Bei allen vier Baumaßnahmen hat die Universität die o a VV nicht beachtet
798 Die Abwicklung der Bauaufträge besteht aus folgenden Schritten:
· Leistungsverzeichnisse erstellen,
· Angebote einholen und werten,
· Aufträge erteilen,
· Bauausführung überwachen,
· Bauleistungen abnehmen und
· Arbeiten abrechnen.
Verschiedene Organisationseinheiten oder zumindest mehrere Beschäftigte sollen diese Verfahrensschritte durchführen. Konsequent angewandt erschwert dies korruptes Verhalten, weil sich so die Gefahr der Entdeckung erhöht.
Bei allen vier Baumaßnahmen hat die Universität die o. a. VV nicht beachtet. So hat sie insbesondere Planung und Bauleitung nicht wie erforderlich organisatorisch vom Vergabeverfahren getrennt. Ferner hat es die Universität regelmäßig versäumt, die Vergaben begleitend in vorgeschriebenen Vergabevermerken zu dokumentieren.
Unzulässige freihändige und mündliche Vergaben
Die Universität hat ohne Ausschreibungen Bauaufträge freihändig vergeben. Dabei hat sie gegen das Vergaberecht verstoßen. Sie hat nicht geprüft, ob die Preise angemessen sind, bevor sie die Aufträge erteilt hat. Viele Aufträge hat die Universität mündlich erteilt, sodass zu diesem Zeitpunkt weder die Preise je Leistungseinheit noch Vertragsbedingungen festgelegen haben. Zudem hat sie auch bei schriftlicher Auftragsvergabe versäumt, mit den bauausführenden Firmen die Vergabeund Vertragsordnung für Bauleistungen zu vereinbaren.
3 Hörsaalgestühl im Zentralbereich erneuert 802 Aufgrund von Mängeln sollte 2004 das Gestühl im großen und kleinen Hörsaal im Zentralbereich der Universität ausgewechselt werden. Der Rechnungshof berichtet nachstehend an diesem Beispiel, wie unzureichend die Universität Baumaßnahmen abwickelt.
Architektenleistung fehlerhaft beauftragt
Die Bauabteilung der Universität hat einen Architekten mit den Leistungen für Planung und Bauleitung beauftragt. Dabei hat sie es versäumt, den Architekten vor Aufnahme seiner Tätigkeit auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten zu verpflichten.
Private, die für einen öffentlichen Auftraggeber z. B. Planungsleistungen erbringen, sollen gemäß VV zur Vermeidung und Bekämpfung der Korruption entsprechend verpflichtet werden. Nur wenn sie sich verpflichtet haben, sind die Privaten Amtsträgern gleichgestellt und können z. B. wegen Bestechlichkeit und Vorteilsnahme strafrechtlich verfolgt werden.
Ferner hat die Universität mit dem Architekten einen Vertrag geschlossen, in dem die von ihm zu erbringenden Leistungen nicht detailliert, sondern nur pauschal beschrieben worden sind. Das vom Bauressort entwickelte Muster für entsprechende Architektenverträge hat die Universität nicht genutzt. In diesem Vertragsmuster ist genau beschrieben, welche Leistungen der Architekt zu erbringen hat und welche Vergütung er dafür erhält. Darüber hinaus enthält das Vertragsmuster u. a. eine Liste der bei öffentlichen Bauten zu beachtenden Vorschriften, Regelungen zu Qualitäten und Terminen und über eine abzuschließende Berufshaftpflichtversicherung. Das Bauressort passt das Vertragsmuster ständig der aktuellen Gesetzgebung und der jüngsten Rechtsprechung an und stellt es im Internet zur Verfügung. Hätte die Universität das Vertragsmuster genutzt, würden alle diese Regelungen im Architektenvertrag nicht fehlen.
Die Universität hat nicht darauf hingewirkt, dass der Architekt seine Leistung lückenlos dokumentiert. Daher hat die Universität dem Rechnungshof keine aussagefähige Gegenüberstellung der erbrachten und der bezahlten Architektenleistung vorlegen können. Aufgrund unvollständiger Unterlagen konnte die Universität die Schlussrechnung des Architekten nicht prüfen. Dennoch hat sie bestätigt, dass die Schlussrechnung richtig sei und dem Architekten den geforderten Restbetrag bezahlt.
