Arbeitgeber

Der Rechnungshof hat die Charite aufgefordert, solche Vereinbarungen, die bereits bei der Prüfung von Leistungen an Führungskräfte der Charite beanstandet worden sind (vgl. Jahresbericht 2007 T 329 bis 338), für die Zukunft endlich auszuschließen.

Die Charite hat zu den beanstandeten Regelungen für Freistellungen behauptet, dass vergleichbare Formulierungen Standard bei Verträgen mit Leitungspersonal seien. Sie „ermöglichen im Konfliktfall die Sicherung der Betriebsabläufe und Handlungsfähigkeit des Unternehmens".

Diese Ausführungen sind nicht nachvollziehbar. Nach den Prüfungserfahrungen des Rechnungshofs sind derartige, standardisierte Vereinbarungen bei öffentlich-rechtlichen Unternehmen keineswegs die Regel. Er hält daher seine Beanstandung und Erwartung aufrecht.

Zu T 234 und 235: Zu den Beanstandungen von Vereinbarungen in außertariflichen Verträgen hat die Charite exemplarisch darauf hingewiesen, dass es nicht zutreffend ist, dass im Einzelfall eines Beschäftigten dieser über drei Vertragskomponenten jeweils dieselben Aufgaben vergütet bekommen würde. Die abgeschlossene befristete Nebenabrede sei für das zusätzliche Projekt der kompletten Reorganisation aller ehemals dezentralen und in verschiedenen Geschäftsbereichten angesiedelten Einheiten dieses Bereiches erfolgt. Die Gewinnung des Beschäftigten für diese Aufgabe habe gegenüber einer sonst notwendigen Beauftragung von externen Beratungsunternehmen signifikante Minderausgaben ermöglicht. Diese Aufgabe habe darüber hinaus auch nichts mit der Leitung eines Geschäftsbereichs, in dem selbstverständlich als Leitungsaufgabe auch weiterhin organisatorische Optimierungen stattfinden sollen, zu tun. Das Projekt sei erfolgreich beendet worden, die (befristete) Nebenabrede daher auch bereits ausgelaufen. Die Beanstandung, dass die Umstrukturierung dieses Bereiches an eine Zielvereinbarung gekoppelt sei, wird zurückgewiesen. Die Vergütung des Vertrages ist in ein Fixum und in eine Variable aufgespaltet. Die erwähnte Vergütung enthält bereits die benannte Variable und wird nicht etwa diesem hinzugerechnet.

Es wird vom Vorstand der Charite erwartet, dass durch Nebenabreden keine doppelten Bezahlungen erfolgen und die Vertragspflichten deutlich von Nebenpflichten aus Gründen der Transparenz abgrenzbar sind.

Die Vorschriften des Reise- und Umzugskostenrechts sind einzuhalten.

Bezüglich der Freistellungsklausel wird die Auffassung des Vorstands der Charite, dass bei herausgehobenem Leitungspersonal nach den Verträgen der Beschäftigungsanspruch im Konfliktfall einseitig durch die Charite ausgeschlossen werden können muss, geteilt. Ob hiervon im Einzelfall Gebrauch gemacht wird oder andere wirtschaftlichere Lösungen gefunden werden können, ist in jedem Fall zu prüfen.

Zusammenfassend beanstandet der Rechnungshof, dass

· häufig Aufgabengebiete unbegründet, zum Teil mehrfach höher bewertet wurden, ohne dass höherwertige Aufgabenbereiche erkennbar waren,

· gleiche Aufgabengebiete unterschiedlich bewertet wurden,

· auf Antrag von Beschäftigten und Fachbereichen Bewertungsentscheidungen nach Wunsch getroffen wurden,

· Beschlüsse des Vorstands zu Eingruppierungen sowie zur Gewährung von tariflichen und übertariflichen Zulagen nicht oder nur unzureichend begründet waren,

· in den Kaufmännischen Leitungsbereichen der 17 Centren bei weitgehend identischen Aufgaben unterschiedliche Eingruppierungen vorgenommen wurden und

· für Überstunden ein doppelter Ausgleich gewährt wird.

Die aufgezeigten Mängel, die sich stets zugunsten der einzelnen Beschäftigten ausgewirkt haben, wiegen umso schwerer, als die Charite seit Jahren Verluste in zweistelliger Millionenhöhe erwirtschaftet.

