Absatz 2 regelt dass Hebammen und Entbindungspfleger ohne ärztliche

Wenn ärztliche Anweisungen im Geburtsverlauf gegen die anerkannten Regeln der Geburtshilfe verstoßen, dürfen Hebammen oder Entbindungspfleger diese nicht ausführen. Sie haben nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht, Bedenken gegen ärztliche Anordnungen oder Tätigkeiten zu erheben, wenn hiermit nach ihrer Überzeugung Gefahren für die Mutter oder das Kind verbunden sein können.

3. Zu § 3: Absatz 1 legt fest, dass Hebammen und Entbindungspfleger auch nicht verschreibungspflichtige (einschließlich homöopathische) Arzneimittel ohne ärztliche Verordnung verabreichen dürfen, wenn die Behandlung mit diesen Arzneimitteln dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand entspricht.

Absatz 2 regelt, dass Hebammen und Entbindungspfleger ohne ärztliche. Verordnung im Rahmen ihrer Berufsausübung bestimmte verschreibungspflichtige Arzneimittel anwenden und verabreichen dürfen. Der Gebrauch dieser Arzneimittel durch Hebammen und Entbindungspfleger ist von einem Selbstanordnungsrecht geprägt. Unter Vorlage der Urkunde über die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung.Hebamme" oder .Entbindungspfleger" können Hebammen und Entbindungspfleger verschreibungspflichtige Arzneimittel entsprechend der Arzneimittelverschreibungsverordnung in den Apotheken erwerben.

Absatz 3 legt fest, dass freiberuflich tätige Hebammen und Entbindungspfleger die für ihre Berufsausübung erforderlichen verschreibungspflichtigen Arzneimittel nach Absatz 2 zur Verfügung haben müssen.

4. Zu § 4: Hebammen und Entbindungspfleger unterliegen bei ihrer Tätigkeit den gesetzlichen Vorschriften zur Schweigepflicht des Strafgesetzbuches (§§ 203 f.) und zum Datenschutz. Sie sind zur Offenbarung befugt, wenn eine wirksame Einwilligung der betreuten Frau vorliegt (Schweigepflichtentbindung), wobei auch eine teilweise Entbindung der Schweigepflicht in Frage kommen kann, um z. B. Angehörigen Auskünfte erteilen zu dürfen. Die Entbindung von der Schweigepflicht besteht auch dann, wenn diese zum Schutz eines höherwertigen Rechtsguts erforderlich ist. Eine Offenbarung zum Schutz eines höherwertigen Rechtsgutes kann erforderlich sein, Wenn Gesundheit oder Leben Dritter gefährdet sind. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn die betreute Frau selbst Dritte gefährdet (z.B. Kindesmisshandlung, Kindesvernachlässigung). Offenbarungsbefugnisse bestehen ebenso bei der Übermittlung von Daten aufgrund gesetzlicher Aussage- und Anzeigepflichten (z.B. gegenüber den Krankenkassen).

5. Zu § 5:

Die schriftliche lückenlose Dokumentation sämtlicher Feststellungen und Maßnahmen bei Schwangeren, Gebärenden, Wöchnerinnen und Neugeborenen sowie der Anwendung von Arzneimitteln ist eine zwingende Notwendigkeit. Die Dokumentation muss so angelegt sein, dass sie auch nach Jahren nachvollziehbar ist. Die Dokumentation dient der Weiterbetreuung durch andere Hebammen und Entbindungspfleger und der Beweissicherung, z. B. wegen etwaiger Beh8ndlungsfehler.

Die Festlegung der zehnjährigen Aufbewahrungsfrist orientiert sich an den Regelungen in anderen Vorschriften zur Aufbewahrung von Patientenakten. Es ist davon auszuge-. hen, dass Schädigungen, die einen Zusammenhang mit dem Schwangerschaftsverlauf oder dem Geburtsvorgang haben könnten, spätestens bei Schuleintritt festgestellt wer10 den. Da die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre beträgt, ist eine Aufbewahrungsfrist von zehri Jahren ausreichend und erforderlich, um in möglichen Schadensersatzprozessen.dokumentieren zu können.

Absatz 3 regelt die Aufbewahrung der Unterlagen für den Fall der Aufgabe der freiberuflichen Tätigkeit. Wenn die Aufbewahrung der Dokumentationsunterlagen im Fall des Todes einer Hebamme oder eines Entbindungspflegers entsprechend den Bestimmungen nach Absatz 2 nicht möglich ist, ist es eine Obliegenheit der Erben der Hebamme oder des Entbindungspflegers, dafür Sorge zu tragen, dass die Unterlagen entsprechend dem Absatz 2 aufbewahrt werden. Die Erben, die nach dem Tod der Hebamme oder des Entbindungspflegers in den Besitz von den Dokumentationsunterlagen gekommen sind, sind nach dem Strafgesetzbuch, wie die Hebamme oder der Entbindungspfleger selbst, zur Verschwiegenheit verpflichtet.

