Baugrundstücke

A.

Allgemeines:

Der vorliegende Gesetzentwurf sieht im Wesentlichen eine Änderung des Sielabgabengesetzes im Bereich der Vorschriften über die Erhebung des Sielbaubeitrags vor.

Für die Herstellung der zum Anschluss der Grundstücke bestimmten öffentlichen Sielanlagen werden in Hamburg Sielbaubeiträge erhoben. Rechtsgrundlage für die Heranziehung zu den Sielbaubeiträgen ist das Sielabgabengesetz in der Fassung vom 21. Januar 1986 (HmbGVBl. S. 414). Die Beiträge werden auf der Grundlage des modifizierten Frontmetermaßstabes erhoben. Maßgebliche Vorschriften für die Anwendung des Maßstabes auf die Regelfälle (das sind die Grundstücke, die direkt an Wegen oder Flächen mit einem zum Anschluss bestimmten Siel liegen) sind § 2 Absatz 1 Nummer 1 i. V. m. § 3

Absätze 1 und 2 des Sielabgabengesetzes.

Neben dieser Grundregel, die die Hauptgruppe der beitragspflichtigen Grundstücke erfasst, enthält das Sielabgabengesetz eine Auffangvorschrift für Grundstücke, die nicht an besielten Wegen oder Flächen liegen, aber an öffentliche Sielanlagen angeschlossen sind (§ 2 Absatz 1 Nummer 2 i. V. m. § 3 Absatz 3). Für die Sondergruppe von Grundstücken, die selbst keine direkte Belegenheit an einem Siel haben, sondern ­ in den überwiegenden Fällen ­ über Nachbargrundstücke angeschlossen sind, wird nach geltender Rechtslage für die Beitragsberechnung die Grundstücksseite (als fiktive Frontlänge) zu Grunde gelegt, die dem Siel zugekehrt ist, in die das Grundstück entwässert.

Die beiden für rückwärtige Baugrundstücke typischen Fallkonstellationen (siehe dazu Skizze in der Anlage), nämlich

­ das durch Realteilung mit eigener Zuwegung und direkter Belegenheit gebildete Pfeifenstielgrundstück und

­ das durch Realteilung ohne eigene Zuwegung gebildete gefangene (echte) Hinterliegergrundstück, dessen Belegenheit durch eine auf dem Vorderliegergrundstück ruhende öffentliche Baulast gesichert ist, werden derzeit sielbaubeitragsrechtlich unterschiedlich behandelt.

Das Pfeifenstielgrundstück wird für die am besielten Weg liegende Frontlänge zum Sielbaubeitrag herangezogen, sofern dieser noch nicht erhoben worden ist.

Für das faktisch gleich zu setzende (echte) Hinterliegergrundstück wird der Beitrag hingegen (rechnerisch) nach der auf 75 % reduzierten Grundstücksbreite (auf der dem Siel zugekehrten Grundstücksseite) erhoben (§ 6 Absatz 2).

Außerdem ist nach gegenwärtiger Rechtslage der Hinterlieger neben dem Vorderlieger heranzuziehen, und zwar auch dann, wenn der Sielbaubeitrag für das Vorderliegergrundstück bereits vollständig erhoben worden ist. In den letztgenannten Fällen werden Eigentümer von Pfeifenstielgrundstücken hingegen nicht zusätzlich herangezogen.

Im Zuge zunehmender Nachverdichtung kommt es inzwischen vermehrt zur Heranziehung „echter" Hinterliegergrundstücke zu Sielbaubeiträgen. Die Ungleichbehandlung gegenüber Pfeifenstielgrundstücken ist sachlich nicht gerechtfertigt.

Der durch den Sielbaubeitrag abzugeltende Vorteil ist bei Hinterliegergrundstücken ebenso wie bei Pfeifenstielgrundstücken insoweit begrenzt, als bei diesen Grundstücken im Gegensatz zu Vorderliegergrundstücken regelmäßig nur an einer Stelle ein Anschluss erstellt werden kann. Auch entstehen hohe Kosten durch die langen privaten Anschlussleitungen, zumal wenn sie über ein fremdes Grundstück geführt werden müssen.

Es ist deshalb geboten, die Bemessungsgrundlage für den Sielbaubeitrag von Hinterliegergrundstücken derjenigen von Pfeifenstielgrundstücken anzupassen. Hierauf hat auch das Verwaltungsgericht Hamburg in seinem Beschluss vom 14. Mai 2002 (Az.: 9 VG 1689/2001) hingewiesen.

Die vorliegende Gesetzesänderung führt zu einer Gleichbehandlung der genannten Fallkonstellationen.

Die weiteren Änderungen dienen der Klarstellung, redaktioneller Anpassung bzw. Umsetzung von Verwaltungspraxis in ausdrückliche gesetzliche Regelungen.

B. Einzelbegründung

Zu § 1:

Zu Nummer 1 (§ 2 Absätze 2 und 3)

Diese Regelung dient der Angleichung von Hinterliegerund Pfeifenstielgrundstücken, indem sichergestellt wird, dass bei nachträglicher, d. h. nach Abrechnung des Sielbaubeitrags erfolgender Grundstücksteilung, die gefangenen Hinterliegergrundstücke ohne eigene Zuwegung den Pfeifenstielgrundstücken mit eigener Zuwegung beitragsmäßig gleichgestellt werden. Für beide Fallkonstellationen gilt, dass das betreffende Siel bereits voll zu Lasten des Ursprungsgrundstücks abgerechnet ist und darüber hinaus kein weiterer Beitrag erhoben werden soll.

Zu Nummer 2 (§ 3 Absatz 3)

Als Bemessungsgrundlage für Grundstücke, die nicht an besielten Wegen oder Flächen liegen, aber an das öffentliche Siel angeschlossen sind (Hinterliegergrundstücke), wird nicht länger die Länge der dem Siel zugewandten Seite des Grundstücks zu Grunde gelegt. Vielmehr wird eine fiktive Frontlänge von 5 m als Bemessungsgrundlage herangezogen. Diese Regelung ist geeignet, eine vergleichbare Behandlung von Pfeifenstiel- und (echten) Hinterliegergrundstücken zu gewährleisten.

Eine Frontlänge von 5 m entspricht der üblichen durchschnittlichen Frontlänge eines Pfeifenstiels.

Echte Hinterlieger sind sowohl hinsichtlich der Nutzungsmöglichkeiten ihres Sielanschlusses (in der Regel nur eine Anschlussstelle) als auch hinsichtlich der Kosten mit Pfeifenstielgrundstücken vergleichbar. Ebenso wie bei Pfeifenstielgrundstücken entstehen bei echten Hinterliegergrundstücken regelmäßig erheblich höhere Kosten für die Herstellung des Anschlusses, der über das Vorderliegergrundstück geführt werden muss.

Die Festlegung von 5 m fiktiver Breite orientiert sich an den tatsächlichen Gegebenheiten sowie bauordnungsrechtlichen Anforderungen bei Pfeifenstielgrundstücken und Baulasterklärungen für Grundstücke ohne eigene unmittelbare Belegenheit.

Zu Nummer 3 (§ 5 Absatz 2 Satz 3 und Absatz 4)

Diese textliche Änderung dient der Klarstellung des Gewollten. Maßgeblich für die Anwendung des entsprechenden Berechnungsmaßstabes soll die zulässige, nicht die tatsächliche Nutzung eines Grundstücks sein. Die bisherige FormulieBegründung rung führte zu Missverständnissen hinsichtlich der Bedeutung der tatsächlichen bzw. der zulässigen Bebauung.

Zu Nummer 4 (§ 6)

Mit der bisherigen Regelung des § 6 Absatz 2 wurde die Höhe des auf der Basis der Frontlänge des Vorderliegergrundstücks bemessenen Sielbaubeitrags für das Hinterliegergrundstück auf 75 % ermäßigt. Diese Regelung muss infolge der veränderten Bemessungsgrundlage für Hinterlieger-Grundstücke entfallen. Die Neuregelung (fiktive Grundstücksbreite von 5 m) berücksichtigt nun in angemessenem Umfang die besondere Situation der Hinterliegergrundstücke.

Zu Nummer 5 (§ 9)

Zu Nummer 5.1

Es handelt sich um eine redaktionelle Folgeänderung aus der Änderung in § 2 Absatz 2 (Nummer 1.1).

Zu Nummer 5.2

§ 9 Absatz 3 Satz 3 regelt die Möglichkeit der Verrentung und damit der ratenweisen Entrichtung der Sielbaubeiträge.

