Die Abweichungen der Abgrenzung des künftigen Sanierungsgebietes Turmstraße vgl

Substanzschwäche

Zu den Merkmalen einer Funktionsschwäche kommen - in weniger starker Ausprägung - Gegebenheiten, die ein Sanierungsverfahren aufgrund der Substanzschwäche rechtfertigen (§ 136 Absatz 3 Nummer 1 BauGB). Hierzu gehören Einzelfälle, in denen durch das Maß der Grundstücksüberbauung oder die bauliche Beschaffenheit der Gebäude (umfassender Modernisierungs- und Instandsetzungsbedarf) die Wohn- und Arbeitsverhältnisse beeinträchtigt sind (§ 136 Absatz 3 Nummer 1 a und b BauGB). Problematisch ist darüber hinaus die mangelnde bzw. ungeordnete bauliche Ausnutzung von Grundstücken in mehreren Blöcken nördlich der Turmstraße (§ 136 Absatz 3 Nummer 1e BauGB).

Begründung zur räumlichen Abgrenzung eines Stadterneuerungsgebietes, Wahl des Sanierungsverfahrens Gebietsabgrenzung Gegenüber dem Gebiet der Vorbereitenden Untersuchungen sind Veränderungen sinnvoll.

Die Abweichungen der Abgrenzung des künftigen Sanierungsgebietes Turmstraße (vgl. Karte: Abgrenzung Sanierungsgebiet Turmstraße) werden wie folgt begründet:

Die Gebietskulisse der Vorbereitenden Untersuchungen durchschneidet teilweise Grundstücke (die Festsetzung eines Sanierungsgebietes muss grundstücksscharf erfolgen, § 143 Absatz 2 Satz 1 BauGB). Aus diesem Grund ist die Gebietsabgrenzung an den Grundstückszuschnitten zu orientieren. Dieses gilt besonders für die Blöcke 62 und 63 (Standorte des zu entwickelnden Schultheiss-Areals und des Gesundheitszentrums Moabit). Aufgrund der Bedeutung dieser Grundstücke für die Entwicklung des Stadtteilzentrums sollten sie vollständig in das Sanierungsverfahren einbezogen werden.

Im Osten wird die Erweiterung der Gebietsabgrenzung bis zur Rathenower Straße vorgeschlagen (Blöcke 64, 65, 67, 68). Diese Erweiterung ist zweckmäßig, weil sich dort Altbauten befinden, die aufgrund ihres Baualters und des energetischen Ausstattungsstandards der 80er Jahre einen erheblichen Erneuerungsbedarf aufweisen. Darüber hinaus betreffen einzelne, im Entwicklungskonzept vorgeschlagene Maßnahmen (Prüfung einer zusätzlichen Durchwegung des Gesundheitszentrums Moabit, Grün- und Radwegeverbindung zum Döberitzer Grünzug/Fritz-Schloss-Park) dieses Gebiet unmittelbar.

Im Westen wird die Einbeziehung des gesamten Blocks 48 vorgeschlagen, um die Realisierung einer Blockdurchwegung zu fördern. Diese könnte das mit Grünflächen unterversorgte Quartier westlich der Beusselstraße besser an den wichtigen, verkehrsberuhigten und begrünten Straßenraum der Waldstraße anbinden. Weiter westlich schließt die Blockdurchwegung des Blocks 46 zwischen Berlichingen- und Rostocker Straße an. Hier befinden sich bereits neu geschaffene, gebietsversorgende Angebote für Kinder und Jugendliche. Diese sind durch die als Barriere wirkende in Nord-Süd-Ausrichtung langgezogenen Blöcke 47 (Teilblock der Förderkulisse „Aktive Stadtzentren") und 48 stark isoliert und könnten mittels Durchwegung eine sehr viel bessere Erreichbarkeit erhalten.

In den Blöcken südlich der Straße Alt-Moabit wurde im Rahmen der Vorbereitenden Untersuchung nur an den straßenbegleitenden Grundstücken Funktionsschwächen und ein besonderer Handlungsbedarf festgestellt, so dass nur deren Einbeziehung in das Sanierungsverfahren erforderlich erscheint. Bei diesen direkt an der Straße Alt-Moabit gelegenen Grundstücken ist im Zuge einer positiven Entwicklung des Ortsteilzentrums Turmstraße während des Sanierungsverfahrens eine sanierungsbedingte Bodenwertsteigerungen zu erwarten.

Die Blockhälften des Untersuchungsgebietes Turmstraße 46, 47 und der Block 77, westlich der Beusselstraße, können im Rahmen der Programmkulisse „Aktive Zentren" ohne den Einsatz des besonderen Städterechts entwickelt werden. Gleichzeitig sollen die Steuerungsmöglichkeiten der Programme Soziale Stadt (Quartiersmanagementgebiet Moabit-West) und Stadtumbau West (Heidestraße) genutzt werden.