Absatz 4 regelt, dass bei Dokumentation auf elektronischen Datenträgern die Sicherheit im Sinne einer Zugriffskontrolle, Speicherkontrolle, Übermittlungskontrolle sowie Benutzerkontrolle gewährleistet sein muss.

6. Zu § 6: Absatz 1 legt die Verpflichtung zur Kompetenzerhaltung fest, da eine kontinuierliche Fortbildung der Erweiterung und Aktualisierung des beruflichen Wissens dient. Damit wird Artikel 22 Buchstabe b der Richtlinie 2005/36/EG in nationales Recht umgesetzt.

Absatz 2 und 3 regeln den zeitlichen Mindestumfang und mögliche Inhalte der Maßnahmen zur beruflichen Kompetenzerhaltung und -weiterentwicklung. Fortbildungsveranstaltungen zu den in der Anlage aufgeführten Themen gelten als Maßnahmen im Sinn von Absatz 2 Satz 1. Den Hebammen und Entbindungspflegern steht eine breite Palette möglicher Kompetenz erhaltender Maßnahmen zur Verfügung. Es obliegt der Hebamme oder dem Entbindungspfleger entsprechend den beruflichen Anforderungen und ihrem individuellen Fortbildungsbedarf die passenden Fortbildungsmaßnahmen auszuwählen. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin kann in anlassbezogenen Fällen den Nachweis der Erfüllung der Fortbildungsverpflichtung verlangen. Eine regelhafte, in bestimmten Zeitintervallen obligatorische Nachweispflicht ist aufgrund des bürokratischen Aufwandes und der damit verbundenen Kosten nicht vorgesehen.

7. Zu § 7:

In dieser Vorschrift werden weitere Pflichten, die bei einer freiberuflichen Berufsausübung zu beachten sind, geregelt.

In Nummer 2 wird festgelegt, dass zur Regulierung von möglichen Schadensersatzansprüchen wegen etwaiger Behandlungsfehler Hebammen und Entbindungspfleger im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit, insbesondere in der außerklinischen Geburtshilfe, eine ausreichende leistungsbezogene Haftpflichtversicherung abschließen müs~ sen.

Nummer 3 ist erforderlich, um ausreichende und zuverlässige Aussagen über die Qualität der außerklinischen Geburtshilfe zu gewinnen. Die Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe eV. erfasst derzeit bundesweit zentral die Perinatalerhebungen der außerklinischen Geburten.

Die Bestimmungen der Nummern 4 und 5 sollen gewährleisten, dass den betreuten Frauen auch im Notfall eine Ansprechstelle bekannt ist.

Nummer 6 regelt die Kennzeichnung der Praxis.

Nummer 7 weist darauf hin, dass berufsunwürdige Werbung mit dem Berufsstand nicht vereinbar ist. Werbung muss berufsbezogene Informationen beinhalten. Es besteht das Irreführungsverbot, das Sachlichkeitsgebot und grundsätzlich eine Formwahlfreiheit, z. B. zwischen Praxisprospekten, Zeitungsanzeigen und Internetaktivitäten.

8. Zu § 8 Absatz 1 beruht auf § 14 Absatz 1 des Gesundheitsdienst-Gesetzes. Da eine Berufsordnung die vorrangigen Berufspflichten beinhaltet, wird auch dieses Erfordernis aufgenommen, obwohl die grundsätzliche Regelung im Gesundheitsdienst-Gesetz getroffen wurde.

Absatz 2 legt die Auskunftsverpflichtung fest, wenn eine betreute Schwangere, Gebärende, Wöchnerin oder ein Neugeborenes verstorben oder eine Totgeburt erfolgt ist. In diesen Fällen ist die Hebamme oder der Entbindungspfleger von der Schweigepflicht entbunden.

Sonstige Melde- und Anzeigepflichten ergeben sich für Hebammen und Entbindungspfleger z. B. aus dem Infektionsschutzgesetz, dem Personenstandsgesetz und dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (Pflichten zur Sicherung der Beratung Behinderter). Absatz 3 legt die Verpflichtung fest, dass freiberuflich tätige Hebammen und Entbindungspfleger für medizinalstatistische Zwecke Auskünfte erteilen müssen.

9. Zu § 9:

Diese Vorschrift ist erforderlich, um der Einhaltung der Berufspflichten Nachdruck und eine gewisse Verbindlichkeit zu geben. Bei vorsätzlichem oder fahrlässigem Handeln ist von der zuständigen Behörde (Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin) ein Verfahren einzuleiten, in dem zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen zum Führen der Berufsbezeichnung noch vorliegen. Die zuständige Behörde hat dabei im Interesse der Gesundheit der Schwangeren sowie von Mutter und Kind strenge Maßstäbe anzulegen.

10. Zu § 10:

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten dieser Verordnung und das gleichzeitige Außerkrafttreten der Berufsordnung für Hebammen und Entbindungspfleger vom 26. November 1989.