Kusch versus Staatsanwaltschaft

In den letzten Wochen entstanden zwischen Justizbehörde und Staatsanwaltschaft erhebliche Unstimmigkeiten. Grund war unter anderem das staatsanwaltschaftliche Vorgehen im Falle Francisco P. Der Justizsenator wirft der Staatsanwaltschaft vor. nicht rechtzeitig gegen den Sexualstraftäter Francisco P. U-Haft verhängt zu haben, obwohl dieser zwei Tage bevor er in Lump ein 5-jähriges Mädchen vergewaltigt hatte, schon einmal wegen einer Sexualstraftat vor dem Haftrichter stand. Zum Zweiten vertrat der Justizsenator die Auffassung, dass gegen eine Gruppe von Jugendlichen, die einige Kinobesucher verletzt haben sollen, Haftbefehl hätte beantragt werden müssen. Von Seiten der Staatsanwaltschaft wurde ein Bericht angefertigt, um eventuelles Fehlverhalten innerhalb der Behörde zu untersuchen.

Des Weiteren besteht Aufklärungsbedarf bei den Personalentscheidungen des Justizsenators innerhalb der Staatsanwaltschaft. Die Ernennung von Oberstaatsanwalt Dr. Ewald Brandt als kommissarischen Leiter der Behörde stößt auf Unverständnis. Es gibt einen offiziellen Stellvertreter, Oberstaatsanwalt Johann Meyer, der auf Wunsch von Justizsenator Roger Kusch einstimmig von der Justizdeputation gewählt wurde.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

Die zuständige Behörde hatte während der Erkrankung des Leitenden Oberstaatsanwalts vorübergehend bis 30. April 2004 einem Oberstaatsanwalt (OStA) der Staatsanwaltschaft Hamburg die kommissarische Leitung der Staatsanwaltschaft übertragen.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1.

Welchen Anlass gab es, Dr. Ewald Brand als kommissarischen Leiter der Staatsanwaltschaft für den erkrankten Behördenleiter Martin Köhnke einzusetzen?

Die krankheitsbedingte Abwesenheit des Behördenleiters in einer erkennbar besonders schwierigen Lage der Staatsanwaltschaft.

Welche Gründe veranlassten den Senator, nicht den offiziell ernannten und von der Deputation einstimmig gewählten Stellvertreter von Herrn Köhnke, den Oberstaatsanwalt Johann Meyer die Aufgaben von Herrn Köhnke in dessen Abwesenheit übernehmen zu lassen?

Angesichts der vorgenannten Lage sollte die personelle Vakanz durch die kommissarische Bestellung beendet und die Führungsfähigkeit der Staatsanwaltschaft über das Maß der ohnedies gegebenen ständigen Vertretung hinaus verstärkt werden. Zu dem vom ständigen Vertreter des Behördenleiters originär wahrgenommenen Aufgabenbereich gehört die kürzlich neu eingeführte bzw. erweiterte EDV-Technik. Dieser Bereich, in den er in besonderer Weise eingearbeitet ist, ist für die Funktionsfähigkeit der Staatsanwaltschaft unerlässlich. Beamtenrechtlich ist ein kommissarischer Leiter nicht vorgesehen. Auf welcher rechtlichen Basis steht diese Entscheidung? Gibt es eine bindende Richtlinie, die diese Entscheidung rechtfertigt? wenn ja, welche? wenn nein, aus welchen Gründen wurde Johann Meyer übergangen?

Es handelte sich beamtenrechtlich um eine zeitweilige Umsetzung in Form der kommissarischen Aufgabenübertragung, die gesetzlich nicht geregelt, aber in der Rechtsprechung als Ausfluss der Organisationsgewalt des Dienstherren seit jeher als zulässig anerkannt wird. Eine bindende Richtlinie hierzu existiert nicht. Im Übrigen siehe Antwort zu 1.2.

