Sprachverwirrung um Sprachförderpläne des Senates

Der Senat hat in der Sitzung des Schulausschusses der Bürgerschaft am 15. April angekündigt, ab Februar kommenden Jahres Sprachtests für Kinder im Vorschulalter durchzuführen.

Diese Tests würden zurzeit entwickelt und sollen „spielerisch angeboten werden". In der Sachverständigenanhörung des Ausschusses für Jugend und Sport am 20. Juni 2002 hatte Professor Hans Reich dargelegt, dass das Wort „Test" die Konnotation von Standardisiertheit und Formalität habe. Eine solche Standardisierung der Abfrage sei deshalb problematisch, weil sie viele Elemente der kommunikativen Fähigkeiten des Kindes nicht zur Geltung kommen lasse.

Aus diesem Grund sprach Professor Reich sich für die nachträgliche Analyse von Sprachproben aus. Ferner betonte er, dass diese Analysen, sofern sie von Lehrern und Erziehern durchgeführt werden, nur relativ grob ausfallen könnten und daher als Grundlage für Förderentscheidungen in einem pädagogischen Kontext dienen sollten.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

1. Wann wird die zuständige Behörde die vom Senat als in Entwicklung befindlich bezeichneten „Sprachtests" vorlegen?

2. Handelt es sich bei den angekündigten „Sprachtests" um die von Professor Hans Reich konzipierten Maßnahmen?

Ausgehend von der Zielsetzung des Senats, ausreichende Deutschkenntnisse bei allen Kindern zum Zeitpunkt der Einschulung sicherzustellen, wurden in der zuständigen Behörde Überlegungen angestellt, den Sprachentwicklungsstand von Kindern mit Migrationshintergrund zu erfassen, um hiervon ggf. eine Rückstellung vom Schulbesuch abhängig zu machen.

Herr Prof. Dr. Reich hat von der zuständigen Behörde den Auftrag erhalten, sein bereits an sieben Hamburger Schulen erprobtes Verfahren zur Sprachstandserhebung mit dem Ziel weiter zu entwickeln, einen flächendeckenden Einsatz in Vorschuleinrichtungen zu ermöglichen. Die Entwicklungsarbeit ist noch nicht abgeschlossen.

3. Teilt der Senat die von Professor Reich unter anderem in der Sitzung des Jugend- und Sportausschusses am 20. Juni 2002 dargestellten Überlegungen zur Methodik von Sprachstandsfeststellungen?

Die zuständige Behörde teilt diese Auffassung. Der Senat hat sich damit nicht befasst.

3. a) Falls ja: Was ist mit dem Begriff „Sprachtest" gemeint?

Siehe Antwort zu 1. und 2.

3. b) Falls nein: In welchem Zusammenhang steht der angekündigte Sprachtest mit dem von Professor Reich entwickelten Verfahren?

Entfällt.

4. Aus welchem Grund verwendet der Senat eine Terminologie, die von dem mit der Entwicklung eines Diagnoseverfahrens beauftragten Experten bewusst vermieden wird?

Siehe Antwort zu 1. und 2.

5. Geht der Senat davon aus, dass das von Professor Reich entwickelte Konzept eine tragfähige Grundlage für Entscheidungen über die Zurückstellung vom Schulbesuch gemäß §38 Absatz 2 der Senatsvorlage zur Novellierung des Hamburgischen Schulgesetzes darstellt?

Davon geht die zuständige Behörde neben der Berücksichtigung der geistigen, seelischen und körperlichen Entwicklung aus.

6. Handelt es sich bei dem vom Senat angekündigten Sprachtest um dasselbe Projekt, das der Senat in früheren Mitteilungen an die Bürgerschaft dargestellt hat, oder ist der Sprachtest für Viereinhalbjährige eine neue Maßnahme? Falls ja: Wer ist wann mit der Entwicklung des Tests beauftragt worden und in welchem Verhältnis steht die Entwicklung zu dem von Professor Reich entwickelten Verfahren?

Es handelt sich um eine neue Maßnahme. Zur Feststellung der Sprachentwicklung der Kinder, die nach § 42 Absatz 1 des Hamburgischen Schulgesetzes in der Fassung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Hamburgischen Schulgesetzes ­ Drucksache 17/2455 ­ zu Beginn des der Einschulung vorangehenden Jahres in der regional zuständigen Schule vorzustellen sind, soll ebenfalls ein dafür geeignetes Verfahren entwickelt werden. Die Auftragsvergabe an Herrn Prof. Dr. Reich ist in Vorbereitung.