Baugrundstücke

Anlage 2: Stand der Modernisierung des Rechnungswesens in Ländern und Kommunen

1. Überblick über den Sachstand Voraussetzung für die Modernisierung des Rechnungswesens in Ländern und Kommunen ist in den meisten Fällen (Ausnahme Stadt Wiesloch seit 1993, vgl. unten) die Verabschiedung des Haushaltsrechts-Fortentwicklungsgesetzes vom 22. Dezember 1997, mit dem das Haushaltsgrundsätzegesetz novelliert wurde. Um das Wirtschaftlichkeitsprinzip deutlich stärker im Haushaltsrecht zu verankern, wurde festgeschrieben, dass für alle finanzwirksamen Maßnahmen angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen durchzuführen sind, gleichzeitig sollen in geeigneten Bereichen Kosten- und Leistungsrechnungen eingeführt werden.

Darüber hinaus wurde die Möglichkeit geschaffen,

Haushaltsmittel abweichend von der Systematik des Gruppierungsplans outputorientiert zu veranschlagen und zu bewirtschaften und zusätzlich zu den bisherigen kameralistischen Regelungen ein doppisches Rechnungswesen in sinngemäßer Anwendung der Vorschriften des HGB einzuführen.

Die Anpassung des Haushaltsrechts der Länder an die geänderte Rechtslage ist bisher recht unterschiedlich ausgefallen: die Bandbreite reicht von der Beibehaltung der Kameralistik unter Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung bis zur Ablösung der Kameralistik durch eine auf der Doppik basierenden „Neuen Verwaltungssteuerung" (z. B. Land Hessen).

Als bundeseinheitliche Grundlagen für die Erneuerung des Haushaltsrechts für Kommunen hat die Innenministerkonferenz 1999 eine „Konzeption zur Reform des Kommunalen Haushaltsrechts" verabschiedet, die neben dem reformierten kameralistischen Haushaltswesen (erweiterte Kameralistik) die Bereitstellung eines doppischen Haushalts- und Rechnungssystems vorsieht (Optionenmodell). Ein Ausschuss der Innenministerkonferenz arbeitet an einem Musterentwurf für eine doppische Haushaltsführung, der bis spätestens Frühjahr 2004 vorliegen soll.

Nachdem die meisten Länder dem Optionenmodell der Innenministerkonferenz zunächst gefolgt sind, indem sie Experimentierklauseln für Ausnahmen von haushaltsrechtlichen Vorschriften in ihren Haushalts- bzw. Gemeindeordnungen aufgenommen haben, wird in unterschiedlicher Geschwindigkeit an der Erprobung und Etablierung neuer Rechnungswesenmodelle gearbeitet. Dabei verfolgen die verschiedenen Projekte sehr ähnliche Reformansätze:

2. Neues Kommunales Rechnungswesen / Neues Kommunales Haushaltswesen (Speyerer Modell) in Baden-Württemberg: Modellprojekt Wiesloch seit 1994

Ziele des neuen Rechnungswesens 1993 billigte das baden-württembergische Kabinett die vorgeschlagenen Eckpunkte einer Arbeitsgruppe zur Umgestaltung des gemeindlichen Haushalts- und Rechnungswesens: Zulassung der Doppik als Wahlform anstelle der Kameralistik, Weiterentwicklung der Kameralistik und Ermöglichung einer kommunalen Gesamtbilanz.

Ziele einer praxisgerechten Modernisierung des kommunalen Finanzwesens sollen sein:

Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung, zur Gewährleistung effizienten und effektiven Verwaltungshandelns

Dezentralisierung von Ressourcenverantwortung

Vereinheitlichung des kommunalen Rechnungswesens zur Rückgewinnung des Gesamtüberblicks über die kommunale Finanzlage

Einführung von Budgetierung und Outputorientierung: Erhöhung der Flexibilität der Ressourcennutzung und gleichzeitige Verbesserung der Output-Steuerung

Einführung und komfortable Integration der Kostenrechnung in das kommunale Finanzwesen: Einführung der Doppik

Als bundesweit erste Kommune hat die Stadt Wiesloch am 1.1.1996 ihr Rechnungswesen auf ein doppisches System nach dem „Neuen Kommunalen Rechnungswesen" (NKF) umgestellt. Seit 1999 wird es unter Verzicht auf das kameralistische Rechnungswesen eingesetzt.

Voraussetzung hierfür war die gleichzeitige Einführung des „Neuen Kommunalen Haushaltswesens"(NKH) als neue Form der Planung des Geld- und Ressourcenverbrauchs.

Neues Kommunales Rechnungswesen

Das Konzept des „Neuen Kommunalen Rechnungswesens" (NKR) wurde im Rahmen des Wieslocher Modellprojekts unter wissenschaftlicher Begleitung der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer entwickelt. Es geht von einer Drei-Komponenten-Rechnung aus, bestehend aus der Vermögensrechnung (Bilanz), der Ergebnisrechnung (Gewinn- und Verlustrechnung, G+V) und der Finanzrechnung (Geldflussrechnung):

In der Vermögensrechnung wird auf der Aktivseite nachgewiesen, wie die Kommune ihr Vermögen gebunden hat: Unterschieden wird Verwaltungsvermögen und realisierbares Vermögen. Verwaltungsvermögen dient der Aufgabenerfüllung, wie z. B. Schulgebäude, Straßen, Lagerbestände usw. Als realisierbares Vermögen werden Anlagengüter aufgeführt, die nicht unmittelbar der kommunalen Aufgabenerfüllung dienen, wie beispielsweise Baugrundstücke, die veräußerbar wären, aber auch liquide Mittel. Das realisierbare Vermögen wird auch als „Schuldendeckungspotential" bezeichnet, um auszudrücken, in welcher Höhe den kommunalen Schulden disponible Mittel gegenüberstehen.

