Der Airbus A380 hat sich am Markt durchgesetzt

Mit Senatsantrag Drucksache 16/4734 vom 5. September 2000 hatte der Senat sich verpflichtet, dem Haushaltsausschuss der Bürgerschaft im Laufe des Projektfortgangs regelmäßig halbjährlich über die aktuelle Kostenentwicklung und den Sachstand der Maßnahme „Hamburg als Standort für die Produktion und die Endlinienfertigung des Airbus A380" zu berichten. Dieser Verpflichtung ist der Senat mit den Drucksachen 16/5991 vom 8. Mai 2001, 17/202 vom 8. Januar 2002 und 17/1778 vom 26. November 2002 nachgekommen. Mit Beschluss vom 10. April 2003 (Drucksache 17/2424) hat die Bürgerschaft den Senat gebeten, einmal jährlich über den Projektfortgang zu berichten. Der Bericht umfasst auch die „weitere Verlängerung der Start- und Landebahn nach Süden" und die damit verbundenen Anpassungen im Rahmen des Projektbudgets.

II. Stand des Projekts Airbus A380:

1. Entwicklung der Flugzeugfamilie Airbus A380:

Der Airbus A380 hat sich am Markt durchgesetzt. Bei dem erfolgreichen Markteinstieg haben im Rahmen der Marktabfrage Kunden (Airlines) den Bedarf nach einer Frachterversion des Airbus A380 geltend gemacht, die bei großer Reichweite eine Zuladung von bis zu ca. 150 t ermöglichen soll. Nach Angaben von Airbus Deutschland GmbH (Airbus) liegen derzeit 129 Bestellungen vor, davon 112 für die Passagier- und 17 für die Frachterversion. Airbus geht davon aus, dass von den für den Airbus A380 insgesamt erwarteten Verkäufen 20 bis 25 % auf die Frachterversion entfallen werden.

2. Verpflichtungen Hamburgs aus dem Standortwettbewerb

Im wettbewerblichen Verfahren hat der Senat bereits 1997 und des Weiteren im September 1999 gegenüber Airbus Industrie (AI) erklärt, im Rahmen und nach Maßgabe der dafür vorgesehenen rechtlichen Regelungen alle Schritte zu unternehmen, damit ab 2006 eine Start- und Landebahn zur Verfügung steht, wie sie in Toulouse bereits vorhanden ist (3.500 m), wenn durch die Produktion des Airbus A380 ein entsprechender Bedarf nachgewiesen wird.

An dem von AI initiierten Standortwettbewerb um die Produktion und Endlinienfertigung des Airbus A380 haben aus den Ländern Spanien, Frankreich und Deutschland fünf Standorte teilgenommen. Im Hinblick auf die überragende Bedeutung des A380-Projekts für Airbus hat das Unternehmen von Beginn an größten Wert auch auf potentielle weitere Entwicklungsmöglichkeiten der Bewerberstandorte gelegt. Die weitere Umsetzung der Standortentscheidung zugunsten von Hamburg setzt voraus, dass die im wettbewerblichen Verfahren abgegebenen Erklärungen und Zusagen auch hinsichtlich der Bedarfe für weitere A380-Typen wie die zwischenzeitlich entwickelte Frachterversion des Airbus A380 eingehalten werden.

Über dieses Verfahren sowie die Vorgehensweise hat der Senat die Öffentlichkeit und die Bürgerschaft frühzeitig informiert (Mitteilung der staatlichen Pressestelle vom 28. September 1999; Bürgerschafts-Drucksache 16/4734; Protokoll der öffentlichen Sitzung des Wirtschaftsausschusses vom 18. Februar 1999 ­ Ausschussprotokoll 16/09; Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg ­ 16. Wahlperiode, 104. Sitzung am 12. Juli 2001, Seite 5353).

Bereits im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens hatte Airbus als Vorhabensträgerin darauf hingewiesen, dass sich für Konfigurationen mit höherem Abfluggewicht (neue A3XX-Versionen; extrem große Reichweiten) die Notwendigkeit einer weiteren Verlängerung der Start- und Landebahn ergeben könne. Dies konnte jedoch zum damaligen Zeitpunkt nicht Gegenstand eines Antrages auf Planfeststellung sein, da die hierfür notwendigen technischen Erkenntnisse nicht vorlagen und somit die Planrechtfertigung nicht gegeben war. Das deutsche Planungsrecht lässt keine sog. Vorratsentscheidungen zu.

