Verlegung der Gefangenen in die JVA Billwerder

Da der Senat nicht alle meiner Fragen in Drucksache 17/2912 beantwortet hat, frage ich erneut.

Der Senat hat sich in seiner Antwort auf die Schriftliche Kleine Anfrage Drucksache 17/2912 zu allen dort gestellten Fragen umfassend geäußert. Dies gilt insbesondere für die Fragen nach den Konsequenzen, die sich aus der Verlagerung der ehemaligen Justizvollzugsanstalt (JVA) Vierlande, einer Anstalt des offenen Vollzuges, in die Räumlichkeiten der geschlossenen JVA Billwerder für die davon betroffenen Gefangenen ergeben.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt.

1. Ende Juni 2003 sind 260 Gefangene, die bisher in der JVA Vierlande im offenen Vollzug untergebracht waren, in die JVA Billwerder verlegt worden. Nach Senatsauskunft soll es dort erst ab Ende 2003 35 Haftplätze im offenen Vollzug geben. Warum mussten 260

Gefangene aus dem offenen Vollzug in eine Justizvollzugsanstalt umziehen, die derzeit nicht einen baulich passenden Haftplatz hat und auch in Zukunft nur wenige Plätze des offenen Vollzugs haben wird?

Siehe Antwort zu 10. der Schriftlichen Kleinen Anfrage Drucksache 17/2912.

2. Laut Senatsauskunft sollen die Gefangenen, die sich vor dem Umzug im offenen Vollzug befanden, „in der geschlossenen JVA Billwerder in allen wesentlichen Belangen ihre im offenen Vollzug erworbenen Rechte behalten".

Welche Rechte haben die Gefangenen im offenen Vollzug erworben?

Welches sind die Rechte, die wesentliche Belange betreffen und beibehalten werden?

Welches sind die Rechte, die nicht wesentliche Belange betreffen?

Die Rechte eines Gefangenen im offenen Vollzug orientieren sich an den besonderen Anforderungen des offenen Vollzuges, § 10 Strafvollzugsgesetz (StVollzG). Sie hängen von der vollzuglichen Entwicklung des einzelnen Gefangenen ab und variieren entsprechend. Im Übrigen siehe Antwort zu 8.1. der Schriftlichen Kleinen Anfrage Drucksache 17/2912.

3. In der JVA Billwerder soll das so genannte Refasystem eingeführt werden.

Welche Vorteile versprechen sich der Senat bzw. die zuständige Behörde von der Einführung dieses Systems?

Wie wird sichergestellt, dass der Aufwand zur Durchführung des Systems nicht seinen Nutzen übersteigt?

Wie werden die mit dem Refasystem zu bewertenden Punkte festgelegt und anhand welcher Kriterien werden sie bemessen? Wer wurde an der Bemessung beteiligt (Personalräte? Insassenvertretungen? Anstaltsbeiräte?)?

Nach § 19 StVollzG darf jeder Gefangene seinen Haftraum in angemessenem Umfang mit eigenen Sachen ausstatten. Vorkehrungen oder Gegenstände, die die Übersichtlichkeit des Haftraumes behindern, können ausgeschlossen werden. Das mit der Inbetriebnahme der JVA Billwerder eingeführte REFA-Verfahren dient dem Ziel, die Konkretisierung der in § 19 StVollzG enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe „angemessener Umfang" der Haftraumausstattung und „Übersichtlichkeit" des Haftraumes zu objektivieren und hierdurch die Akzeptanz der zu treffenden Entscheidungen zu erhöhen.

Die zuständige Behörde stützt ihre Erwartung auf entsprechende Erfahrungen in der JVA Frankenthal in Rheinland-Pfalz. Dort wird das Verfahren seit ca. sechs Jahren erfolgreich eingesetzt.

Haftraumkontrollen nach REFA-Methoden setzen voraus, dass für jeden der Gegenstände, die für die Haftraumausstattung grundsätzlich zugelassen sind, im Rahmen von Zeitwertstudien, deren Ablauf nach REFA festgelegt ist, die Zeit ermittelt wird, die zu seiner gründlichen Kontrolle nötig ist. Die Kontrollzeiten werden in Punkte umgerechnet. Zehn Punkte entsprechen einer Minute. Für die JVA Billwerder gilt, dass der Zeitaufwand für die Kontrolle aller in einem Haftraum befindlichen Gegenstände zwei Stunden für zwei Mitarbeiter nicht übersteigen darf. Der Gesamtpunktwert aller zu kontrollierenden Gegenstände darf daher 2400 Punkte nicht übersteigen.

Der nicht geringe Aufwand insbesondere für die Erstellung der Zeitwertstudien gewährleistet, dass ein effizientes Instrument für effektive Haftraumkontrollen zur Verfügung steht, dessen Nutzen den Aufwand deutlich überragt.

Die Festlegung der „REFA-Punkte" erfolgt auf der Grundlage des beschriebenen objektiven Zeitmessverfahrens. Eine Bemessung der Punkte nach entsprechenden Kriterien findet nicht statt. Deshalb bestand kein Anlass, den Personalrat, die Insassenvertretung oder den Anstaltsbeirat zu beteiligen. Der Personalrat war allerdings im Zuge der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit der Dienststelle mit der Einführung des REFA-Verfahrens informatorisch befasst.

4. Laut Senatsauskunft soll mit der Inbetriebnahme der JVA Billwerder die erforderliche Zahl an Haftplätzen des offenen Vollzuges für die Durchführung der derzeit 46 Freigangmaßnahmen zur Verfügung stehen.

Wo stehen die Haftplätze des offenen Vollzuges für die 46 Freigangmaßnahmen bisher in der JVA Vierlande untergebrachter Gefangener konkret zur Verfügung?

Wie schafft es der Senat, 46 Haftplätze des offenen Vollzugs in einer Anstalt zur Verfügung zu stellen, in der es erst ab Oktober 2003 eine entsprechende Abteilung mit 35 Plätzen geben wird?

Bis zur Fertigstellung der Freigängerabteilung der JVA Billwerder sind die Freigänger in einer für den Regelvollzug vorgesehenen Abteilung untergebracht. Der Betrieb dieser Abteilung ist auf die Bedürfnisse der Freigänger eingestellt. Dies gilt insbesondere für die Besonderheiten, die mit früher Arbeitsaufnahme und späten Rückkehrzeiten verbunden sind.

5. Der Senat hat mitgeteilt, Haftplätze für Freigänger würden auch künftig nicht gesondert ausgewiesen. Was spricht dagegen?

Die Zahl der Haftplätze für Freigänger in den Hamburger Justizvollzugsanstalten insgesamt ist nicht limitiert, sondern variiert in den Anstalten des offenen Vollzuges je nach der Zahl der aktuell zum Freigang zugelassenen Gefangenen.

Eine gesonderte Ausweisung dieser Plätze würde dieser Sachlage nicht gerecht.

6. Laut Senatsauskunft sollen „die den Gefangenen grundsätzlich zustehenden Urlaubstage" nicht verfallen. Wie wird das konkret sichergestellt (wurde der Urlaub vorgezogen, wird er nachgeholt)?

Die Inanspruchnahme der Urlaubstage, die den Gefangenen grundsätzlich zustehen, ist nicht an bestimmte Tage gebunden. Es ist deshalb weder tatsächlich noch aus Rechtsgründen erforderlich, dass Urlaub vorgezogen oder nachgeholt wird.