Die Ausführungsplanung für das Hörsaalgestühl war einerseits Bestandteil des Architektenvertrages. Andererseits hat der Architekt die Ausführungsplanung auch in die Ausschreibung der Bau- und Lieferleistungen für das Gestühl aufgenommen.
Er hat die Firma damit beauftragt, die das Gestühl liefern und einbauen sollte.
Aufgrund unzureichender Dokumentation hat die Universität nicht mehr nachvollziehen können, ob Teile der Ausführungsplanung doppelt beauftragt worden waren und sie diese doppelt bezahlt hat.
Die Universität hat versichert, alle Leistungen seien erbracht worden und der verantwortliche Bauleiter habe die Rechnung des Architekten auf Plausibilität geprüft.
Zu einer Doppelzahlung sei es aus ihrer Sicht nicht gekommen.
Einen Nachweis über eine nachträgliche Vertragsänderung mit der Baufirma hat die Universität aber nicht erbracht. Ebenso fehlt ein Nachweis, dass sich die vereinbarten Preise eines der Auftragnehmer durch Wegfall der Leistung verringert hätten. Es gibt folglich keinen Beleg, wie die Universität mit der Doppelbeauftragung umgegangen und die Doppelzahlung vermieden haben will.
Maßnahme mangelhaft geplant
Der Architekt hat zunächst eine Kostenberechnung erstellt, in der er die Baukosten mit 273 T angegeben hat. Ab einer voraussichtlichen Bausumme von 250 T ist gemäß RLBau eine Haushaltsunterlage Bau (HU-Bau) mit Planung und Erläuterungsbericht zwingend aufzustellen. Eine Ausnahmeregelung sieht die RLBau nur für den Fall vor, dass durch eine spätere Veranschlagung der Mittel Nachteile entstehen würden.
Eine HU-Bau hat die Universität nicht aufgestellt. Eine der Ausnahmeregelung entsprechende Begründung hat sie dafür nicht angeführt. Das Wissenschafts- und das Bauressort haben den Verzicht auf eine HU-Bau akzeptiert. So hat es weder zum Zeitpunkt der Veranschlagung der Maßnahme detaillierte Planungsunterlagen gegeben noch später. Die Verwaltung hat dies mit zunehmendem Termindruck begründet: Sie wollte für die Erneuerung des Hörsaalgestühls die vorlesungsfreie Zeit nutzen.
Warum sie mit der Planung der Maßnahme nicht erheblich eher begonnen hat, begründete die Verwaltung nicht. Bei frühzeitigem Planungsbeginn wäre Zeit für die zu erstellende HU-Bau vorhanden gewesen, und die Bauarbeiten hätten in der vorlesungsfreien Zeit stattfinden können.
4 Stellungnahme der Universität
Die Universität hat zugesichert, sie werde die Vorschriften künftig einhalten. Sie beabsichtige, ihre Beschäftigten hinsichtlich der bestimmungsgemäßen Durchführung von Baumaßnahmen verstärkt zu schulen. Die dem Dezernat Technischer Betrieb/Bauangelegenheiten obliegenden Vergabeverfahren hat die Universität den Verfahrensvorschriften entsprechend neu geregelt.
Bau, Finanzen und Wirtschaft Wertgrenzen bei Bauvergaben
Um beschränkte Ausschreibungen zu erleichtern, hat das Wirtschaftsressort Wertgrenzen für die Vergabe von Bauleistungen eingeführt. Dabei hat es die Höhe dieser Grenzen nicht anhand von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen festgelegt.
1 Bauleistungen grundsätzlich öffentlich ausschreiben 814 In der LHO ist vorgeschrieben, dass die Verwaltung Verträge über Lieferungen und Leistungen grundsätzlich erst nach einer öffentlichen Ausschreibung abschließen darf. Mit dieser Regelung soll erreicht werden, dass die öffentliche Hand bei ihren Ausschreibungen
· möglichst günstige Angebotspreise erzielt,
· vielfältige Änderungsvorschläge und Nebenangebote erhält,
· den Wettbewerb unter den privaten Unternehmen fördert und
· Korruption vorbeugt.
