Belastungen des Speditionsgewerbes in Bremen durch die Ökosteuer
Der Senat beantwortet die Große Anfrage wie folgt:
1. Mit welchen steuerlichen Belastungen sind in Deutschland ansässige Transportunternehmen des Güterkraftgewerbes betroffen, aufgeschlüsselt nach sämtlichen Steuerarten, insbesondere durch die Ökosteuer?
Das Gesetz zum Einstieg in die ökologische Steuerreform vom 24. März 1999 sieht mit Wirkung vom 1. April 1999 u. a. eine Erhöhung der Mineralölsteuer auf Kraftstoffe um 6 Pfennige je Liter und die Einführung einer Stromsteuer von 2 Pfennigen je Kilowattstunde vor.
Das Gesetz zur Fortführung der ökologischen Steuerreform vom 16. Dezember 1999 sieht ab 1. Januar 2000 u. a. vor, dass die Mineralölsteuer auf Kraftstoffe für die Jahre 2000 bis 2003 um jeweils 6 Pfennige je Liter angehoben wird; die Stromsteuer wird in diesem Zeitraum um jeweils 0,5 Pfennige je Kilowattstunde erhöht.
Die Mineralölsteuer auf Dieselkraftstoff betrug im Kalenderjahr 2000 74 Pfennige je Liter; davon entfielen 12 Pfennige auf die so genannte Ökosteuer. Ab Januar 2001 erfolgte eine Anhebung um 6 Pfennige je Liter. In den Jahren 2002 und 2003 wird jeweils eine Anhebung um 6 Pfennige je Liter erfolgen.
Die Auswirkungen der Stromsteuer lassen sich bezogen auf das Güterkraftgewerbe nicht beziffern.
Weitere steuerliche Belastungen folgen für die in Deutschland ansässigen Transportunternehmen des Güterkraftgewerbes aus den Ertrag- und Verkehrsteuern, sowie den Steuern vom Vermögen. Bei den ersteren handelt es sich um die Gewerbesteuer, Körperschaftsteuer und Einkommensteuer; die jeweilige Belastung hängt von der Rechtsform und Ertragskraft des jeweiligen Unternehmens ab. Zu den Verkehrsteuern zählen die Kraftfahrzeug- und die Versicherungsteuer, deren jeweilige Belastungswirkung von den im Unternehmen zugelassenen Fahrzeugen und abgeschlossenen Versicherungen abhängt. Die Umsatzsteuer ist wegen der Vorsteuerentlastung im unternehmerischen Bereich nicht zu berücksichtigen. Außerdem entfaltet die Grundsteuer eine Belastungswirkung bei Unternehmen mit Grundbesitz. Diese Steuer hängt insbesondere von der jeweiligen Höhe des Einheitswertes und dem gemeindeabhängigen Grundsteuer-Hebesatz (in der Stadtgemeinde Bremen zurzeit 530 v. H.) ab.
Speziell zur Kraftfahrzeugsteuer heißt es in einem Schreiben des Bundesministerium der Finanzen (BMF) vom 12. Januar 2001 - IV A 1 - S 1910 - 913/00 - zum Vergleich der Wettbewerbsbedingungen im Güterkraftverkehr für schwere Lkw: In Deutschland ergibt sich für 40-t-Lastzüge je nach Emissionsverhalten des Zugfahrzeugs und Gewichtsverteilung zwischen diesem und dem Anhänger eine jährliche Kraftfahrzeugsteuer zwischen 2.030 und 5.250 DM (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 Hierbei ist nicht berücksichtigt, dass Anhänger auf Antrag in unbegrenzter Anzahl von der Kraftfahrzeugsteuer befreit sind, wenn für das verwendete (ggf. auch fremde) Zugfahrzeug ein gewichtsbezogener Anhängerzuschlag entrichtet wurde (§ 10
Auf diese Weise können sämtliche Anhänger eines Halters steuerfrei sein, selbst wenn für ihn kein einziges Zugfahrzeug zugelassen wurde (z. B. Anhängervermieter). Für emissionsreduzierte schwere Lkw der zurzeit obligatorischen nationalen Emissionsklasse S 2 (entspricht EU-Abgasnorm Euro II) sind höchstens 1.300 DM und für hochemittierende ältere Lkw höchstens 3.500 DM Kraftfahrzeugsteuer im Jahr zu zahlen. Die effektive Kraftfahrzeugsteuerbelastung für einen 40-t-Lastzug beträgt in einigen Fällen jährlich 1.883 DM und weniger (...).