3. Weitere Verlängerung der Start- und Landebahn nach Süden

Ankündigung des Bedarfs

Mit Schreiben vom 22. April 2002 hat Airbus den Senat darüber unterrichtet, dass wegen technischer Änderungen an der A380-Konfiguration eine weitere Verlängerung der Start- und Landebahn in Finkenwerder für die Frachterversion des Flugzeuges benötigt werde. Ob für die von AI gelaunchte A380-Frachterversion eine den Anforderungen des deutschen Planrechts entsprechende wissenschaftlich qualifizierte Bedarfsbegründung für eine weitere Verlängerung der Start- und Landebahn gegeben ist, konnte auf Grund dieses Schreibens nicht beurteilt werden.

Der Senat hat in seiner Sitzung am 30. April 2002 die zuständige Behörde beauftragt, die Prüfung des Bedarfs und der Alternativen zu veranlassen, sobald für eine weitere Verlängerung der Start- und Landebahn die Begründung von Airbus vorliegt.

Begründung und Prüfung des Bedarfs

Mit Schreiben vom 31. Mai 2002 hat Airbus dem Senat mitgeteilt, auf Grund der Marktabfrage sei der Bau der Frachterversion A380-800F mit einer Zuladung von bis zu 150 t beschlossen worden. Das maximale Abfluggewicht (Maximum Take Off Weight ­ MTOW) dieser Version betrage bei vergrößerter Reichweite bis zu 620 t (Garantiegewicht) und sei damit höher als bei den früheren Planungen der Airbus A3XX Passagierversionen. Die technischen Veränderungen des Airbus A380 in Verbindung mit der Frachterversion des Großflugzeuges begründen nach Auffassung von Airbus die Notwendigkeit, die Start- und Landebahn über die planfestgestellte Länge von 2.684 m hinaus um 589 m nach Süden zu verlängern.

Dieser Bedarf ist von der zuständigen Behörde unter Beteiligung der Realisierungsgesellschaft Finkenwerder mbH (ReGe) geprüft worden.

Die durchgeführte Prüfung auf Basis der von Airbus vorgelegten Begründung des Bedarfs und die veranlasste gutachterliche Plausibilitätsprüfung haben ergeben, dass für die A380-Frachterversion über die bisher planfestgestellte Länge hinaus eine weitere Verlängerung der Startund Landebahn nach Süden erforderlich ist. Die endgültige Überprüfung und Festlegung der Einzelheiten bleibt dem rechtlich erforderlichen Planfeststellungsverfahren vorbehalten.

Begehren auf Planfeststellung

Vor diesem Hintergrund hat Airbus bei der zuständigen Behörde einen Antrag auf Planfeststellung für eine weitere Verlängerung der Start- und Landebahn um 589 m nach Süden gestellt. Das Planfeststellungsverfahren wird gemäß §§ 72 ff. HmbVwVfG i.V.m. §§ 6 ff. LuftVG durchgeführt.

Dieser Antrag ist von der zuständigen Behörde öffentlich ausgelegt worden. Bis zum 23. Oktober 2003 konnten hierzu Einwendungen erhoben und Stellungnahmen abgegeben werden.

Die Planfeststellungsbehörde wird in der Folgezeit das Bestehen eines Bedarfes sowie die Begründetheit der Einwendungen entsprechend den gesetzlichen Vorschriften prüfen. Während des laufenden Verwaltungsverfahren können von Seiten des Senats derzeit keine weiteren Bewertungen gegeben werden.

4. Wirtschaftspolitische Schlussfolgerungen

Der Auf- und Ausbau des Werkes in Finkenwerder zum Standort mit vollständiger Endlinien-Kompetenz ist in den letzten 20 Jahren vom Senat systematisch als wirtschaftspolitisch prioritär begründete Maßnahme vorangetrieben worden, weil die Luftfahrtindustrie in Hamburg eine der wichtigsten Zukunftsbranchen mit einer der anspruchsvollsten Technologien ist. Um allen Erfordernissen auch im Hinblick auf die Frachterversion des Airbus A380 gerecht werden zu können, bedarf es im Werk Finkenwerder jetzt einer weiteren Verlängerung der Start- und Landebahn. Geschieht dies nicht, droht eine wesentliche Kompetenz- und damit einhergehende Arbeitsplatzverlagerung. Mit den dann in Deutschland verbleibenden Arbeitspaketen des Airbus A380 würde Hamburg in die „zweite Liga" absteigen. Denn nach den bisherigen Erfahrungen verlagern sich in der Konkurrenz der Länder und Regionen unternehmerische Aktivitäten und mit ihnen die wirtschaftliche Dynamik auf die Standorte, die Expansionsmöglichkeiten und weitere betriebliche Entwicklungsperspektiven bieten.

Damit würde Hamburg nicht nur auf alle in der Standortentscheidung von AI liegenden Chancen verzichten, sondern auch die bisher erreichte Position als Luftfahrtindustriestandort nachhaltig gefährden. Die Nichteinhaltung der im wettbewerblichen Verfahren abgegebenen Erklärungen und Zusagen ist auch wegen des Projektfortschritts (Drucksache 17/1778) und der bereits erfolgten hohen finanziellen Aufwendungen nicht vertretbar.

III. Planungsrechtlicher Vollzug des Gesamtprojekts A380:

Der planungsrechtliche Vollzug des Gesamtprojekts „Hamburg als Standort für die Produktion und Endlinienfertigung des Airbus A380" stellt sich mit dem neuen Teilprojekt „Weitere Verlängerung der Start- und Landebahn nach Süden" wie folgt dar.

1. Planfeststellungsbeschlüsse im Zusammenhang mit der DA-Erweiterung:

Erweiterungsfläche Mühlenberger Loch Rechtsgrundlage der Bauarbeiten ist der sofort vollziehbare Planfeststellungsbeschluss vom 8. Mai 2000. Mit Urteil vom 10. September 2002 hat das Verwaltungsgericht Hamburg hinsichtlich zweier Kläger den Planfeststellungsbeschluss aus Lärmschutzgründen aufgehoben und die Berufung ausdrücklich zugelassen. Die Freie und Hansestadt Hamburg (FHH) hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Das Urteil vom 10. September 2002 ist deshalb nicht rechtskräftig.

Das Hauptsacheverfahren ist beim Oberverwaltungsgericht Hamburg anhängig. In einer prozessleitenden Verfügung vom 29. September 2003 hat das OVG erkennen lassen, dass eine Aufhebung des gesamten Planfeststellungsbeschlusses vom 8. Mai 2000 allein aus Lärmschutzgründen nicht zwingend sei. Aus Sicht des OVG sei es insbesondere nicht zwingend, dass die Rechte der beiden erstinstanzlich erfolgreichen Kläger auch eine Aufhebung der wasserrechtlichen Planfeststellung (Teilzuschüttung des Mühlenberger Lochs) gebieten.

Die Eilanträge vom 12. September 2002 auf Baustopp wurden am 2. Oktober 2002 durch das VG Hamburg zurückgewiesen. Das OVG Hamburg hat diese Entscheidung bestätigt. Mit Beschluss vom 3. Februar 2003 hat es die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde zurückgewiesen.

Ausgleichsmaßnahme Hahnöfersand:

Das Verwaltungsgericht Stade hat mit Urteil vom 7. Juli 2003 die Klagen der Gegner zurückgewiesen. Die Maßnahmen werden umgesetzt.

Ausgleichsmaßnahme Haseldorfer Marsch/Twielenflether Sand

Das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht Schleswig haben im einstweiligen Rechtsschutzverfahren Anträgen von Naturschutzverbänden auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eingereichter Klagen stattgegeben. Das Hauptsacheverfahren ist erstinstanzlich noch beim Verwaltungsgericht Schleswig anhängig. Die Maßnahme kann gegenwärtig nicht durchgeführt werden.

Schleswig-Holstein hat zwischenzeitlich die Landesverordnung über das Naturschutzgebiet „Haseldorfer Binnenelbe mit Elbvorland" geändert (Gesetz- und Verordnungsblatt Schleswig Holstein II vom 22. Mai 2003). Neu aufgenommen wurde ein Entwicklungsgebot für die Schaffung von Ästuarflächen (§ 3 Absatz 2 S. 1 und Nummer 4 sowie § 5 Absatz 1 Nummer 20 der Änderungsverordnung vom 25. April 2003). Diese Klarstellung im Hinblick auf die Möglichkeit der Wiederherstellung des Tideeinflusses für die Ausgleichsmaßnahme Haseldorfer Marsch unterstreicht die Hamburgische Rechtsposition, dass Ausgleichsmaßnahmen auch durch Entwicklung und Aufwertung bestehender Naturschutzgebiete erfolgen können.

Auch die Europäische Kommission sieht dies so. Sie hat in ihrem Leitfaden „Natura 2000 ­ Gebietsmanagement,

Die Vorgaben des Artikel 6 der Habitat-Richtlinie 92/43EWG" dargelegt, dass Verbesserungen des Lebensraumes in einem Gebiet von Natura 2000 und damit einem bestehenden Naturschutzgebiet als Naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen möglich sind.

