Antrag

Errichtung eines Cafes auf dem Öjendorfer Friedhof

Auf dem Friedhof Öjendorf soll nach dem Wunsch der Hamburger Friedhöfe ­ Anstalt öffentlichen Rechts ­ in der von der jetzigen Nutzung her gesehen nicht mehr erforderlichen Trauerhalle 1 ein Cafe mit etwa 500 m2 Nutzfläche eingerichtet und betrieben werden. Die Baukosten betragen hierfür 200 000 Euro. Diesen Bauantrag hatte das Ortsamt Billstedt zunächst negativ beurteilt, da die Erteilung der erforderlichen Befreiung städtebaulich nicht vertretbar sei und die Grundzüge der Planung berührt würden. Im angrenzenden Bebauungsplangebiet Billstedt 4 ist eigens für friedhofsgebundene Betriebe sowie Schank- und Speisewirtschaften ein Gewerbegebiet sowie ein Sondergebiet mit Ladennutzung ausgewiesen.

Im Juli 2002 wurde die Betriebsbeschreibung durch den Antragsteller geändert. Es solle nunmehr kein Cafe, sondern lediglich eine „Begegnungsstätte" entstehen. Der Bauantrag wurde durch das Ortsamt nun positiv beurteilt.

Der Unterausschuss für Bau- und Verkehrsangelegenheiten des Ortsausschusses konnte schließlich im August 2002 der Empfehlung der Verwaltung mehrheitlich nicht folgen, eine derartige Befreiung zu erteilen. Der Leiter der Bauprüfabteilung erklärte daraufhin, dass seine Pflicht zur Ausübung einer fehlerfreien Ermessensentscheidung mit diesem Votum des Ausschusses nicht zu vereinbaren sei. Seine Abteilung werde dem Bauantrag daher trotzdem unter Auflagen stattgeben. Dem Bauherren wurde unter anderem auferlegt, die Einrichtung nur für geschlossene Trauergesellschaften vorzuhalten und diese nicht kommerziell zu nutzen.

Zudem wurde die Einrichtung der beantragten Außensitzplätze untersagt.

Gegen diese Auflagen hat der Antragsteller unterdessen Widerspruch erhoben.

Der Ortsausschuss Billstedt hat im Dezember 2002 zu diesem Bauvorhaben Akteneinsicht genommen und festgestellt, dass das Ortsamt die Mitglieder des Ortsausschusses bzw. seines Unterausschusses nicht vollständig über die Planungen informiert hat. So wurde den Kommunalpolitikern unter anderem die geplante Nutzung der Einrichtung für Workshops und Seminare von Religionsgemeinschaften verschwiegen.

Dies vorausgeschickt, frage ich den Senat.

Nach Mitteilung der Hamburger Friedhöfe ­ Anstalt öffentlichen Rechts ­ haben Bürgerinnen und Bürger seit längerer Zeit den Wunsch geäußert, auf den Friedhöfen einen Ort der Begegnung zu finden.

Die positive Aufnahme einer auf dem Friedhof der Gemeinde Ahrensburg eingerichteten Begegnungsstätte hat die Hamburger Friedhöfe ­ Anstalt öffentlichen Rechts ­ veranlasst, das Projekt einer Begegnungsstätte aufzunehmen.

Die Baugenehmigung für dieses Projekt wurde auf der Grundlage von § 35 („Bauen im Außenbereich") Baugesetzbuch (BauGB) für die Einrichtung einer Begegnungsstätte für geschlossene Trauergesellschaften erteilt. Nach Änderung der Betriebsbeschreibung bedurfte es keinerlei baurechtlicher Befreiung.

Eine planungsrechtliche Befreiungsentscheidung war für die Nutzungsänderung nicht erforderlich, da die Ausweisung „Neues Friedhofsgelände" gemäß Baustufenplan Billstedt nicht als Festsetzung in das heutige Planungsrecht übergeleitet wurde. Außer den im Außenbereich zulässigen Vorhaben sind nach § 35 Absatz 2 BauGB sonstige Vorhaben im Einzelfall zulässig, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt.

Dieser Entscheidung konnte der Unterausschuss für Bau- und Verkehrsangelegenheiten des Ortsausschusses Billstedt im August 2002 mehrheitlich nicht folgen.

Nach Auskunft des Bezirksamtes Hamburg-Mitte hat der stellvertretende Leiter des Ortsamtes Billstedt daraufhin erklärt, dass die Verwaltungsentscheidung im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens getroffen wurde und entgegen dem Votum des Ausschusses umgesetzt werden müsse.

Eine Nutzung der Begegnungsstätte zur Durchführung von Workshops und Seminaren war zu keinem Zeitpunkt Gegenstand der Genehmigung.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen unter Berücksichtigung von Auskünften der Hamburger Friedhöfe ­ Anstalt öffentlichen Rechts ­ wie folgt.

1. Wie beurteilt der Senat den Antrag der Hamburger Friedhöfe ­ AöR ­

a) in Bezug auf die Totenruhe und mögliche Beeinträchtigungen von Friedhofsbesuchern auf dem Friedhof Öjendorf?

b) vor dem Hintergrund der unmittelbaren Nachbarschaft des Cafes zu den anderen beiden Trauerhallen auf dem Friedhof Öjendorf und der möglichen Beeinträchtigung dortiger Trauergottesdienste?

c) hinsichtlich des Vorhabens, Seminare und Workshops für Religionsgemeinschaften in der „Begegnungsstätte" durchzuführen?

d) bezüglich der Schaffung eines möglichen Präjudizes, kommerzielle Restaurationsbetriebe auf Friedhöfen mit Außensitzplätzen in Hamburg zu betreiben und auch alkoholische Getränke auszuschenken?

