Kapitalmarkt

1. Grund der Vorlage

Das 6.087 m² große Grundstück Mittelweg 183­188/Klein Fontenay (Flurstück 1317) befindet sich im Eigentum der Stiftung „John-Fontenay-Testament", die der Stadt 1954 ein Erbbaurecht für 75 Jahre bestellt hat, um auf dem Grundstück ein Gebäude für das „Max-Planck-Institut für Internationales Privatrecht" (Mittelweg 186­188 ­ siehe anliegenden Lageplan) errichten zu können. Die Höhe des von der Stadt zu zahlenden laufenden Erbbauzinses basiert lediglich auf der Größe der Nutzfläche des Institutsgebäudes. Die bereits auf dem Grundstück vorhanden gewesenen, unter Denkmalschutz stehenden Wohngebäude, Mittelweg 183 und 185, sind ohne Kaufpreis an die Stadt übergegangen. Mit Ablauf des Erbbaurechtsvertrages im Jahr 2029 fallen sämtliche Baulichkeiten auf dem Grundstück ohne Entschädigung in das Eigentum der Stiftung „JohnFontenay-Testament" zurück.

Die Wohngebäude Mittelweg 183 und 185 wurden bis zum Jahr 2001 im Rahmen des zwischen der Finanzbehörde und der SAGA bestehenden Generalmietvertrages von der SAGA verwaltet. Das Gebäude Mittelweg 185 ist seit vielen Jahren vermietet. Das Haus Nr. 183 ist am 24. Juni 2000 durch Brandstiftung erheblich beschädigt worden. Seitdem steht es leer. In Verhandlungen mit der Hamburger Feuerkasse wurde Einvernehmen über eine Entschädigungssumme in Höhe von insgesamt rund 215.510 Euro erzielt.

Die Kulturbehörde ­ Denkmalschutzamt ­ hat mit Nachdruck einen zügigen Wiederaufbau des Gebäudes Mittelweg 183 gefordert. Sie hat zur Denkmalwürdigkeit des Ensembles Mittelweg 183 und 185 Folgendes ausgeführt: „John Fontenay, der um 1800 aus Amerika nach Hamburg eingewandert war, hat bereits vor 1806 Grundstücke erworben, die zum Klosterland vor der Hamburger Befestigung, vor dem Dammtor, gehörten. 1813 bauten die Franzosen Hamburg noch einmal zur Festung aus und machten das Gebiet vor den Toren dem Erdboden gleich, um freies Schussfeld zu haben. Nach der „Franzosenzeit" kehrte Fontenay, der im Exil gewesen war, zurück, und kaufte weiteres Land auf diesem Gelände. Um 1816 erbaute er sich mit dem Gebäude Mittelweg 185 ein zwar im Vergleich zu den Hansen-Villen in den Elbvororten bescheidenes, aber dennoch durchaus repräsentatives Landhaus, das er ständig bewohnte. Er war einer der ersten, die in Harvestehude wohnten, und hatte nur sein Büro innerhalb der Stadtmauern. Neben seinem eigenen Wohnsitz errichtete Fontenay um 1816 gleichzeitig ein Doppelhaus für seine Bediensteten, Mittelweg 183. Der Architekt beider Gebäude ist leider nicht bekannt.

Die klassizistischen Gebäude Mittelweg 185 und 183 stellen die früheste Bebauung in dieser Region vor den Toren Hamburgs dar, ein herrschaftliches Landhaus als massiver Backsteinbau und ein Bediensteten-Doppelhaus in Fachwerk. Sie sind deshalb von erheblicher Bedeutung für die Geschichte Hamburgs als erste Zeugnisse der bürgerlichen Bebauung und Besiedlung des ehemaligen Klosterlandes Harvestehude."