Sind für den Zeitpunkt der Rückkehr in den Dienst von Martin Köhnke Veränderungen bezüglich seiner Aufgaben und der Aufgaben seines Stellvertreters vorgesehen?

Nein.

Aus welchem Grund ist die Generalstaatsanwältin Angela Uhlig-van Buren als Vorgesetzte der Staatsanwaltschaft weder von den Personalentscheidungen informiert noch bei diesen Entscheidungen mit einbezogen worden?

In ständiger Praxis äußert sich der Senat nicht zu internen Meinungsbildungsprozessen.

Aus welchem Grund ist der Justizsenator Dr. Roger Kusch der Einladung zur außerordentlichen Personalversammlung der Staatsanwaltschaft am 23.04.04 nicht gefolgt?

In ständiger Praxis nimmt der Senat zu Modalitäten der Wahrnehmung der Dienstgeschäfte seiner Mitglieder nicht Stellung.

Der in Auftrag gegebene Prüfbericht, der das staatsanwaltschaftliche Vorgehen im Falle Francisco P. und im Falle der Jugendlichen untersucht hat, gibt Anlass zu folgenden Fragen:

Der angesprochene Prüfbericht bezieht sich ausschließlich auf das staatsanwaltschaftliche Vorgehen im Verfahren gegen Francisco P. 2.

Wer hat diesen Prüfbericht in Auftrag gegeben?

Die zuständige Behörde.

Was konkret ist Gegenstand dieses Berichtes? Wie genau hieß die Fragestellung/Arbeitsanweisung für diesen Bericht?

Der Bericht enthält das Ergebnis einer Überprüfung der gegen den Francisco P. geführten Ermittlungsverfahren, die im Zusammenhang mit dessen mutmaßlichen Taten vom 18.03.2004 und 27.03.2004 von Belang sind, auf straf- und/oder disziplinarrechtlich relevantes Verhalten von Bediensteten der Staatsanwaltschaft. Dies entspricht dem erteilten Auftrag.

Zu welchen Untersuchungsergebnissen ist der Bericht konkret gekommen?

Wie wurde das Verhalten des im Fall Francisco P. diensthabenden Haftrichters genau beurteilt? Bitte detailliert darstellen.

Wie wurde das Verhalten der im Fall Francisco P. zuständigen Sachbearbeiterin genau beurteilt? Bitte detailliert darstellen.

Ein Haftrichter war mit den in Rede stehenden Vorgängen nicht befasst. Im Übrigen nimmt der Senat zur Bewertung des Verhaltens einzelner Justizbediensteter aus Gründen des Personalaktendatenschutzes nicht Stellung.

Was ist das genaue Ergebnis im Fall der Jugendlichen?

Dieser Sachverhalt war nicht Gegenstand der Überprüfung.

Auf welcher Rechtsgrundlage basieren die Vorwürfe des Justizsenators, der im Fall Francisco P. zuständige Haftrichter habe das Computersystem Mesta nicht genutzt?

Derartige Vorwürfe hat es nicht gegeben.

Haben Richter überhaupt ein Recht, auf Mesta zuzugreifen?

Nein.

Wenn ja. Was ist Rechtsgrundlage für die Nutzung von Mesta durch Richter?

Entfällt.

Wenn nein: Warum wurde dies dem Haftrichter vorgeworfen?

Siehe Antwort zu 2.4.

Gibt es bindende Richtlinien, die den Einsatz des Computersystems Mesta regeln?

Wenn ja: Welche?

Wenn nein: Aus welchen Gründen fehlt diese bindende Richtlinie?

Der Einsatz und die Anwendung des Computersystems MESTA sind in einer Vielzahl staatsanwaltschaftlicher Regelungen festgelegt worden. Diese betreffen u.a. die Nutzung der Auskunftsfunktionen über anhängige Strafverfahren. Darüber hinaus ist die Anwendung des in MESTA eingestellten Schreibwerks wie auch die Aktualisierung und Pflege der in MESTA eingegebenen Daten geregelt.