2. Ist der Senat der Überzeugung, dass ein solches Angebot trotz des bereits außerhalb des Friedhofs vorhandenen Restaurationsbetriebs von den Besuchern des Friedhofes angenommen wird?

a) Wenn ja: Auf welcher Kosten-Nutzen-Rechnung oder welchen anderen Erkenntnissen beruht diese Annahme?

b) Wenn nein: Welche anderen Zielgruppen wollen die Hamburger Friedhöfe ­ AöR ­ mit diesem Angebot ansprechen und auf welche Weise soll die Ansprache erfolgen?

Der Senat hat sich hiermit nicht befasst; im Übrigen siehe Vorbemerkung.

3. Welche Religionsgemeinschaften sind an die Hamburger Friedhöfe ­ AöR ­ mit der Idee herangetreten, auf dem Friedhof Öjendorf Seminare und Workshops durchzuführen?

4. Welchen Inhalts sollen die unter 3. genannten Seminare und Workshops sein, wer soll diese Veranstaltungen leiten und welche Zielgruppe soll hiervon angesprochen werden?

5. Sollen die unter 3. und 4. genannten Veranstaltungen für die Teilnehmer kostenlos sein?

Wenn nein: In welcher Höhe werden Seminarbeiträge erhoben?

Siehe Vorbemerkung; die Hamburger Friedhöfe ­ Anstalt öffentlichen Rechts ­ haben von sich aus verschiedenen Vertretern und Institutionen der Kirchen das Projekt einer Begegnungsstätte mit positiver Resonanz vorgestellt. Detaillierte Konzepte liegen noch nicht vor.

6. Fand eine Ausschreibung für Umbau und/oder Betrieb eines Cafes bzw. einer Begegnungsstätte statt?

a) Wenn ja:

aa) Welchen Inhalts war der Ausschreibungstext?

bb) Wie viele Bewerber gab es?

cc) Anhand welcher Kriterien fand die Vergabe statt?

b) Wenn nein: Warum nicht?

7. Ist dem Senat bekannt, ob zwischenzeitlich ein Pächter für das Cafe gewonnen werden konnte?

a) Wenn ja: Welches Unternehmen bzw. welche Person(en) wird/werden unter welchen Vertragsbedingungen die Begegnungsstätte führen?

b) Wenn nein: Warum nicht?

8. Welche Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung versprechen sich die Hamburger Friedhöfe ­ AöR ­?

9. Innerhalb welcher Zeitspanne sollen sich die Baukosten in Höhe von 200000 Euro für den Bauherren amortisiert haben?

Die Hamburger Friedhöfe ­ Anstalt öffentlichen Rechts ­ beabsichtigen nicht, die Begegnungsstätte selbst zu errichten bzw. zu betreiben. Bislang wurden lediglich Gespräche im Rahmen eines Interessenbekundungsverfahrens geführt. Zur Amortisation von Baukosten für einen Bauherrn können daher keine Angaben gemacht werden.

Für die Hamburger Friedhöfe ­ Anstalt öffentlichen Rechts ­ sind mit dem Projekt, das den Wünschen von Bürgerinnen und Bürgern und ihren Ansprüchen an einen Friedhof dienen soll, keine nennenswerten Einnahmeerwartungen verbunden.

10. Wie beurteilt der Senat die in der Vorbemerkung skizzierte mangelhafte Informationspolitik des Ortsamtes Billstedt gegenüber dem zuständigen Ortsausschuss und für wie realistisch und durchführbar hält der Senat die Auflage des Amtes, eine kommerzielle Nutzung der „Begegnungsstätte" auszuschließen?

11. Wo verläuft nach Ansicht des Senats die Grenze zwischen einer nicht-kommerziellen und einer kommerziellen Nutzung eines solchen Cafes bzw. einer derartigen Begegnungsstätte?

12. Wann wird das Widerspruchsverfahren mit welchem voraussichtlichen Ergebnis durch den Widerspruchsausschuss des Bezirksamtes zum Abschluss gebracht werden?

Der Unterausschuss für Bau- und Verkehrsangelegenheiten des Ortsausschusses Billstedt wurde umfassend und vollständig über das Bauvorhaben, die genehmigungsfähigen Nutzungen und den Inhalt der Baugenehmigung einschließlich der Auflagen informiert. Veränderungen in der Nutzung sind nicht Inhalt der Genehmigung gewesen.

Die kommerzielle Nutzung wurde erst durch den im Rahmen des Widerspruchsverfahrens geschlossenen Vergleich ermöglicht. Danach hat der Widerspruchsausschuss die nutzungsbedingten Vorgaben in der Anlage zum Baugenehmigungsbescheid wie folgt gefasst: „Die umgebaute Trauerhalle dient als Begegnungsstätte für Trauergemeinden und Friedhofsbesucher."

Das Widerspruchsverfahren der „Hamburger Friedhöfe Anstalt öffentlichen Rechts" ist damit auch hinsichtlich weiterer Streitpunkte abgeschlossen worden. Die Frage der Abgrenzung von nicht-kommerzieller oder kommerzieller Nutzung hat sich insoweit erledigt.