Tierhaltung im Sinne dieser Verordnung ist das Halten Beherbergen und Beaufsichtigen von Tieren für sich selbst oder für

4 Anlage: Verzeichnis gefährlicher Tiere wildlebender Arten Affen (Simiae): alle Arten ausgenommen Halbaffen (Prosimiae) und Krallenaffen (Callithricidae) Wildhunde (Canidae): alle Arten Bären (Ursidae): alle Arten Hyänen (Hyaenidae): alle Arten Wildkatzen (Felidae): alle Arten Schildkröten: - Schnappschildkröte (Chelydra serpentina)

- Geierschildkröte (Macrolemys temnickii) Panzerechsen (Crocodylia): - Krokodile (Crocodylidae)) alle

- Alligatoren und Kaimane (Alligatoridae)) Arten

- Gavial (Gavialis gangeticus) Schlangen: - Riesenschlangen (Boidae): - Pythons (Pythoninae)

- Boas (Boinae)

- Sandboas (Erycinae), die ausgewachsen eine Gesamtkörperlänge von mindestens 1,80 m erreichen können

- Giftnattern (Elapidae): alle Arten

- Vipern (Ottern) (Viperidae): alle Arten, inkl. der Grubenottern (Crotalidae)

- Seeschlangen (Hydrophiidae): alle Arten

- Trugnattern (Boigniae): alle Arten Echsen: - giftige Arten: Krustenechsen (Helodermatidae): alle Arten

- Warane (Varanidae): alle Arten, die ausgewachsen eine Gesamtkörperlänge (Körper-Rumpf-länge ohne Schwanz) von mindestens 50 cm erreichen können

- Leguane: - Kubaleguan (Cyclura nubila)

- Nashornleguan (Cyclura cornuta)

- Grüner Leguan (Inguana inguana) Giftige Frösche: - Pfeilgiftfrösche (Dendrobatidae) : alle Arten, nur Wildfänge Giftige Spinnen: - Phoneutria sp. (Kammspinne)

- Loxosceles sp. (Einsiedlerspinne)

- Atrax sp. (Trichter(netz)spinne, Funnel Web Spider)

- Vogelspinnen: nur Poecilotheria spec., Haplopelma lividum

- Schwarze Witwen (Latrodectus mactans)

- Red Back Spider (Latrodectus hasselti) Skorpione: alle Arten Hundertfüßer: Skolopender (Scolopendromorpha): alle Arten

- 5 A. Begründung:

a) Allgemeines:

Das Halten gefährlicher Tiere wildlebender Arten in Privathand stellt ein ernstzunehmendes, durch das enge Zusammenleben in der Großstadt noch gesteigertes Risiko für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar. Wildlebend sind alle Tierarten, die üblicherweise nicht in menschlicher Obhut gehalten werden. Als gefährlich sind vom Grundsatz her Tiere einzustufen, wenn der Umgang mit ihnen wegen der ihnen eigentümlichen Veranlagungen oder Verhaltensweisen zu Verletzungen oder Schäden führen kann.

Auf die spezifische Eigenschaft des einzelnen Tieres (Gezähmtheit, Alter, Größe) kommt es für die Begründung der Erlaubnispflicht nicht an.

Tierhaltung im Sinne dieser Verordnung ist das Halten, Beherbergen und Beaufsichtigen von Tieren für sich selbst oder für Dritte.

Nach § 121 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) in der Fassung vom 19. Februar 1987 (BGBl. I S. 602), zuletzt geändert durch Artikel 3 Abs. 6 des Gesetzes vom 12. Juli 2006 (BGBL. I S. 1466), wird als Zuwiderhandlung verfolgt, wenn jemand vorsätzlich oder fahrlässig ein gefährliches Tier einer wildlebenden Art sich frei umherbewegen lässt oder als verantwortliche Person für die Beaufsichtigung eines solchen Tieres es unterlässt, die nötigen Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, um Schäden durch das Tier zu verhüten.

Nach dieser Rechtslage ist es Halterinnen und Haltern gefährlicher Tiere einer wildlebenden Art selbst überlassen, die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. Die Verwaltungsbehörde wird grundsätzlich erst tätig, wenn durch ein gefährliches Tier einer wildlebenden Art Schäden oder Gefahren für die öffentliche Sicherheit entstanden sind, weil die zuständige Ordnungsbehörde vorher keine Kenntnis erhält, welche gefährlichen wilden Tiere unter welchen ­ evtl. ungenügenden ­ Vorsichtsmaßnahmen gehalten werden.

Derzeit bestehen Eingriffsmöglichkeiten in Form der Anordnung ordnungsbehördlicher Maßnahmen nach § 14 des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (ASOG Bln) in der Fassung vom 11. Oktober 2006 (GVBl. S. 930), im jeweiligen Einzelfall erst dann, wenn die Tierhaltung durch einen Zwischenfall bekannt geworden ist.

Überdies wird dem Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen durch § 121 OWiG nur in der Weise Genüge getan, als Tierhalterinnen und -halter ggf. mit einem Bußgeld belegt werden, wenn ihr Tier „verbotswidrig" in Erscheinung getreten ist. Dieser Ordnungswidrigkeitentatbestand reicht als Sanktionsnorm zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht aus.

Aus dieser Situation war erstmalig 1975 und zuletzt 1996 eine auf §§ 55, 57 und 58 ASOG Bln gestützte „Verordnung über das Halten gefährlicher Tiere wildlebender Arten" erlassen worden.

