grundsatz der öffentlichen Ausschreibung nicht belegt waren. So hat sie bei zwei Aufträgen mit einer Auftragssumme von zusammen 848 000 weitere 16 Aufträge mit einem Auftragsvolumen von insgesamt 8,8 Mio. an die bereits vertraglich gebundenen zwei Unternehmen freihändig vergeben, obwohl es sich bei diesen Aufträgen nicht um ausschreibungsfreie Nachträge handelte.

Der Rechnungshof hat das vergaberechtswidrige und unwirtschaftliche Verwaltungshandeln der Senatsverwaltung beanstandet.

Zu T 152: Auf Grundlage der geprüften Bauplanungsunterlagen wurden von insgesamt 103 Vergabeeinheiten 77 im Offenen Verfahren (EU-weite Ausschreibungen) vergeben. Die Vergabevorschriften wurden eingehalten.

Freihändige Vergaben erfolgten auf der Grundlage der Ausnahmetatbestände der Verdingungsordnungen.

Zu den Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße und wirtschaftliche Vergabe und Ausführung von Bauleistungen gehört, dass die Leistung eindeutig und so erschöpfend beschrieben wird, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten berechnen können. Im Rahmen der Leistungsbeschreibung sind regelmäßig Leistungsverzeichnisse aufzustellen. Fehlen ordnungsgemäße Leistungsverzeichnisse, so sind die vertraglich zu erbringenden Leistungen nicht bzw. nicht ausreichend beschrieben und damit wesentliche Voraussetzungen der Kalkulation nicht gegeben. Zudem werden die Projektsteuerung und die Vertragsabwicklung erheblich erschwert. Es besteht ferner ein hohes Risiko, dass im Leistungsverzeichnis nicht erfasste Positionen später ohne Wettbewerb im Rahmen von Nachträgen beauftragt werden. Dies führt nach den Prüfungserfahrungen des Rechnungshofs häufig zu höheren Preisen (vgl. Jahresbericht 2003 T 100 bis 105).

Der Rechnungshof hat bei sieben stichprobenartig zur Prüfung ausgewählten Aufträgen mit einer Gesamtauftragssumme von 2 Mio. festgestellt, dass den Aufträgen keine auf der Basis einer vorausgehenden Ausführungsplanung erstellten eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibungen mit Leistungsverzeichnis zugrunde liegen. Der Rechnungshof hat in diesem Zusammenhang außerdem festgestellt, dass den beauftragten sieben Unternehmen durch die Senatsverwaltung noch insgesamt 30 weitere Bauaufträge mit einem Gesamtauftragsvolumen von 2,4 Mio. lediglich auf der Basis von groben Annahmen und Schätzungen freihändig mündlich - zum Teil erst nach Bauausführung - erteilt wurden. Die Versäumnisse bei der Leistungsbeschreibung haben nicht nur dazu beigetragen, dass die Senatsverwaltung die Kostenübersicht und -sicherheit bei der Baudurchführung nicht gewährleisten konnte, sondern haben auch umfangreiche zusätzliche Leistungen erforderlich gemacht und Bauzeitenverlängerungen bewirkt. Beispielsweise mussten einem Unternehmen 17 800 zusätzlich vergütet werden, weil wegen fehlender Ausführungsplanung und eines unzureichenden Leistungsverzeichnisses eine Bauzeitverlängerung eingetreten war, während derer sich die Materialpreise erhöht hatten. Aufgrund dieser Terminverzögerungen waren Auftragnehmer nachfolgender Gewerke ebenfalls nicht mehr an ihre Angebotspreise gebunden, sodass weitere 68 000 aufgrund gestiegener Materialpreise vergütet werden mussten.

Der Rechnungshof hat beanstandet, dass die Senatsverwaltung in den geprüften Fällen keine ordnungsgemäßen Leistungsverzeichnisse hat erstellen lassen. Sie hat damit erhebliche Erschwernisse bei der Vertragsabwicklung sowie bei der Kosten- und Terminsteuerung in Kauf genommen.

