Kulturpolitik durch Personalpolitik

In der letzten Woche hat die Kultursenatorin Mitglieder des Aufsichtsrates der Deichtorhallen GmbH und des Aufsichtsrates des Deutschen Schauspielhauses abberufen. Namen für Nachfolger waren bereits der Presse zu entnehmen. Hierzu wird der Sprecher der Kulturbehörde zitiert, selbstverständlich handele es sich um Personen, die dem Senat gewogen sind, dies sei aber nicht das einzige Kriterium gewesen. Andere Kriterien als das genannte werden jedoch nicht benannt.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

1. Welche Gründe für eine Abberufung von Mitgliedern der genannten Aufsichtsräte kann es in juristischer Hinsicht überhaupt geben? Müssen so genannte wichtige Gründe vorliegen?

2. Wo ist dies, bezogen auf die Deichtorhallen, wo bezogen auf das Schauspielhaus geregelt (bitte konkrete Rechtsnormen nennen)?

3. Lagen die Gründe für die Auswechslung der abberufenen Aufsichtsratsmitglieder jeweils in der Person der Abberufenen?

a) Inwiefern?

b) Wenn nein: Welche Gründe waren es dann?

4. Wer darf über die Abberufung von Mitgliedern des Aufsichtsrates der Deichtorhallen GmbH entscheiden; wer hat dies zu welchem Zeitpunkt getan?

5. In welcher Weise wurde zu welchem Zeitpunkt der Aufsichtsrat mit der Abberufung der bisherigen Mitglieder Frau Renate Kammer und Herr Philip Moffat befasst?

6. Nach welchem Verfahren wurde die Findung von neuen Mitgliedern für den Aufsichtsrat der Deichtorhallen GmbH bzw. des Schauspielhauses durchgeführt?

a) Wer war daran beteiligt?

b) Welches waren die Berufungskriterien?

Nach § 8 Absatz 1 des Gesellschaftsvertrages der Neuen Schauspielhaus GmbH werden neun der zwölf Mitglieder des Aufsichtsrats von der Freien und Hansestadt Hamburg berufen und abberufen.

Mitglieder des Aufsichtsrats der Deichtorhallen-Ausstellungs GmbH, die nicht entsandt werden oder die nicht kraft Amtes Mitglieder sind, werden nach § 7 Absatz 1 der Satzung der Gesellschaft von der Freien und Hansestadt Hamburg, vertreten durch die Gesellschafterversammlung, gewählt. Ein entsprechender Beschluss ist auf Vorschlag des Senats am 10. Juni 2003 gefasst worden.

Bei der Auswahl der Aufsichtsratsmitglieder in beiden Gremien sind berufliche Erfahrungen sowie Interesse für den Kulturbereich entscheidend. Besonderes Gewicht wurde auf den wirtschaftlichen Sachverstand gelegt. Die Berufung von Professor F.C. Gundlach in den Aufsichtsrat der DeichtorhallenAusstellungs GmbH wurde im Überlassungsvertrag der Sammlung F.C. Gundlach an die Deichtorhallen vereinbart.

Der Angabe von Gründen für die Berufung und Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern bedarf es nicht.

7. Wie wird bei den neu zu berufenden Aufsichtsratsmitgliedern gewährleistet, dass es nicht zu einer persönlichen Befangenheit bzw. zu Interessenunverträglichkeiten zwischen Aufsichtsratsmandat und sonstigen Eigeninteressen kommt?

Die Geschäftsordnung des Aufsichtsrats der Neuen Schauspielhaus GmbH sieht vor, dass Aufsichtsratsmitglieder, die bei einem Beratungsgegenstand persönlich beteiligt sind, an der Beschlussfassung über diesen Beratungsgegenstand nicht teilnehmen dürfen.

Im Aufsichtsrat der Deichtorhallen-Ausstellungs GmbH wird entsprechend verfahren. Darüber hinaus ergeben sich die Rechte und Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder aus aktienrechtlichen Vorschriften, auf die das GmbH-Gesetz verweist.

8. Zu welchem Zeitpunkt wurde mit Frau Kammer bzw. Herrn Moffat über die Gründe für die Abberufung gesprochen? Falls dies nicht oder erst im Nachhinein geschah:

a) Warum?

b) Hält der Senat bzw. die zuständige Behörde dies für eine sinnvolle Fortsetzung einer dialogorientierten Kulturpolitik, wie Dr. Horáková sie programmatisch beim „Round Table Talk mit Bea Switczak" am 12. März dieses Jahres erläutert hat?

Frau Kammer und Herr Moffat sind von der Aufsichtsratsvorsitzenden mit Schreiben vom 10. Juni 2003 von der Abberufung benachrichtigt worden. Gespräche haben nicht stattgefunden. Darüber hinaus sieht der Senat in ständiger Praxis davon ab, zu öffentlichen Äußerungen seiner Mitglieder Stellung zu nehmen.