In diesem Zusammenhang weist der BMF zur Versicherungssteuer darauf hin, dass grundsätzlich alle mit dem Transportgewerbe in Zusammenhang stehenden Versicherungen mit 15 % der Entgelte der Versicherungssteuer unterliegen. Als Ausnahme wurde mit Wirkung ab 1. Juli 1995 die grenzüberschreitende Warentransportversicherung in den Katalog der Steuerbefreiungen aufgenommen.
2. Welchen Belastungen sind Transportunternehmen des Güterkraftgewerbes in den europäischen Nachbarstaaten Italien, Frankreich, Belgien und Niederlande, aufgeschlüsselt nach Steuerarten, ausgesetzt?
Den Ausführungen des BMF im Schreiben vom 12. Januar 2001 sind zur steuerlichen Belastung der Transportunternehmen in den europäischen Nachbarstaaten folgende Angaben zu entnehmen:
Zum Jahreswechsel 2000/01 beträgt die Mineralölsteuer für Dieselkraftstoff an Tankstellen in Italien 74,7, in Frankreich 71,6 und in den Niederlanden 68 Pfennige je Liter. Weitere Angaben zu Steuersätzen und Steuerbegünstigungen der Mineralölsteuer dieser Länder sind der Anlage 1 (Zeilen 1 und 2) zu entnehmen.
Die Höhe der zeitbezogenen Autobahnbenutzungsgebühr (Eurovignette) für Fahrzeuge mit vier Achsen und mehr beträgt in allen Verbundstaaten 2.445 DM/Jahr. In Belgien erfolgt im Fall der Fahrzeugstilllegung eine Erstattung von zwei Monatsbeiträgen (ca. 340 DM). Neben der Kraftfahrzeugsteuer werden in anderen europäischen Staaten bei Anschaffung oder Inverkehrbringen eines Fahrzeugs Zulassungssteuern und besondere Mehrwertsteuern erhoben.
In Belgien und Italien werden in nicht unerheblichem Maße vom Transportgewerbe neben der Versicherungssteuer noch Abgaben für verschiedene Fonds gefordert.
Weitere amtliche Angaben über die Belastungen der Transportunternehmen in den angesprochenen europäischen Nachbarstaaten liegen nicht vor. Dem Senat sind Aufstellungen des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e. V. bekannt, die Wettbewerbsnachteile der deutschen Speditionen gegenüber denjenigen aus west- und südeuropäischen Nachbarstaaten belegen sollen.
3. Welche Auswirkungen hat die für Januar geplante nächste Stufe der Ökosteuer auf die in Deutschland ansässigen Transportunternehmen des Güterkraftgewerbes?
Die im Januar 2001 in Kraft getretene Stufe der Ökosteuer wirkte sich auf die in Deutschland ansässigen Transportunternehmen des Güterkraftgewerbes in Höhe von 6 Pfennige je Liter Dieselkraftstoff und hinsichtlich der Stromsteuer in Höhe von 0,5 Pfennige je Kilowattstunde aus.
4. Wie haben sich die Dieselpreise von Januar 1999 bis November 2000 in Deutschland, Italien, Frankreich, Belgien und den Niederlanden entwickelt?
Zur Entwicklung der Tankstellenpreise für Dieselkraftstoff in ausgewählten Ländern der EU wird auf Anlage 2 verwiesen. Nach dem Inkrafttreten der ökologischen Steuerreform hat sich bei den Tankstellenpreisen für Diesel die Position Deutschlands im Vergleich zu den genannten Mitgliedstaaten verschlechtert.
Ergänzend werden Angaben aus einer Statistik des Statistischen Bundesamtes zitiert: Anmerkungen: Bei Preisen in DM/100 l handelt es sich um Stichtagerhebungen jeweils zum 15. eines Monats. liegt noch nicht vor Daten: Statistisches Bundesamt Schwefelarme bzw. schwefelfreie Kraftstoffe (mit einem Schwefelgehalt von ppm bzw. 5. Welche weiteren Wettbewerbsnachteile bestehen für die in Deutschland ansässigen Transportunternehmen im Vergleich zu den Nachbarstaaten Italien, Frankreich, Belgien und Niederlanden, und wie können diese ausgeglichen werden?