Der Rechnungshof erwartet insbesondere, dass die Charite als juristische Person des öffentlichen Rechts mit erheblichem Zuschussbedarf aus dem Landeshaushalt

· ordnungsgemäße Stellenbewertungsverfahren anhand von Aufgabenkreisbeschreibungen, die sich ausschließlich an den tatsächlich wahrzunehmenden Aufgaben orientieren, unter Einhaltung der tariflichen Vorschriften durchführt,

· sachgerechte und einheitliche Vorgaben zur Zahlung von Zulagen entwickelt und anwendet,

· Überstundenpauschalen korrekt gewährt,

· zusätzliche Leistungen überprüft, kontrolliert und künftig nur noch unter Anlegung restriktiver Maßstäbe vereinbart und

· durch ihren Vorstand Beschlüsse, die den Beschäftigten finanzielle Vorteile bringen, nur unter Einhaltung der tariflichen Regelungen und Beachtung der wirtschaftlichen Lage fasst.

Zu T 236 und 237: Die Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung wird sich über die veranlassten Maßnahmen und Ergebnisse der Überprüfungen der Bewertungsfeststellungen informieren lassen.

2. Einnahmeausfälle in Millionenhöhe durch Gewährung von Freifahrten und Fahrpreisermäßigungen bei den Berliner Verkehrsbetrieben

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) gewähren ihren Beschäftigten und Pensionären Freifahrten sowie deren Ehegatten Fahrpreisermäßigungen, obwohl sie bereits im Jahr 2003 eine Reduzierung dieser Vergünstigungen zugesagt hatten. Im Jahr 2010 erhielten noch immer 19 918 Personen Freifahrten und 7 290 Personen Fahrpreisermäßigungen. Die daraus resultierenden Einnahmeausfälle betragen für die Jahre 1998 bis 2010 mehr als 100 Mio.. Der Rechnungshof hält dies für nicht vertretbar und erwartet, dass die BVG die Vergünstigungen abschaffen.

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) gewähren ihren Beschäftigten und Pensionären Freifahrten sowie deren Ehegatten bzw. Witwen und Witwern Fahrpreisermäßigungen. Der Rechnungshof hatte dies schon im Jahr 2003 beanstandet und zuletzt hierüber in seinem Jahresbericht 2004 (T 317 bis 323) berichtet. Angesichts der damit für die Jahre 1998 bis 2002 verbundenen Einnahmeausfälle von mehr als 73 Mio. hatte er die Erwartung geäußert, dass mit Ausnahme von nachweisbar dienstlichen Fahrten alle Vergünstigungen so schnell wie möglich entfallen.

Das Abgeordnetenhaus und der Senat (Plenarprotokoll 15/56 und Drs 15/3488) hatten die Auffassung des Rechnungshofs geteilt und gefordert, die Freifahrten und Fahrpreisermäßigungen abzubauen.

Zu T 238: Die BVG hat die Einnahmeausfälle für die Jahre 1998 bis 2002 mit Hilfe eines neuen Berechnungsmodells ermittelt, welches auch Grundlage für die Kalkulation der Einnahmeausfälle für den Zeitraum 2003 bis 2010 war. Danach ergeben sich Einnahmeausfälle aus der Gewährung von Freifahrten und Fahrpreisermäßigungen i.H.v. rund 4,5 Mio. Euro p. a. und damit für den Zeitraum 1998 bis 2002 i.H.v. rund 22,5 Mio. Euro. Somit ist festzustellen, dass die nunmehr berechneten Einnahmeausfälle erheblich unter dem vom Rechnungshof von Berlin ermittelten Wert i.H.v. rd. 73 Mio. Euro liegen. Für die Jahre 2003 bis 2010 wurden nach der gleichen Berechnungsmethode Einnahmeausfälle i.H.v. rund 28,4 Mio. Euro von der BVG ermittelt, so dass die BVG über den gesamten Zeitraum von Einnahmeausfällen i.H.v. rund 51 Mio. Euro ausgeht.

Der Rechnungshof unterstellt in seinen Berechnungen im ersten Betrachtungszeitraum, dass alle Kunden, die die ermäßigten Zeitkarten/Freifahrten nutzen, bei Wegfall der Vergünstigung entsprechende reguläre Zeitkarten nutzen würden. Dies berücksichtigt nicht ausreichend individuelle Nutzerverhalten und Preiselastizitäten.

Der Senat vertritt daher die Auffassung, dass die vom Rechnungshof berechneten Einnahmeausfälle ein denkbares Maximum von rund 73 Mio. Euro haben und die von der BVG benannten 51 Mio. Euro ein Minimalvolumen der Ausfälle darstellen.

Gleichwohl waren und sind sich der Rechnungshof, das Abgeordnetenhaus und der Senat einig, dass die Freifahrten und Fahrpreisermäßigungen spürbar abgebaut werden müssen und einen engen unmittelbaren dienstlichen Bezug zu den aktiv Beschäftigten aufweisen sollten.

