Hamburger Verfahren zur Analyse des Sprachstandes bei Fünfjährigen

Das Verfahren zur Analyse des Sprachstandes bei Fünfjährigen wird derzeit an Vorschulklassen in Hamburg durchgeführt. Eltern und Schulen machen erste Erfahrungen mit diesem Instrument. Es häufen sich Hinweise besorgter Eltern, die sich nicht ausreichend über die Untersuchung informiert fühlen. Es entsteht der Eindruck, dass nicht ausreichend um Akzeptanz für dieses neue Verfahren geworben wird.

Ich frage den Senat: Auswahlverfahren

1. Trifft es zu, dass in Kitas und in Vorschulklassen in Verfahren und Umfang zwei völlig unterschiedliche Sprachstandserhebungen durchgeführt werden?

Nein.

Wenn ja, welche pädagogischen, diagnostischen, rechtlichen oder anderen Gründe liegen dafür vor?

Entfällt.

Wie werden die Eltern von Vorschulkindern und die Eltern von KitaKindern auf die bevorstehende Sprachstandserhebung vorbereitet und hingewiesen?

Die Eltern der Vorschulklassenkinder erhalten über die Schule einen Brief der zuständigen Behörde mit Informationen über die Teilnahme ihres Kindes. Bei den Kindertagesstätten wird entsprechend verfahren.

Ist es richtig, dass nicht alle Kinder in die Sprachstandserhebung einbezogen werden?

Ja.

Nach Berichten von Eltern werden in den Vorschulklassen zwei Gruppen nach unterschiedlichen Auswahlverfahren gebildet. Eine Gruppe soll sich aus Kindern zusammensetzen, bei denen nach alphabetischer Reihenfolge jedes siebte Kind der Vorschulklasse in die Analyse aufgenommen wird und eine zweite Gruppe, bei denen die Vorschulkraft von einer vorliegenden Sprachentwicklungsverzögerung oder besonderen Sprachfördernotwendigkeit ausgeht und diese Kinder selbst auswählt.

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 17. Wahlperiode

2. Ist diese Darstellung zutreffend? Was sind die Gründe für dieses Verfahren?

Ja. HAVAS 5 wird nach alphabetischer Reihenfolge mit jedem siebten Kind durchgeführt und zusätzlich mit den Kindern, bei denen die Vorschullehrkraft von einer Sprachentwicklungsverzögerung oder besonderen Sprachfördernotwendigkeit ausgeht.

Die Erhebung und Auswertung einer Zufallsstichprobe (jedes siebte Kind einer Vorschulklasse) dient der Gewinnung von Vergleichswerten (Eichung). Die Erhebung und Auswertung bei den Kindern, bei denen die Vorschullehrkraft von einer Sprachentwicklungsverzögerung oder besonderen Sprachfördernotwendigkeit ausgeht, liefert die Grundlage, um sie gezielt fördern zu können. Dieses kann unter Umständen auch für die zufällig ausgewählten Kinder zutreffen.

Werden die Eltern auf das zweiteilige Auswahlverfahren und seinen Ablauf hingewiesen? Wenn ja, wie?

In dem in der Antwort zu 1.2 erwähnten Brief werden die Eltern darüber informiert, dass die Vorschulklassenlehrkräfte die Kinder auswählen und dabei eine Rolle spielt, ob sie von den Kindern bisher den Eindruck gewonnen haben, dass sie einer besonderen Sprachförderung bedürfen könnten.

Gibt es eine Anweisung/Empfehlung an die Vorschulklassenkräfte, vor allem Kinder mit Migrationshintergrund in die zweite Gruppe einzubeziehen? Wenn ja, anhand welcher Kriterien entscheiden die Vorschulklassenkräfte bzw. Erzieherinnen, ob ein Kind in die zweite Gruppe einbezogen wird?

Nein. Vgl. im Übrigen Antwort zu 2.

Teilt die zuständige Fachbehörde die Auffassung, dass dies als Diskriminierung oder Stigmatisierung empfunden werden kann?

Entfällt.

3. Mit welcher Anzahl der in Vorschule und Kita zu untersuchenden Kinder rechnet der Senat?

Die zuständige Behörde rechnet mit ca. 1000 zu untersuchenden Kindern für die Zufallsstichprobe und zusätzlich einer nicht vorhersehbaren Zahl von Kindern, bei denen die Vorschullehrkraft von einer Sprachentwicklungsverzögerung oder besonderen Sprachfördernotwendigkeit ausgeht.

4. Werden die Eltern über datenschutzrechtliche Belange bezüglich der erhobenen Daten (Erhebungsbögen, Tonbandaufzeichnungen, Auswertungen etc.) informiert? Wenn ja, in welcher Form und mit welchem Inhalt?

In dem in der Antwort zu 1.2 erwähnten Brief wird den Eltern Folgendes mitgeteilt: „Es ist sichergestellt, dass alle Daten streng vertraulich behandelt werden und nur für die Förderung der Kinder und die Auswertung der Ergebnisse verwendet werden. Unterlagen mit dem Namen Ihres Kindes verlassen auf keinen Fall die Schule. Alle Daten werden nach einem Jahr gelöscht."

Diese Informationen und das Verfahren sind mit dem Hamburgischen Datenschutzbeauftragten abgestimmt.

5. Werden die Eltern auf ihr Recht zur Akteneinsicht hingewiesen?

Nein. Die Unterlagen werden nicht in die Schülerakte aufgenommen.

Die Eltern werden in dem in der Antwort zu 1.2 erwähnten Brief informiert, dass „ein Exemplar des Erhebungsbogens, des Erzieherfragebogens und des Bildmaterials im Sekretariat der Vorschulklasse Ihres Kindes zur Ansicht bereit liegt." Sie werden darin ferner ermuntert, sich bei Bedarf mit Fragen an die Schulleitung oder an die Leitung der Vorschulklasse zu wenden.

Testung bei Zweisprachigkeit

6. Trifft es zu, dass von zweisprachig aufwachsenden Kindern in Vorschulklassen mit den Familiensprachen Türkisch, Polnisch, Russisch, Portugiesisch, Spanisch oder Italienisch eine zusätzliche Sprechprobe in der Herkunftssprache genommen und ausgewertet wird?

Ja, bei den von den Vorschulklassenlehrkräften ausgewählten Kindern mit den genannten Zweitsprachen.

Warum werden Kinder, deren Familiensprache Französisch, Dänisch, Englisch, Romanes, Griechisch u. a. ist, nicht in die erweiterte Analyse einbezogen?

Weil es derzeit keine Auswertungshinweise für Sprechproben in anderen als den sechs genannten Sprachen gibt.

Falls eine Erweiterung der zu erhebenden Sprachen geplant ist, welche weiteren Sprachen sollen in die Untersuchung einbezogen werden?

Der Senat sieht grundsätzlich davon ab, zu hypothetischen Fragen Stellung zu nehmen.

Werden die Eltern von Vorschulkindern und von Kita-Kindern darauf hingewiesen, in welchen Fällen der Sprachstand des Kindes in der Familiensprache mit erhoben wird und in welchen nicht?

Nein.

Wird die Auswahl gegenüber den Eltern in Vorschulklasse und Kita jeweils begründet? Wenn ja, wie?

Bei Nachfragen. Vgl. im Übrigen Antwort zu 2.

Kompetenzen und Qualifizierung des Personals

Welche Kompetenzen werden von dem Personal erwartet, das die Sprachstandserhebung am Kinde durchführt und die Daten auswertet?

Wie wird das Personal qualifiziert, das die Interviews vorbereitet und durchführt und die Daten anschließend auswertet?

Das durchführende Personal ist dafür fortgebildet, beim Abhören der Tonbandaufnahme die Äußerungen des Kindes nach einem vorgegebenen Analyseschema zu kategorisieren. Es wurde in Schulungsveranstaltungen vom Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI) qualifiziert. Darüber hinaus bietet das LI fachliche Beratung und Unterstützung an.

Durchführung der Sprachstandsanalyse

Trifft es zu, dass Vorbereitung, Durchführung und erste Auswertung überwiegend bis vollständig durch die Schulen vorgenommen werden?

Ja.

Trifft es zu, dass die Tonbandaufnahme und Auswertung des Tonbandes zeitlich parallel zum sonstigen Vorschulklassenunterricht erfolgen soll?

Trifft es zu, dass Tonbandaufnahme und Auswertung des Tonbandes in Unterrichtsstunden aufgelöst werden, die zur Sprachförderung zur Verfügung stehen sollen?

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 17. Wahlperiode

6.10 Hat die zuständige Fachbehörde eine Prognose erstellt, in welchem Umfang insgesamt Unterrichtsstunden für Vorbereitung, Durchführung und erste Auswertung der Daten genutzt werden müssen?

HAVAS 5 ist als Eingangsanalyse für gezielte Sprachförderung Teil des Förderunterrichts. Die Durchführung wird in der Regel in die fünf doppelt besetzten Wochenstunden gelegt. Aufnahme und Auswertung der Sprechprobe dauern pro erfasstem Kind zusammen ca. 60 Minuten. In künftigen Durchgängen wird dies zügiger geschehen können.

6.11 Werden dafür zusätzlich Ressourcen bereitgestellt? Wenn ja, welche?

Nein. Für die Durchführung herkunftssprachlicher Sprechproben kann von Schulen, in denen diese Sprachen nicht vertreten sind, eine entsprechende Lehrkraft über das LI vermittelt werden.

Folgen der Sprachstandserhebung

7. Wie werden die Eltern über die Ergebnisse der Sprachstandserhebung informiert?

In Gesprächen mit der Schulleitung oder der Leitung der Vorschulklasse.

8. Welche Fördermaßnahmen schließen sich an?

Die individuelle Förderung der Vorschulklassenkinder erfolgt auf der Grundlage von umfangreich vorhandenem Material. Zusätzlich erarbeitet das LI derzeit Materialien, die eine Förderung ermöglichen, die an dem mit dem HAVAS 5 ermittelten Profil des Sprachstandes des einzelnen Kindes ansetzt.

Information der Bürgerschaft

9. Plant der Senat eine Information der Bürgerschaft über Durchführung und Ergebnisse dieser Sprachstandserhebung?