Dem Senat sind Klagen der Spediteure beispielsweise über Mängel bei der Einhaltung von Sozialvorschriften oder bei deren Kontrolle oder bei der Ahndung von Verstößen gegen Vorschriften sowie über Rückzahlungen von Mineralölsteuer in den westeuropäischen Staaten bekannt. Amtliche Unterlagen zu diesen vorgetragenen Wettbewerbsnachteilen liegen jedoch nicht vor. Die von Italien, Frankreich und den Niederlanden im Jahr 2000 im Zusammenhang mit den Kraftstoffpreiserhöhungen beantragten Mineralölsteuervergünstigungen sind im Verkehrsministerrat in Brüssel am 21. Dezember 2000 nicht gebilligt worden. Auch über die Versicherungssteuer in den genannten europäischen Mitgliedstaaten liegen keine amtlichen Erkenntnisse vor. Richtig ist, dass nicht nur in den Grenzregionen die deutschen Güterkraftverkehrsunternehmer im unmittelbaren Wettbewerb zu den Unternehmern des Nachbarstaates stehen. Weitere offizielle Auskünfte waren auch über die Bremer Vertretung in Brüssel nicht zu bekommen.
6. Welche möglichen Maßnahmen des Bundes hält der Senat für geeignet, die vorliegenden Wettbewerbsverzerrungen unter den europäischen Ländern aufzuheben?
Die Lage des Speditionsgewerbes wird gekennzeichnet zum einen durch den infolge der Liberalisierung des europäischen Verkehrsmarktes verschärften internationalen Wettbewerb und zum anderen durch die im Zusammenhang mit den Rohölpreisen und Dollarkurs angestiegenen Kraftstoffpreise, die auch die Ökosteuer enthalten, wobei andererseits die mit der Ökosteuer finanzierte Senkung der Lohnnebenkosten das Verkehrsgewerbe auch entlastet.
Welche Wettbewerbsverzerrungen unter den bedeutenden europäischen Nachbarstaaten tatsächlich vorliegen, lässt sich wegen der Komplexität der steuerrechtlichen Regelungen vom Senat nicht abschließend klären. In jedem Falle hat der Senat bei der prosperierenden Entwicklung der bremischen Häfen ein großes Interesse daran, die nach den Prognosen zu erwartenden enormen Gütermengen im Hinterlandverkehr über alle Verkehrsträger optimiert zu transportieren, wobei die Schiene mit rund 50 % im Fernverkehr der bremischen Häfen die größte Bedeutung hat. Gleichzeitig ist die besondere Qualität der Region Bremen/Bremerhaven als Logistikstandort mit mittelständischen Transportunternehmen weiter auszubauen und laufend zu verbessern. Dazu gehört auch ein leistungsfähiges und wettbewerbsfähiges Speditionsgewerbe. Dessen Situation könnte durch die Förderung des Telematikeinsatzes durch den Bund, auch zur Vermeidung von ökologisch und ökonomisch sinnlosen Leerfahrten, verbessert werden. Auch ein bedarfsgerechter Ausbau der Infrastruktur des Seehafenhinterlandverkehrs käme dem Gewerbe zu Gute. Unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf die bremischen Häfen als Eisenbahnhäfen und ihren Hinterlandverkehr wäre eine einseitige steuerliche Priviligierung eines Verkehrsträgers im Übrigen problematisch.
Der Senat hält die für das Jahr 2003 geplante Einführung der streckenbezogenen Schwerverkehrsabgabe auf Bundesautobahnen durch den Bund im Grundsatz für geeignet, die Position des deutschen Speditionsgewerbes an die der wichtigsten Nachbarstaaten anzugleichen, wenn Entlastungen des Güterkraftverkehrsgewerbes in diesem Zusammenhang erfolgen. Darüber hinaus setzt sich der Senat im Rahmen seiner Möglichkeiten für eine weitere Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen des Speditionsgewerbes auch in steuerrechtlicher Hinsicht in Europa ein und fordert dies auch von der Bundesregierung. So sind die geplanten europäischen Regelungen zur Harmonisierung der sozialen Bedingungen im Straßenverkehr wie für die Arbeitszeit von Berufskraftfahrern, Lenk- und Ruhezeiten und auch eine einheitliche Regelung für die obligatorische Berufsausbildung für neu in den Beruf eintretende Fahrer Schritte in die richtige Richtung. Zusätzlich wird eine EU-weit einheitliche Fahrerbescheinigung, die insbesondere auf Staatsangehörige von Drittstaaten angewendet werden sollte, angestrebt, um die illegale Beschäftigung von Fahrern einzudämmen. Schließlich sind nachhaltige Kontrollen der Bundes- und Länderbehörden und angemessene Sanktionen bei Verstößen gegen Rechtsvorschriften erforderlich, um rechtswidrige Praktiken zu bekämpfen.