Beamte

1. Anlaß und Sachverhalt

Der Parlamentarische Untersuchungsausschuß „Hamburger Polizei" hat in seinem Abschlußbericht (Drucksache 15/6200, Textziffer 46) u. a. die Erprobung einer externen Kontrollkommission für die Polizei mit folgenden Merkmalen befürwortet:

­ Erprobungszeitraum 2 Jahre,

­ Entscheidung der Bürgerschaft über befristete oder unbefristete Verlängerung anhand eines Erfahrungsberichts,

­ Kommissionslösung mit ehrenamtlichen Mitgliedern und einer oder einem möglichst ehrenamtlichen Vorsitzenden, die von der Bürgerschaft gewählt werden,

­ Hilfsorgan der Bürgerschaft bei der Ausübung der parlamentarischen Kontrolle.

­ Der Vorsitzende

· darf nicht unter Strafverfolgungszwang fallen (§ 163

Strafprozeßordnung),

· sollte Befähigung zum Richteramt haben,

· muss angesehene Persönlichkeit mit entsprechendem „Standing" sein,

· untersteht der Präsidentin der Bürgerschaft,

· wird auf Weisung der Bürgerschaft, der Präsidentin, des Innenausschusses oder aufgrund ihm zugetragener Vorkommnisse tätig,

· hat Akteneinsichts- und Amtshilferecht,

· hat unangemeldeten Zutritt zu allen Polizeidienststellen,

· ist Ansprechpartner sowohl für Polizisten als auch für Bürger.

­ Alle Kommissionsmitglieder unterliegen der Verschwiegenheitspflicht, haben aber kein Zeugnisverweigerungsrecht bezogen auf die Aufgabenstellung,

­ Die Kommission berichtet mindestens einmal jährlich über ihre Arbeit an die Bürgerschaft. Sie kann fallbezogen oder fallübergreifend Empfehlungen an die Bürgerschaft aussprechen.

In seinem Bericht zu dieser Empfehlung (Drucksache 15/7564, Textziffer 5) hat der Senat darauf hingewiesen, daß zum einen auch nach den Prüfungen des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses letztendlich offen geblieben sei, ob die Ziele des Ausschusses, insbesondere die Überwindung der durch den Strafverfolgungszwang stark begünstigten „Mauer des Schweigens" bei den Bemühungen um Aufklärung von Fehlverhalten in der Polizei, mit einer externen Kontrollkommission erreicht werden. Zum zweiten unterliege die Einrichtung einer solchen Kommission ­ als Hilfsorgan der Bürgerschaft mit den vorgesehenen weitgehenden Eingriffsrechten ­ verfassungsrechtlichen Bedenken, zumindest aber mache sie eine Änderung der Verfassung erforderlich. Insoweit bestehe weiterer Erörterungsbedarf.

Diese Erörterungen haben inzwischen ­ wie auch der Regierungserklärung des Ersten Bürgermeisters vor der Hamburgischen Bürgerschaft am 12. November 1997 zu entnehmen ist ­ zu folgendem Ergebnis geführt:

Auf Basis des Abschlußberichts des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses „Hamburger Polizei" soll eine Polizeikommission eingerichtet werden, die mit drei ehrenamtlichen Mitgliedern bei der Behörde für Inneres einzurichten und deren Unabhängigkeit gesetzlich zu garantieren ist:

Die Kommission hat die Aufgabe, etwaige interne Fehlentwicklungen und daraus folgende Gefährdungen der Einhaltung rechtsstaatlichen Verhaltens der Polizei zu erkennen und darüber zu berichten.

Damit sollen folgende Ziele angestrebt werden:

­ Überwindung der durch § 163 Strafprozeßordnung begünstigten „Mauer des Schweigens" in der Polizei,

­ unvoreingenommene Prüfung gemeldeter Vorfälle ohne persönliche Rücksichtnahme,

­ Schutz aussagewilliger Polizeibeamter gegen Mobbing,

­ fallübergreifende Strukturanalysen als Frühwarnsystem für Fehlentwicklungen.

BÜRGERSCHAFT

21.04.9816.Wahlperiode Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft Ergänzungen des Haushaltsplan-Entwurfs 1998 hier: Einrichtung der Polizeikommission

Kernpunkte sollen sein:

­ Bürgerinnen und Bürger sowie öffentlich Bedienstete, insbesondere Polizistinnen und Polizisten, haben das Recht, sich an die Kommission zu wenden. Für öffentlich Bedienstete gilt dabei, dass dies außerhalb des Dienstweges und mit einem Verbot von Benachteiligung erfolgt.

­ Die Kommission hat ein Akteneinsichtsrecht und das Recht auf unangemeldeten Zutritt in die Dienststellen.

­ Die Kommission hat die Pflicht, einen Bericht, der nicht einzelfallbezogen ist, einmal jährlich über den Senat an die Bürgerschaft zu geben. Sie hat das Recht, Einzelfälle dem Innensenator vorzulegen.

­ Die Kommissionsmitglieder werden durch den Senat berufen, sie unterliegen der Dienst- und Rechtsaufsicht durch den Innensenator. Es gibt keine Fachaufsicht und sie stehen nicht unter Strafverfolgungszwang.

­ Die Kommissiön erhält eine Assistenz als Büro der Kommission; die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen ebenfalls nicht unter Strafverfolgungszwang.

Da die Unabhängigkeit der Kommissionsmitglieder gesetzlich garantiert werden soll, legt der Senat der Bürgerschaft den nachstehenden Entwurf des Gesetzes über die Polizeikommission vor, aus dem sich einschließlich seiner Begründung die näheren Einzelheiten der beabsichtigten Regelung ergeben.

Entsprechend der Empfehlung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses soll für die Polizeikommission eine Erprobungsphase von zwei Jahren gelten. Der Senat wird der Bürgerschaft nach Ablauf von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes unter Berücksichtigung von Tätigkeitsberichten der Kommission einen Erfahrungsbericht über die Arbeit der Polizeikommission zuleiten. Dieser kann dann Grundlage für etwaige Änderungen des Gesetzes als Konsequenz aus den bis dahin gesammelten Erfahrungen sein.

2. Kosten und Finanzierung

Die Einrichtung einer Polizeikommission wird Kosten im Umfang von jährlich rund 386 000 DM auslösen, davon rund 330 000 DM Personalausgaben sowie rund 56 000 DM für Sachund Fachausgaben. Es wird davon ausgegangen, dass die Kommission ihre Arbeit zum 1. September 1998 aufnehmen kann. Insofern entstehen im Haushaltsjahr 1998 anteilige Jahreskosten in Höhe von rund 129 000 DM. Sowohl die Personal- als auch die Sach- und Fachausgaben werden aus vorhandenen Mitteln finanziert.

3. Petitum:

Der Senat beantragt, die Bürgerschaft wolle

a) die vorstehenden Ausführungen zur Kenntnis nehmen,

b) das nachstehende Gesetz über die Polizeikommission beschließen.

Gesetz über die Polizeikommission Vom..........

§ 1:

Berufung und Zusammensetzung:

(1) Bei der zuständigen Behörde wird die Polizeikommission eingerichtet.

(2) Sie besteht aus drei ehrenamtlichen Mitgliedern, die vom Senat berufen werden. Die Mitglieder müssen zum Zeitpunkt der Berufung zur Bürgerschaft wahlberechtigt sein. Ein Mitglied muss die Befähigung zum Richteramt besitzen. In der Kommission müssen Frauen und Männer vertreten sein. Die Mitglieder der Kommission dürfen nicht dem Strafverfolgungszwang nach der Strafprozeßordnung unterliegen.

(3) Die Berufung erfolgt jeweils für die Dauer von vier Jahren. Eine Wiederberufung ist zulässig. Eine Abberufung kann nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes durch den Senat erfolgen. Die Mitglieder der Kommission können ihr Amt jederzeit niederlegen.

§ 2:

Aufgaben und Rechtsstellung:

(1) Die Kommission hat die Aufgabe, interne Fehlentwicklungen und daraus folgende Gefährdungen der Einhaltung rechtsstaatlichen Verhaltens der Polizei zu erkennen und darüber zu berichten.

(2) Die Mitglieder der Kommission sind in Ausübung ihres Amtes an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und unterliegen nur der Dienst- und Rechtsaufsicht durch den Präses der zuständigen Behörde.

§ 3:

Beschlußfassung

Die Kommission faßt ihre Beschlüsse mit Mehrheit. Sie gibt sich eine Geschäftsordnung.

§ 4:

Befugnisse

Der Kommission ist im Rahmen ihrer Aufgabenstellung nach § 2 von allen Dienststellen der Polizei

1. Auskunft auf ihre Fragen sowie Einsicht in alle Unterlagen und Akten zu gewähren,

2. jederzeit, auch unangemeldet, Zutritt zu allen Diensträumen zu gewähren, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen.

Die Kommission übt Kontrollbefugnisse im Sinne von § 13 Absatz 3 des Hamburgischen Datenschutzgesetzes aus. Sie darf personenbezogene Daten, die sie bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach § 2 Absatz 1 erlangt hat, nur zu diesem Zweck oder zur Unterrichtung anderer Stellen, die Kontrollbefugnisse gemäß § 13 Absatz 3 des Hamburgischen Datenschutzgesetzes bei der Polizei wahrnehmen, weiterverarbeiten. Die Rechte der Betroffenen nach § 6 des Hamburgischen Datenschutzgesetzes bleiben unberührt.

§ 5:

Berichtspflicht und Informationsmöglichkeiten:

(1) Die Kommission legt einmal jährlich einen Tätigkeitsbericht, der nicht personenbezogen ist, über den Senat der Bürgerschaft vor. Sie kann auch in angemessenem Umfang die Öffentlichkeit über ihre Aufgaben und Tätigkeiten informieren.

(2) Die Kommission kann ihr bekanntgewordene Einzelfälle dem Präses der zuständigen Behörde vorlegen.

(3) Die Kommission kann anderen Stellen, die Kontrollbefugnisse gemäß § 13 Absatz 3 des Hamburgischen Datenschutzgesetzes bei der Polizei wahrnehmen, ihr bekanntgewordene Einzelfälle und Sachverhalte mitteilen und mit diesen Stellen zusammenarbeiten. Gesetzliche Pflichten zur Erteilung von Auskünften, zur Gewährung von Einsicht in Akten und Unterlagen und zum Zutritt in Diensträume bleiben unberührt.

§ 6:

Anrufung:

(1) Jede Person kann sich an die Kommission wenden, um ihr ein Anliegen, das im Zusammenhang mit ihrem Aufgabenbereich steht, vorzutragen. Hierbei brauchen Bedienstete der Freien und Hansestadt Hamburg den Dienstweg nicht einzuhalten.

(2) Niemand darf wegen der Tatsache, dass er sich an die Kommission gewendet hat, benachteiligt werden.

§ 7:

Geschäftsstelle:

(1) Die Kommission erhält als Assistenz eine Geschäftsstelle. Hierfür wird ihr die zur Aufgabenerfüllung notwendige Personal- und Sachausstattung im Rahmen der haushaltsmäßigen Bestimmungen zur Verfügung gestellt.

(2) Die Stellen in der Geschäftsstelle werden auf Vorschlag der Kommission besetzt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Geschäftsstelle dürfen nicht dem Strafverfolgungszwang nach der Strafprozeßordnung unterliegen. Sie können nur im Einvernehmen mit der Kommission versetzt oder abgeordnet werden. Die Kommission ist Vorgesetzte für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter; diese sind in ihrer Tätigkeit nach diesem Gesetz nur an ihre Weisungen gebunden.

(3) Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können die Rechte der Kommission nach § 4 wahrnehmen, wenn ihre Ausübung von der Kommission beschlossen wurde.

§ 8:

Verschwiegenheitspflicht:

(1) Die Mitglieder der Kommission sind nach dem Verpflichtungsgesetz vom 2. März 1974 (Bundesgesetzblatt I Seiten 469, 547) mit der Änderung vom 15. August 1974 (Bundesgesetzblatt I Seite 1942) auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Amtspflichten zu verpflichten. Sie haben auch nach Beendigung ihrer Amtszeit über die ihnen bei ihrer amtlichen Tätigkeit bekanntgewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren. Dies gilt nicht für Mitteilungen im dienstlichen Verkehr oder über Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.

(2) Sie dürfen ohne Genehmigung über solche Angelegenheiten weder vor Gericht noch außergerichtlich aussagen oder Erklärungen abgeben. Die Genehmigung erteilt, auch wenn die Amtszeit geendet hat, der Präses der zuständigen Behörde.

Sie darf versagt werden, wenn die Aussage dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten oder die Erfüllung öffentlicher Aufgaben ernstlich gefährden oder erheblich erschweren würde.

(3) Unberührt bleibt die gesetzlich begründete Pflicht, Straftaten anzuzeigen.

§ 9:

Aufwandsentschädigung

Die Mitglieder der Kommission erhalten eine Aufwandsentschädigung in entsprechender Anwendung des Gesetzes über Entschädigungsleistungen anläßlich ehrenamtlicher Tätigkeiten in der Verwaltung vom 1. Juli 1963 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 111), zuletzt geändert am 2. September 1996 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 229).

§ 10:

Übergangsregelung Abweichend von § 1 Absatz 3 endet die Amtszeit der erstmals berufenen Kommissionsmitglieder bereits nach zwei Jahren.

Begründung:

Allgemeines:

Auf Basis des Abschlußberichts des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses „Hamburger Polizei" soll eine Polizeikommission eingerichtet werden, die mit drei vom Senat berufenen ehrenamtlichen Mitgliedern bei der für die Polizei zuständigen Behörde einzurichten und deren Unabhängigkeit gesetzlich zu garantieren ist. Hierzu dient das Gesetz über die Polizeikommission.

Eine Einfügung der Vorschriften in ein bestehendes Gesetz bietet sich nicht an, es wird deshalb ein eigenständiges Gesetz geschaffen.

Die einzurichtende Kommission wird mit Blick auf ihr Aufgabenfeld als Polizeikommission bezeichnet.

1. Zu § 1

Da Aufgabe der Kommission ist, auf die Einhaltung des rechtsstaatlich gebotenen Handelns unter Wahrung von Gesetz und Recht bei der Polizei zu achten, ist vorgesehen, daß ein Mitglied der Kommission die Befähigung zum Richteramt haben muß. § 1 Absatz 2 Satz 4 trägt Artikel 3 Absatz 2 Satz 4 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg Rechnung.

Die Beschränkung der potentiellen Kommissionsmitglieder auf Personen.