Sanierungsverfahren

Die Umsetzung des integrierten Entwicklungs- und Maßnahmenkonzeptes soll im zukünftigen Sanierungsgebiet Turmstraße östlich der Beusselstraße im umfassenden Verfahren durchgeführt werden.

Die nachfolgend benannten sanierungsrechtlichen Instrumente sind zur Unterstützung bei der Umsetzung dieses Konzeptes zweckmäßig:

- Genehmigungsvorbehalte (§§ 144, 145 BauGB) zur Feinsteuerung von Schlüsselgrundstücken Charakteristisch für das untersuchte Gebiet sind die im gesamten Areal verteilten Bereiche mit Entwicklungspotenzialen, Handlungs- und z. T. Neuordnungsbedarf und insbesondere der drohende Funktionsverlust des Ortsteilzentrums Turmstraße mit seinen Wechselwirkungen für die angrenzenden Nutzungen. Die weiter zu konkretisierende Planung und Durchführung des Entwicklungskonzeptes ist unter Einsatz der sanierungsrechtlichen Genehmigungsvorbehalte (§§ 144, 145 BauGB) zur Feinsteuerung der Gebiets- und Grundstücksentwicklung zweckmäßig. Ebenso sind die Vorschriften des § 144 Absatz 2 Nummer 1 - 5 BauGB zur rechtsgeschäftlichen Veräußerung eines Grundstücks und die Bestellung und Veräußerung eines Erbbaurechts, die Bestellung eines das Grundstück belastenden Rechts, schuldnerische Verträge, Begründung, Änderung oder Aufhebung einer Baulast und Teilungen eines Grundstücks für die Sanierungsdurchführung erforderlich.

Im Verlauf des Sanierungsverfahrens sollte geprüft werden, ob durch Anwendung des § 144 Absatz 3 BauGB („Vorwegnahme einer Genehmigung") in Bezug auf einzelne, die Gebietsentwicklung nicht beeinträchtigenden, zu genehmigende Sachverhalte eine Verfahrenserleichterungen und damit eine Verminderung des Verwaltungsaufwandes zweckmäßig sind.

Kaufpreisprüfung (§ 153 Absatz 2 BauGB) zur Dämpfung spekulativer Entwicklungen

Von der Realisierung der Schlüsselprojekte auf Privatgrundstücken (z. B. SchultheissAreal, Hertie- und Woolworth-Standorte) können positive Impulse für das Ortsteilzentrum ausgehen, die in Verbindung mit den Maßnahmen im öffentlichen Raum umfangreiche Folgeinvestitionen auf weiteren Privatgrundstücken auslösen können. Das Preisprüfinstrumentarium des Sanierungsrechts (§ 153 Absatz 2 BauGB) ist geeignet, um bei beginnender positiver Entwicklung eine übersteigerte Grundstückspreisentwicklung zu dämpfen.

Abschöpfung sanierungsbedingter Bodenwertsteigerungen (§ 154 BauGB) zur Refinanzierung

Die Entwicklung des Ortsteilzentrums soll wesentlich durch Investitionen des Landes Berlin initiiert bzw. unterstützt werden. Eine Abschöpfung der hierdurch zu erwartenden sanierungsbedingter Bodenwertsteigerungen (§ 154, 155 BauGB) ist gerechtfertigt. Im Sanierungsverlauf vereinnahmte Ausgleichsbeträge können darüber hinaus zur Finanzierung von Maßnahmen im Gebiet selbst eingesetzt werden.

Ausschluss der Anwendung des Straßenausbaubeitragsgesetzes als Verfahrenserleichterung Vorgesehene öffentliche Investitionen in den Straßenräumen erfordern die Anwendung des Straßenausbaubeitragsgesetzes (StrABG). Das damit erforderliche Verfahren, das zu der ohnehin zweckmäßigen und erforderlichen Beteiligung der allgemeinen Öffentlichkeit hinzutritt, kann zu erheblichen Verzögerungen bei der Realisierung der im Entwicklungskonzept vorgesehenen Maßnahmen führen. Bei der Durchführung der Straßenbaumaßnahmen im Rahmen eines umfassenden Sanierungsverfahrens entfällt hingegen aufgrund des § 154 Absatz 1 Satz 3 BauGB (s. o.) die Anwendung des Straßenausbaubeitragsgesetzes.

Steuerabschreibung gemäß § 7h Einkommensteuergesetz (EStG) als Investitionsanreiz

Die Erfahrung in anderen Sanierungsgebieten hat gezeigt, dass die Möglichkeit der steuerlichen Abschreibung der Modernisierung und Instandsetzung einen wesentlichen Investitionsanreiz dargestellt hat. Mit der Festlegung eines Sanierungsgebietes im Bereich

Turmstraße gilt § 7h EStG, der Investitionen in die notwendige energetische Erneuerung der Gebäudesubstanz auf Privatgrundstücken im Gebiet initiieren kann. Für den Gebäudebestand entlang der Turmstraße kann dieser Anreiz für private Investitionen in die dortigen Objekte zu einer Aufwertung des Stadtbildes und zu einer Attraktivitätssteigerung der Geschäftsstraße führen.

Anwendbarkeit des § 180 (Sozialplanverfahren) und § 181 BauGB (Härteausgleich) in Einzelfällen Umfassender Sanierungsbedarf im Altbaubestand (in Einzelfällen) und energetischer Sanierungsbedarf bei zahlreichen Neubauobjekten (Baualtersklassen 1946 - 1974) können nach Baudurchführung zu erheblichen Mietsteigerungen führen, so dass begleitende Maßnahmen zur sozialverträglichen Durchführung der Sanierung zweckmäßig sind. Mit den Instrumenten des Sozialplanverfahrens und des Härteausgleichs gemäß der §§ 180, 181 BauGB können negative Folgen der Sanierungsdurchführung für die Bewohnerinnen und Bewohner gemildert bzw. ausgeschlossen werden. Zur Entwicklung und Stabilisierung des Stadtteilzentrums kann darüber hinaus die Anwendung des Sozialplanverfahrens auch für ansässige Gewerbetreibende zweckmäßig werden. Die hierfür erforderlichen Voraussetzungen sind im weiteren Verfahren näher zu bestimmen.

Durchführung von Ordnungsmaßnahmen als Anreiz/kleinteiliges Steuerungsinstrument

Auf den Wohngrundstücken sind vielfach Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes (Entsiegelung, Hofbegrünung) erforderlich. Die Bereitstellung von Ordnungsmaßnahmenmitteln für Entsiegelungsmaßnahmen kann einen Anstoß für Eigentümer und Eigentümerinnen darstellen, in das Wohnumfeld auf den Privatgrundstücken zu investieren.

Ebenso kann durch das Angebot von Ordnungsmaßnahmemitteln eine bauliche Entwicklung auf den zurzeit untergenutzten Grundstücken initiiert werden. Alternativ zur Erstattung von Ordnungsmaßnahmenkosten kann Eigentümer und Eigentümerinnen auch die Anrechnung dieser Kosten auf den Ausgleichsbetrag angeboten werden (§ 155 Absatz 1 Nummer 2 BauGB).

Einschätzung der privaten Mitwirkungsbereitschaft

Im November 2009 wurde für das Gebiet der Vorbereitenden Untersuchungen die Wahl einer Stadtteilvertretung durchgeführt. Die hohe Zahl der gewählten Vertreter und Vertreterinnen (33) verdeutlicht, dass das Interesse und die Bereitschaft zur Mitwirkung an der Gebietsentwicklung groß sind.

Schwieriger als die Aktivierung der Gebietsbevölkerung stellt sich die Einbeziehung der Gewerbetreibenden dar. In den Jahren 2008/2009 wurden insgesamt vier Veranstaltungen für Gewerbetreibende durchgeführt. Die Zahl der Anwesenden lag in der Regel bei 10 bis 20

Personen, wobei jedoch nur in Einzelfällen eine Kontinuität in der Teilnahme feststellbar war.

Von der bereits langjährig im Gebiet tätigen Interessengemeinschaft der Gewerbetreibenden (IG „Wir für die Turmstraße") sind ebenfalls bisher nur einzelne Akteure und Akteurinnen in Erscheinung getreten. Die Einbeziehung der Gewerbetreibenden in den Prozess der Gebietsentwicklung bleibt wichtige Aufgabe der Sanierungsdurchführung bzw. Umsetzung des Programms „Aktive Stadtzentren".

Die Gruppe der Eigentümer und Eigentümerinnen als wichtige Akteure und Akteurinnen im Gebiet konnte bisher nur unzureichend einbezogen werden. In Vorbereitung der Wahl der Stadtteilvertretung wurden alle Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümer angeschrieben und auf die Möglichkeit einer Kandidatur aufmerksam gemacht, Rückäußerungen erfolgten jedoch nicht, die diesbezüglichen Bemühungen sind in der Folgezeit zu intensivieren.

Gleiches gilt für die Bewohnerinnen und Bewohner und Gewerbetreibenden mit Migrationshintergrund, die verstärkt aktiviert und einbezogen werden sollten.