Beschulung schwerst und mehrfach behinderter Schülerinnen und Schüler

Betreff: Beschulung schwerst und mehrfach behinderter Schülerinnen und Schüler. Schwerst und mehrfach behinderte Schülerinnen und Schüler (MF-Schüler) sind auf besonders intensive Förderung angewiesen. Sie benötigen für ihre Entwicklung und zum Lernen mehr Zeit als nicht-behinderte Kinder und Jugendliche. Hinzu kommt, dass sie nicht selten aufgrund hoher Fehlzeiten ­ z. B. infolge von Krankenhausaufenthalten ­ dem Unterricht fernbleiben müssen. Die unter hohem Einsatz der betroffenen Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrenden zu erzielenden Erfolge können die Betroffenen jedoch zu einem erfüllteren Leben und zu autonomerer Lebensführung befähigen und sind daher sowohl aus individueller als auch aus gesellschaftlicher Sicht aller Anstrengung wert.

In Hamburg soll es jedoch vorkommen, dass schwerst und mehrfach behinderten Jugendlichen verwehrt wird, länger als neun Jahre eine Schule zu besuchen.

Dies vorausgeschickt, frage ich den Senat.

Die Gruppe der schwerst- und mehrfachbehinderten Schülerinnen und Schüler (MF-Schüler) ist in sich sehr heterogen und auch nicht eindeutig von anderen mit schweren ­ auch mehreren ­ Behinderungen abzugrenzen. In der Regel haben sie nicht nur einen hohen sonderpädagogischen und therapeutischen Förderbedarf, sondern sind in hohem Maße auf basale Wahrnehmungsförderung und Pflege angewiesen. Viele erreichen nicht den geistig-seelischen Entwicklungsstand eines einjährigen Kindes.

Diese MF-Schüler werden in den staatlichen Schulen in der Regel in so genannten MF-Klassen an Sonderschulen gefördert, vereinzelt auch in privaten Sonderschulen. Eine Beantwortung der Fragen ist nur in Bezug auf die MF-Schüler an staatlichen Sonderschulen möglich, weil die MF-Schüler in privaten Sonderschulen statistisch nicht gesondert erfasst werden.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt.

1. An welchen Schulen werden in Hamburg MF-Schüler unterrichtet?

Wie viele MF-Schüler werden an den genannten Schulen zurzeit unterrichtet?

Vgl. Erhalten alle MF-Schüler die Möglichkeit, elf Jahre lang und bis zum 18. Lebensjahr ihrer Schulpflicht nachzukommen?

Wenn nein: Erhalten die betroffenen Schüler diese Möglichkeit nur auf Antrag?

Wenn ja: Wer entscheidet und auf Grundlage welcher Erkenntnisse und Daten, ob einem solchen Antrag stattgegeben wird?

Wie vielen solcher Anträge wurde in den vergangenen zwei Jahren nicht stattgegeben?

Die Vollzeitschulpflicht dauert auch für MF-Schüler neun Schulbesuchsjahre und wird durch den Besuch der Grundschule und einer weiter führenden allgemein bildenden Schule oder durch den Besuch einer Sonderschule erfüllt. Absolventinnen und Absolventen der MF-Klassen erfüllen die zweijährige Berufsschulpflicht in der Regel durch Verlängerung des Schulbesuchs in MF-Klassen. Bisher gelang es in allen Fällen, die Erfüllung der Schulpflicht zu ermöglichen oder eine andere einvernehmliche Lösung zu finden. Dabei ist in enger Absprache zwischen Schule und Erziehungsberechtigten eine Lösung gefunden worden, die den sehr spezifischen Bedingungen des jeweiligen Einzelfalles am besten entsprach.

3. Welche Beschulungs- und/oder sonstigen Bildungsmaßnahmen gibt es für die Schülerinnen und Schüler, die die MF-Schulen nach neun Jahren verlassen müssen?

Wie viele Plätze stehen in den unter Punkt 3 genannten Einrichtungen derzeit zur Verfügung?

Keine. Vgl. im Übrigen Antwort zu 2.

4. Was ist seitens einer Hauptschule zu veranlassen, wenn ein Jugendlicher diese Schule nach neun Jahren bzw. im Alter von 16 Jahren verlässt?

Haupt- und Realschulen überprüfen den Rücklauf der Anmeldungen ihrer Schulabgänger aus dem berufsbildenden Bereich und melden Schüler, die nicht in einer beruflichen Schule angemeldet sind und noch keine elf Vollzeitschuljahre absolviert haben, an eine zentrale Erfassungsstelle.

Wie wird an Schulen für geistig Behinderte verfahren?

Abgänger aus Schulen für Geistigbehinderte erfüllen ihre Berufsschulpflicht entweder im Rahmen der Werkstatt für behinderte Menschen oder durch den Besuch einer Berufsvorbereitungsschule. In Kooperation mit der Berufsberatung und dem Schulinformationszentrum bereitet die Schule für Geistigbehinderte den Besuch dieser Einrichtungen vor.

Wie erklären sich ggf. die unterschiedlichen Verfahrensweisen in MF-Schulen im Vergleich zu Hauptschulen und zu Schulen für geistig Behinderte?

Absolventen der MF-Klassen können nicht in ein Berufs- oder Erwerbsleben eintreten. Vgl. im Übrigen Vorbemerkung und Antwort zu 2.

5. Gilt in Hamburg eine elfjährige Schulpflicht?

Wenn ja: Gilt diese Schulpflicht auch für schwerst und mehrfach behinderte Schülerinnen und Schüler?

Wenn ja: Wie lässt sich damit vereinbaren, dass Schülern verwehrt wird, dieser Schulpflicht nachzukommen?

Wenn nein: Warum nicht und wie lässt sich dies mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbaren?

Siehe Antwort zu 2.