Aufgrund steuerrechtlicher Änderungen haben die BVG im Dezember 2005 die Freifahrtberechtigungen neu geregelt.

Die Dienstausweise der BVG berechtigen seitdem nicht mehr zur Freifahrt. Aktiv Beschäftigte erhalten auf Antrag einen unentgeltlichen nicht übertragbaren (persönlichen) Fahrausweis, der zur Freifahrt - auch in der Freizeit - berechtigt und lohnsteuerrechtlich berücksichtigt wird. Für dienstliche Fahrten werden den Beschäftigten der BVG Dienstfahrausweise zur Verfügung gestellt. Die Beibehaltung der Freifahrtregelung für aktiv Beschäftigte begründen die BVG damit, dass bei deren Reduzierung bzw. Wegfall „eine umfangreichere Inanspruchnahme von Fahrausweisen für Dienstgänge absehbar" sei und die Identifikation mit dem Unternehmen geschwächt würde. Bei Bekanntwerden entsprechender Bestrebungen zum Wegfall der Vergünstigung sei mit erheblichem Unwillen und entsprechenden Forderungen bei Tarifverhandlungen zu rechnen. Die Freifahrtregelung würde die Attraktivität der BVG als Arbeitgeber erhöhen und die Anwesenheit der aktiv Beschäftigten in den Fahrzeugen zur Sicherheit beitragen. Den seit Mai 2010 neu eingestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der BVG wird der unentgeltliche persönliche Fahrausweis ausdrücklich als freiwillige Leistung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht gewährt.

Pensionäre der BVG erhalten derzeit nach mehr als fünfjähriger Dienstzeit einen für ein Jahr befristeten Fahrausweis, der auf Wunsch verlängert wird, bzw. nach zehnjähriger ununterbrochener Dienstzeit einen unbefristeten Fahrausweis. Auch diese Fahrausweise werden unentgeltlich ausgegeben und sind nicht übertragbar. Sie berechtigen zur Freifahrt im Tarifgebiet ABC. Die Beibehaltung der Freifahrtregelung für Pensionäre begründeten die BVG damit, dass diese in den letzten Jahren mehrmals Kürzungen der Ruhegeldbezüge hinnehmen mussten.

Ehegatten und eingetragene Lebenspartner aktiv Beschäftigter der BVG haben die Möglichkeit, einen ermäßigten persönlichen Fahrausweis zu besonderen Konditionen zu erwerben. Ehegatten mit eigenem Einkommen erhalten 50 v. H., Ehegatten ohne eigenes Einkommen 75 v. H. Ermäßigung auf den Preis einer Umweltkarte im Einzelverkauf für das gewählte Tarifgebiet.

Auch Pensionärsehegatten sowie Witwen und Witwer ehemaliger Beschäftigter der BVG haben die Möglichkeit, einen ermäßigten persönlichen Fahrausweis zu erwerben. Sie erhalten 50 v. H. Ermäßigung auf den Preis einer Umweltkarte im Einzelverkauf für das gewählte Tarifgebiet.

Zu T 239 bis 242: Es ist zu begrüßen, dass die BVG im Dezember 2005 die Freifahrtenberechtigung neu geregelt hat. Aktiv Beschäftigte erhalten auf Antrag einen unentgeltlichen nicht übertragbaren, persönlichen Fahrausweis, der zur Freifahrt berechtigt und lohnsteuerrechtlich berücksichtigt wird. Gleichwohl ist hier auch eine verschärfende Regelung durch Ausstellung von Dienstfahrausweisen denkbar. Sicherlich ist die Befürchtung der BVG nachvollziehbar, dass dadurch ein Imageschaden der BVG als Arbeitgeber zu befürchten ist, weil die Beschäftigten sich weniger mit „ihrem" Unternehmen identifizieren, aber andererseits werden auch in anderen öffentlichen Verkehrsunternehmen die Fahrtvergünstigungen (z. B. Deutsche Bahn (DB)) für Mitarbeiter/innen abgebaut oder an die Übernahme freiwilliger Sicherheitsaufgaben (Konzept) gekoppelt. Dies ist hier faktisch nicht der Fall.

Vor diesem Hintergrund ist die seit 2010 geltende Regelung für „Neu AktivBeschäftigte", die Regelung des unentgeltlichen Fahrausweises als freiwillige Leistung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, ein weiterer Schritt zur tendenziellen Kostensenkung, dennoch können hier sicher weitere Einsparpotenziale erreicht werden, z. B. durch die Einführung eines Eigenanteils.

Die Anzahl der durch Freifahrten und Fahrpreisermäßigungen Begünstigten hat sich laut BVG seit dem Jahr 2003 wie folgt entwickelt: