Wertpapier

Dem Umstand, dass diese Aufstellung von Wertpapiererträgnissen aber mit negativen Erträgen in Höhe von 28.000 Euro geendet hatte und dieses Ergebnis auch im Vergleich mit den positiven Erträgen der Vorund Folgejahre (jeweils mehr als 160.000 Euro) völlig unplausibel war, wurde keine Bedeutung beigemessen. Trotz der nicht unerheblichen Mehrsteuern von rund 100.000 Euro erschien der Fall dem Finanzamt nicht hinreichend bedeutsam, die Bustra zu unterrichten. Derartige Vorkommnisse vermitteln den Eindruck, dass bei Betriebsprüfungen auch prüfungstaktische Erwägungen eine Rolle spielen. In einem Fall ist dies unumwunden zugegeben worden:

Die zeitnahe Realisierung der Steuern aus einem Mehrgewinn von über 2 Mio Euro wurde als gefährdet angesehen, wenn wegen verschwiegener Einkünfte in Höhe von fast 60.000 Euro ein Strafverfahren eingeleitet worden wäre.

Schließlich beruhten Unterrichtungsversäumnisse der Festsetzungsfinanzämter auch auf der unzulässigen Vorwegnahme verfahrensbeendender Entscheidungen der Bustra, wenn z. B. erwartet wurde, dass die Bustra wegen Geringfügigkeit oder Feststellung der strafbefreienden Wirkung einer Selbstanzeige auf eine Verfolgung der Straftat verzichten würde.

Der Rechnungshof hat gefordert, die konsequente Beachtung der Unterrichtungstatbestände sicherzustellen und dafür Sorge zu tragen, dass eine Unterrichtung auch in denjenigen Fällen stattfindet, in denen zunächst Vorermittlungen der Bustra in Betracht kommen. Entscheidungszuständigkeiten der Bustra für die Einstellung von Strafverfahren wegen Geringfügigkeit oder für die Feststellung der strafbefreienden Wirkung von Selbstanzeigen dürfen nicht durch Verzicht auf Unterrichtung unterlaufen werden. Restriktive Arbeitsanleitungen müssen, soweit sie den bundeseinheitlichen Anweisungen zuwiderlaufen, überarbeitet werden.

Bußgeld- und Strafsachenstelle Prüfung eingehender Fälle

Wird die Bustra von einem Festsetzungsfinanzamt über eine mögliche Verfehlung unterrichtet, muss sie prüfen, ob der Anfangsverdacht einer Steuerstraftat oder -ordnungswidrigkeit bereits gegeben ist oder zunächst Vorermittlungen durchgeführt werden müssen.

Üblicherweise findet nur eine abgekürzte Prüfung statt, die sich auf den Aspekt des Anfangsverdachts beschränkt. Fälle, in denen der Anfangsverdacht einer Steuerstraftat oder -ordnungswidrigkeit verneint wurde, wurden auf der Grundlage eines sog. Nichteinleitungsvermerks an die Festsetzungsfinanzämter zurückgegeben, ohne dass die Durchführung von Vorermittlungen ernsthaft in Betracht gezogen worden war. Dieses Defizit wiegt umso schwerer, als an die Anforderungen für den Anfangsverdacht einer SteuerVorwegnahme von Entscheidungen der Bußgeldund Strafsachenstelle Vorermittlungen keine Entscheidungsoption Unterrichtungsverzicht aus prüfungstechnischen Erwägungen straftat- oder -ordnungswidrigkeit teilweise ein zu strenger Maßstab angelegt worden ist. Der Anfangsverdacht einer Straftat ist gegeben, wenn konkrete Tatsachen nach kriminalistischer Erfahrung darauf hinweisen, dass eine verfolgbare Straftat begangen worden sein könnte. Die Bustra hat jedoch gegenüber den Festsetzungsfinanzämtern im Ergebnis die Beweisbarkeit aller relevanten Fakten gefordert und damit einen Maßstab angelegt, der erst nach Abschluss der Ermittlungen für die Entscheidung über die Erhebung der öffentlichen Klage maßgeblich ist (sog. hinreichender Tatverdacht). Dieses Vorgehen hat zur Folge, dass Unklarheiten im Sachverhalt nicht zum Gegenstand des strafprozessualen Ermittlungsverfahrens, sondern zum Hindernis auf dem Weg dorthin werden.

Die Konsequenzen dieses Vorgehens wurden in denjenigen Fällen besonders deutlich, in denen Steuerpflichtige oft jahrelang keine Steuererklärungen abgegeben hatten und in denen das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen schließlich geschätzt hatte: Anstatt ein Ermittlungsverfahren zu eröffnen oder wenigstens mit Vorermittlungen zu beginnen, wurde der Fall zurückgegeben und das fehlende Interesse der Bustra damit begründet, dass straf- oder -ordnungswidrigkeitenrechtlich nicht beweisbar sei, ob der Steuerpflichtige seiner früheren Tätigkeit noch nachgehe und ob er im jeweiligen Veranlagungszeitraum positive und damit verkürzungsrelevante Einkünfte gehabt habe.