Nachdem die Medien mehrfach über den Wiederaufbau der Brandruine berichtet hatten, bekundete neben einer Reihe privater Investoren auch die Stiftung Denkmalpflege Interesse an diesem Objekt. Die Stiftung strebte die denkmalgerechte Wiederherstellung des Gebäudes Mittelweg 183 unter Verwendung ursprünglicher, nicht beschädigter Teile sowie daran anschließend eine Übertragung beider unter Denkmalschutz stehender Wohngebäude in ihre Verwaltung an. Um dem weiteren Verfall der Brandruine durch entsprechende Sicherungsmaßnahmen entgegenwirken und die Planungen für den denkmalgerechten Wiederaufbau einleiten zu können, bat die Stiftung Denkmalpflege um zunächst formlose Überlassung des Objektes Mittelweg 183. Hiergegen bestanden aus Sicht des Senats im Interesse der Sicherung der Bausubstanz keine Bedenken, zumal die zunächst angedachte Alternative, die Belassung des Objektes in der Verwaltung der SAGA mit langfristiger Vermietung an die Stiftung Denkmalpflege, von dieser nicht akzeptiert wurde (siehe Ziffer 3.3). Haushaltsplan 2003, Unentgeltliche Überlassung der Gebäude Mittelweg 183 und 185 in die Verwaltung der „Stiftung zur Erhaltung von Kulturdenkmälern der Freien und Hansestadt Hamburg" (Stiftung Denkmalpflege)

Wegen des örtlichen Zusammenhanges bei der Verwaltung wurden daher zum 1. April 2001 die Gebäude Mittelweg 183 und 185 aus der Verwaltung der SAGA herausgenommen und bis auf Weiteres formlos in die Verwaltung der Stiftung übertragen.

2. Kosten des Wiederaufbaues und Finanzierung

Die Gesamtkosten des denkmalgerechten Wiederaufbaues des Gebäudes Mittelweg 183 werden voraussichtlich rund 960.000 Euro (= rund 3.950 Euro/m² Wohn- bzw. Nutzfläche) betragen.

Die vergleichsweise hohen Kosten je m² Wohn-/Nutzfläche resultieren einerseits aus einer notwendigen Unterfangung des Gebäudes mit einem neuen Keller. Dieser wurde notwendig, da das alte Fundament wegen Schadhaftigkeit ersetzt werden musste. Die zusätzlichen Kosten für die Erneuerung des Kellers sollen durch die bessere Nutzbarkeit der Räume und dadurch erleichterte Vermietbarkeit aufgefangen werden.

Andererseits ist zu berücksichtigen, dass das wertvolle Gebäude durch die Brandstiftungen so schwer beeinträchtigt worden ist, dass eine Wiederherstellung ursprünglich kaum für möglich gehalten wurde. Gerade die Brandbeeinträchtigungen machten es umso notwendiger, mit den noch erhaltenen alten Teilen des Gebäudes sorgfältig umzugehen. kaum gegeben wäre, insbesondere aber auch, weil kein Anspruch auf die sonst allgemein übliche Erlöschensentschädigung in Höhe von 2/3 des Wertes der Baulichkeiten besteht (siehe Ziffer 1).

Für den Fall des Verbleibens beider Gebäude bei der Stadt würde diese bei Zugrundelegung der zu erwartenden Wiederherstellungskosten von 960.000 Euro für das Gebäude Mittelweg 183 nach Abzug der zu erwartenden Feuerkassenentschädigung von rund 215.510 Euro zunächst mit Kosten von 744.490 Euro belastet bleiben. Diese Investitionssumme hätte entweder aus vorhandenen Haushaltsmitteln des Einzelplans 9.1 (Titel 9010.703.01 „Bauliche Maßnahmen an stadteigenen Wohngebäuden") finanziert oder aus den der SAGA aus dem Mietaufkommen für den stadteigenen Wohnungsbestand zur Verfügung stehenden Instandhaltungsmitteln aufgebracht werden müssen, was zwangsläufig ein Hinausschieben anderer, dringend notwendiger Baumaßnahmen im stadteigenen Wohnungsbestand (z. B. in Moorburg) erfordert hätte. Aber auch unter Gegenrechnung der aus der Vermietung der Gebäude Mittelweg 183 und 185 bis zum Jahr 2029 zu erwartenden Einnahmen in Höhe von netto rund 40.000 Euro p. a. und der hiermit fiktiv auf dem Kapitalmarkt finanzierbaren Beträge bliebe die Stadt ­ bezogen auf heute ­ mit einem Minus-Betrag in Höhe von 74. Euro belastet, so dass der Senat auch diesen Weg aus wirtschaftlichen Erwägungen verworfen hat.