Zu T 153: Bei den für den 3. Bauabschnitt mehr als 100 vergebenen Aufträgen sind grundsätzlich ordnungsgemäße Leistungsverzeichnisse erstellt worden. Nur bei einer geringen Anzahl zusätzlicher Leistungen wurden Nachtragsvereinbarungen erforderlich. Notwendige Änderungen in der Bauausführung, die erst während des Bauens durch neue Erkenntnisse über die vorhandene Bausubstanz erkennbar werden, sind beim Bauen im Bestand nicht immer vermeidbar.

Projektsteuerung und Projektleitung 154 Eine wirksame und effiziente Termin- und Kostensteuerung gehört zu den unabdingbaren Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Baudurchführung. Baumaßnahmen sind im Interesse einer zügigen und kostengünstigen Bedarfsdeckung deshalb durch die Baudienststelle so zu steuern, dass sie in der geplanten Bauzeit und in dem vorgegebenen Kostenrahmen durchgeführt und abgeschlossen werden können. Zur Termin- und Kostensteuerung sind insbesondere realistische Zeit- und Ablaufpläne mit baubetrieblich korrekt ermittelten Zeitansätzen für die gesamte Baumaßnahme aufzustellen sowie geeignete Kostenüberwachungsunterlagen zu führen. Soweit ein externer Projektsteuerer bestellt ist, gehört die Termin- und Kostensteuerung für den Auftraggeber regelmäßig zu dessen Kernaufgaben. Allerdings verbleiben auch bei der Übertragung von Projektsteuerungsleistungen an freiberuflich Tätige die grundsätzliche Verantwortung für den Erfolg der Maßnahme und die Kontrolle der Vertragserfüllung bei der Baudienststelle (Nr. 8 Abs. 3 ABau).

Die Senatsverwaltung hatte die Fertigstellung der Baumaßnahme zunächst nach sechs Jahren Bauzeit für das Jahr 1997 vorgesehen. Nach einer tatsächlichen Bauzeit von 11 Jahren hat die Senatsverwaltung für den

3. Bauabschnitt die Fertigstellung der Baumaßnahme für das Jahr 2007 geplant. Infolge der finanzierungsbedingten Unterbrechung der Bauausführung von 11 Monaten (T 151) und weiterer Terminverzögerungen ist die Baumaßnahme dann jedoch erst Mitte 2010 beendet worden.

Die Senatsverwaltung hat für das Gesamtprojekt weder selbst erstellte Zeit- und Ablaufpläne noch von dem im Jahr 2003 beauftragten Projektsteuerer vertragsgemäß zu fertigende Gesamt- und Detailterminpläne vorlegen können. Sie hat für die Gesamtbaumaßnahme auch keine aussagekräftigen Unterlagen zur Kostensteuerung gefertigt oder von dem Projektsteuerer erstellen lassen. Nach den Prüfungsfeststellungen des Rechnungshofs hat für die Baumaßnahme eine effektive Termin- und Kostensteuerung weder vor noch nach der Beauftragung des externen Projektsteuerers im Jahr 2003 stattgefunden. Dies hat zu der langen Bauzeit beigetragen.

Der Rechnungshof hat beanstandet, dass die Senatsverwaltung für eine ordnungsgemäße Termin- und Kostensteuerung nicht gesorgt hat.

Zu T 154: In den Ausschreibungen für den 3. Bauabschnitt waren für das jeweilige Gewerk Terminpläne enthalten, die als Auszug aus einem Gesamtablaufplan entnommen waren. Zu jeder Auftragsvergabe gab es eine angepasste Kostenüberwachungsliste. Die Thematik der Kosten- und Terminsteuerung war nachweislich Gegenstand der in kurzen Abständen durchgeführten Steuerungsrunden der Projektleitung mit dem Projektsteuerer bzw. Architekten.

Zur Projektleitung gehören diejenigen originären Bauherrenaufgaben, die öffentliche Bauherren aufgrund der von ihnen wahrzunehmenden Gesamtverantwortung Dritten nicht übertragen dürfen (nicht delegierbare Bauherrenaufgaben), wie die Bereitstellung und Steuerung der für die Baumaßnahme erforderlichen Haushaltsmittel, die Beauftragung von Projektsteuerungsleistungen, die Bestimmung von Zielvorgaben, die Definition des Bauprogramms in quantitativer und qualitativer Hinsicht, die Auswahl von Vertragspartnern, die Durchführung von projektbegleitenden Erfolgskontrollen und Überwachungstätigkeiten (insbesondere die Kontrolle der Tätigkeiten des Projektsteuerers und des Projektfortschritts), die Durchführung von Vergabeverfahren sowie - grundsätzlich - alle Entscheidungen und Handlungen, die den Bauherrn verpflichten oder ihm aufgrund gesetzlicher Bestimmung obliegen.

Die Senatsverwaltung hat bis zum Jahr 2001 die Bereitstellung ausreichender Haushaltsmittel für die Durchführung der Baumaßnahme nicht sichergestellt. Außerdem hat sie freiberuflich Tätige teilweise zunächst nur mündlich und ohne konkrete Vorgaben beauftragt. So hat sie mit dem Architekten erst sieben Jahre nach Leistungsbeginn einen schriftlichen Vertrag geschlossen. Ferner hat die Senatsverwaltung die für die Beauftragung der Projektsteuerungsleistungen notwendigen Voraussetzungen nicht ordnungsgemäß geschaffen; insbesondere hat sie lediglich vereinfachte Bauplanungsunterlagen ohne hinreichend konkrete Kostenberechnungen erstellen lassen (T 146, 150). Auch die vertraglichen Leistungsbeschreibungen waren zu großen Teilen nicht vorschriftsmäßig aufgestellt (T 153), was dazu beigetragen hat, dass die tatsächlich erbrachten Bauleistungen häufig von den vertraglichen Vorgaben abwichen. Viele Zusatzaufträge hat die Senatsverwaltung zudem ohne Kenntnis des Leistungsumfangs lediglich mündlich erteilt. In der Folge hatten die Senatsverwaltung und der beauftragte Projektsteuerer bis zum Jahr 2008 keinen Überblick über die tatsächliche Auftragslage und die damit verbundenen Kosten. Um die erforderliche Kostenübersicht zu erhalten, hat die Senatsverwaltung im Jahr 2008 von den ausführenden Bauunternehmen die Abrechnung der bis Ende 2007 erbrachten Leistungen gefordert. Erst auf dieser Grundlage konnten im Jahr 2008 zur Fertigstellung des Bauvorhabens noch benötigte Haushaltsmittel von 2 Mio. nachträglich bereitgestellt werden. Zudem hat die Se88 natsverwaltung die Leistungserbringung durch die freiberuflich Tätigen nicht hinreichend überwacht. So wurden Leistungspositionen, für die es keine Vertragsregelungen gab, zur Bezahlung freigegeben. Die unzureichende Vertragsgestaltung und -durchführung hat bei den Honoraren freiberuflich Tätiger zu vermeidbaren Ausgaben von insgesamt 600 000 geführt.

Der Rechnungshof hat beanstandet, dass die Senatsverwaltung die ihr obliegenden nicht delegierbaren Bauherrenaufgaben, insbesondere die Baumittelsteuerung, die Beauftragung und Kontrolle der freiberuflich Tätigen sowie das Nachtragsmanagement, nur unzureichend wahrgenommen hat.

Zu T 155: Die Baumittelsteuerung und das Nachtragsmanagement sind auf die verlässliche Zuarbeit des Projektsteuerers und des bauleitenden Architekten angewiesen. Die zur Steuerung erforderliche Transparenz ist nicht in jedem Fall herzustellen, sofern in dieser Zusammenarbeit Differenzen entstehen.

Stellungnahme der Senatsverwaltung

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat zu den Feststellungen des Rechnungshofs im Wesentlichen Folgendes ausgeführt.

Bei der Sanierung und Grundinstandsetzung des Justizgebäudes Littenstraße handele es sich nicht um eine Baumaßnahme im Sinne des § 24 LHO, sondern um eine Bauunterhaltungsmaßnahme. Die Maßnahme habe lediglich dazu gedient, die baulichen Anlagen in einen guten Zustand zu setzen und deren Benutzbarkeit und Leistungsfähigkeit auf Dauer zu sichern sowie teilweise zu verbessern. Die bauliche Substanz sei nicht wesentlich vermehrt oder verändert worden. Auch der Teilausbau des Dachgeschosses stelle nur eine unwesentliche Substanzvermehrung dar, weil lediglich 8,5 v. H. der gesamten Bruttogeschossfläche des Gebäudes davon betroffen seien. Als Bauunterhaltungsmaßnahme sei die Maßnahme korrekt veranschlagt und behandelt worden. Insbesondere seien Bauplanungsunterlagen nach § 24 LHO und ein förmliches Bedarfsprogramm nicht aufzustellen gewesen.

Zudem seien auf der Grundlage der geprüften vereinfachten Bauplanungsunterlagen für den 3. Bauabschnitt vorschriftsmäßige Vergabeverfahren durchgeführt worden. Für freihändige Vergaben hätten Ausnahmetatbestände vorgelegen.

Auch seien für den 3. Bauabschnitt grundsätzlich ordnungsgemäße Leistungsverzeichnisse aufgestellt, Terminpläne für die jeweiligen Gewerke erstellt und zu den einzelnen Auftragsvergaben Kostenüberwachungslisten geführt worden.

Die Ausführungen der Senatsverwaltung entkräften die Beanstandungen des Rechnungshofs nicht.

Die von der Senatsverwaltung vorgenommene Einordnung der Maßnahme als Bauunterhaltungsmaßnahme ist angesichts der von Beginn an geplanten wesentlichen Substanzveränderungen und erheblichen Baukosten (T 145) abwegig. Allein für den Bereich des Dachgeschosses ist in den vereinfachten Bauplanungsunterlagen auf 6 113 m² (14 v. H. der Gebäudefläche von 42 574 m²) ein Ausbau zu Büroräumen mit Baukosten von über 14,4 Mio. ausgewiesen. Weil die vorhandene bauliche Anlage durch den Dachgeschossausbau in ihrer Bausubstanz wesentlich vermehrt wird, hat bereits diese Teilmaßnahme den Charakter einer Baumaßnahme. Zudem hat die Senatsverwaltung Umbauten und technische Neuinstallationen in verschiedenen Bauteilen des Baukörpers durchgeführt, welche die bauliche Substanz wesentlich verändern. Das Bauvorhaben hätte daher von Beginn an als komplexe große Baumaßnahme des Hochbaus im Sinne von § 24 LHO geplant, veranschlagt, finanziert und durchgeführt werden müssen.

Die Stellungnahme der Senatsverwaltung zum Vergabeverhalten bezieht sich lediglich auf den vom Jahr 2002 an durchgeführten 3. Bauabschnitt und lässt die festgestellten erheblichen Versäumnisse in den vorangegangenen Bauabschnitten außer Acht. Davon abgesehen, haben sich die unzulässigen freihändigen Vergaben (T 152) bis in das Jahr 2006 erstreckt.

Die lediglich pauschalen Äußerungen der Senatsverwaltung zur Fertigung von Leistungsverzeichnissen sind nicht geeignet, die konkreten Beanstandungen des Rechnungshofs (T 153) zu entkräften. Zudem hatte der Rechnungshof beanstandet, dass für das Gesamtprojekt keine aussagekräftigen Terminplanungen und Kostensteuerungsunterlagen vorlagen (T 154). Die Bezugnahme der Senatsverwaltung auf Terminpläne und Kostenüberwachungslisten für einzelne Gewerke bzw. Aufträge liegt daher neben der Sache. Im Übrigen hat die Senatsverwaltung in Schreiben an den Architekten und den Projektsteuerer vom April 2007 und vom Mai 2009 mangelhaft bzw. lückenhaft erstellte Leistungsverzeichnisse, die unzureichende Kostenkontrolle sowie fehlende Grob- und Detailterminpläne und Ablaufplanungen selbst gerügt.