Schulische Förderung der Gefangenen

In seinem Jahresbericht 1998 unterzieht der Rechnungshof die schulische Förderung der Gefangenen einer kritischen Würdigung. Dabei regt er insbesondere an, mehr Gefangenen den Schulbesuch zu ermöglichen und alle ausgebrachten 13 Lehrerstellen für Unterrichtszwecke einzusetzen.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat.

Im Hamburger Justizvollzug wird schulischer Unterricht in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Am Hasenberge, in der Jugend- und Frauenvollzugsanstalt Hahnöfersand, in der Untersuchungshaftanstalt Hamburg, in der Untersuchungshaft- und Vollzugsanstalt Vierlande, in der JVA Vierlande und in der Sozialtherapeutischen Anstalt Altengamme durchgeführt. Die Gefangenen der JVA Suhrenkamp und der JVA Nesselstraße haben die Möglichkeit, am Unterricht in der JVA Am Hasenberge teilzunehmen.

Ein Hauptschulabschluß kann in den Schulbereichen der JVA Am Hasenberge, der Jugend- und Frauenvollzugsanstalt Hahnöfersand, der JVA Vierlande und in Einzelfällen in der Untersuchungshaftund Vollzugsanstalt Vierlande und der Untersuchungshaftanstalt Hamburg nachgeholt werden. Der Realschulabschluß kann in der JVA Am Hasenberge erreicht werden.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt.

1. Wie viele Gefangene haben in den letzten zehn Jahren einen Schulabschluß in den Vollzugsanstalten erreicht (bitte aufgeschlüsselt nach Jahren)?

2. Wie viele der Schulpflicht unterliegende Gefangene erhalten Schulunterricht?

Vier.

Drei weitere der Schulpflicht unterliegende Gefangene befinden sich erst seit kurzem in Untersuchungshaft. Bei ihnen ist die Vollzugsplanung noch nicht abgeschlossen.

Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Carsten Lüdemann (CDU) vom 08. 07. 98 und Antwort des Senats

Betreff: Schulische Förderung der Gefangenen.

3. Können alle Gefangenen, die Interesse bekunden, am Unterricht teilnehmen?

4. Nach welchen Kriterien erfolgt die Zulassung zum Unterricht?

Im Rahmen der Vollzugsplanung wird entschieden, ob vor dem Hintergrund der voraussichtlichen Haftdauer und der bisherigen Schul- und Ausbildungszeiten eine schulische Förderung sinnvoll ist oder ob andere Maßnahmen, z. B. ein Berufsgrundbildungslehrgang oder die Arbeit in einer Werkstatt, geeigneter erscheinen, die berufliche und soziale Wiedereingliederung zu fördern.

Vor der Aufnahme in einen Schulkurs wird in einem Testverfahren geprüft, ob der Gefangene über die notwendigen Voraussetzungen, wie Sprachkenntnisse und schulische Vorkenntnisse, für die geplante Maßnahme verfügt.

5. Welche Klassenfrequenzen sind von der Justizbehörde vorgesehen?

6. Wie hoch und aus welchem Grund sind die Klassenfrequenzen tatsächlich?

Die Justizbehörde hat für den Vollzeitunterricht und die Kurse Deutsch für Ausländer folgende Klassenfrequenzen festgelegt (in Klammern die tatsächliche Frequenz am 13. Juli 1998): JVA Am Hasenberge:

­ Realschulkurs: zwölf (fünf Teilnehmer),

­ Hauptschulkurs: 15 (zur Zeit kein Unterricht),

­ Deutsch als Fremdsprache: 14 (14 Teilnehmer),

­ Berufsvorbereitungskurs: zwölf (zwölf Teilnehmer).

Der Hauptschulkurs wurde am 30. Juni 1998 abgeschlossen. Ein neuer Kurs wird zur Zeit zusammengestellt. Die Prüfungen für den Realschulabschluß werden im September durchgeführt. Neue Teilnehmer werden vor der Prüfung nicht aufgenommen.

Jugend- und Frauenvollzugsanstalt Hahnöfersand:

a) Jugendvollzug:

­ Hauptschulkurs: acht (acht Teilnehmer),

­ Vorkurs: acht (acht Teilnehmer),

­ Deutsch als Fremdsprache (zwei Kurse): acht (sieben und acht Teilnehmer),

b) Teilanstalt für Frauen:

­ Deutsch als Fremdsprache und Förderunterricht im Projekt „Arbeit und Qualifizierung" (zwei Kurse): acht (je acht Teilnehmerinnen),

­ EDV im Projekt „Arbeit und Qualifizierung": sechs (sechs Teilnehmerinnen). JVA Vierlande:

In der JVA Vierlande, die grundsätzlich über eine Förderklasse und eine Hauptschulklasse mit jeweils zwölf Teilnehmern verfügt, findet vorübergehend aus Gründen von Urlaub bzw. Krankheit der Lehrer kein Unterricht statt.

7. Welche Maßnahmen beabsichtigt der Senat zu ergreifen, um noch mehr Gefangenen während der Haftzeit den Schulbesuch zu ermöglichen?

8. Hat bereits die vom Rechnungshof angeregte Überprüfung der Möglichkeiten zur Erhöhung der Klassenfrequenzen stattgefunden? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht und wann ist voraussichtlich mit einem Ergebnis zu rechnen?

Die Justizbehörde strebt an, zukünftig bei allen Lehrern im Hamburger Justizvollzug den Urlaub auf den beamtenrechtlich bzw. tarifvertraglich üblichen Urlaub von 30 Tagen im Jahr umzustellen. Durch die Umstellung, von der sieben Lehrer betroffen sind, kann das Unterrichtsangebot ausgeweitet werden.

Die vom Rechnungshof angeregten Prüfungen zur Erhöhung der Klassenfrequenzen wurden eingeleitet und zum Teil bereits umgesetzt. Im Jugendvollzug wird geprüft, ob eine weitere Erhöhung möglich ist. Mit einem Ergebnis der Prüfungen ist voraussichtlich bis zum Ende des Jahres zu rechnen.

Darüber hinaus wurde sichergestellt, dass die vorgesehenen Klassenfrequenzen eingehalten werden.

In der JVA Am Hasenberge wurden Maßnahmen eingeleitet, um ein Absinken der Klassenfrequenzen durch das Ausscheiden einzelner Schüler zu vermeiden. Die Planungen für die neuen Kurse (Beginn 25. August 1998) sind noch nicht abgeschlossen.

In der Untersuchungshaftanstalt Hamburg wird Unterricht in Gruppen bis zu acht Gefangenen, die jeweils sehr unterschiedliche Voraussetzungen mitbringen, durchgeführt. Eine Erhöhung der Gruppenfrequenzen ist daher gegenwärtig nicht möglich.

9. Wie viele der ausgebrachten 13 Lehrerstellen werden derzeit nicht für Unterrichtszwecke eingesetzt, und in welchen Anstalten sind diese „fremd eingesetzten" Lehrerinnen/Lehrer tätig?

10. Welche Aufgaben nehmen diese Lehrerinnen/Lehrer in der jeweiligen Anstalt abweichend von ihren eigentlichen Dienstbereichen wahr und seit wann?

11. Welche Begründung/en gibt es für die Wahrnehmung/Übertragung dieser anderen Aufgaben?

Im Zuge der Umstrukturierung des Leitungsbereiches der Jugend- und Frauenvollzugsanstalt Hahnöfersand, die durch die Einrichtung einer kaufmännischen Abteilung veranlaßt war, sind dem mit der Leitung der Berufsbildung betrauten Lehrer auch die Aufgaben eines Vollzugsleiters übertragen worden. Sein Unterrichtskontingent wird durch externe Lehrkräfte abgedeckt. Eine weitere Stelle in der Jugend- und Frauenvollzugsanstalt Hahnöfersand ist gegenwärtig durch eine auf interne Personalerfordernisse zurückzuführende Fremdbuchung für einen Oberamtsrat besetzt.

Hingegen sind vier pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Unterrichtsaufgaben betraut, deren Stellen über den Europäischen Sozialfonds finanziert werden und außerhalb der 13 Planstellen für Lehrer geführt werden.

12. Gibt es für diese den betreffenden Lehrerinnen/Lehrern zugewiesenen Dienstposten eigene im Stellenplan ausgewiesene Stellen? Wenn ja?

a) Um welche Stellen mit welchen zugeordneten Aufgabeninhalten handelt es sich?

b) Welchen Besoldungs- bzw. Vergütungsgruppen sind diese Stellen zugeordnet?

c) In welchen Besoldungs- bzw. Vergütungsgruppen befinden sich die diesen Dienstposten zugeordneten Lehrerinnen/Lehrer?

Wenn nein, aus welchem Grunde hat der Senat bislang darauf verzichtet, für die von diesen Bediensteten wahrgenommenen Aufgaben Stellen im Haushaltsplan vorzusehen?

Nein. Die Ausbringung eigener Stellen soll erfolgen, wenn dafür Haushaltsmittel umgeschichtet werden können.

13. Gibt es darüber hinaus im Vollzug weitere Bedienstete, die, ihrem eigentlichen Aufgabenbereich entzogen, andere Aufgaben als die ihnen ursprünglich zugewiesenen wahrnehmen? Wenn ja:

a) Um wie viele Bedienstete in welchen Anstalten handelt es sich?

b) Welchen Besoldungs- bzw. Vergütungsgruppen gehören diese Bediensteten an?

c) Welche Aufgaben nehmen diese Bediensteten in Abweichung von den ihnen ursprünglich zugewiesenen Aufgaben wahr?

d) Welche sachlichen und fachlichen Gründe gibt es jeweils hierfür?

e) Gibt es für diese den betreffenden Bediensteten zugewiesenen Aufgaben eigene im Haushaltsplan ausgewiesene Stellen?

Wenn nein, aus welchem Grund hat der Senat bislang darauf verzichtet, für diese Aufgaben Stellen im Haushaltsplan vorzusehen?

Die laufenden Änderungen der Bedarfe in den Anstalten und insbesondere die sich ändernde Belegungssituation sowie der Modernisierungsprozeß verlangen einen flexiblen Personaleinsatz. Deshalb entspricht die Aufgabenwahrnehmung nicht immer den Angaben der Verwaltungsgliederungspläne.

Detaillierte Angaben sind innerhalb der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich.