Handelsrecht

Die Detailvereinbarung sieht vor, dass das Land bis zum 30. Juni eines Jahres eine Schlussbewertung der von der Buchwertgarantie erfassten Vermögensgegenstände (Aktiva) zum 31. Dezember des jeweiligen Jahres durch schriftliche Erklärung verlangen kann. Mit einer solchen Schlussbewertung werden alle gegenseitigen Ansprüche endgültig abgerechnet. Im Rahmen dieser Schlussbewertung ist auch eine Bewertung der zum Schlussbewertungsstichtag unter die Risikoabschirmung fallenden Rückstellungen und Eventualverbindlichkeiten (Passiva) vorzunehmen. Sofern der im Rahmen der Bewertung ermittelte tatsächliche Wert der Aktiva unter dem jeweils garantierten Buchwert liegt, entsteht ein Ausgleichsanspruch der BIH in Höhe der Differenz, im umgekehrten Fall besteht eine Abführungsverpflichtung an das Land. Entsprechendes gilt für die Passiva.

Zeitpunkt der Schlussbewertung der von der Buchwertgarantie erfassten Vermögensgegenstände

Die BCIA, die mit der Prüfung der Ansprüche aus der Risikoabschirmung befasst ist, hat sich im Dezember 2006 auf Wunsch der Senatsverwaltung für Finanzen (Beteiligungsverwaltung) mit der Frage des günstigsten Zeitpunktes für eine Schlussbewertung beschäftigt. Sie ist dabei zu dem Schluss gekommen, dass eine wirtschaftlich sinnvolle Ablösung der Ansprüche aus der Buchwertgarantie vom Jahr 2010 an erfolgen könne. Die BCIA ist davon ausgegangen, dass bis dahin alle buchwertgarantierten Aktiva verwertet bzw. alle sonstigen Sachverhalte abgerechnet werden können und somit dann keine wesentlichen Inanspruchnahmen aus der Buchwertgarantie mehr in das Verrechnungskonto eingestellt werden. Ein wichtiges Argument gegen eine frühere Schlussbewertung hat sie darin gesehen, dass ein Sachverständiger (Wirtschaftsprüfer) die möglichen Risiken und künftigen Buchverluste wegen des Vorsichtsprinzips zu hoch bewerten würde. Damit bestehe die Gefahr, dass ein zu hoher Betrag an die BIH gezahlt werden würde. Fällt das tatsächlich realisierte Risiko später geringer aus, stünde dem Land kein Abführungsanspruch mehr zu. Eine Schlussbewertung zum späteren Zeitpunkt führe daher zu einer tendenziell geringeren Inanspruchnahme Berlins. Zudem würde eine Verzinsung der Ansprüche bei Fortführung der laufenden Bearbeitung erst ab dem jeweiligen Jahr der Risikorealisierung anfallen. Nach einer Schlussbewertung hingegen wäre der gesamte Anspruch ab dem Schlussbewertungsstichtag zu verzinsen.

Ungeachtet dessen wurde auf Veranlassung der Senatsverwaltung für Finanzen die Teilschlussbewertung Aktiva (TSBA) zum 31. Dezember 2007 und die Teilschlussbewertung Passiva (TSBP) zum 31. Dezember 2008 vorgenommen. Der Rechnungshof hat die Beteiligungsverwaltung hinsichtlich des Zeitpunktes der Schlussbewertung zur Stellungnahme aufgefordert.

Die Beteiligungsverwaltung hat dazu ausgeführt, dass die Einschätzung der BCIA dem zunächst konfrontativen Umgangsstil zwischen den Beteiligten geschuldet gewesen sei. Die BCIA habe daher keinen ausreichend tiefen Einblick in die noch verbliebenen Vermögensgegenstände, die der Buchwertgarantie unterlagen, gehabt. Die Beteiligungsverwaltung verwies auf weitere Stellungnahmen der BCIA aus dem Jahr 2007, die eine Schlussbewertung der Aktiva zum 31. Dezember 2007 aus folgenden Gründen befürwortete:

· Eine Kumulation von Zinsansprüchen aus der Fortschreibung des Buchwertgarantiesaldos würde vermieden werden;

· eine höhere Inanspruchnahme wegen fortlaufender Wertminderung der verbliebenen Aktiva könnte abgewendet werden;

· langwierige und kostenintensive Abrechnungen würden künftig vermieden werden.

Die Argumentation der Beteiligungsverwaltung überzeugt nicht. Für die allgemeinen Erwägungen der BCIA in ihrer Einschätzung vom Dezember 2006 bedurfte es keines detaillierten Einblicks in die Gesellschaften. Zudem wäre es bedenklich, wenn die BCIA seit dem Jahr 2002 im Rahmen der laufenden Abrechnung Ansprüchen aus der Buchwertgarantie zugestimmt hat, ohne dass sie über die nötigen Sachinformationen verfügt hätte. Darüber hinaus hat sich die BCIA in ihren Vermerken aus dem Jahr 2007 nicht für eine Schlussbewertung zum 31. Dezember 2007, sondern lediglich allgemein für einen gegenüber der planmäßigen Schlussbewertung zum 31. Dezember 2031 vorgezogenen Zeitpunkt ausgesprochen. Gemäß Detailvereinbarung war das Land berechtigt, den bereits anerkannten Saldo aus der Buchwertgarantie durch Zahlung abzulösen. Damit hätte eine „Kumulation der Zinsansprüche", d. h. die jährliche Summierung der Zinsen für den anerkannten Saldo, vermieden werden können. Auch die Erwartung einer erhöhten Inanspruchnahme des Landes wegen fortlaufender Wertminderung der verbliebenen Aktiva ist nicht begründet. Beispielsweise könnte der Wertverfall von Forderungen in der Regel durch frühzeitige Beitreibung vermieden werden. Darüber hinaus hätte der von der BCIA ursprünglich favorisierte Abrechnungszeitpunkt vom Jahr 2010 an nicht zu unvertretbar hohen laufenden Abrechnungskosten geführt. Der Prüfaufwand für die Ansprüche aus der Buchwertgarantie ist verhältnismäßig gering und er wäre nur für drei weitere Jahre angefallen. Die vorzeitige Schlussbewertung der Passiva hat die BCIA darüber hinaus auch in ihren Stellungnahmen aus dem Jahr 2007 kritisch gesehen.

Zu T 210: Es kann der Eindruck entstehen, die Teilschlussbewertung Aktiv wäre mit dem Wissenstand Ende 2006 ausgelöst worden (erster Absatz). Der Rechnungshof stützt seine Beanstandung im Wesentlichen auf eine Stellungnahme der BCIA an die Senatsverwaltung für Finanzen vom Dezember 2006 und auf weitere Stellungnahmen aus 2007, wonach eine wirtschaftlich sinnvolle Ablösung der Ansprüche aus der Buchwertgarantie erst ab dem Jahr 2010 erfolgen könne. Diese ursprüngliche Einschätzung der BCIA resultierte aus einem fehlenden Einblick in die noch nicht abgerechneten Sachverhalte, deren Bewertung im Rahmen der Teilschlussbewertung Aktiv noch ausstand.

Ausgehend von einer Prognose für den Anspruch aus der Teilschlussbewertung Aktiv zum fiktiven Bewertungsstichtag 31.12.2006 i.H.v. 483,3 Mio. Euro wurde in einer gemeinsamen Projektarbeit von BCIA und BIH von Mai bis Juli 2007 die noch abzurechnenden Aktiva zusammengestellt, beurteilt und der Buchverlust mit 271,3 Mio. Euro (287,4 Mio. Euro incl. Zinsen) bewertet. Für eine Vergleichbarkeit mit der ursprünglichen Prognose sind dem Bewertungsergebnis noch die anerkannten Salden aus den Jahresabrechnungen 2007 (23,6 Mio. Euro) hinzuzurechnen.

Nach Darstellung der BCIA wurden im Rahmen der Projektarbeit zur Erarbeitung der Aktivrisiken in 2007 keine Sacherhalte offenbar, aus denen sich ein Nachteil einer vorgezogenen Schlussbewertung für das Land ergeben hätte, z. B. aus einer erkennbaren Wertaufholung für einzelne Aktiva in Folgejahren. Eine Abschlussbewertung war somit zu diesem Zeitpunkt vertretbar.

Daneben merkt der Landesrechnungshof an, dass für die Abgabe der allgemeinen Einschätzung der BCIA vom Dezember 2006 kein detaillierter Einblick in die Gesellschaften erforderlich wäre, wohingegen es bedenklich wäre, wenn die BCIA bezüglich der Buchwertgarantieabrechnungen seit 2002 Anerkennungen ohne die nötigen Sachinformationen abgegeben hätte (letzter Absatz).

Diese Anmerkung ist nicht nachvollziehbar. Gemäß Stellungnahme der BCIA hatte diese aufgrund der umfangreichen Abrechnungsprüfungen, was durch diverse Fristverlängerungen dokumentiert ist, tiefen Einblick in die abgerechneten Sachverhalte.

Dem steht nicht entgegen, dass der Einblick in die noch nicht abgerechneten Sachverhalte, welche schlusszubewerten waren, fehlte. Gerade aus diesem fehlenden Einblick in die noch nicht abgerechneten Sachverhalte resultierte die Einschätzung des Dezember 2006.

Verfahren der Schlussbewertung der von der Buchwertgarantie erfassten Aktiva

Für die zum 31. Dezember 2007 vom Land verlangte TSBA beauftragten BCIA und BIH gemeinsam eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft A. Dem Auftrag fügten sie ein Pflichtenheft für die Bewertung als Anlage bei, in dem die Bewertungsgrundsätze festgelegt sind. Eine Untersuchung einer von der BIH beauftragten anderen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft B ergab, dass diese nicht in vollem Umfang den handelsrechtlichen Prinzipien entsprochen hätte.

Vor allem bei der Bewertung der Fondsanteile und der Forderungen seien danach die Wirtschaftsprüfer der Gesellschaft A im Rahmen der Schlussbewertung von den einschlägigen Bewertungsmethoden und Vorgehensweisen abgewichen. Bei der Bewertung der Fondsanteile sind insbesondere die künftigen Garantiezahlungen und somit z. B. Einnahmen der Fonds in Höhe der vom Land garantierten Mieten mangels aussagefähiger Planungsunterlagen außer Acht gelassen worden. Auch Aufwendungszuschüsse, d. h. staatliche Fördergelder, im Gesamtvolumen von 193,8 Mio. für die Jahre 2008 bis 2021 sind nicht berücksichtigt worden. Dadurch haben sich für die Fondsanteile überwiegend negative Bewertungsergebnisse ergeben, die in der TSBA mit dem Wert „null" berücksichtigt worden sind. Im Gegenzug haben das Land Berlin und die BIH-Gruppe eine Abschöpfungsklausel vereinbart, die dem Land garantieren soll, dass eventuelle Verkaufserlöse an das Land abzuführen sind, soweit sie die den im Rahmen der TSBA festgestellten Buchwert übersteigen. Diese Abschöpfungsklausel enthält keine Regelung über eine Verzinsung der möglichen Ansprüche des Landes. Im Ergebnis führte die TSBA zu Zahlungsansprüchen der BIH-Gruppe gegenüber dem Land Berlin in Höhe von 332,8 Mio..

Der Rechnungshof hat beanstandet, dass die Zahlungsansprüche aus der TSBA wegen der Abweichung von den handelsrechtlichen Bewertungsgrundsätzen vom Grundsatz her überhöht waren. Er hat gefordert, dass sich hieraus ergebende überhöhte Zahlungen einschließlich einer angemessenen Verzinsung zurückgefordert werden.

Die Beteiligungsverwaltung hat hinsichtlich der Bewertung der Fondsgesellschaften damit argumentiert, dass zum Zeitpunkt der Beschlussfassung zur Durchführung der TSBA noch keine auch nur annähernde Einigkeit über die Höhe der Garantiezahlungen an die Fonds für die Abrechnungsjahre von 2005 an bestanden habe. Die Detailvereinbarung schreibe darüber hinaus nicht vor, dass eine Bewertung nach handelsrechtlichen Grundsätzen zu erfolgen habe. Da die Vermögensgegenstände überwiegend dem Umlaufvermögen zugeordnet gewesen seien, hätte bei einer handelsrechtlichen Bewertung dem strengen Niederstwertprinzip gefolgt werden müssen. Damit hätte man beispielsweise die streitbehafteten Garantieansprüche nicht ansetzen und eine Abschöpfungsklausel nicht durchsetzen können. Durch die teilweise oder vollständige Einbeziehung der Mietgarantien in die Bewertung der Fondsanteile wäre ein Präjudiz für die Mietgarantieabrechnungen der Fonds geschaffen worden. Deshalb habe man in Kauf genommen, zunächst zu hohe Ausgleichszahlungen an die BIH zu zahlen. Dies sah sie als vertretbar an, weil über eine extra vereinbarte Abschöpfungsklausel der Rückfluss einer überhöhten Zahlung gewährleistet wäre und diese Vereinbarung mit der landeseigenen Gesellschaft BIH getroffen wurde, die der laufenden Kontrolle des Landes unterliege.

Die Argumentation der Beteiligungsverwaltung zeigt, dass die TSBA deutlich zu früh vorgenommen worden ist. Bereits unter Berücksichtigung der nur ein Jahr später zum 31. Dezember 2008 prognostizierten Mietgarantiezahlungen ergeben sich weit überwiegend positive Bewertungen der Fondsanteile. Die Zahlungen aufgrund der TSBA waren, wie von der Beteiligungsverwaltung selbst bestätigt, zu hoch. Eine Verzinsung ist in der Abschöpfungsklausel nicht vereinbart. Zudem greift die Abschöpfungsklausel erst bei Veräußerung der Fondsgesellschaften. Somit ist der BIH faktisch ein zinsloses Darlehen in Millionenhöhe gewährt worden und gleichzeitig wegen des Verzichts auf eine Verzinsung dem Land ein finanzieller Nachteil entstanden, dessen Höhe nur auf der Grundlage einer weiteren unabhängigen Bewertung zu ermitteln wäre. Im Übrigen ist die von der Beteiligungsverwaltung angeführte Kontrolle der BIH durch die Ende Mai 2008 gegenüber der BCIA erteilte Gesellschafterweisung (vgl. Jahresbericht 2009 T 251 bis 261) vorübergehend in Teilen außer Kraft gesetzt und somit die Einhaltung der Abschöpfungsklausel zwischenzeitlich nur unzureichend überwacht worden.

Zu T 211: Der Rechnungshof moniert, dass bei der Bewertung der Fondsanteile insbesondere die künftigen Garantiezahlungen und Aufwendungszuschüsse unberücksichtigt blieben. Zwar seien spätere Korrekturen auf Grund der Abschöpfungsklausel möglich. Da eine Zinsklausel fehle, komme dies im Falle einer späteren Nachbewertung der Fondsanteile einem zinslosen Darlehen an die BIH gleich.

Die Bewertung der Abschöpfungsklausel durch den Rechnungshof greift im Ergebnis zu kurz, da dem Land Berlin ein Schaden nicht entstanden ist. Die Mittel der Teilschlussbewertung Aktiv wurden seitens der BIH ausschließlich dazu verwendet, (durch das Land kreditgarantierte) Fremdfinanzierungen zurück zu führen und dadurch im Ergebnis die Garantie zu entlasten. Darüber hinaus kumulieren und verzinsen sich die bei der Bewertung nicht berücksichtigten Erlöse aus Mietgarantien und Förderleistungen bei den Fonds. Im Ergebnis der beiden Effekte ist durch die vereinbarte Abschöpfungsregelung kein Schaden des Landes entstanden.

Schließlich ist festzuhalten, dass die Bewertung der Fondsanteile zu einem Anspruch aus der TSBA in Höhe von 176 Mio. Euro geführt hat, wohingegen im Bericht des Landesrechnungshofes (Ende erster Absatz) der Eindruck erweckt wird, dies seien 332,8 Mio. Euro.

Verfahren der Schlussbewertung der von der Buchwertgarantie erfassten Passiva

Der damalige Senator für Finanzen hat die BCIA im November 2008 beauftragt, die Teilschlussbewertung der bei der BIH-Gruppe unter die Buchwertgarantie fallenden Passiva (TSBP) durchzuführen. Gemäß diesem Auftrag sollte „abweichend von den Regelungen der Detailvereinbarung und der Zuständigkeits- und Verfahrensordnung zur De