Mit Stellung des Asylerstantrages steht jedem Ausländer der um Asyl nachsucht eine Aufenthaltsgestattung gemäß § 55 AsylVerfG

Abschiebung ohne Asylverfahren?

Der türkische Staatsangehörige I. A. stellte, in der UHA Hamburg in Abschiebehaft einsitzend, am 13.04.2004 per Telefax und per Brief durch seine Rechtsanwältin einen Asylerstantrag bei der Behörde für Inneres, Dienststelle Bibby Altona, der dort unstreitig auch am selben Tage per Fax, einen Tag später per Post eingegangen ist.

Mit Stellung des Asylerstantrages steht jedem Ausländer, der um Asyl nachsucht, eine Aufenthaltsgestattung gemäß § 55 AsylVerfG zu.

Tatsächlich jedoch ergaben Rückfragen bei dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge und der UHA Holstenglacis, dass der türkische Staatsangehörige I. A. sechs Tage später, am 19.04.2004 um 6.15 Uhr aus der UHA Hamburg durch die Ausländerbehörde abgeholt und in sein Heimatland abgeschoben wurde.

Ich frage den Senat:

Der Betroffene reiste nach vorangegangener Ausweisung erneut und unerlaubt in das Bundesgebiet ein. Nach dessen Festnahme ordnete das Amtsgericht Hamburg am 22.03.2004 Abschiebungshaft gegen ihn an.

Am 13.04.2004 ging in der Ausländerbehörde Hamburg ­ zentrale Erstaufnahme für Flüchtlinge und Asylbewerber ­ aus dem Büro der Rechtsanwältin des Betroffenen ein Telefax mit einem nicht näher begründeten Asylbegehren ein. Dem Schreiben war zwar eine Vollmacht beigefügt, es war jedoch nicht unterschrieben; ein wirksamer Asylantrag, der im Übrigen nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (BAFl) zu stellen gewesen wäre, lag deshalb nicht vor. Dem Schreiben war nicht zu entnehmen, dass sich der Betroffene in Abschiebungshaft befand und eine Abschiebung unmittelbar bevorstand; es enthielt lediglich einen Hinweis auf den Aufenthalt des Betroffenen in der Untersuchungshaftanstalt. Behördlicherseits versäumt wurde allerdings, das Rechtsanwaltsbüro auf die fehlende Unterschrift hinzuweisen.

Der Betroffene selbst hat weder während seiner Haft noch bei der Durchführung der Abschiebung ein Asylbegehren geäußert.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt:

1. a) Warum wurde der Antragsteller abgeschoben?

Die Abschiebung erfolgte auf der Grundlage der vorangegangenen Ausweisung und der aus der unerlaubten Wiedereinreise resultierenden vollziehbaren Ausreisepflicht (vgl. §§ 49, 42, 44 Abs. 1 Nr. 1 AuslG).

b) Wer hat wann über die tatsächliche Durchführung der Abschiebung entschieden?

c) Wurde der Asylerstantrag bei dieser Entscheidung berücksichtigt?

d) Wenn nein, weshalb wurde der Asylerstantrag nicht berücksichtigt?

Die Entscheidung wurde in dem für Rückführungen zuständigen Abschnitt der Ausländerabteilung des Einwohner-Zentralamtes getroffen, der über das o. a. Telefax nicht informiert war.

e) Weshalb wurde die zur Vertretung des Antragstellers legitimierte Rechtsanwältin nicht über die erfolgte Abschiebung informiert?

Die Rechtsanwältin des Betroffenen war lediglich für das Asylverfahren legitimiert, nicht aber für das Abschiebungsverfahren. Die Bevollmächtigung der Rechtsanwältin war dem Rückführungsabschnitt deshalb nicht bekannt.

f) Auf welcher Rechtsgrundlage erfolgte die Abschiebung?

Siehe Antwort zu 1. a).

2. Warum ist der oben beschriebene Asylerstantrag bis zum heutigen Datum nicht bearbeitet worden?

Weshalb ist der Asylerstantrag nicht gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 AsylVerfG unverzüglich an das zuständige Bundesamt weitergeleitet worden?

Das Asylverfahren wurde nicht eingeleitet, da der Betroffene zu dem Zeitpunkt, als der Antrag beim BAFl einging, sich nicht mehr im Bundesgebiet befand und mangels anwaltlicher Unterschrift kein wirksamer Asylantrag vorlag. Im Übrigen vgl. Vorbemerkung.

3. Wie viele Asylerstantragsteller sind ohne Beachtung ihrer gestellten Asylerstanträge in den letzten zwei Jahren abgeschoben worden?

Der Ausländerbehörde Hamburg ist kein Fall bekannt.

4. Wird der Senat sicherstellen, dass der Antragsteller sein Asylverfahren in Deutschland weiter betreiben kann? Wenn ja, wie und in welchem Zeitraum wird seine Rückführung geregelt?

Die zuständige Behörde beabsichtigt keine Rückführung des Betroffenen. Ein Asylantrag wurde weder rechtswirksam noch unverzüglich nach Einreise gestellt, was § 13 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG vorschreibt und was bei Nichteinhaltung zu der gesetzlichen Folge offensichtlicher Unbegründetheit eines Asylantrages führt (vgl. § 30 Abs. 3 Nr. 5

AsylVfG).