Die Stiftung Denkmalpflege hingegen strebt unter Hintanstellung des Wirtschaftlichkeitsgedankens einen eigenverantwortlichen Wiederaufbau des Gebäudes Mittelweg 183 an bei entsprechender Refinanzierung aus den langfristig zu erwartenden Mieterträgen beider Gebäude, der Feuerkassenentschädigung sowie einer Zuwendung Dritter in Höhe von 50.000 Euro und zusätzlichem Eigenkapital. Ihr kommt es in erster Linie auf den denkmalgerechten Wiederaufbau und eine dauerhaft vorbildliche Unterhaltung der historisch wertvollen Gebäude an. Durch die vorgesehene unentgeltliche Übertragung der Gebäude in die Verwaltung der Stiftung und die Aktivierung von Stiftungsvermögen zum Wiederaufbau des Objektes Mittelweg 183 wird der Haushalt der Stadt entlastet. Die Übertragung der Gebäude liegt damit im öffentlichen Interesse.

4. Lösung

Die von der Stiftung Denkmalpflege beabsichtigte Finanzierung der zu erwartenden Kosten des Wiederaufbaues durch überwiegenden Einsatz von Stiftungskapital ­ bei teilweiser Refinanzierung aus den Mieteinnahmen (siehe Ziffer 2) ­ lässt weder die Zahlung eines wertmäßigen Entgelts für Grundstück und Gebäude noch die Abführung der voraussichtlich zu erwirtschaftenden Mieteinnahmen von zunächst rund 40.000 Euro an den Haushalt zu. Insofern erfolgt die beabsichtigte unentgeltliche Überlassung der Gebäude Mittelweg 183 und 185 an die Stiftung abweichend von § 63 Absatz 3 Satz 1 LHO. Sie bedarf daher der Zustimmung der Bürgerschaft sowie einer entsprechenden Ergänzung des Haushaltsbeschlusses 2003.

Die Wiederherstellung des brandgeschädigten Gebäudes Nr. 183 sowie die Instandhaltung beider Gebäude bis zum Ablauf des Erbbaurechtes am 31. Mai 2029 werden durch eine zwischen der Finanzbehörde und der Stiftung Denkmalpflege zu treffende Vereinbarung geregelt.

5. Petitum

Der Senat beantragt, die Bürgerschaft wolle der unentgeltlichen Überlassung der Gebäude Mittelweg 183 und 185 zustimmen und im Beschluss über die Feststellung des Haushaltsplans der Freien und Hansestadt Hamburg für das Haushaltsjahr 2003 den Artikel 23 (Unentgeltliche Überlassung) um folgende neue Nummer 6 ergänzen: „6. die Gebäude Mittelweg 183 und 185 an die Stiftung zur Erhaltung von Kulturdenkmälern der Freien und Hansestadt Hamburg (Stiftung Denkmalpflege). Begründung: Da der Wiederaufbau des brandgeschädigten Gebäudes Mittelweg 183 überwiegend durch Einsatz von Stiftungskapital erfolgt, ist weder die Zahlung eines wertmäßigen Entgeltes für Grundstück und Gebäude noch die Abführung von Mieteinnahmen an den Haushalt möglich."