Ausnahmsweise lässt die Vergabe- und Vertragsordnung auch eine beschränkte Ausschreibung zu. Dabei fordert die öffentliche Verwaltung einen begrenzten Kreis privater Unternehmen auf, ihr für konkret bezeichnete Bauleistungen ein Angebot zu unterbreiten. Dieses Verfahren ist nach § 55 LHO nur zulässig, wenn die Eigenart der Leistungen oder besondere Umstände es rechtfertigen, von der öffentlichen Ausschreibung abzuweichen.
Bauleistungen öffentlich auszuschreiben, kann im Einzelfall für den Auftraggeber und die Bewerber einen so hohen Aufwand verursachen, dass der zu erreichende Vorteil oder der Wert der Leistung in einem Missverhältnis zum Aufwand stehen würde. Die beschränkte Ausschreibung führt i. d. R. zu
· niedrigeren Aufwendungen der öffentlichen Verwaltung für die Ausschreibung,
· höheren Preisen für den Auftraggeber,
· größeren Chancen des Bieters, den Auftrag zu erhalten, und
· geringfügig niedrigeren Kosten des Bieters für die Bewerbung.
2 Wertgrenzen eingeführt
Die meisten Länder haben Wertgrenzen eingeführt, unterhalb derer die Verwaltung bei Vergaben ohne den Einzelfall begründen zu müssen auf eine öffentliche Ausschreibung verzichten kann. Sie rechtfertigen die Einführung, oft auch die Anhebungen von Wertgrenzen, mit einem geringeren bürokratischen Aufwand.
In jüngerer Zeit haben viele Länder diese Wertgrenzen an diejenigen benachbarter Länder angepasst und beträchtlich erhöht.
In Bremen hat das Wirtschaftsressort als zuständige Fachbehörde für Vergaben im August 2006 Wertgrenzen für den Baubereich eingeführt. Für die Bauunterhaltung im Hochbau hat es Grenzen für die Auftragswerte (ohne Umsatzsteuer) für unterschiedliche Gewerke festgelegt, die zwischen 20 T und 80 T liegen.
Für Neubau und Sanierung im Bereich Hochbau gelten für unterschiedliche Gewerke Wertgrenzen zwischen 40 T und 125 T. Die Wertgrenzen für Straßenund Brückenbau liegen in einer Bandbreite zwischen 50 T und 125 T. Beim Gleisbau dürfen Leistungen mit einem Nettoauftragswert bis zu 125 T beschränkt ausgeschrieben werden, ohne dass dies begründet werden muss. Beim Landschaftsund Gartenbau gibt es drei Wertgrenzen, die zwischen 50 T und 125 T liegen.
3 Wirtschaftlichkeitsuntersuchung fehlt
Der Einführung dieser Wertgrenzen ging folgende Entwicklung voraus: Der für Bauunterhaltung zuständige Eigenbetrieb Gebäude- und Technikmanagement Bremen (GTM) hatte Ende 2004 im Einvernehmen mit dem Bauressort innerbetrieblich Wertgrenzen für die Anwendung der beschränkten Ausschreibung festgelegt. Das Ziel des Eigenbetriebs war es, die vielen kleinen und mittleren Baumaßnahmen wirtschaftlich und zu einem akzeptablen Preis bewältigen zu können. Er wollte vermeiden, in jedem Einzelfall den Aufwand und den Nutzen der Ausschreibungsverfahren miteinander vergleichen zu müssen.
Das Bauressort griff den Vorstoß von GTM auf, stimmte sich mit anderen öffentlichen Auftraggebern ab und legte für seinen Geschäftsbereich im Sommer 2005 für verschiedene Gewerke jeweils unterschiedliche Wertgrenzen fest. Dabei ging das Bauressort davon aus, dass unterhalb dieser Wertgrenzen öffentlich auszuschreiben i. d. R. unwirtschaftlich sei.
Bevor die Wertgrenzen für beschränkte Ausschreibungen eingeführt wurden, hat der Rechnungshof das Bauressort im November 2005 darauf hingewiesen, dass es sich dabei um eine finanzwirksame Maßnahme handele. Das Ressort habe gemäß
§ 7 Abs. 2 LHO folglich dafür eine angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchung durchzuführen. Es müsse den Aufwand einer beschränkten Ausschreibung mit dem einer öffentlichen Ausschreibung vergleichen. Bei der hierfür erforderlichen Berechnung müsse grundsätzlich von mittleren Annahmen ausgegangen werden, weil unterschiedliche Fallgestaltungen und Rahmenbedingungen vorliegen könnten.