Der Rechnungshof hat gefordert, bei der Prüfung des Anfangsverdachts den Maßstab des § 152 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) zu beachten und, soweit ein Anfangsverdacht noch nicht gegeben ist, die Möglichkeit der Vorermittlungen zu nutzen. Auf der Grundlage der hierdurch gewonnenen zusätzlichen Informationen ist abschließend über die Einleitung oder Nichteinleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens zu entscheiden. Dazu sind auch Änderungen in bestimmten handlungsleitenden Verfügungsvordrucken erforderlich.

Die Bustra sieht Vorermittlungen zumindest in den Fällen der Erklärungsversäumnisse nicht vorrangig als ihre Aufgabe an. In erster Linie seien die Festsetzungsfinanzämter gefordert, den Sachverhalt durch Außenprüfungen (Betriebsprüfung, Umsatzsteuer-Sonderprüfung usw.) aufzuklären.

Dem ist entgegenzuhalten, dass die Veranlagungs- und Betriebsprüfungsstellen der Finanzämter nicht für die Sachaufklärung im strafrechtlichen Interesse zuständig und verantwortlich sind. Sofern nach einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen kein weiter gehendes Aufklärungs- und Prüfungsinteresse im Besteuerungsverfahren besteht, ist es allein Sache der Bustra, die Sachaufklärung für Zwecke der Strafverfolgung zu betreiben. Dabei kann sie sich ggf. der Steuerfahndung bedienen.

Für die Verfolgung von Straftaten gilt grundsätzlich das Legalitätsprinzip, während bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten Vorermittlungen Sache der Bußgeld- und Strafsachenstelle und der Steuerfahndung Teilweise zu hohe Anforderungen an den Anfangsverdacht gestellt Zweck des strafprozessualen Ermittlungsverfahrens wird verfehlt nach dem Opportunitätsprinzip verfahren werden kann. Die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten kann somit auch in Abhängigkeit von den zur Verfügung stehenden Ressourcen gesteuert werden.

Dieses System funktioniert aber nur dann, wenn Straftaten und Ordnungswidrigkeiten ohne größeren Ermittlungsaufwand unterscheidbar sind. Das ist im Steuerstraf- und -ordnungswidrigkeitenrecht nicht der Fall. Während sich Straftaten und Ordnungswidrigkeiten sonst schon im objektiven Tatbestand unterscheiden, kommt es im steuerlichen Sanktionssystem ausschließlich auf den subjektiven Tatbestand an, d.h. darauf, ob der Täter vorsätzlich oder nur leichtfertig gehandelt hat. Dies hat zur Folge, dass die verfahrensentlastende Wirkung des Opportunitätsprinzips erst dann eintritt, wenn der Anfangsverdacht vorsätzlichen Handelns definitiv ausgeschlossen ist. Im Ergebnis bedarf es eines nicht unerheblichen Aufwandes, um festzustellen, ob das Opportunitätsprinzip im Einzelfall gilt.

Die derzeitige Abgrenzung der Steuerordnungswidrigkeiten von den Steuerstraftaten ist unzweckmäßig. Der Rechnungshof hat auf eine mögliche Alternative anhand eines Expertenentwurfs zur Strafrechtsreform der siebziger Jahre2 hingewiesen und dazu aufgefordert, auf Bund-Länder-Ebene für eine Änderung der Rechtsgrundlagen einzutreten.

Zunächst wird die Steuerverwaltung aber dafür Sorge tragen müssen, dass eine Begrenzung des Arbeitsanfalls nicht mit unsachgemäßen Mitteln herbeigeführt wird. Die Bustra wird bei der Beurteilung des Anfangsverdachts den durch das geltende Recht gesetzten Maßstab beachten und zuvor ggf. Vorermittlungen durchführen müssen.

Selbstanzeigen und Verfahrenseinstellungen

Die Bustra hat bei Selbstanzeigen zu prüfen, ob sie straf- oder bußgeldbefreiend wirken. Diese Wirkung ist bei Steuerhinterziehung u.a. in den Fällen ausgeschlossen, in denen die Tat im Zeitpunkt der Selbstanzeige bereits entdeckt war und der Täter dies wusste.

Hinterziehungszinsen müssen auch dann festgesetzt werden, wenn der Täter Straffreiheit erlangt hat. Bei der Selbstanzeige einer Ordnungswidrigkeit ist die Festsetzung von Hinterziehungszinsen jedoch unzulässig. Auch bei Selbstanzeigen muss deshalb stets geprüft werden, ob der Täter vorsätzlich oder nur leichtfertig gehandelt hat.

In dieser Hinsicht wurden Selbstanzeigen nicht immer mit der nötigen Sorgfalt geprüft. So wurde etwa die Einlassung von Steuerpflichtigen, dass sie sich anlässlich der Ankündigung einer Betriebsprüfung daran „erinnert" hätten, Kapitaleinkünfte im Umfang vgl. Lampe/Lenckner/Stree/Tiedemann/Weber, Alternativ-Entwurf eines Strafgesetzbuches, Besonderer Teil, Straftaten gegen die Wirtschaft.