Projekt BBZ

Der vorliegende Zwischenbericht der fünf für diesen Zweck eingesetzten Arbeitsgruppen zeigt den Stand des Prüfverfahrens auf und enthält Trendaussagen, in welche Richtungen das schulische Berufsbildungssystem weiterentwickelt werden könnte.

Die in Kurzform „Projekt BBZ" genannten Untersuchungen zielen auf drei Bereiche, die theoretisch isoliert, wegen der ihnen innewohnenden Interdependenzen aber besser gemeinsam zu betrachten sind.

· Rechtlich-betriebswirtschaftliche Struktur des beruflichen Schulwesens im Hinblick auf Trägerschaft und Rechtsform, personelle und sächliche Ressourcen der BBZ, Steuerungssystem und Informationsmanagement.

· Größe, Standorte und Bildungsgänge der BBZ

· Bildungsgänge des beruflichen Schulwesens und ihre Gestaltung.

Die zu erarbeitenden Reformvorschläge zielen vor allem auf

· eine Qualitätsverbesserung der Berufsbildung i. S. der Förderung einer umfassenden Handlungskompetenz junger Menschen,

· die Stärkung der Leistungsfähigkeit des Standortes Hamburg,

· die Schaffung von Bildungsgängen und Organisationsformen, die Synergieeffekte ermöglichen und damit zur Ressourcenschonung beitragen.

Hinsichtlich Rechtsform und Trägerschaft scheinen die bisherigen Regelungen ­ auch vor den Entwicklungen in anderen Ländern ­ nicht ausreichend zur Zielerreichung geeignet zu sein.

Nach Untersuchung realistischer Alternativen könnte die Überführung beruflicher Schulen in rechtlich selbständige Anstalten öffentlichen Rechts eine zielgerichtete Weiterentwicklung darstellen.

Zur Gestaltung der dann notwendigen neuen Organisationsstruktur wurden vier Varianten entwickelt, von denen das Modell „Institut" als das geeignetste angesehen werden könnte. In diesem zweistufigen System würde unterhalb der auf ihre ministeriellen Kernaufgaben beschränkten Behörde für Bildung und Sport (BBS) ein zu gründendes Hamburger Institut für Berufsbildung (HIB) den BBZ zur Seite gestellt. Das HIB könnte als Anstalt des öffentlichen Rechts mit Dienstherreneigenschaft ausgestattet werden, durch Kontrakte mit der BBS gesteuert werden, eine weitestgehend unabhängige Schulinspektion darstellen, an der Gestaltung beruflicher Bildungsgänge mitwirken, die BBS und die BBZ beraten und BBZübergreifende Verwaltungs- und Serviceaufgaben (wie z. B. Personalverwaltung) satzungsoder vertragsmäßig übertragen bekommen. Die ebenfalls über Kontrakte durch die BBS gesteuerten BBZ könnten auch als Anstalten des öffentlichen Rechts rechtlich selbständig werden, unter Hinzuziehung eines kaufmännischen Leiters professioneller geführt werden und eine umfassende Budgetverantwortung über ein Globalbudget erhalten.

Im Modell „Holding" würde eine Art Mittelinstanz zwischen die BBZ und die BBS geschoben.

Kontraktbeziehungen bestünden dann zwischen der BBS und der Holding einerseits sowie zwischen der Holding und den BBZ andererseits. Im Modell „Autonomie" könnte die rechtliche Selbständigkeit der BBZ auch die Dienstherreneigenschaft umfassen. Schließlich bliebe im Modell „Evolution" der Status quo in der Rechtsstruktur erhalten; die Veränderungen bezögen sich auf Standorte und Strukturen der BBZ sowie die Gestaltung der Bildungsgänge.

Es sollte die größtmögliche Personalhoheit auf der Ebene der BBZ erreicht werden. Lediglich die verfahrensmäßige Abwicklung der Einstellung würde beim HIB liegen, das zudem eine Clearingstelle zum Ausgleich von Personalversorgungs -Disparitäten einrichten könnte. Lehrkräfte sollten auch künftig überwiegend den Beamtenstatus haben; monetäre Leistungsanreize könnten im größtmöglichen Umfang angewandt werden. Jedes BBZ wäre für Personalführung und -entwicklung selbst verantwortlich und hätte die dafür notwendigen Ressourcen. Die Mitbestimmung richtet sich nach dem Personalvertretungsrecht.

Jedes BBZ könnte ein Globalbudget erhalten, das sich aus Sockelbeträgen und teilnehmerbezogenen Stundensätzen zusammensetzen würde. Im Globalbudget wären insbesondere enthalten die Bezüge, Rückstellungen und Pensionsleistungen, Investitions - und Unterrichtsmittel, Abschreibungen, Bauunterhaltung und Bewirtschaftungskosten. Die Immobilien könnten in das Eigentum des jeweiligen BBZ übergehen. Das Budget könnten auch Erfolgs- und Innovationskomponenten enthalten. Die Einführung eines kaufmännischen Rechnungswesens würde eine transparente und effiziente Steuerung der BBZ erleichtern.

An die Stelle der bisherigen Detail- und Inputsteuerung würde eine Global- und Outputsteuerung treten. Das Steuerungskonzept umfasst auf einer Satzung aufbauende Kontrakte zw ischen BBS und BBZ mit Ziel- und Leistungsvereinbarungen und einem geregelten Berichtswesen, eine externe Evaluation durch eine Schulinspektion und ein BBZ -internes Qualitätsmanagement-System, das mit einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess verbunden ist.