Auf der Passivseite der Bilanz wird die Kapitalherkunft dargestellt, also inwieweit das Vermögen eigen- oder fremdfinanziert wurde. Das Eigenkapital wird als „Nettoposition" bezeichnet und ergibt sich als Saldo aus Vermögen und Schulden.

In der Ergebnisrechnung werden alle Aufwendungen und Erträge, unabhängig vom Zeitpunkt des Liquiditätszu- oder -abflusses erfasst. Daher enthalten z. B. die Erträge auch Wertsteigerungen von Grundstücken und die Aufwendungen auch Abschreibungen. Ziel soll sein, ein ausgeglichenes Gesamtergebnis zu erreichen, um zu gewährleisten, dass kein Vermögensverzehr stattfindet.

Die Finanzrechnung misst die Geldzu- und -abflüsse. Unterschieden wird zwischen Einzahlungen und Auszahlungen aus laufender Geschäftstätigkeit, aus Investitionen und Krediten. Der Saldo der Ein- und Auszahlungen aus laufender Geschäftstätigkeit wird als „Cash Flow" bezeichnet. Die Finanzrechnung dient der Liquiditätssteuerung, indem sie nachweist, durch welche Vorgänge der Kassenbestand verändert wird.

Obwohl bundesweit die Notwendigkeit einer Finanzrechnung für ein Neues Rechnungswesen am umstrittensten war, haben sich bisher alle Pilotprojekte in den verschiedenen Bundesländern für die Führung einer Finanzrechnung als dritte Komponente entschieden.

Neues Kommunales Haushaltswesen

Das „Neue Kommunale Haushaltswesen" (NKH) soll das Planungsäquivalent zum doppischen Rechnungswesen des NKR darstellen: Der Haushaltsplan besteht aus einem Ergebnishaushalt und einem Finanzhaushalt, über die sowohl die betriebswirtschaftliche als auch finanzwirtschaftliche Steuerung erfolgt. Der Ergebnishaushalt ermächtigt zum Ressourcenverbrauch, der auch nicht-monetäre Vorgänge umfasst. Im Finanzhaushalt werden alle voraussichtlichen Zahlungsvorgänge aufgenommen, unabhängig davon, ob sie ergebniswirksam sind (also z. B. auch Auszahlungen für Investitionen oder Tilgungen).

Beide Haushalte werden ­ entsprechend der institutionellen Gliederung der Gemeinde ­ in Teilhaushalte gesplittet. Budgets werden auf Fachbereichsebene vergeben, die weitere Untergliederung erfolgt verwaltungsintern auf Ebene der Kostenstellen als unterste Ebene.

Eine wichtige Rolle bei der Planung spielt die interne Leistungsverrechnung, die sich budgetwirksam auswirkt und damit das Budget wie externe Leistungen belasten (z. B. Entgelte für die Nutzung von Gebäuden). Der Budgetverantwortliche hat die Möglichkeit, sich für die kostengünstigere Möglichkeit zu entscheiden.

In den Teilhaushalten werden mit den Verantwortlichen Finanzziele (Defizite bzw. maximaler Liquiditätsverbrauch) und Sachziele (Produkte für regelmäßige und Projekte für einmalige, befristete Aufgaben) vereinbart. Sachziele sind ein neuer Bestandteil der Haushaltsplanung.

Die Steuerung der Verwaltung kann auf diese Weise über Zielvereinbarungen und dafür erforderliche Budgets erfolgen.

3. Neues Kommunales Finanzmanagement und Neuer Kommunaler Haushalt in Nordrhein-Westfalen: Modellprojekt in 7 Kommunen 1999 wurde das „Modellprojekt zur Einführung eines Neuen Kommunalen Finanzmanagements (NKF) in Nordrhein-Westfalen" gegründet, das unter Beteiligung von 7 Kommunen und des Innenministeriums der Entwicklung und Erprobung eines gemeinsamen Konzepts zur Einführung eines doppischen Kommunalhaushalts dienen sollte. In einem Eckpunktepapier des Innenministeriums von 1999 wurden folgende Ziele des Neuen Kommunalen Finanzmanagements festgehalten:

Budgetierung: Zusammenfassung von Fach- und Ressourcenverantwortung, Kerngedanke ist die Umsetzung einer dezentralen Ressourcenverantwortung und der Produktorientierung

Organische Haushaltsgliederung: Neue Grundsätze für die Führung und Organisation der Verwaltung, die Haushaltsgliederung soll der örtlichen Verwaltungsgliederung entsprechen

Steuerung durch Leistungsvorgaben: Erhöhung der Effizienz durch konkrete Zielvorgaben, Zielsetzung über die Aufstellung von Produktkatalogen

Ressourcenverbrauchskonzept: Abkehr von der reinen Einnahmen- und Ausgabenrechnung,