Ausbildung

Ärztliche Begutachtung und Begleitung von Flüchtlingen in der zentralen Ausländerbehörde

Ich frage den Senat:

Im Rahmen der von der Ausländerbehörde zu treffenden Entscheidung über die aus einer Erkrankung resultierenden Folgen auf das Rückführungsverfahren ist formal zwischen einem zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernis und einer möglichen (Flug-)Reiseuntauglichkeit als inländischem Vollstreckungshindernis zu unterscheiden.

Ein krankheitsbedingtes zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis ist anzunehmen, wenn ein rückzuführender Ausländer wegen unzureichender oder fehlender Behandlungsmöglichkeiten einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib und Leben nach seiner Rückführung ausgesetzt wäre. Im Rahmen eines Asylverfahrens hat hierüber das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (BAFl) mit Bindungswirkung für die Ausländerbehörde zu entscheiden (vgl. §§ 31 Abs. 3, 42 des Asylverfahrensgesetzes). Reiseuntauglichkeit infolge einer Krankheit begründet kein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis, sondern steht ­ in der Regel vorübergehend ­ dem Vollzug der Abschiebung an sich entgegen, etwa weil ein Flugtransport wegen einer bestehenden Erkrankung nicht ohne das beachtliche Risiko gesundheitlicher Schäden durchgeführt werden könnte.

Demnach stellt nicht jede behandlungsbedürftige Erkrankung ein Abschiebungshindernis dar.

Insbesondere vermag auch der gegenüber den Herkunftsländern bessere medizinische Standard in Deutschland ein Aufenthaltsrecht nicht zu begründen.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt:

1. Wie viele Stellen für Ärztinnen und Ärzte und für welches sonstige Personal hat der ärztliche Dienst des Einwohner-Zentralamtes und wie viele dieser Stellen sind jeweils besetzt?

Wie viele Ärztinnen und Ärzte und wie viel und welches sonstige Personal sind zurzeit im ärztlichen Dienst des Einwohner-Zentralamtes fest beschäftigt und jeweils mit wie vielen Stunden?

Der ärztliche Dienst des Einwohner-Zentralamtes umfasst zwei Vollzeit-Stellen, die beide besetzt sind, wobei eine Stelleninhaberin bis zum 31.07.2004 beurlaubt ist.

Welche konkreten Aufgaben haben diese Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des ärztlichen Dienstes?

Die Aufgaben der Mitarbeiterinnen des Ärztlichen Dienstes sind insbesondere:

· Rücksprache mit niedergelassenen Ärzten und Krankenhausärzten zur Konkretisierung von Attesten,

· Vorbereitung von Untersuchungen durch andere Ärzte,

· Klärung der Behandlungsmöglichkeiten in den Heimatländern,

· Organisation und Koordination eines ärztlichen Empfangs von Personen im Heimatland,

· Koordination einer eventuellen Begleitung von Rückführungen durch andere Ärzte.

Welche Ausbildungen und Qualifikationen besitzen jeweils die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des ärztlichen Dienstes?

Die Mitarbeiterinnen des ärztlichen Dienstes besitzen die Approbation als Arzt bzw. Ärztin.

2. Wie viele Ärztinnen, Ärzte oder sonstiges Personal werden zurzeit auf Honorarbasis bei der zentralen Ausländerbehörde im Bereich des ärztlichen Dienstes bzw. zur Beurteilung medizinischer oder psychologischer Fragen eingesetzt?

Zurzeit werden drei Ärzte in der zentralen Ausländerbehörde auf Honorarbasis eingesetzt.

Wonach richtet sich die Höhe der Honorare dieser Kräfte und wie hoch sind sie?

Die Höhe der Honorare bestimmt sich nach der Gebührenordnung für Ärzte.

Welche konkreten Aufgaben haben jeweils diese Honorarkräfte?

Die eingesetzten Honorarkräfte haben die Aufgabe, die Reisefähigkeit sowie den Behandlungsbedarf und ggf. den Krankheitsverlauf betroffener Personen zu beurteilen.

Welche Ausbildungen und Qualifikationen besitzen jeweils diese Honorarkräfte und wie werden sie rekrutiert?

Die Honorarkräfte wurden über Ausschreibungen in der medizinischen Fachpresse gewonnen. Es handelt sich um einen Facharzt für Allgemeinmedizin und Flugmedizin, um einen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und eine Fachärztin für Psychiatrie.