Gewährt wird die Verrentung in der Praxis auf Antrag zur Vermeidung unbilliger Härten, die insbesondere bei geringem Einkommen oder hohen anderweitigen Belastungen der Schuldner gegeben sein können. Die ausdrückliche Nennung dieser Voraussetzung für eine Verrentung dient der größeren Transparenz des Verwaltungshandelns und der besseren Überprüfbarkeit durch Bürgerinnen und Bürger.

Zu Nummer 6 (§ 10)

Der neue Absatz 1 fasst die bisherigen Tatbestände, die eine Nacherhebung nach sich ziehen, zusammen. Der neue Absatz 2 enthält die Bestimmungen der bisherigen Absätze 3 und

4. Wegen des Wegfalls der Vorschrift über die Beitragsermäßigung in § 6 Absatz 2 ist die Nennung dieser Vorschrift um eine Zitierung zu ergänzen.

Zu Nummer 7 (§ 11)

Zu Nummer 7.1

Es handelt sich um eine redaktionelle Folgeänderung aus der Änderung in § 2 Absatz 2 (Nummer 1.1).

Zu Nummer 7.2

Mit der Ergänzung der Tatbestände, bei denen ein Sielanschlussbeitrag nicht erhoben wird, um die zweite oder weitere Anschlussleitungen auf einem Grundstück gleicher Abwasserart wird die derzeitige Verwaltungspraxis legalisiert. Aus Billigkeitsgründen werden auch in diesen Fällen bereits heute die Sielanschlussbeiträge gestundet. Die Grundstückseigentümer nutzen diese Anschlüsse nicht, haben folglich keinen Vorteil auf ihrer Seite. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung, die dazu führt, dass diese Beiträge gar nicht erst erhoben werden, führt zur Verwaltungsvereinfachung in diesem Bereich.

Zu Nummer 8 (§ 12)

Es wird klargestellt, dass die Beitragspflicht für den Sielanschluss grundsätzlich mit der betriebsfertigen Herstellung und Abnahme der Sielanschlussleitung, frühestens jedoch mit der Bekanntmachung des zum Anschluss bestimmten Siels im Amtlichen Anzeiger nach § 9 Absatz 1 Satz 1 entsteht. Hinsichtlich der Fälligkeit bleibt es bei der Bezugnahme auf § 9.

Zu Nummer 9 (§ 21)

Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung an das neue Insolvenzrecht.

Zu Nummer 10 (§§ 28 und 29) Änderung von § 28

Mit der Änderung wird der Bezug auf die Regelungen der §§ 19 und 21 des Gebührengesetzes über Säumnis- und Stundungszinsen durch Verweisung auf die einschlägigen Bestimmungen der Abgabenordnung (AO) ersetzt.

Die Anpassung verfahrensrechtlicher Vorschriften an die der AO für den Bereich der nichtsteuerlichen Abgaben, zu denen auch die Sielabgaben gehören, wurde bereits mit der Änderung des § 4 des Hamburgischen Abgabengesetzes vom 16. November 1999 eingeleitet und soll im Zuge der Änderung des Sielabgabengesetzes fortgesetzt werden. Mit dieser Änderung wird gleichzeitig das Ziel einer möglichst weitgehenden Vereinheitlichung der Rechtsnormen im Bereich der nichtsteuerlichen Abgaben auch hinsichtlich der Nebenforderungen angestrebt.

Mit der entsprechenden Anwendung der Vorschriften der AO ist eine Anhebung der jeweiligen Zinssätze verbunden.

Änderung von § 29

Die Verjährungsvorschriften werden den neueren Vorschriften des Insolvenzrechts und der Abgabenordnung angepasst. Eine Verweisung auf die einschlägigen Bestimmungen der AO (§§ 169, 170 Absatz 1 und 171 Absätze 1 bis 3 a sowie 228 bis 232) wie in § 28 ist nicht zweckmäßig, da diese Bestimmungen sehr umfangreich sind und zahlreiche Vorschriften enthalten, die ausschließlich für Steuern anwendbar sind.

Zu § 2:

Das Gesetz soll wegen der klareren Abgrenzbarkeit der beitragsrechtlichen Tatbestände zum Monatsersten in Kraft treten.

Aus Gründen der Übersichtlichkeit und besseren Lesbarkeit ist eine Bekanntmachung der geänderten Fassung angebracht.