Sandquelle Delphin:

Die FHH hat mit Bescheid vom 15. Mai 2001 des Oberbergamtes (jetzt Landesbergamt) Clausthal-Zellerfeld die Bewilligung zum Abbau von 8 Mio. m3 Sand im Feld Delphin bis zum 31. Mai 2006 erhalten. Mit Vertrag vom 24. Juli 2001 hat die zuständige Behörde der Projektierungsgesellschaft Finkenwerder mbH & Co KG (ProFi) gestattet, gemäß dieser Bewilligung Sand für die Teilzuschüttung des Mühlenberger Lochs zu fördern und die erforderlichen Betriebsplanverfahren durch die Realisierungsgesellschaft Finkenwerder mbH (ReGe) durchführen zu lassen.

Die ReGe hat mit Antrag vom 10. August 2001 das Planfeststellungsverfahren zur Zulassung des Rahmenbetriebsplanes eingeleitet und mit Schreiben vom 12. Februar 2002 die Zulassung des Hauptbetriebsplanes beantragt.

Mit Bescheid vom 14. März 2002 wurde der ReGe der vorzeitige Beginn der Sandentnahme gestattet und die sofortige Vollziehung dieses Bescheides angeordnet, der Hauptbetriebsplan wurde zugelassen.

Für den mit der Sandförderung verbundenen Eingriff in die Flora und Fauna des Meeresbodens soll eine Ersatzmaßnahme durchgeführt werden. Geplant ist, die Vegetation von Salzwiesen auf der Insel Neuwerk als Teil des Nationalparks Hamburgisches Wattenmeer zu fördern.

Die Genehmigung des vorzeitigen Beginns ist gerichtlich angegriffen worden. Sowohl in erster (VG Stade) wie in zweiter Instanz (OVG Lüneburg) ist dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz nicht stattgegeben worden.

Änderungen des Flächennutzungsplans (F-Plan), Erstellung eines B-Planes, Landschaftsprogramms (LAPRO) einschließlich Arten- und Biotopschutzprogramm (APRO) Erweiterungsfläche Mühlenberger Loch: Änderungen des F-Plans, des LAPRO und APRO wurden am 18. Juni 2002 beschlossen. Der Bebauungsplan Finkenwerder 37 wurde am 27. August 2002 festgestellt.

Die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange zum Bebauungsplan Finkenwerder 30 und zur Änderung des F-Plans, des LAPRO und des APRO hat im September 2003 stattgefunden. Zwischenzeitlich wurden die Planungen von Airbus insbesondere zum „Airbus Welcome Center" weiterentwickelt, sie sind aber noch nicht abgeschlossen. Die Inhalte des Planfeststellungsbeschlusses vom 8. Mai 2000, die Entlassung des Bereiches am Steendiekkanal aus dem Hafenentwicklungsgesetz und die naturschutzfachliche Planungen zum zweiten grünen Ring sind berücksichtigt.

2. Verlängerungen der Start- und Landebahn:

Mit der Drucksache 16/4734 wurde die Bürgerschaft hinsichtlich der Anforderungen an die Start- und Landebahn darüber informiert, dass Airbus (seinerzeit DaimlerChrysler Aerospace Airbus GmbH ­ DA) als Vorhabensträgerin eine Länge der Start- und Landebahn von 2.684 m als Gegenstand des luftverkehrsrechtlichen Planfeststellungsverfahrens beantragt hat. Gutachterlich wurde bestätigt, dass Starts und Landungen der Basiskonfigurationen des Airbus A380 entsprechend den Vorgaben im Rahmen des wettbewerblichen Verfahrens auf einer 2.684 m langen Piste absolviert werden können.

Airbus hatte bereits im Rahmen der Erörterungen des Planfeststellungsverfahrens und dann auch öffentlich mitgeteilt, der Airbus A380 solle zu einer ganzen Flugzeugfamilie entwickelt werden. In diesem Zusammenhang könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich für spätere Konfigurationen mit höherem Abfluggewicht (neue A380 Versionen, größere Reichweiten) die Notwendigkeit einer weiteren Verlängerung der Start- und Landebahn im Werk Finkenwerder ergeben wird. Auf Grund der von AI im Rahmen des Bewerbungsverfahrens gemachten Angaben ließen sich neue Anforderungen jedoch seinerzeit nicht spezifizieren, da keine hinreichend gesicherten technischen Erkenntnisse über weiterentwickelte Konfigurationen des Airbus A380 und deren Anforderungen an die Länge der Start- und Landebahn vorlagen.

Planungsrechtlich ist das durch Planfeststellungsbeschluss vom 8. Mai 2000 genehmigte Vorhaben ein in sich abgeschlossenes Projekt.