Welche konkreten Informationen über die betroffenen Ausländer erhalten die Honorarkräfte (Ausländerrechtliche Situation, vorangegangene medizinische Untersuchungen) und wonach richtet sich das jeweils?

Die Honorarkräfte werden grundsätzlich über den ausländerrechtlichen Werdegang der betroffenen Personen sowie über sämtliche der Ausländerbehörde vorliegenden ärztlichen Atteste und Informationen informiert.

Trifft es zu, dass die Honorarkräfte über die ausländerrechtlichen Belange des Patienten informiert sind, nicht aber alle ärztlichen Gutachten und Informationen kennen? Wenn ja, weshalb wird so verfahren?

Nein.

Erhalten die Honorarkräfte die gleichen Informationen wie fest angestellte Mitarbeiter? Wenn nein, inwiefern und weshalb nicht?

Ja, soweit dies für ihre jeweilige Aufgabenerfüllung erforderlich ist.

Welche medizinischen Geräte stehen in den Untersuchungsräumen der Ausländerbehörde zur Verfügung?

Im Untersuchungsraum der Ausländerbehörde steht eine medizinische Grundausstattung für orientierende ärztliche Untersuchungen zur Verfügung.

Trifft es zu, dass medizinische Geräte, die gebraucht werden, fehlen?

Wenn ja, welche Geräte fehlen und wie behelfen sich die Mediziner in diesen Fällen?

Nein.

4. In welchen Fällen erfolgt eine Untersuchung durch den ärztlichen Dienst oder Honorarkräfte und anhand welcher Kriterien wird entschieden, ob im Einzelfall Honorarkräfte eingeschaltet werden?

Der ärztliche Dienst des Einwohner-Zentralamtes führt grundsätzlich selbst keine Untersuchungen durch. Eine Entscheidung über die Einschaltung von Honorarkräften wird im Einzelfall nach Maßgabe einer internen Dienstanweisung getroffen. Insoweit wird auf die Schriftliche Kleine Anfrage Drucksache 17/234 verwiesen.

Zu welchen Fragestellungen bzw. Begriffen werden Stellungnahmen vom ärztlichen Dienst oder Honorarkräften eingeholt?

Wie werden diese Begriffe (z. B. Reisefähigkeit) gegenüber den Begutachtenden definiert?

Ob und zu welchen Fragen ärztliche Stellungnahmen eingeholt werden, ergibt sich aus dem Einzelfall, insbesondere aus den eingereichten Vorattestierungen. Hierbei handelt es sich um Fragestellungen zur Flugreisetauglichkeit und zum Vorliegen von zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen, vgl. Vorbemerkung.

Die Definition der Begrifflichkeiten ergibt sich aus der an die Begutachtenden gerichteten konkreten Fragestellungen. Im Übrigen vgl. Vorbemerkung.

Sind die Stellungnahmen des ärztlichen Dienstes oder der Honorarkräfte für die Sachbearbeitung und deren Entscheidung über die Rückführung bindend? Wenn nein, welche Spielräume bestehen?

Die Feststellungen des ärztlichen Dienstes und der Honorarkräfte zu den gesundheitlichen Risiken einer Rückführung sind für die Sachbearbeiter der Ausländerbehörde als Grundlage für die zu treffende Entscheidung über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen verbindlich.

Welche Möglichkeiten haben die betroffenen Ausländer, die Stellungnahmen zu beanstanden bzw. die Ergebnisse der Untersuchungen überprüfen zu lassen?

Den Betroffenen steht es frei, die von der Ausländerbehörde oder dem BAFl getroffene Entscheidung zum (Nicht-)Vorliegen eines Abschiebungshindernisses auf dem Verwaltungsrechtsweg überprüfen zu lassen.

Ist es vorgekommen, dass Rückführungen durchgeführt wurden, obwohl die ärztliche Stellungnahme hiervon abgeraten hat? Wie häufig findet die Stellungnahme keine Berücksichtigung bei einer geplanten oder durchgeführten Abschiebung?

Siehe Antwort zu 4.3.

Die Entscheidung über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen trifft auf Grundlage der gesetzlichen Vorgaben des Ausländergesetzes die Ausländerbehörde oder das BAFl und nicht der begutachtenden Arzt.

Werden diese Stellungnahmen stets Bestandteil der Ausländerakte?