Erstattung der notwendigen Aufwendungen gehörloser hörbehinderter und sprachbehinderter Eltern nicht gehörloser Kinder

Die Verordnung regelt die Erstattung der notwendigen Aufwendungen gehörloser, hörbehinderter und sprachbehinderter Eltern nicht gehörloser Kinder für die Kommunikation mit der Schule in deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere Kommunikationshilfen.

§ 2:

Anspruchsvoraussetzungen und Höhe des Erstattungsanspruches:

(1) Gehörlose, hörbehinderte und sprachbehinderte Eltern nicht gehörloser Kinder (Anspruchsberechtigte) haben zur gleichberechtigten Teilhabe an den schulischen Angelegenheiten ihres Kindes einen Anspruch auf die Erstattung der notwendigen Kosten für eine Gebärdensprachdolmetscherin oder einen Gebärdensprachdolmetscher, eine Kommunikationshelferin oder einen Kommunikationshelfer oder ein anderes geeignetes Kommunikationsmittel, soweit deren Einsatz erforderlich ist, um eine barrierefreie Kommunikation mit der Schule sicherzustellen.

(2) Der Aufwendungserstattungsanspruch setzt voraus, dass aufgrund der Hör- oder Sprachbehinderung eine Kommunikation mit der Schule ohne Kommunikationshilfe nicht möglich ist.

(3) Die Erstattung der Aufwendungen ist bei dem Bezirksamt des Bezirkes zu beantragen, in dessen Gebiet die Schule liegt.

(4) Erstattet werden insbesondere die Aufwendungen für Kommunikationshilfen für Elternabende und für Elterngespräche über alle das Kind direkt betreffenden, für den Bildungsgang wichtigen Themen, bei denen die mündliche Kommunikation der Eltern mit der Schulleitung sowie mit Lehrkräften erforderlich ist. Aufwendungen für mehr als drei Elternabende und einen themenbezogenen Elternabend im Schuljahr und für Elternabende von längerer Dauer als zwei Stunden sowie Aufwendungen für mehr als drei Elterngespräche im Schuljahr und für Elterngespräche von längerer Dauer als 30 Minuten werden nur erstattet, wenn die Schule die Erforderlichkeit der Kommunikation bestätigt.

(5) Als notwendige Aufwendungen werden ohne weiteren Nachweis der Erforderlichkeit der Höhe der Aufwendungen Honorare für Gebärdensprachdolmetscher erstattet, die den in Nummer 10 Abs. 1 der Verwaltungsvorschriften für Honorare im Bereich Sozialwesen vom 1. August 2006 (ABl. S. 3326) in der jeweils geltenden Fassung festgelegten Satz nicht überschreiten.

(6) Als notwendige Aufwendungen werden ohne weiteren Nachweis der Erforderlichkeit der Höhe der Aufwendungen Honorare für Gebärdensprachdolmetscher oder Kommunikationshelfer ohne nachgewiesene abgeschlossene Berufsausbildung für das ausgeübte Tätigkeitsfeld erstattet, die den in Abschnitt C Gruppe 1 der Anlage zu den Verwaltungsvorschriften für Honorare im Bereich Sozialwesen festgelegten Satz nicht überschreiten.

§ 3:

Inkrafttreten:

Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin in Kraft.

A. Begründung:

a) Allgemeines:

Durch die Novellierung des Landesgleichberechtigungsgesetzes vom 19. Juni 2006 wird der Senat ermächtigt, eine Rechtsverordnung zu erlassen, die die Voraussetzungen schafft, dass gehörlosen, hörbehinderten und sprachbehinderten Eltern nicht gehörloser Kinder die notwendigen Aufwendungen für die Kommunikation mit der Schule erstattet werden. Nicht gehörlose Kinder von hör- oder sprachbehinderten Eltern besuchen reguläre öffentliche oder private Schulen. Um die schulischen Belange der Kinder zu unterstützen sowie um bei Elternabenden teilnehmen zu können, ist für gehörlose Eltern die Inanspruchnahme eines Gebärdensprachdolmetschers oder einer Gebärdensprachdolmetscherin erforderlich. Die Kosten hierfür sind bisher von den Eltern selbst zu tragen. Bei einkommensschwachen Eltern besteht die Möglichkeit, dass diese Kosten aus den Mitteln der Eingliederungshilfe finanziert werden. Die Rechtsverordnung regelt einen einkommensunabhängigen Nachteilsausgleich, um eine reibungslose Kommunikation zwischen den Eltern und der Schule zu ermöglichen.

b) Einzelbegründung:

Zu §1: § 1 formuliert den Anwendungsbereich. Anspruch auf Leistungen nach dieser Verordnung haben gehörlose, hörbehinderte und sprachbehinderte Eltern (Anspruchsberechtigte) von hörenden Kindern. Eltern können sowohl die leiblichen Eltern sein als auch Adoptiv ­ oder Pflegeeltern, sofern diese erziehungsberechtigt sind. Ein leiblicher Elternteil, der nicht das Sorgerecht hat, gehört nicht in den Kreis der Berechtigten. Die Berechtigung auf die Erstattung der Kosten für eine geeignete Kommunikationshilfe entfällt nicht dadurch, dass lediglich ein Elternteil hör- oder sprachbehindert ist. Diese Definition der Berechtigung gewährt eine Gleichbehandlung von hör- oder sprachbehinderten und nicht hör- oder sprachbehinderten Eltern.

Die Verordnung gilt für hör- oder sprachbehinderte Eltern von gehörlosen Kindern an öffentlichen und privaten Schulen im Sinne des Schulgesetzes für das Land Berlin.

Zu §2: § 2 regelt Näheres zu den Anspruchsvoraussetzungen sowie zur Höhe des Erstattungsanspruches.

Aus Abs. 1 ergibt sich der grundsätzliche Anspruch der gehörlosen, hörbehinderten und sprachbehinderten Eltern nicht gehörloser Kinder, die Aufwendungen für die barrierefreie Kommunikation mit der Schule erstattet zu bekommen. Da der Anspruch sich ausschließlich auf eine Kostenerstattung erstreckt, haben die Anspruchsberechtigten den benötigten Gebärdensprachdolmetscher, die Gebärdensprachdolmetscherin, den Kommunikationshelfer oder die Kommunikationshelferin oder ein anderes geeignetes Kommunikationsmittel selbst zu organisieren. Kommunikationshelfer und Kommunikationsmittel sind Helfer und Mittel, insbesondere auch Schriftdolmetscherinnen und Schriftdolmetscher.

Bei gleichzeitiger Hör- oder Sprachbehinderung beider Eltern können nur die Kosten für eine Kommunikationshilfe erstattet werden.

Abs. 2 setzt als weitere Anspruchsvoraussetzung voraus, dass behinderungsbedingt (Hör- oder Sprachbehinderung) eine Kommunikation zwischen Eltern und Schule ohne Kommunikationshilfe nicht möglich ist.

Einschränkungen der sprachlichen Fähigkeit sind dabei Sprechstörungen, aufgrund derer die Person nicht in der Lage ist, die Sprachlaute korrekt und flüssig zu artikulieren (z.B. starkes Stottern). Abs. 3 regelt Näheres zum Erstattungsverfahren. Die Erstattung der notwendigen Aufwendungen für Kommunikationshilfen muss bei dem Bezirksamt beantragt werden, in dessen Gebiet die Schule liegt. Damit kann eine klare Zuordnung im Rahmen der Kosten und Leistungsrechnung erfolgen. Zudem hat die Schule auch die Möglichkeit, dem Bezirksamt die Termine für die Elternabende mitzuteilen.

Abs. 4 regelt Näheres dazu, bei welchen schulischen Anlässen eine Kostenerstattung erfolgt. Als notwendige Aufwendungen werden insbesondere Elternabende, erforderliche Einzelgespräche mit der Schulleitung oder den Lehrkörpern, sofern die Inhalte das Kind direkt betreffen, und offizielle Informationsveranstaltungen z. B. Wahl der 1.

Fremdsprache, Schulwechsel, schulische Abschlüsse, die den schulischen Werdegang des Kindes berühren, angesehen. Andere Anlässe wie z. B. Schulfeste, Weihnachtsfeiern und Tag der offenen Tür werden ohne weiteren Nachweis der Erforderlichkeit nicht als notwendige Aufwendungen anerkannt.