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 17. Wahlperiode

Wesentliche Kriterien für die Bildung der BBZ könnten Branchenbezug, Ausgewogenheit des Bildungsangebots, bauliche Gegebenheiten und die für eine professionellere Leitung optimale Betriebsgröße sein. Musterhaft wurden die bisher 48 beruflichen Schulen zu 17 BBZ weiterentwickelt. Jedes BBZ hätte dann gut 1000 bis etwa 2500 „Vollschüler". (Diese ergeben sich, indem man auch Teilzeitschüler durch einen entsprechenden Gewichtungsfakor in Vollzeitschüler umrechnet.)

Schließlich sind auch noch die Bildungsgänge und ihre Gestaltung zu betrachten. Während in der Berufsschule im Wesentlichen didaktische Neuerungen zu berücksichtigen sind, könnten bei den beruflichen Vollzeit-Bildungsgängen erhebliche Weiterentwicklungen notwendig sein.

Das betrifft die bildungspolitische Notwendigkeit selbst, die Praxisorientierung, die Festlegung curricularer Mindeststandards durch die BBS und ihre Ausgestaltung durch die BBZ, den Erwerb von Berechtigungen sowie eine systematische Verlaufs- und Verbleibsanalyse. Eine besondere Herausforderung stellt die Reform des Bereiches berufliche Weiterbildung dar. Hier dürfte es zu einem sensibel zu handhabenden Abstimmungsprozess mit den Partnern der Lernortkooperation und Weiterbildungsträgern kommen, der im Ergebnis zur optimalen, wettbewerbsneutralen Nutzung der jeweiligen Kompetenzen führt.

Der Zeitplan ist ehrgeizig. Der vorliegende Zwischenbericht könnte bis Anfang 2003 zu einem bildungspolitischen Eckwertepapier weiterentwickelt werden, das auch den Umsetzungsbeginn 01.08.03 enthalten würde.

1 Anlässe und Ziele

Mit dem Koalitionsvertrag (u. a. „Reform der Berufsschulstandorte", „Reform der beruflichen Bildung" und „Autonomie der einzelnen Schule"), angesprochen auch in der Senatsklausur in Jesteburg (5. Mai 2002), wurde der Behörde für Bildung und Sport der Auftrag erteilt, die Weiterentwicklung der beruflichen Schulen zu selbständigen branchenbezogenen Berufsbildungszentren (BBZ) ­ auch in eigener Trägerschaft ­ zu prüfen.

Als Anlässe für die Weiterentwicklung der beruflichen Schulen seien die folgenden Sachverhalte hervorgehoben.

- Die immer komplexere Arbeitswelt entwickelt sich dynamisch; organisatorische Strukturen und Arbeitsweisen haben sich stark verändert. Daraus ergeben s ich neue Aufgaben für die Berufsbildung.

- Schulentwicklung ist in den letzten Jahren in anderen Bundesländern, im Ausland und auch in Hamburg durch einen Trend zu sich stärker selbst steuernden Einheiten gekennzeichnet.

- Das Bildungsangebot wurde an den Hamburger beruflichen Schulen und an ihren Standorten in den letzten beiden Jahrzehnten eher kurzfristig und anlassbezogen weiterentwickelt.

- Die bisherigen Erfahrungen in Bildungssystemen und in der Wirtschaft sprechen dafür, dass Qualitätsverbesserungen im Unterricht und die Freisetzung von Innovations und Kreativitätspotenzialen in weitgehend selbstverantwortlichen BBZ besser gelingen.

- Aufgrund des Paradigmenwechsels der Berufspädagogik (z. B. handlungsorientierter Unterricht; Lernfeldunterricht, ...) wurde die Zusammenarbeit mit Sozialpartnern, Ausbildungsbetrieben und zuständigen Stellen in den letzten Jahren intensiviert. Diese Lernortkooperation gilt es (z. B. über verstärkte Mitwirkungsmöglichkeiten) auszubauen. Dies korrespondiert auch mit Forderungen von Teilen der Wirtschaft.

Im Mittelpunkt von Schulentwicklungsprozessen stehen sowohl die Schülerinnen und Schüler mit ihrem Anspruch auf eine hohe Qualität der schulischen Arbeit, zugleich sind aber auch die abnehmenden Systeme (Unternehmen, Arbeitsmarkt) und die von ihnen definierten Anforderungen stärker in den Blick zu nehmen. Unter dieser Prämisse zielt die Prüfung der Bildung von BBZ auf die Sicherstellung der Zukunftsfähigkeit der Systeme der Beruflichen Bildung (in ihrem Kontext von beruflicher Erstausbildung und beruflicher Weiterbildung) in Hamburg.

Neben dem Lernort Berufsschule als Teil der dualen Ausbildung gehören dazu die Berufsvorbereitung, die Bildungsgänge zur vollzeitschulischen Ausbildung oder Teilqualifizierung, die Weiterbildung und die beruflich geprägten Bildungsgänge für den Hochschulzugang. Im Einzelnen soll die Reform beitragen zur

- Qualitätsverbesserung der schulischen beruflichen Bildung, um die Handlungskompetenzen junger Menschen in beruflicher, gesellschaftlicher und privater Hinsicht besser als bisher zu fördern,

- Schaffung von Bildungsgängen und Standorten, die Synergieeffekte ermöglichen,

- Stärkung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Standorts Hamburg durch ein adäquat ausgebildetes Fachkräfteangebot