In Bremen, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Saarland und Bayern sind vergleichbare Rechtsvorschriften erlassen worden, die das Halten gefährlicher Tiere wildlebender Arten unter Erlaubnisvorbehalt stellen.

Die Berliner Verordnung war gemäß § 58 ASOG Bln auf 10 Jahre befristet und ist mit dem 31. Dezember 2005 außer Kraft getreten.

Nach Einschätzung nahezu aller zuständigen Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsämter der Bezirke hat sich die bisherige Berliner Verordnung grundsätzlich bewährt und sollte unbedingt wieder in Kraft gesetzt werden. Ein generelles Verbot der privaten Haltung derartiger Tiere, wie es u.a. bei Beratungen zu einem entsprechenden Antrag (Drs. 15/2995) im Berliner Abgeordnetenhaus diskutiert wurde, ist aufgrund der Gefahr zunehmend illegaler Tierhaltung und damit verbundener Gefährdung der Öffentlichkeit nicht sinnvoll. Ebenso wäre dann ein behördlicher Einfluss auf eine tierschutz- und sicherheitsgerechte Haltung nicht mehr möglich.

- 6 Verschiedene Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsämter haben auf Grund der beim Vollzug der o.g. Verordnung erworbenen Erfahrungen vorgeschlagen, in der neuen Verordnung Regelungen zur Sachkunde der Tierhalterinnen und ­halter ausdrücklich als Genehmigungsvoraussetzung aufzunehmen und die Liste der als gefährlich geltenden Tierarten zu überarbeiten. Weiterhin soll die Abgabe eines gefährlichen Tieres nur an Personen erlaubt sein, die bereits über eine Ausnahme verfügen.

Nach dem Außerkrafttreten der alten Verordnung zum 31. Dezember 2005 wird hiermit dem Anliegen der Vollzugsbehörden Rechnung tragend eine neue, verbesserte „Verordnung über das Halten gefährlicher Tiere wildlebender Arten" vorgelegt.

b) Einzelbegründung:

1. Zu § 1: Absatz 1:

Für das Halten gefährlicher Tiere wildlebender Arten, die in der Anlage abschließend aufgelistet sind, in Privathand wird ein grundsätzliches Verbot normiert.

Bei den als gefährlich klassifizierten Arten handelt es sich um solche, die in der Lage sind, dem Menschen oder anderen Tieren auf Grund ihrer Körperkräfte oder Giftigkeit, verbunden mit bestimmten natürlichen Verhaltensweisen, wie z. B. Beuteverhalten, Aggressivität und Wehrhaftigkeit, erhebliche Schäden zuzufügen. Durch die listenmäßige Aufzählung der betroffenen Tierarten wird die für die Vollzugsbehörden und die Rechtsunterworfenen notwendige Rechtsklarheit hergestellt.

Die Liste wurde um Tierarten wie z. B. bestimmte Arten von Schildkröten und giftigen Fröschen erweitert, die zum einen Menschen oder Tieren erhebliche Schäden zufügen können, zum anderen auch tatsächlich in relevantem Umfang gehalten werden. Bei bestimmten gelisteten Kategorien (Familie der Riesenschlangen und Familie der Warane) wird das Kriterium der Körpergröße zur Bewertung ihrer Gefährlichkeit eingeführt, da es innerhalb dieser Familien Arten gibt, die aufgrund ihrer geringen Körpergröße keine erhebliche Gefahr darstellen. Maßgeblich ist dabei die als ausgewachsenes Tier erreichte Körpergröße. Das bedeutet allerdings, dass bereits Jungtiere, die die aufgeführten Maße erst als ausgewachsene Tiere erreichen können, als gefährlich im Sinne der Verordnung anzusehen sind.

Die Verordnung regelt nur das Halten von Tieren durch Privatpersonen. Für das gewerbsmäßige Halten von Tieren (gewerbsmäßige Heimtierzucht, Zurschaustellen, Tierhandel, Reit- oder Fahrbetrieb und Tierpensionen) gilt nach dem Tierschutzgesetz der Bundesrepublik Deutschland in der Fassung vom 18. Mai 2006 (BGBl. I S. 1206, 1313) eine Erlaubnispflicht; diese Betriebe unterliegen überdies der behördlichen Überwachung. Insofern sind weitergehende Regelungen nicht erforderlich.

Absatz 2: Ausnahmen von dem grundsätzlichen Haltungsverbot nach Absatz 1 dürfen nur unter den hier genannten Voraussetzungen zugelassen werden.

Nur wenn sich die zuständige Behörde von der Zuverlässigkeit und Sachkunde der Halterin oder des Halters, der Gefahrenfreiheit und Tierschutzgerechtheit der Haltung überzeugt hat und bei Gifttieren die notwendigen Gegenmittel für den Fall eines Giftkontaktes bereitgehalten werden, darf eine Ausnahme in Betracht gezogen werden.

Bedenken gegen die Zuverlässigkeit einer Antragstellerin oder eines Antragstellers sind dann gegeben, wenn diese(r) nicht ausreichend Gewähr dafür bietet, für eine im öffentlichen und im Nachbarschaftsinteresse ordnungsgemäße und artgerechte Tierhaltung sorgen zu können. Zum Nachweis der Zuverlässigkeit und Eignung der Tierhalterin oder des Tierhalters kann die Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses verlangt werden.