Finanzamt

Die Senatsverwaltung für Finanzen hält diese Unterstützung für ausreichend, da damit ein vollständiger Überblick über die aktuelle Arbeitssituation gegeben ist.

In Berlin waren am 31. Dezember 2008 und am 31. Dezember 2009 nur 92 v. H. der in den Betriebsprüfungsstellen der Finanzämter vorhandenen Stellen besetzt. Angesichts der fiskalischen Bedeutung der Betriebsprüfung hat der Rechnungshof darauf hingewiesen, dass eine umgehende Besetzung der in diesem Bereich vorhandenen Stellen dringlich ist. Die Senatsverwaltung für Finanzen teilt diese Auffassung und hat deshalb die vollständige Stellenbesetzung in den Betriebsprüfungsstellen seit dem Jahr 2009 sogar zum Gegenstand der Zielvereinbarungen mit den Finanzämtern gemacht. Nach dem Stand vom 31. Dezember 2010 waren immerhin 96 v. H. der vorhandenen Stellen besetzt.

Zu T 195: Mit Stand zum 31.05.2011 waren 96 % der vorhandenen Stellen der Betriebsprüfung besetzt.

Die Senatsverwaltung für Finanzen verfolgt das Ziel einer vollständigen Stellenbesetzung in den Betriebsprüfungsstellen. Darüber hinaus sollen auch die Stellen in der Umsatzsteuer-Sonderprüfung, Lohnsteuer-Außenprüfung und der Betriebsnahen Veranlagung der Berliner Finanzämter vollständig besetzt werden. Hierfür wurde ein Personalentwicklungskonzept - Zukunftssicherungskonzept Prüfungsdienste - erarbeitet. Das Konzept sieht vor, die Außenprüfungsdienste durch eine kontinuierliche Personalzuführung anhand von Prioritäten an das angestrebte Ausstattungsziel - Besetzung aller finanzierten Haushaltsstellen - heranzuführen. Dabei stehen die Finanzämter für Körperschaften aufgrund der Konzentration der Prüfungsdienste und deren Zuständigkeit für die größten und bedeutendsten Unternehmen im Mittelpunkt der Betrachtung.

Die Senatsverwaltung für Finanzen hat die Feststellungen des Rechnungshofs nicht infrage gestellt. Sie sieht eine wesentliche Ursache für die festgestellten Defizite darin, dass der Hauptsachgebietsleiter Betriebsprüfung im Zeitpunkt der Aufnahme der Fälle in den Prüfungsgeschäftsplan auf die Angaben in der Meldung der festsetzenden Stelle angewiesen sei. Erst im Rahmen der konkreten Prüfungsvorbereitung sei letztlich darüber entschieden worden, ob und ggf. für welche Zeiträume die Prüfung durchgeführt wurde. Die Senatsverwaltung geht davon aus, dass die Arbeitssituation in den nicht vom Rechnungshof untersuchten Finanzämtern ähnlich ist. Sie hat deshalb die Weisungen zur Aufstellung der Prüfungsgeschäftspläne überarbeitet und festgelegt, dass der Umfang der Pläne künftig 100 v. H. der voraussichtlichen Arbeitsleistung der Betriebsprüfungsstellen nicht überschreiten soll. Darüber hinaus hat sie alle Finanzämter aufgefordert, die Prüfungsbedürftigkeit der in den Prüfungsgeschäftsplänen enthaltenen unerledigten Fälle aus heutiger Sicht kritisch zu hinterfragen, die tatsächlich noch prüfungsbedürftigen Altfälle umgehend zu erledigen und die nicht mehr prüfungswürdigen Fälle abzusetzen. Allein die Bearbeitung der vom Rechnungshof beanstandeten Einzelfälle hat bisher zu Steuernachforderungen von mehr als 2,6 Mio. geführt.

Die Senatsverwaltung für Finanzen prüft derzeit, inwieweit die Ausübung der Dienst- und Fachaufsicht durch die Sachgebietsleitung durch Veränderungen der IT-Unterstützung erleichtert werden kann. Um langfristig die vollständige Stellenbesetzung in den Betriebsprüfungsstellen sicherzustellen, hat die Senatsverwaltung ein Personalentwicklungskonzept erarbeitet. Die Umsetzung dieses Konzeptes wird jedoch voraussichtlich noch mehrere Jahre in Anspruch nehmen.

Zu T 196: Aufgrund der Feststellungen der Rechnungshofs wurden die Finanzämter angewiesen, die Prüfungswürdigkeit aller für eine Betriebsprüfung vorgesehenen Fälle kritisch zu hinterfragen, um die noch prüfungswürdigen Fälle möglichst schnell abzuschließen. Soweit keine Prüfungswürdigkeit mehr gegeben war, sollten die Fälle abgesetzt werden, um vorgesehene Prüfungen in angemessener Zeit zum Abschluss zu bringen.

Der Umfang der Prüfungsgeschäftspläne wird künftig durch die Senatsverwaltung für Finanzen mit Hilfe von automationsgestützten Datenbankabfragen überwacht.

Eine Verbesserung der IT-Unterstützung wurde im vergangenen Jahr durch die Schaffung einer zusätzlichen Filtermöglichkeit nach dem jeweils letzten Prüfungsjahr möglich. Dies soll auch der Erreichung einer zeitnäheren Betriebsprüfung dienen.

Der Rechnungshof erwartet, dass die Senatsverwaltung für Finanzen

· für die vollständige Besetzung aller in den Betriebsprüfungsstellen vorhandenen Stellen Sorge trägt und

· weiter auf eine Verbesserung der IT-Unterstützung in den Betriebsprüfungsstellen hinwirkt.

Darüber hinaus erwartet der Rechnungshof, dass die Finanzämter

· die Weisungen der Senatsverwaltung für Finanzen zur Bereinigung der Prüfungsgeschäftspläne umsetzen,

· ermitteln, welche von den seit Jahren für eine Betriebsprüfung vorgesehenen Fällen aus heutiger Sicht noch dringend prüfungswürdig sind,

· anschließend die erforderlichen Betriebsprüfungen umgehend durchführen,

· die aus heutiger Sicht nicht mehr prüfungswürdigen Fälle zur Bereinigung der Prüfungsgeschäftspläne absetzen und

· künftig für eine zeitnahe Erledigung aller für eine Prüfung vorgesehenen Fälle Sorge tragen.

2. Finanzielle Nachteile in Millionenhöhe durch erhebliche Verfahrensmängel bei der Beitreibung öffentlich-rechtlicher Forderungen durch die Finanzämter

Der Rechnungshof hat erneut erhebliche Mängel bei der Beitreibung öffentlich-rechtlicher Forderungen durch die Finanzämter festgestellt. Außerdem trugen eine unzureichende IT-Unterstützung und Bearbeitungsdefizite in den Finanzämtern zur Ineffizienz des Verfahrens bei. Organisatorische Veränderungen allein aufseiten der ersuchenden Behörden könnten jährliche Einsparungen von bis zu 2 Mio. erbringen. Zur Vermeidung weiterer finanzieller Nachteile für das Land Berlin ist es unerlässlich, dass die festgestellten Mängel kurzfristig behoben werden.

Die Berliner Finanzämter sind neben ihrer originären Aufgabe, Steuern festzusetzen und zu erheben, auch für die Bearbeitung von bestimmten Vollstreckungsersuchen anderer Behörden mit öffentlich-rechtlichen, nicht steuerlichen Forderungen, z. B. Bußgeldern, zuständig. Sie werden außerdem von anderen Vollstreckungsbehörden um Amtshilfe gebeten, wenn diese bestimmte Vollstreckungsmaßnahmen, beispielsweise wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit, nicht selbst durchführen können. Insgesamt gingen im Jahr 2009 etwa 373 000 Amtshilfe- und Vollstreckungsersuchen (AHE) bei den Berliner Finanzämtern ein, die Forderungen von insgesamt 313 Mio. umfassten.

Derzeit werden die Ersuchen innerhalb eines Finanzamtes grundsätzlich zentral durch eigens dafür zuständige AHE-Plätze bearbeitet. Lediglich das Finanzamt Mitte/Tiergarten hat die Bearbeitung der eingehenden Ersuchen dezentralisiert und den Festsetzungs- und Erhebungsplätzen übertragen. Wie eingehende AHE zu bearbeiten sind, ist in der AO-Kartei Berlin - Vollstreckung geregelt. Danach sind diese nach einer formalen Vorprüfung (z. B. Unterschrift eines zuständigen Bediensteten der ersuchenden Stelle, Vorliegen der Vollstreckbarkeitserklärung) unverzüglich im maschinellen Verfahren zur Unterstützung bei der Bearbeitung von AHE (AHE-Programm) zu erfassen. Gerechnet vom Zeitpunkt der Ersterfassung an sollen die Finanzämter die AHE grundsätzlich innerhalb von drei Monaten abschließend erledigen. Aus diesem Grund soll der Innendienst umgehend den Vollstreckungsaußendienst mit der Beitreibung der Forderung beauftragen. Soweit alle Vollstreckungsmaßnahmen erschöpft sind, sind die Ersuchen grundsätzlich mit einem Hinweis auf die Art ihrer Erledigung an die ersuchende Stelle zurückzureichen. Unter bestimmten Umständen ist der Fall darüber hinaus für eine mögliche spätere Verrechnung mit Steuerguthaben vorzuhalten.

Der Rechnungshof hatte zuletzt in seinem Jahresbericht 1998 (T 364 bis 382) darüber berichtet, dass die Beitreibung öffentlich-rechtlicher Forderungen im Wege der Amtshilfe durch die Berliner Finanzämter ineffizient ist. Dies war auf Organisationsmängel bei den Finanzämtern, Leistungsdefizite bei den Dienstkräften und auf Unzulänglichkeiten bei der Ausgestaltung der Verfahrensabläufe zurückzuführen. Die Senatsverwaltung für Finanzen ging davon aus, dass die von ihr seinerzeit ergriffenen Maßnahmen insbesondere im IT-Bereich ausreichen würden, um künftig die ordnungsgemäße Erledigung der AHE zu gewährleisten.

Im Jahr 2010 hat der Rechnungshof bei den Finanzämtern Wedding und Mitte/Tiergarten erneut die Bearbeitung von AHE geprüft. Dabei hat er wiederum eine Vielzahl von Unzulänglichkeiten festgestellt. So hatten beide Finanzämter in der Vergangenheit die eingehenden AHE nicht immer unverzüglich im AHE-Programm erfasst. Die sofortige Eingabe hat jedoch oberste Priorität, da nur hierdurch die technischen Voraussetzungen geschaffen werden,

IT-unterstützt die Verrechnungsmöglichkeiten mit eventuell entstehenden Steuerguthaben prüfen zu können. Nur so kann verhindert werden, dass trotz Vorliegens eines AHE etwaige Steuererstattungen an den Schuldner erfolgen. Die von der Senatsverwaltung für Finanzen mit den Finanzämtern getroffene Zielvereinbarung sieht dementsprechend eine Erfassungsquote von 98 v. H. der eingegangenen AHE vor. Durch die verzögerte Ersterfassung ist es in den vom Rechnungshof eingesehenen Fällen zu ungerechtfertigten Erstattungen gekommen.

Zu T 201: Die Berliner Finanzämter sind angewiesen, eingehende Amtshilfe- und Vollstreckungsersuchen (AHE) unverzüglich im AHE-Programm zu erfassen, um die Aufrechnungslage bezüglich Steuererstattungen herzustellen und die Auszahlungen von Steuerguthaben zu vermeiden. Die zeitnahe Erfassung ist Gegenstand der Zielvereinbarung mit den Berliner Finanzämtern. Zur Ermittlung der Erfassungsquote haben die Finanzämter die Anzahl der eingegangenen, aber noch nicht maschinell erfassten AHE der Senatsverwaltung für Finanzen zu melden. Mindestens 98% aller AHE eines Finanzamts sollen zum jeweiligen Stichtag maschinell erfasst sein. Die Entwicklung der Erfassungsquote wird fortlaufend beobachtet und Auffälligkeiten regelmäßig nachgegangen. Soweit ersuchende Stellen ihre Ersuchen gesammelt an das Finanzamt leiten, kann auch diese stoßweise Übersendung zu Verzögerungen in der Erfassung führen.

Fast ein Drittel aller Schuldner verursachen durchschnittlich fünf AHE jährlich. Trotzdem hatten die Dienstkräfte des Innendienstes ein neu eingehendes AHE nur in wenigen Fällen mit bereits anderen vorliegenden AHE zusammengeführt, sondern vielmehr jedes einzelne AHE dem Vollstreckungsaußendienst zugeschrieben. Auch eine Prüfung, ob der Schuldner ggf. in dem Finanzamt steuerlich geführt wird und eventuell Steuerrückstände bestehen, unterblieb zumeist. In vielen Fällen hätten die Vollstreckungsmaßnahmen jedoch gebündelt werden können. Durch die Einführung einer schuldnerorientierten Bearbeitung der AHE könnte der Einsatz personeller und sächlicher Ressourcen im AHE-Bereich deutlich verbessert werden.

Zu T 202: Die Zusammenführung von AHE für einen Schuldner wird im Vollstreckungsinnendienst in der Regel dann vorgenommen, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass Ersuchen für den gleichen Schuldner innerhalb eines kurzen Zeitraums eingehen oder die Bearbeitung eines AHE sich über einen längeren Zeitraum hinzieht (beispielsweise bei Beantragung eines Durchsuchungsbeschlusses). Ein Sammeln von AHE würde hingegen zu einer nicht beabsichtigten zeitlichen Verzögerung bei der Bearbeitung führen.

Die vom Rechnungshof vorgeschlagene schuldnerorientierte Bearbeitung der AHE erfolgt gegenwärtig in der Hand des Vollziehungsbeamten, dem ggf. bereits vollstreckungsrelevante Informationen über die persönlichen Verhältnisse des Schuldners vorliegen und der nach Möglichkeit auch Vollstreckungsmaßnahmen bündelt.

Die Frage, ob der Schuldner im Finanzamt steuerlich geführt wird und ggf. bereits vollstreckbare Steuerrückstände bestehen, ist beim Erfassen der Ersuchen zu prüfen. Soweit der Schuldner im Finanzamt vollstreckbare Steuerrückstände hat, sind nach den bestehenden Weisungen die Vollstreckungsmaßnahmen mit dem zuständigen Bearbeiter im Steuervollstreckungsbereich abzustimmen. Bei der dezentralen Organisationsform im Finanzamt Mitte/Tiergarten erfolgt die steuerliche und nichtsteuerliche Rückstandsbearbeitung auf einem Platz.

Eine darüber hinausgehende IT-unterstützte schuldnerorientierte Bearbeitung im Sinne einer elektronischen Schuldnerakte kann mit dem derzeitigen AHE-Verfahren nicht abgebildet werden.