Investitionshemmnisse

Welche Investitionshemmnisse bestehen nach Auffassung des Senats insbesondere für die Industrieunternehmen?

Der Senat hat sich zum Ziel gesetzt, die Stadt zur wirtschaftsfreundlichsten Metropole in der Bundesrepublik zu entwickeln und Investitionshemmnisse zu beseitigen. Auf Entscheidungen des Bundes zulasten der Industrie hat der Senat nur geringen Einfluss. Sie machen aber einen Großteil der Investitionshemmnisse aus, unter denen die deutsche Industrie zu leiden hat. Dazu zählen hohe Energiekosten (z. B. Ökosteuer), Steuern und Abgaben (Sozialversicherung), Umweltauflagen sowie ein überreguliertes Arbeitsrecht.

Hohe Kostenbelastungen für die energieintensiven Unternehmen resultieren u. a. aus der Umlagefinanzierung der Förderkosten für Kraft-Wärme-Kopplung und erneuerbare Energien sowie der Belastung aufgrund der Ökosteuer. Preissteigernd und wettbewerbsverzerrend wirkt sich auch die nach der Liberalisierung des Strommarktes entstandene Konzentration auf wenige große Energieversorger aus. Da diese als Übernehmer des alten Stromnetzes zugleich auch Netzbetreiber sind, können sie durch die Festlegung hoher Nutzungsentgelte einen echten Wettbewerb unter den Stromanbietern zum Nachteil der Endabnehmer verhindern. Für die zum Großteil im internationalen Wettbewerb stehenden Unternehmen sind konkurrenzfähige Energiepreise unabdingbar und damit wichtiger Produktions- und Standortfaktor. Um eine Gefährdung des Industriestandortes durch mögliche Produktionsverlagerungen in das Ausland zu vermeiden, ist es aus industriepolitischer Sicht dringend notwendig, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung dieser Unternehmen zu sichern und einem weiteren Ansteigen der Kostenbelastung entgegenzutreten. Hamburg setzt sich im Vermittlungsausschuss zur anstehenden Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes für eine sachgerechte Lösung ein. Bei der Beratung der Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes wird Hamburg sich für eine Ausgestaltung der Regulierungsbehörde und ihrer Rechte einsetzen, die eine wirksame Kontrolle der Preisfestsetzung durch die Netzbetreiber ermöglicht. Außerdem werden gegenwärtig die von den hohen Strompreisen besonders betroffenen Unternehmen Hamburger Aluminiumwerke, Norddeutsche Affinerie und ISPAT, Hamburger Stahlwerke bei ihrem Versuch unterstützt, eine Stromversorgung zu realisieren, die ihre Wettbewerbsfähigkeit nicht beeinträchtigt.

Wie wird die Kapitalbeschaffungssituation für Unternehmen beurteilt?

Die Kapitalbeschaffung stellt für jedes Unternehmen ein individuelles Problem dar. Die Situation ist so differenziert, dass sich allgemeine Aussagen nicht einmal in der Art, dass die Situation sich verbessert oder verschlechtert hätte, treffen lassen. Es lassen sich aber die Bestimmungsgründe angeben, anhand derer sich im konkreten Fall die Kapitalbeschaffungssituation eines Unternehmens beurteilen lässt. Hierzu ist zunächst zwischen der Beschaffung von Fremdkapital und (haftendem) Eigenkapital zu unterscheiden.

a) Fremdkapital

In der Kreditvergabepraxis der Kreditinstitute hat sich in den letzten Jahren ein grundlegender Wandel vollzogen. Während Bonitätsbeurteilungen früher häufig der Einschätzung des Sachbearbeiters überlassen waren, wird die Frage, ob und zu welchen Konditionen ein Kredit vergeben wird, heute fast ausschließlich nach Maßgabe des Ergebnisses eines internen Ratings entschieden. In diese objektivierte Bonitätsprüfung geht eine Vielzahl von Faktoren, wie z. B. die Größe und das Alter eines Unternehmens, seine Eigenkapitalbasis, die Performance der letzten Jahre, Branchenzugehörigkeit und Branchenkonjunktur, die Qualität des Managements, die Regelung der Nachfolge etc. ein. Innovative, wachsende Unternehmen mit einem guten Management und einer soliden Eigenkapitalbasis, die in einer zukunftsträchtigen Branche tätig und am Markt etabliert sind und regelmäßig Gewinne machen, haben geringere Probleme, Fremdkapital aufzunehmen und werden dies heute oft zu günstigeren Konditionen können als noch vor wenigen Jahren. Kleine Unternehmen aus traditionellen Branchen ohne Eigenkapital und Gewinne können durchaus Probleme haben, überhaupt Fremdkapital aufnehmen zu können und müssen häufig deutlich schlechtere Konditionen in Kauf nehmen als noch vor wenigen Jahren. Aufgrund ihrer Eigenkapitalschwäche werden kleine und mittlere Unternehmen im Sinne der KMU-Definition der EU heute eher größere Schwierigkeiten haben, Fremdkapital zu beschaffen. In diesen Fällen kann das Angebot der Bürgschaftsgemeinschaft Hamburg einen zumindest teilweisen Ausgleich darstellen.

Die Bürgschaftsgemeinschaft übernimmt zugunsten von mittelständischen gewerblichen Unternehmen, Existenzgründern, in der Wirtschaft tätigen Angehörigen Freier Berufe und sonstigen Angehörigen Freier Berufe bei Existenzgründung und sicherung Ausfallbürgschaften für Darlehen/Kredite von Kreditinstituten, wenn bankübliche Sicherheiten nicht oder nicht mehr ausreichend vorhanden sind. Investitionsdarlehen werden mit bis zu 80 % verbürgt, Betriebsmittelkredite bei Existenzgründern mit ebenfalls bis zu 80 % und bei bestehenden Unternehmen in der Regel mit bis zu 60 %. Der Bürgschaftshöchstbetrag beträgt 1 Mio. Euro. Die Bürgschaften der Bürgschaftsgemeinschaft sind von Hamburg und dem Bund zu insgesamt 65 % rückverbürgt.

Daneben führt die Bürgschaftsgemeinschaft das Liquiditätshilfeprogramm durch. In Fällen, in denen ein kleines und mittleres Unternehmen unverschuldet in finanzielle Schwierigkeiten geraten ist, kann die BG unter achtundachtzigprozentiger Rückbürgschaft Hamburgs neunzigprozentige Bürgschaften übernehmen (Bürgschaftshöchstbetrag 0,9 Mio. Euro).

b) Eigenkapital

Der direkte Weg an den Kapitalmarkt zur Beschaffung von Eigenkapital steht in der Regel nur großen, meistens börsennotierten Unternehmen, für die externe Ratings existieren, offen. Für diese Unternehmen ist die Kapitalbeschaffungssituation ­ in Abhängigkeit von ihrem Rating ­ zurzeit gut, weil Anlage suchendes Kapital auch vorhanden ist.

Für kleine und mittelständische Unternehmen ist dieser Weg zu teuer und selbst bei erheblichem finanziellen Aufwand wenig Erfolg versprechend. Institutionelle Investoren, die Anleihen zeichnen oder Genussscheine kaufen, investieren nicht in am Kapitalmarkt unbekannte Unternehmen. Für diese Unternehmen bleibt ­ von der Möglichkeit zur Bildung von Eigenkapital durch vorhandene Gewinne einmal abgesehen ­ die Möglichkeit der Hereinnahme neuer Gesellschafter oder stiller Beteiligungen von Privatpersonen oder Beteiligungsgesellschaften. Während Beteiligungs- bzw. Risikokapital für Technologie orientierte Unternehmen mit außerordentlichen Wachstumschancen ausreichend vorhanden ist, ist das Angebot an Beteiligungskapital für Unternehmen, insbesondere Start-ups, in traditionellen Branchen eher schlecht. Vor diesem Hintergrund hat der Senat die Mittel der BTG Beteiligungsgesellschaft Hamburg GmbH, die Beteiligungen bis zu einer Höhe von 500 000 Euro eingeht, um 5 Mio. Euro aufgestockt. Auch die KfW als Förderbank des Bundes bietet Eigenkapitalhilfen für KMU.

Welche Potenziale zur Verfahrens- und Vorschriftenvereinfachung sieht der Senat? Wie beurteilt der Senat in diesem Zusammenhang die Verbandsklagemöglichkeiten?

Mit Beschluss vom 15. Juli 2003 hat der Senat die Fachbehörden und Senatsämter mit einem Projekt zur Deregulierung beauftragt. Die im Rahmen des Projektes eingeleitete umfassende Überprüfung der deregulierungsfähigen Rechtsmaterien mit dem Ziel der Erarbeitung von Regelungsvorschlägen ist noch nicht abgeschlossen. Es ist beabsichtigt dem Senat bis Sommer 2004 einen Entscheidungsvorschlag vorzulegen, der sich auch mit Potenzialen zur Vorschriften- und Verfahrensvereinfachung auseinander setzen wird.

Im Bereich der Umweltverwaltung hat der Senat zusammen mit der Wirtschaft eine Umwelt-Partnerschaft Hamburg gegründet, die auch Verfahrenserleichterungen für die Unternehmen zum Inhalt hat. Es ist beabsichtigt, im Abwasserrecht bestimmte Bereiche von der Genehmigungspflicht freizustellen, bzw. die Möglichkeit des Ersatzes der Genehmigung durch ein Anzeigeverfahren zu regeln. Die Arbeit der Projektgruppe ist noch nicht abgeschlossen.