Schwarzarbeit in Hamburg

Die Problematik der Schattenwirtschaft nimmt immer dramatischere Formen an. Während die Konjunktur im dritten Quartal 2002 stagniert, boomt nach Aussagen von Experten die Schattenwirtschaft. Die damit verbundenen Steuerausfälle und sinkenden Einnahmen der Sozialkassen sind in Zeiten der Staatsverschuldung und der finanziellen Situation der sozialen Sicherungssysteme als höchst problematisch anzusehen.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat.

Erscheinungsformen der illegalen Beschäftigung sind unter anderem Schwarzarbeit im Sinne des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (nicht angemeldete Gewerbe- bzw. unberechtigte Handwerksausübung; sowie Erwerbstätigkeit eines Sozialleistungsempfängers unter Verletzung seiner Mitteilungspflicht), eine Vielzahl von Arbeitsmarktdelikten (illegale Ausländerbeschäftigung, illegale Arbeitnehmerüberlassung, Leistungsmissbrauch zum Nachteil der Sozialversicherungsträger) oder die Nichtbeachtung von Steuergesetzen (z.B. Steuerhinterziehung).

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt.

1. Wie viele Fälle von Schwarzarbeit wurden den Behörden im Jahre 2001 und in den ersten drei Quartalen dieses Jahres bekannt?

Beim Arbeitsamt Hamburg wurden im Jahre 2001 insgesamt 6894 Verfahren, in der Zeit vom 1. Januar 2002 bis 30. September 2002 insgesamt 3661 Verfahren nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz eingeleitet. Wegen Verdachts einer Straftat wurden in 2001 weitere 2005 Fälle und vom 1. Januar 2002 bis 30. September 2002 weitere 1501 Fälle an die Staatsanwaltschaft abgegeben.

Der Zentralen Schwarzarbeitsbekämpfung (ZLS) des Bezirksamtes Hamburg-Mitte wurden im Jahr 2001 342 Fälle und in den ersten drei Quartalen 2002 582 Fälle von Schwarzarbeit nach dem Schwarzarbeitsgesetz bekannt.

Die Polizei hat im Jahre 2001 2303 Straftaten, die im Zusammenhang mit illegaler Beschäftigung stehen, registriert. Die Zahl basiert auf einer dienststelleninternen Erhebung, deren Validität nicht mit der der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) vergleichbar ist.

2. Wie sieht die Aufschlüsselung nach Branchen in diesen Fällen aus? Wahlperiode

3. Wie hoch ist der Anteil der Bezieher von Arbeitslosenhilfe und wie hoch ist der Anteil der Sozialhilfeempfänger unter den bekannt gewordenen Fällen?

Das Arbeitsamt Hamburg erfasst die Verdachtsfälle für Arbeitslosenhilfe-Empfänger nicht gesondert und auch der Behörde für Soziales und Familie liegen keine validen Zahlen für den abgefragten Zeitraum vor.

4. Welche Staatsangehörigkeit haben die betroffenen Personen?

a) Wenn es sich um ausländische Mitbürger handelt, wie hoch ist die Quote der illegalen Arbeiter ohne Arbeitserlaubnis?

5. Wie hoch ist der Anteil der Arbeitslosen unter den betroffenen Personen?

a) Wie hoch ist der Anteil der Geringqualifizierten unter den betroffenen Personen?

b) Wie hoch ist der Anteil gering qualifizierter Arbeitsloser unter den betroffenen Personen?

Die Verfolgungsbehörden erfassen diese Daten statistisch nicht.

6. Wie hoch schätzt der Senat die mit der Schattenwirtschaft verbundenen Verluste im Jahr 2001 und in den ersten drei Quartalen diesen Jahres?

Es liegt im Wesen der Schwarzarbeit, dass sie sich weitgehend einer statistischen Erfassung verschließt. Der Umfang der Schattenwirtschaft ist von Wissenschaftlern mit verschiedenen Methoden und Verfahren analysiert worden (so z. B. von Professor Friedrich Schneider geschätzt mit 16 Prozent am Bruttoinlandsprodukt der Bundesrepublik Deutschland; dies wären für den Bereich der Schattenwirtschaft im Jahre 2001 rund 329,8 Milliarden Euro). Angesichts der Tatsache, dass es keine allgemeinen gesicherten Berechnungsmethoden gibt, haben die zuständigen Behörden keine eigenen Schätzungen vorgenommen.

7. Wie beurteilt der Senat den Ansatz der Förderung eines Niedriglohnsektors bzw. der Beschäftigung von Geringqualifizierten zur Eindämmung der Schwarzarbeit?

8. Stimmt der Senat der Aussage zu, steuerliche Entlastung und Senkung der Sozialbeiträge, also die Reduzierung der Krankenversicherungs- und Rentenbeiträge, seien der Königsweg aus der Schattenwirtschaft?

9. Welche Wege verfolgt der Senat, um Schwarzarbeit unattraktiv zu machen und diese in legale Arbeitsverhältnisse zu überführen?

Zur Eindämmung der Schattenwirtschaft sind verschiedene wirtschaftspolitische, steuerentlastende, repressive und präventive Maßnahmen notwendig. Eine der Hauptursachen für Schwarzarbeit ist die große Spanne zwischen den Bruttokosten einer Arbeitsstunde und dem daraus erzielbaren Nettolohn.

Wachsende Sozialversicherungsabgaben der Arbeitgeber und Arbeitnehmer ­ unter anderem bedingt durch die hohe Arbeitslosigkeit, den demographischen Wandel sowie Finanzierungslasten als Folge der Deutschen Einheit ­ haben maßgeblich dazu beigetragen.

Der Senat hat im Rahmen des „Hamburger Verzahnungsmodells" die Zusammenarbeit der Kontrollund Verfolgungsbehörden auf Landes- und Bundesebene zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung verbessert.

Darüber hinaus ist die Förderung eines Niedriglohnsektors und die Beschäftigung von Geringqualifizierten dann geeignet, Schwarzarbeit abzubauen, wenn ­ wie z. B. beim Hamburger Modell ­ die Differenz zwischen Brutto- und Nettolohn verringert und damit das Arbeitsverhältnis für Arbeitgeber und Arbeitnehmer wieder „rentabel" wird.

Ähnlich positive Auswirkungen hätte auch die vom Senat befürwortete Einführung von Mini-Jobs, soweit sie sich nicht ­ wie von der Bundesregierung geplant ­ nur auf reine Haushaltsdienstleistungen beziehen.